Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Wehrdienstsenat) - 2 WD 32/10
Tatbestand
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Der 58 Jahre alte Soldat wurde 1971 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seit April 1973 ist er Berufssoldat. Er wurde regelmäßig befördert, zuletzt im Oktober 2000 zum Oberst. Zum 1. August 2006 wurde er in eine Planstelle der für diesen Dienstgrad höheren Besoldungsgruppe B 3 eingewiesen. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Mai 2014.
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Mit Verfügung des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 14. Mai 2009, dem Soldaten ausgehändigt am 28. Mai 2009, wurde das gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet. Zuvor war dem Soldaten mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Zur Frage der Anhörung der Vertrauensperson ist am 29. Januar 2009 eine Erörterung zwischen dem Soldaten und dem Stellvertreter des Befehlshabers ...kommando, Generalmajor H., durchgeführt worden.
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Letzterer hat der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis mit Schreiben vom 3. Februar 2009 Folgendes mitgeteilt:
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"Hierzu berichte ich, dass das Thema 'Anhörung der Vertrauensperson' am 29. Januar 2009 Gegenstand einer Erörterung mit Oberst X. war (Bezug 2.); eine Entscheidung, ob es zu einer Anhörung der Vertrauensperson kommen soll oder nicht, hat der Offizier bisher nicht getroffen.
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(...) Da die Anhörung Oberst X. persönlich betrifft und er selbst deshalb die Vertrauensperson nicht anhören kann, würde die Durchführung der Anhörung Oberst S., dem Stellvertreter des Kommandeurs Z. und ständigem Vertreter des Dienststellenleiters, obliegen.
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Hierzu erklärte mir Oberst X. im Rahmen der Erörterung am 29. Januar 2009 allerdings, er sei zwar mit einer Anhörung des für ihn zuständigen Soldatenvertreters im Personalrat in der Funktion der Vertrauensperson der Offiziere einverstanden, wolle jedoch aus persönlichen Gründen nicht, dass sie durch seinen Stellvertreter, Oberst S., durchgeführt werde. Wenn die Anhörung stattdessen durch die Einleitungsbehörde, die Wehrdisziplinaranwaltschaft oder auch durch mich als seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten erfolgen könnte, so wäre er damit einverstanden."
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Nachdem der Verteidiger des Soldaten eine Erklärung in Aussicht gestellt hatte, die dann aber nicht einging, wurde ihm mit Schreiben vom 11. März 2009 unter anderem auch die Rechtsauffassung der Wehrdisziplinaranwaltschaft zur Beteiligung der Vertrauensperson erläutert. Es heißt in diesem Schreiben:
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"Eine Regelung, die dem beschuldigten Soldaten die Befugnis einräumt, dass er eine sonstige Person seines Vertrauens als anhörende Stelle vorschlagen bzw. bestimmen kann, ist dem SBG nicht zu entnehmen. Wenn der Soldat keine Gründe anführt, die zwingend zu der Annahme einer Befangenheit des Vertreters des Dienststellenleiters führen, dann bleibt dieser der gesetzlich Zuständige für die Durchführung der Anhörung.
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Sofern Oberst X. nunmehr die Anhörung der Vertrauensperson (hier: des Soldatenvertreters im Personalrat Z.) durch seinen Stellvertreter ablehnt, ist dies als Widerspruch nach § 27 Abs. 2 letzter Halbsatz SBG zu werten. Eine Anhörung unterbleibt dann.
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Ich weise ausdrücklich auf diese Rechtslage hin und bitte Sie, dies mit Ihrem Mandanten zu erörtern und im Rahmen Ihrer Stellungnahme auch dazu Stellung zu nehmen, ob er eine Anhörung der Vertrauensperson (durch die gesetzlich vorgeschriebene Person) wünscht oder ob er widerspricht."
