Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 PB 3/11

Gründe

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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 91 Abs. 2 BlnPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

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Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, ob arbeitsplatzgestaltende Schulbaumaßnahmen der Bezirksverwaltungen dem für das Schulwesen zuständigen Senator personalvertretungsrechtlich zuzurechnen sind. Diese Frage ist mit dem Oberverwaltungsgericht eindeutig zu verneinen, so dass ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.

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1. In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, unter welchen Umständen eine Maßnahme, die der Dienststellenleiter nicht selbst trifft, ihm personalvertretungsrechtlich zuzurechnen ist. Dies ist der Fall, wenn der Dienststellenleiter einem Dezernat oder einer anderen organisatorischen nachgeordneten Stelle, die keine Dienststelle im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist, Befugnisse zur eigenständigen Bearbeitung und Entscheidung überträgt (vgl. Beschluss vom 9. September 2010 - BVerwG 6 PB 12.10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den für das Schulwesen zuständigen Senator offensichtlich nicht erfüllt, wenn die Bezirksverwaltungen schulische Baumaßnahmen zu treffen beabsichtigen. Die Bezirksverwaltungen sind keine der Senatsverwaltung für das Schulwesen nachgeordneten Stellen; sie haben vielmehr das Recht auf Selbstverwaltung. Überdies sind sie personalvertretungsrechtlich eigenständige Dienststellen (§ 5 Abs. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 1 BlnPersVG i.V.m. Nr. 14 der Anlage zum BlnPersVG).

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Nach den Grundsätzen der Verfassung von Berlin (VvB) nimmt der Senat durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr. Seine Aufgaben außerhalb der Leitungsaufgaben werden im Einzelnen durch Gesetz mit zusammenfassendem Zuständigkeitskatalog bestimmt. Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung wahr (Art. 66 Abs. 2, Art. 67 Abs. 1 bis 3 VvB). Dem folgen die Bestimmungen in §§ 2 bis 4 des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes (AZG). Nach Nr. 16 Abs. 1 und 3 des Allgemeinen Zuständigkeitskatalogs (Anlage zum AZG) gehören zu den Aufgaben der Hauptverwaltung außerhalb der Leitungsaufgaben im Bereich der Schulen die Schulaufsicht und die Schulorganisation.

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Die vorbezeichneten organisationsrechtlichen Grundsätze spiegeln die Regelungen in Teil VIII des Schulgesetzes (SchulG) wider. Danach wird die Schulaufsicht von der für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung ausgeübt (§ 105 Abs. 1 SchulG). Ihr obliegt die Genehmigung der Entscheidungen des Bezirks über die Gründung, Zusammenlegung, Umwandlung und Aufhebung der von ihm verwalteten Schulen (§ 105 Abs. 4 Satz 1, § 109 Abs. 3 Satz 1 SchulG). Dies sind die allgemeinbildenden Schulen mit Ausnahme der zentral verwalteten Schulen (§ 109 Abs. 1 Satz 1 SchulG). In § 105 Abs. 4 Satz 1 und § 109 Abs. 3 Satz 1 SchulG sind die klassischen Schulorganisationsakte angesprochen, insbesondere die Errichtung und Schließung von Schulen, ihre Verbindung und ihre Änderung in Bezug auf die Schulart (vgl. § 17 Abs. 1 und 2 SchulG). Diese Maßnahmen stehen im Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Schulhoheit und Selbstverwaltung (vgl. Beschluss vom 24. Februar 2006 - BVerwG 6 P 4.05 - Buchholz 251.91 § 77 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 9 ff.; Krzyweck/Duveneck, Das Schulrecht in Berlin, § 105 Rn. 6 und § 109 Rn. 5; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, TZ 10.411; Niehues/Rux, Schulrecht, 4. Auflage 2006, Rn. 783). Baumaßnahmen fallen nicht unter § 109 Abs. 3 SchulG, sondern unter § 109 Abs. 1 Satz 1 und 2 SchulG. Danach obliegt den Bezirken die Verwaltung und Unterhaltung der äußeren Angelegenheiten der Allgemeinbildenden Schulen, wozu insbesondere der Bau, die Ausstattung und die Unterhaltung der Schulen nach Maßgabe von § 7 SchulG zählen. Abgesehen von kleinen baulichen Unterhaltungsmaßnahmen, die in die Kompetenz der Schulen selbst fallen (§ 7 Abs. 5 Satz 2 Nr. 6 SchulG), entscheiden die Bezirke autonom über die einzelnen schulischen Baumaßnahmen. Insoweit bedürfen sie weder der Genehmigung der Senatsverwaltung noch unterliegen sie ihrer Weisungsbefugnis. Damit entfällt jede Voraussetzung dafür, die schulischen Baumaßnahmen der Bezirke der Senatsverwaltung für das Schulwesen personalvertretungsrechtlich zuzurechnen.

