Beschluss vom Bundessozialgericht (4. Senat) - B 4 SF 3/17 S

Tenor

Die Anträge der Kläger auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts in den zuvor bezeichneten Verfahren werden abgelehnt.

Gründe

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I. Streitgegenstand sind Bescheide mit endgültigen Festsetzungen der in den Zeiträumen von Juli bis Dezember 2008, Januar bis Juni 2009, September bis Dezember 2009 und Januar 2010 zu erbringenden SGB II-Leistungen, jeweils mit Rückforderungen zu Unrecht erbrachter Leistungen nach vorläufigen Bewilligungen. In den streitigen Zeiträumen bildeten sämtliche Kläger im Zuständigkeitsbereich des Beklagten eine Bedarfsgemeinschaft, die Klägerinnen zu 3 und 4 sind deren Töchter. Vor Klageerhebung verzogen die Klägerinnen zu 3 und 4 in den Zuständigkeitsbereich des SG Leipzig und des SG Hildesheim, wo sie auch jeweils - gesondert von der Klageerhebung der Kläger zu 1 und 2 vor dem SG Dresden (S 2 AS 4045/16) - Klagen erhoben haben (S 21 AS 2635/16 - SG Leipzig; S 26 AS 1291/16 - SG Hildesheim). Nachdem die zuständige Richterin im Verfahren vor dem SG Leipzig und der zuständige Richter im Verfahren vor dem SG Hildesheim den Klägerinnen zu 3 und 4 jeweils mitgeteilt hatten, dass keine Verweisung beabsichtigt sei (Schreiben vom 12.1.2017 bzw 1.2.2017), haben sämtliche Kläger beim BSG einen Antrag nach § 58 SGG gestellt.

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II. Dem Ersuchen der Kläger kann nicht entsprochen werden, weil die sachlichen Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 2 SGG nicht vorliegen.

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Für die Bestimmung der Zuständigkeit durch das zuständige Gericht ist nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 58 Abs 1 Nr 5 SGG nur Raum, wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 57 SGG nicht gegeben ist. Denn eine Zuständigkeitsbestimmung ist nicht statthaft, wenn sich die Zuständigkeit eines Gerichts aus § 57 SGG, sonstigen Vorschriften des SGG oder anderen die Zuständigkeit regelnden Normen entnehmen lässt (Hauck in Hennig, SGG, § 58 RdNr 18, Stand Oktober 2015). Insofern muss eine örtliche Zuständigkeit nach den §§ 57 bis 57b SGG oder nach einer anderen, die Zuständigkeit regelnden Norm fehlen (BSG SozR 4-1500 § 58 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 58 Nr 8 RdNr 5). Örtlich zuständig ist nach § 57 Abs 1 S 1 SGG das Gericht, in dessen Bezirk die Kläger zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz hatten. Insofern haben sämtliche Kläger ihre Klagen beim zuständigen Gericht erhoben.

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Zwar wenden sich die Kläger in den drei Verfahren jeweils gegen vier an sämtliche Mitglieder der damaligen Bedarfsgemeinschaft gerichtete Widerspruchsbescheide aus August 2016, die Bescheide zur endgültigen Festsetzung der SGB II-Leistungen für die streitigen Zeiträume und Rückforderungen trotz der Widersprüche der Kläger bestätigen. Auch hängen die Ansprüche von verschiedenen Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern grundsätzlich voneinander ab. Das BSG geht daher davon aus, dass regelmäßig ein Vorgehen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder gegen belastende Bescheide angezeigt ist und eine Konstellation der zulässigen subjektiven Klagehäufung gegeben ist (§ 74 SGG iVm § 60 ZPO; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 24/07 R - BSGE 102, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 10, RdNr 14). Allerdings bleibt Inhaber des Individualanspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, einschließlich des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, derjenige, bei dem der notwendige Bedarf in eigener Person vorliegt (grundlegend BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12), weshalb die Ansprüche auch gerichtlich individuell zu verfolgen sind.

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Der Senat hat daher bereits - in Abkehr von der von den Klägern zitierten Entscheidung vom 22.12.2015 (B 4 SF 9/15 S) - betont, dass die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 1 Nr 5 SGG in Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft nicht vorliegen, wenn das bereits mit der Sache befasste Gericht die Verfahren trennen (will) und von sich aus das zuständige Gericht zum Zwecke der Verweisung bestimmen kann (vgl BSG Beschluss vom 5.8.2016 - B 4 SF 27/16 S). Eine vergleichbare Fallgestaltung liegt auch hier vor, weil die zuständigen Kammervorsitzenden der Sozialgerichte Leipzig und Hildesheim zutreffend davon ausgehen, dass - trotz inhaltlicher Bezogenheit der verschiedenen Verfahren aufeinander - eine Zuständigkeit ihrer Gerichte für die Klagen der Klägerinnen zu 3 und 4 gegeben ist.

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Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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