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Der Verteidiger kündigte hierauf im Schreiben vom 20. März 2009 eine Einlassung an, die aber nicht einging. Daraufhin wurde er mit Schreiben vom 22. April 2009 erinnert. In dem Erinnerungsschreiben heißt es unter anderem:
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"Da bislang keine Stellungnahme erfolgte, gebe ich Ihnen nunmehr bis zum 8. Mai 2009 abschließend Gelegenheit, sich für Ihren Mandanten zu äußern. Sofern bis dahin keine Äußerung eingeht, gehe ich davon aus, dass sich Ihr Mandant nicht äußert und der Anhörung der zuständigen Vertrauensperson - dem Stv Kdr Z. - weiterhin widerspricht. Es wird dann nach Aktenlage weiter verfahren werden."
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Eine Anhörung der Vertrauensperson ist nicht erfolgt. Ein Protokoll nach § 27 Abs. 4 SBG befindet sich nicht bei den Akten.
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Nach Vorlage der Anschuldigungsschrift vom 15. Oktober 2009 und der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 27. Januar 2010 hat die 4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd mit Urteil vom 27. April 2010 den Soldaten wegen eines Dienstvergehens in die Besoldungsgruppe A 16 herabgesetzt und eine durch den DDO Deutscher Anteil ... am 5. Dezember 2008 verhängte Disziplinarbuße in Höhe von 3 500 € aufgehoben. Das Urteil wurde dem Soldaten am 26. Mai 2010 zugestellt. Hiergegen richtet sich die in vollem Umfang eingelegte Berufung des Soldaten.
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Den Beteiligten ist durch gerichtliche Verfügung vom 17. Januar 2012 Gelegenheit gegeben worden, zu einer Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung des Verfahrens an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts wegen unzureichender Beteiligung der Vertrauensperson Stellung zu nehmen.
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Der Soldat hat hierauf erklärt, dass einer Anhörung der Vertrauensperson nicht widersprochen werde. Ein solcher Verzicht sei auch im bisherigen Verfahren zu keinem Zeitpunkt erklärt worden. Er habe lediglich gebeten, nicht seinen damaligen Stellvertreter "als Vertrauensperson" anzuhören.
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Der Bundeswehrdisziplinaranwalt tritt einer Zurückverweisung entgegen. Der Soldat habe im Verfahren einen Widerspruch nach § 27 Abs. 2 SBG erklärt und könne sich jetzt nicht gegenteilig erklären. Der Widerspruch sei nicht an ein Formerfordernis gebunden und könne auch mündlich oder durch konkludentes Verhalten erklärt werden. Im Verfahren habe sich der Soldat gegen die gesetzlich zwingend erforderliche Durchführung der Anhörung der zuständigen Vertrauensperson durch seinen Stellvertreter gewandt. Ihm sei dann die Rechtslage erläutert worden und man habe ihm mitgeteilt, dass sein Widerspruch als Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson zu behandeln sei. Dem sei er selbst nach nochmaligem Hinweis auf die Rechtslage und die Ankündigung, nach Aktenlage zu verfahren, nicht entgegengetreten. Damit habe der Soldat gewusst, dass der Wehrdisziplinaranwalt alles getan habe, um der Rechtslage und seiner Erklärung, mit der Anhörung durch seinen Stellvertreter nicht einverstanden zu sein, zu entsprechen. Er hätte sich anders erklären müssen, wenn er die Anhörung gewollt hätte. Dass sie unterblieben sei, sei daher ihm und nicht der Wehrdisziplinaranwaltschaft als schwerwiegender Verfahrensfehler anzulasten.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung des Soldaten (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO) führt zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung, weil ein schwerer Mangel des Verfahrens vorliegt (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO). Die Entscheidung ergeht nach Anhörung gemäß § 120 Abs. 2 WDO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 120 Abs. 1 WDO) in der Besetzung mit drei Richtern (§ 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 WDO).
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1. Die Berufung ist fristgerecht eingelegt worden.
