Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (7. Senat) - 7 B 4/11

Gründe

I.

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Die Kläger wenden sich gegen eine abfallrechtliche Anordnung, mit der ihnen aufgegeben worden ist, ihre Restmüll- und Altpapierbehältnisse an den Abfuhrtagen an die Einmündung einer Stichstraße zu bringen, weil die Unfallverhütungsvorschriften ein Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen untersagten, dies aber unumgänglich sei, wenn die Behälter an der Zufahrt zum Grundstück der Kläger abgeholt würden.

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Das Verwaltungsgericht hob die Anordnung auf und verpflichtete den Beklagten, den Bereitstellungsort für die Abfallbehälter unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzulegen.

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Der Verwaltungsgerichtshof hat der - wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zugelassenen - Berufung stattgegeben, die Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.

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Die Beschwerde bleibt erfolglos.

5

Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1) noch wegen Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2) zuzulassen.

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1. Grundsätzlich bedeutsam i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

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In der Beschwerdebegründung werden weder konkrete Rechtsfragen formuliert noch wird dargelegt, warum diese in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig und -fähig wären und in ihrer Bedeutung über den vorliegenden Einzelfall hinausgehen. Der Inhalt der Beschwerdebegründung erschöpft sich vielmehr darin, die rechtliche Würdigung durch den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung als fehlerhaft anzugreifen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich weder mit der Frage nach der Vereinbarkeit der berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschrift (BGV C27) mit § 9 Abs. 5 StVO noch mit der Bindungswirkung der BGV C27 gegenüber den Klägern und der zivilrechtlichen Nutzbarkeit des festgelegten Bereitstellungsortes auseinander gesetzt. Damit ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargetan.

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Abgesehen davon ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass Bestimmungen einer Abfallsatzung, die - wie hier § 15 Abs. 8 Satz 4 der Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises Amberg-Sulzbach - vorsehen, dass die Überlassungspflichtigen die Abfallbehältnisse unter bestimmten Voraussetzungen an einen grundstücksfernen Aufstellort verbringen müssen, rechtlich grundsätzlich unbedenklich sind. Dabei ist eine generalisierende Bestimmung der dem Überlassungspflichtigen noch zumutbaren Mitwirkung nicht möglich. Entscheidend ist vielmehr stets die konkrete örtliche Situation unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteil vom 25. August 1999 - BVerwG 7 C 27.98 - Buchholz 451.221 § 13 KrW/AbfG Nr. 4 = juris Rn. 20 f.).

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Zu den Voraussetzungen, die eine Mitwirkung des Überlassungspflichtigen durch Verbringen der Abfallbehältnisse an einen grundstücksfernen Ort erforderlich machen können, gehören tatsächliche und/oder rechtliche Hindernisse, die einem unmittelbaren Anfahren des Grundstücks entgegenstehen. Rechtliche Hindernisse folgen dabei insbesondere aus straßenverkehrsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen wie etwa § 9 Abs. 5 StVO und § 16 Nr. 1 der BGV C27 (vgl. VG Münster, Urteil vom 19. Februar 2010 - 7 K 963/06 - AbfallR 2010, 155 = juris, Rn. 20 ff.).

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2. Die Rüge der Kläger, der Verwaltungsgerichtshof sei von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Dezember 1992 - BVerwG 1 C 12.92 - BVerwGE 91, 256 = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 63) zur Wirkung rechtskräftiger Urteile im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage abgewichen, ist ebenfalls nicht schlüssig erhoben. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 = Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9; stRspr). Eine Divergenz ist daher nur dann ordnungsgemäß dargelegt, wenn neben der Angabe der höchstrichterlichen Entscheidung, von der abgewichen sein soll, auch die miteinander unvereinbaren Rechtssätze gegenübergestellt werden. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde arbeitet aus dem angefochtenen Urteil keinen Rechtssatz heraus, der zu einem Rechtssatz aus der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Widerspruch steht. Vielmehr wirft sie dem Verwaltungsgerichtshof vor, er habe zu Unrecht angenommen, dass die Streitgegenstände im Vorprozess und in diesem Prozess verschieden seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass aufgrund der erfolgreichen Anfechtungsklage im Vorprozess rechtskräftig entschieden sei, dass das Grundstück der Kläger angefahren werden könne und die berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschriften dem nicht entgegenstünden. Widersetzt sich die Vorinstanz einem höchstrichterlichen Rechtssatz nicht, sondern wendet sie ihn - wie die Kläger meinen - lediglich fehlerhaft an, liegt aber eine Divergenz i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.

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