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2. Eine spezielle Zurechnungsnorm, auf welche sich der Antragsteller berufen kann, ist § 77 BlnPersVG nicht. Zwar gibt die Vorschrift für den Bereich des Arbeitsschutzes dem Personalrat Hinzuziehungs- und Informationsrechte gegenüber dienststellenexternen Stellen. Die Vorschrift steht jedoch außerhalb der förmlichen Beteiligung insbesondere in Gestalt der Mitbestimmung, um die es hier geht. Ihr lassen sich keine greifbaren Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten des Arbeitsschutzes die personalvertretungsrechtlichen Zurechnungszusammenhänge anders zu beurteilen sind als bei anderen mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen.

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3. Freilich ist dem Antragsteller zuzugeben, dass er sein Mitbestimmungsrecht aus § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 BlnPersVG auch gegenüber der für die Baumaßnahme zuständigen Bezirksverwaltung nicht durchsetzen kann. Denn als Personalrat für die allgemeinbildenden Schulen des Bezirks, der dem Senator für das Schulwesen zuzuordnen ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 BlnPersVG i.V.m. Nr. 12 Buchst. a der Anlage zum BlnPersVG), steht er in keiner personalvertretungsrechtlichen Beziehung zur Bezirksverwaltung. Die Beteiligungslücke kann nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden. Ein Mitbestimmungsverfahren beim Senator für das Schulwesen scheitert daran, dass dieser über die Baumaßnahme nicht verfügen kann, ohne das Selbstverwaltungsrecht des Bezirks zu verletzen. Ein Mitbestimmungsverfahren bei der Bezirksverwaltung scheidet aus, weil nach den Grundsätzen des Berliner Personalvertretungsgesetzes die Dienststelle nur einen Personalrat beteiligen kann, der Dienstkräfte aus ihren Geschäftsbereich repräsentiert. Der Ansatz, die für das Schulwesen zuständige Dienststelle müsse den Schulträger in das Beteiligungsverfahren einbeziehen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 27. Februar 1992 - HPV TL 630/87 - juris Rn. 22), vermeidet jene Defizite nicht, sondern kumuliert sie nur. Die Beteiligungslücke kann nur geschlossen werden, indem die Konzeption des Berliner Personalvertretungsgesetzes durchbrochen wird. Dazu ist allein der Gesetzgeber befugt.

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4. Soweit der Antragsteller in Abschnitt III seiner Beschwerdebegründung beanstandet, das Oberverwaltungsgericht hätte danach differenzieren müssen, ob Baumaßnahmen nach § 7 SchulG in die Kompetenz der Schulen fielen, wird damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht bezeichnet (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG). Ersichtlich hat das Oberverwaltungsgericht kleine bauliche Unterhaltungsmaßnahmen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 Nr. 6 SchulG als nicht von der Antragstellung umfasst angesehen (BA S. 7), ohne dass dagegen in der Beschwerdebegründung zulässige und begründete Rügen erhoben werden. Selbst wenn diese Maßnahmen in das Begehren einbezogen waren, musste das Oberverwaltungsgericht den Antrag nach den Grundsätzen des Globalantrages insgesamt ablehnen (vgl. Beschlüsse vom 22. Juni 2005 - BVerwG 6 P 8.04 - Buchholz 251.2 § 13 BlnPersVG Nr. 3 S. 10 und vom 13. Oktober 2009 - BVerwG 6 P 15.08 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8 Rn. 35).

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