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Zwar weist der Eingangsstempel auf dem Rechtsmittelschriftsatz einen Eingang am 29. Juni 2010 aus. Der Verteidiger hat aber anwaltlich versichert, die Berufungsschrift vom 28. Juni 2010 am späten Nachmittag des 28. Juni 2010, einem Montag, persönlich in den Briefkasten des Truppendienstgerichts Süd eingeworfen zu haben. Ein Aktenvermerk der Geschäftsstelle des Truppendienstgerichts vom 29. Juni 2010 weist aus, dass sich die Kanzlei des Verteidigers bereits an diesem Tag mit dem Hinweis an das Gericht gewandt hatte, dass die Berufungsschrift bereits am 28. Juni 2010 gegen 19.00 Uhr in den Briefkasten beim Truppendienstgericht Süd eingeworfen worden sei, dieser aber keine Vorrichtung habe, mit der sich die genaue Einwurfszeit feststellen lasse. Der Vorsitzende Richter am Truppendienstgericht hat mit Verfügung vom 8. Juli 2010 den Eingang der Berufung des Soldaten am 28. Juni 2010 festgestellt. Der Senat hat hiernach keinen Anlass, an der Richtigkeit der anwaltlichen Versicherung zu zweifeln, zumal der Bundeswehrdisziplinaranwalt ihr nicht entgegen getreten ist und bereits in seinem Vorlageschreiben vom 24. August 2010 von einer rechtzeitigen Einlegung der Berufung ausgegangen ist.
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Da das Urteil des Truppendienstgerichts dem Soldaten am 26. Mai 2010 zugestellt worden war, endete gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 43 Abs. 2 StPO mit Ablauf des 28. Juni 2010 (Montag) die Monatsfrist des § 115 Abs. 1 WDO. Die Berufungsschrift genügt den Anforderungen des § 116 Abs. 2 WDO und ist entsprechend § 116 Abs. 1 Satz 1 WDO beim Truppendienstgericht eingelegt worden.
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2. Ein schwerer Mangel des Verfahrens im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO liegt vor, wenn gegen eine Verfahrensvorschrift verstoßen worden ist, deren Verletzung schwerwiegend und für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung ist. Ein schwerwiegender Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Rechte eines Verfahrensbeteiligten wesentlich beeinträchtigt worden sind oder wenn der Verfahrensverstoß den Zweck einer Formvorschrift wesentlich vereitelt. Für den Ausgang des Berufungsverfahrens sind Verfahrensmängel dann von Bedeutung, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel im Falle einer Behebung des Verfahrensfehlers anders ausfallen kann als im Falle seiner Nichtbehebung (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 5. Januar 2010 - BVerwG 2 WD 26.09, 2 WDB 3.09 - Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 4).
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Aber auch unabhängig von der Auswirkung des Fehlers auf den Ausgang des Berufungsverfahrens ist ein schwerer Mangel des Verfahrens im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO dann gegeben, wenn eine vom Gesetzgeber als zwingend ausgestaltete Verfahrensvorschrift, d.h. nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift, nicht beachtet wurde (vgl. zur Abgrenzung "wesentlicher Mängel" des behördlichen Disziplinarverfahrens nach dem Bundesdisziplinargesetz von der Verletzung "bloßer Ordnungsbestimmungen" Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 6
). Das Gericht darf eine solche zwingende Vorschrift nicht dadurch "leerlaufen" lassen, dass es ihre Nichtbeachtung als für das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens unerheblich einstuft. Vielmehr ist es Aufgabe des Gerichts, die Nachholung einer unterbliebenen Verfahrenshandlung, soweit es das Verfahrensrecht zulässt, herbeizuführen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 24.09 - BVerwGE 138, 263 = Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 4 ).
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a) Das Unterbleiben der gemäß § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich vorgeschriebenen Anhörung der Vertrauensperson vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens stellt nicht nur eine Verletzung einer Ordnungsbestimmung, sondern einen Verstoß gegen eine vom Gesetzgeber als zwingend vorgesehene Verfahrensvorschrift dar (Urteil vom 8. Dezember 2010 a.a.O.
). Die fehlende Anhörung der Vertrauensperson begründet einen vorgerichtlichen Verfahrensmangel, der den Vorsitzenden der Truppendienstkammer hätte veranlassen müssen, den Wehrdisziplinaranwalt zur Beseitigung des Mangels aufzufordern, § 99 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative WDO. Dass es nicht zu einer entsprechenden Aufforderung gekommen ist, begründet wiederum einen schweren Mangel des gerichtlichen Verfahrens, der in Ermangelung einer Aufforderungsmöglichkeit durch den Senat hier gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO zwingend zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an ein anderes Truppendienstgericht führt (Urteil vom 8. Dezember 2010 a.a.O. ).
