Beschluss vom Bundessozialgericht (11. Senat) - B 11 SF 4/18 S

Tenor

Das Sozialgericht Berlin wird zum zuständigen Gericht bestimmt.

Gründe

1

I. Die am 5.2.2014 bei dem SG Stuttgart eingegangene und gegen eine Versagung von Leistungen nach dem SGB II gerichtete E-Mail des Klägers, in welcher er als seinen Wohnort die              Straße  angegeben hatte, wurde ausgedruckt und als Klage eingetragen. Am 7.2.2014 hat eine Meldeauskunft ebenfalls diese Anschrift des Klägers ergeben. Das SG Stuttgart hat sich nach Anhörung der Beteiligten für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Berlin verwiesen (Beschluss vom 27.2.2014).

2

Nachdem das SG Berlin den Kläger in dem dort anhängigen Verfahren erfolglos zum Betreiben des Rechtsstreits aufgefordert hatte und Zustellversuche erfolglos verlaufen waren, behandelte das SG das Verfahren nach § 6 Abs 3 der Anordnung über die Erhebung von statistischen Daten in der Sozialgerichtsbarkeit als erledigt.

3

Nach Wiederaufnahme des Verfahrens wegen des Eingangs einer E-Mail des Klägers vom 10.7.2017 und Anhörung der Beteiligten erklärte sich das SG Berlin für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das SG Stuttgart (Beschluss vom 11.9.2017). Auch das SG Stuttgart hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem BSG zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt (Beschluss vom 15.3.2018).

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II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 58 Abs 1 Nr 4 SGG durch das BSG liegen vor (BSG vom 25.2.1999 - B 1 SF 9/98 S - SozR 3-1720 § 17a Nr 11).

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Unbesehen der Frage, ob ein per E-Mail eingegangenes Schreiben das Schriftformerfordernis des § 90 SGG erfüllt (vgl hierzu BSG vom 15.11.2010 - B 8 SO 71/10 B; BSG vom 6.10.2011 - B 14 AS 63/11 B - SozR 4-1500 § 67 Nr 9; BSG vom 6.7.2016 - B 9 SB 1/16 R; BSG vom 9.5.2017 - B 13 R 113/17 B; BVerfG vom 12.6.2017 - 2 BvQ 28/17 - zu § 23 Abs 1 Satz 1 BVerfGG), ist zuständiges Gericht das SG Berlin. Dies ergibt sich aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des SG Stuttgart vom 27.2.2014.

6

Das Gesetz schreibt in § 98 SGG iVm § 17a Abs 2 Satz 3 GVG vor, dass eine Verweisung wegen örtlicher oder sachlicher Unzuständigkeit für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen kommt eine Durchbrechung der Bindungswirkung in Betracht, wenn die Verweisung auf einer Missachtung elementarer Verfahrensgrundsätze oder auf willkürlichen Erwägungen beruht. Eine fehlerhafte Auslegung des Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst vor, wenn die Rechtslage in krasser Weise verkannt wird und die vertretene Auffassung jeden sachlichen Grundes entbehrt, sodass sich die Verweisung bei Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 21.2.2012 - B 12 SF 7/11 S - Juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 13.12.2016 - B 4 SF 4/16 R - RdNr 7). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

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Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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