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b) Die für den Soldaten im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zuständige Vertrauensperson ist vor der Einleitung des Verfahrens nicht angehört worden. Dies war mangels Widerspruchs des Soldaten rechtswidrig.
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aa) § 4 WDO i.V.m. § 27 Abs. 2 SBG sehen die Anhörung der Vertrauensperson zur Person des Soldaten und zum Sachverhalt vor, sofern der Soldat nicht widerspricht. Hiernach stellt das Unterbleiben der gesetzlich vorgesehenen Anhörung nicht nur die Verletzung einer Ordnungsbestimmung, sondern einen Verstoß gegen eine als zwingend vorgesehene Verfahrensvorschrift dar (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2010 a.a.O.
).
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Die Anhörung nach § 27 Abs. 2 SBG dient der Vorbereitung der Ermessensentscheidung der Einleitungsbehörde nach § 15 Abs. 2 WDO, ob die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens gegen den betroffenen Soldaten opportun ist. Die Vertrauensperson kann sich deshalb z.B. auch dazu äußern, ob sie die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens für geboten hält oder eine anderweitige Ahndung, insbesondere den Ausspruch einer einfachen Disziplinarmaßnahme - dann vorherige Anhörung der Vertrauensperson gemäß § 27 Abs. 1 SBG - oder einer Erzieherischen Maßnahme, für ausreichend erachtet. Die Anhörung zur Person, die eine Äußerung über die charakterlichen Vorzüge und Mängel, das kameradschaftliche Verhalten des Soldaten und dessen Ansehen im Kameradenkreis sowie über seine persönlichen und außerdienstlichen Verhältnisse bezweckt, soll der Einleitungsbehörde helfen, die Persönlichkeit, die bisherige Führung des Soldaten und die Beweggründe seines Handelns richtig zu beurteilen. In der Anhörung zum Sachverhalt kann die Vertrauensperson der Einleitungsbehörde aus ihrer und der Kameraden Sicht die dienstlichen Umstände und die Motivation des Verhaltens sowie die Auswirkungen darlegen, die das Handeln oder Unterlassen des Soldaten im Kameradenkreis oder bei Außenstehenden gehabt hat.
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bb) Der Soldat hat der Anhörung der Vertrauensperson nicht widersprochen.
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aaa) Der Bundeswehrdisziplinaranwalt weist zutreffend darauf hin, dass für die Erklärung des Widerspruches kein gesetzliches Formerfordernis besteht. In Nummer 238 der ZDv 10/2 ist zwar vorgesehen, den Widerspruch aktenkundig zu machen und dies zu den Ermittlungsakten zu nehmen. Durch Verwaltungsvorschrift kann ein Formerfordernis jedoch nicht zur Wirksamkeitsvoraussetzung einer Erklärung erhoben werden. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Wahrung einer bestimmten Form für die Wirksamkeit einer Erklärung ist als wesentliche Frage dem Gesetzgeber vorbehalten. Der Widerspruch ist daher nicht notwendig schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären, sondern kann auch mündlich erklärt werden, ohne dass die Erstellung einer Niederschrift Wirksamkeitsvoraussetzung wäre. Wird die Erklärung des Widerspruches aktenkundig gemacht, erleichtert dies allerdings dem Dienstherrn den Nachweis der Einhaltung zwingender Formvorschriften. Andernfalls ist durch die Wehrdienstgerichte zu prüfen, ob ein Verhalten eine Willenserklärung darstellt und ob diese auch einen den gesetzlichen Anforderungen des § 27 Abs. 2 WDO genügenden Inhalt hat.
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Es kann dahinstehen, ob ein Widerspruch überhaupt durch konkludentes Verhalten erklärt werden kann. Jedenfalls ist eine Erklärung notwendig, die ihrem objektiven Gehalt nach eindeutig nur den Schluss auf die Ablehnung der Anhörung der Vertrauensperson zulässt. Die gesetzliche Konstruktion des § 27 Abs. 2 SBG sieht die Beteiligung der Vertrauensperson als Regelfall vor. Sie verlangt dem Soldaten eine eindeutige Kundgabe der Ablehnung dieses Verfahrensschrittes ab, wenn er die Beteiligung der Vertrauensperson verhindern will, und verpflichtet die Einleitungsbehörde zur Anhörung der Vertrauensperson, wenn eine eindeutige Ablehnung des Soldaten trotz einer Erklärungsmöglichkeit nicht erklärt wird. Schweigen hat diesen Erklärungsgehalt grundsätzlich nicht.
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bbb) Hiernach ist ein eindeutiger Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson nicht erklärt worden.
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Bei den Akten befindet sich kein vom Soldaten gezeichnetes Protokoll über eine Vernehmung, in der zugleich eine ausdrückliche Erklärung über das Erfolgen oder Unterbleiben eines Widerspruches gemäß § 27 Abs. 2 SBG enthalten ist.
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Aktenkundig ist zwar eine mündliche Äußerung des Soldaten bei einer Erörterung der Frage nach der Beteiligung der Vertrauensperson vom 29. Januar 2009. Seine mündlichen Erklärungen sind von dem Gesprächspartner aber nicht als Widerspruch verstanden worden. Denn dieser gibt in seinem Schreiben an die Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 3. Februar 2009 an, eine Entscheidung, ob es zu einer Anhörung der Vertrauensperson kommen solle oder nicht, habe der Offizier bisher nicht getroffen. Er hat sich hiernach vielmehr grundsätzlich mit der Beteiligung der Vertrauensperson einverstanden erklärt, ist jedoch einer Beteiligung seines Stellvertreters am Anhörungsverfahren entgegengetreten. Bei dieser Erklärung handelte es sich aber nicht ohne Weiteres um einen Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson, da der Stellvertreter des Soldaten nicht Vertrauensperson war. Ein "Widerspruch" gegen den Anhörenden ist nur dann als Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson zu verstehen, wenn eindeutig erklärt wird, dass die Anhörung der Vertrauensperson mit der Fernhaltung einer bestimmten gesetzlich als Anhörender vorgesehenen Person "stehen und fallen" soll, wenn also die Anhörung der Vertrauensperson unterbleiben soll, wenn diese zwingend durch eine bestimmte Person durchzuführen ist.
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Hier war zum Zeitpunkt der Erörterung der Frage zwischen dem Soldaten und dem Stellvertretenden Befehlshaber des ...kommandos aber noch gar nicht geprüft worden, ob es rechtlich möglich war, die Beteiligung des Stellvertreters des Soldaten am Anhörungsverfahren auszuschließen. Damit bestand aus der Sicht des Soldaten zu diesem Zeitpunkt auch noch keine Notwendigkeit zu entscheiden, ob ihm die Einbeziehung der Vertrauensperson, die er nur durch einen Widerspruch verhindern kann, mit der er aber grundsätzlich einverstanden war, wichtiger war als die Fernhaltung seines Stellvertreters von dem Verfahren, die er - jedenfalls nach der nachfolgend übermittelten Rechtsauffassung der Wehrdisziplinaranwaltschaft - nicht erreichen konnte.
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Vor diesem Hintergrund mag es zwar naheliegen, dass sich der Soldat für einen Widerspruch entschieden hätte, hätte man ihn am 29. Januar 2009 vor die Wahl zwischen dem Widerspruch oder dem Einverständnis mit der Durchführung der Anhörung durch seinen Stellvertreter gestellt. Eindeutig abgegeben hatte er eine solche Erklärung aber an diesem Tage nicht, da der Stellvertretende Befehlshaber des ...kommandos sie ihm gar nicht abgefordert, vielmehr vor einer abschließenden Klärung der Frage eine Rechtsauskunft der Wehrdisziplinaranwaltschaft eingeholt hatte.
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Auch das Schreiben der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 11. März 2009 geht nicht davon aus, dass in der Erörterung vom 29. Januar bereits mündlich ein Widerspruch erklärt worden ist, heißt es doch, es sei als Widerspruch gegen die Anhörung zu werten, wenn "nunmehr" - also nach Erläuterung der Rechtslage durch den unmittelbar vorangehenden Teil des Schreibens - die Durchführung der Anhörung der Vertrauensperson durch den Stellvertreter abgelehnt werde. Nur wenn ein Widerspruch nicht ohnehin schon erklärt worden ist, macht auch die Aufforderung des Schreibens vom 11. März 2009, sich zu äußern, ob der Soldat die Anhörung wünscht oder ihr widerspricht, Sinn. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das Schreiben der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 22. April 2009 darauf hinweist, man gehe im Falle einer Nichtäußerung davon aus, der Soldat widerspreche "weiterhin". Damit wird klargestellt, dass die Fortdauer des Schweigens nach dem Schreiben vom 22. April 2009 wie schon das Schweigen nach dem Schreiben vom 11. März 2009 als konkludent erklärter Widerspruch gewertet wird, nicht aber behauptet, der Soldat habe am 29. Januar 2009 mündlich einen Widerspruch erklärt.
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Der fehlenden Reaktion des Soldaten auf die Schreiben der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 11. März 2009 und vom 22. April 2009 bzw. dem Schreiben des Verteidigers vom 20. März 2009 ist ein Widerspruch im Sinne des § 27 Abs. 2 SBG nicht zu entnehmen.
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Das Schreiben vom 11. März 2009 erläuterte unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 31. Januar 2007 - BVerwG 1 WB 16.06 - (Buchholz 449.7 § 52 SBG Nr. 3), dass die Anhörung der Vertrauensperson nur durch den Stellvertreter des Soldaten durchgeführt werden könne. Sofern der Soldat "nunmehr" die Anhörung der Vertrauensperson durch seinen Stellvertreter ablehne, sei dies als Widerspruch nach § 27 Abs. 2 letzter Halbsatz SBG zu werten. Der Verteidiger wurde um Stellungnahme gebeten, ob der Soldat eine Anhörung der Vertrauensperson (durch die gesetzlich vorgeschriebene Person) wünsche oder ob er widerspreche. Das Schreiben des Verteidigers vom 20. März 2009 kündigte eine Einlassung für Mitte April 2009 an. Nachdem dieser Termin ergebnislos verstrichen war, erhielt der Verteidiger im Schreiben vom 22. April 2009 "bis zum 8. Mai 2009 abschließend" Gelegenheit zur Stellungnahme. Sofern bis dahin keine Äußerung eingehe, werde der Wehrdisziplinaranwalt davon ausgehen, dass sich der Soldat nicht äußere und der Anhörung der zuständigen Vertrauensperson "weiterhin" widerspreche.
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Ein Widerspruch ist diesem Verhalten des Soldaten und seines Verteidigers schon deshalb nicht zu entnehmen, weil Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert hat, wenn ihm nicht durch Gesetz, Gewohnheitsrecht, Verkehrssitte oder Handelsbrauch ein bestimmter Erklärungsgehalt zugewiesen ist. Eine solche Zuweisung enthält das Soldatenbeteiligungsgesetz nicht. Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben kommt der Wehrdisziplinaranwaltschaft kein Recht zu, dem Schweigen ohne eine solche Grundlage einen bestimmten Bedeutungsgehalt beizulegen. Denn zwingt sie den Soldaten zu einer ausdrücklichen Erklärung, um die Anhörung der Vertrauensperson notwendig zu machen, so verkehrt sie zum einen die gesetzliche Konstruktion des § 27 Abs. 2 SBG in ihr Gegenteil. Diese geht nämlich davon aus, dass die Anhörung der Vertrauensperson so lange notwendig ist, wie nicht eine ausdrückliche Erklärung des Soldaten dies verhindert, während die Wehrdisziplinaranwaltschaft hier eine Anhörung erst durch eine Erklärung ermöglicht sehen möchte. Zum anderen bedarf die Wehrdisziplinaranwaltschaft eines solchen Rechts, dem Schweigen einseitig eine Bedeutung beizumessen, auch nicht, um dem berechtigten Interesse an einem zügigen Fortgang des Verfahrens (§ 17 WDO) zum Durchbruch zu verhelfen. Sie kann und muss nämlich, solange der Soldat jedenfalls aktenkundig keinen eindeutigen Widerspruch erklärt hat, die Anhörung durchführen lassen. Dies gibt ihr die Möglichkeit, dem Verteidiger den Termin der beabsichtigten Anhörung der Vertrauensperson mit zeitlichem Vorlauf vorab mitzuteilen und ihm eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer unmissverständlich Widerspruch in aktenkundiger Form - etwa durch Rücksendung eines vollständig ausgefüllten Formulars über den Widerspruch gegen die Anhörung der Vertrauensperson - erklärt werden kann. Damit wäre der gesetzlichen Konstruktion, die für eine Verhinderung der Anhörung ein aktives Tun des Soldaten fordert, ebenso wie dem Anspruch des Soldaten, von seinem Widerspruchsrecht zumutbar - ggf. nach Einholung von Rechtsrat - Gebrauch machen zu können, Rechnung getragen. Da sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft entgegen der Einschätzung des Bundeswehrdisziplinaranwaltes nicht alles unternommen, um den gesetzlichen Verfahrensvorgaben zu entsprechen. Solange dies nicht geschehen ist, bestand für den Soldaten auch unter Berücksichtigung der gegenseitigen Treuepflichten des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses keine Pflicht, sich zu erklären.
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Bei objektiver Betrachtung kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Schweigen lediglich ein Verzicht auf die Anhörung der Vertrauensperson oder die Verweigerung einer Äußerung zu der Frage ist. Ebenso wenig wie der Verzicht auf eine Beteiligung ein Widerspruch gegen diese ist (Urteil vom 8. Dezember 2010 a.a.O.
), ist es das Offenlassen der Frage nach der Beteiligung der Vertrauensperson (vgl. Beschluss vom 31. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 4.11). Daher ist dem Schweigen auf eine Aufforderung, sich innerhalb einer Frist über die Beteiligung der Vertrauensperson zu erklären, aus der Perspektive eines objektiven Empfängers selbst dann nicht der Inhalt eines Widerspruches im Sinne von § 27 Abs. 2 letzter Halbsatz SBG zu entnehmen, wenn man ihm die Qualität einer Willenserklärung zugesteht.
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c) Nach alledem macht der Senat von dem ihm durch § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO eingeräumten Ermessen Gebrauch, die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zurückzuverweisen.
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Zwar steht die Entscheidung darüber, ob der Senat bei Vorliegen eines schweren Verfahrensmangels ungeachtet dessen in der Sache selbst entscheidet oder ob er das Urteil der Truppendienstkammer aufhebt und die Sache an eine andere Kammer desselben Truppendienstgerichts oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweist, nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO in seinem Ermessen. Bei der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens kommt dem Normzweck jedoch regelmäßig eine entscheidende Bedeutung zu.
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Das Beschleunigungsgebot (§ 17 Abs. 1 WDO) steht einer Zurückverweisung hier schon deshalb nicht entgegen, weil diese zur Sicherstellung des Anspruchs auf ein faires rechtsstaatliches Disziplinarverfahren (speziell zum gerichtlichen Wehrdisziplinarverfahren BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208) unvermeidbar ist und der Senat selbst keine Möglichkeit hat, auf die Nachholung der unterbliebenen Beteiligung der Vertrauensperson hinzuwirken. Da eine Mängelbeseitigung von Gesetzes wegen nur im ersten Rechtszug vorgesehen ist, ist die Sache zurückzuverweisen, damit der Vorsitzende der nun zuständigen Truppendienstkammer gemäß § 99 Abs. 3 WDO verfährt (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2010 a.a.O.
und Beschluss vom 31. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 4.11 - Rn. 24 und 31 f.).
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Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die Erstattung der dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen bleibt der endgültigen Entscheidung in dieser Sache vorbehalten (§ 141 Abs. 1 und 2 WDO).
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Referenzen
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- StPO § 43 Berechnung von Wochen- und Monatsfristen 1x
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