Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 PB 4/12
Gründe
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 NWPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
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1. Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, unter welchen Umständen die Übertragung einer Tätigkeit auf eine Arbeitnehmerin nach Inkrafttreten des TVöD-VKA am 1. Oktober 2005 unter dem Gesichtspunkt des Fallgruppenwechsels die Mitbestimmung des Personalrats bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 4 NWPersVG auslöst. Wegen der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) bezieht sich die Fragestellung auf den streitigen Fall der Arbeitnehmerin W., die am 1. Oktober 2005 aus der Vergütungsgruppe BAT V c ohne Aufstieg nach V b in die Entgeltgruppe 8 TVöD-VKA übergeleitet (§ 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anl. 1 TVÜ-VKA) und der am 17. August 2009 eine Tätigkeit der Vergütungsgruppe BAT V c mit sechsjährigem Bewährungsaufstieg nach V b übertragen wurde. Die Frage ist an Hand der einschlägigen gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen sowie vorliegender Senatsrechtsprechung eindeutig im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten, so dass es ihrer Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bedarf.
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a. Eine höher zu bewertende Tätigkeit im Sinne des genannten Mitbestimmungstatbestandes liegt vor, wenn die neue Tätigkeit nach dem anzuwendenden kollektiven Entgeltschema einer höheren Entgeltgruppe zugeordnet ist als die bisherige (vgl. Beschlüsse vom 28. August 2008 - BVerwG 6 P 12.07 - Buchholz 251.91 § 80 SächsPersVG Nr. 2 Rn. 13 und vom 27. Mai 2009 - BVerwG 6 P 17.08 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 109 Rn. 25). Unter der Geltungsdauer des BAT war in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt, dass auch der mit einem künftigen Vergütungsgruppenaufstieg verbundene Fallgruppenwechsel mitbestimmungspflichtig war (vgl. Beschlüsse vom 8. Oktober 1997 - BVerwG 6 P 5.95 - BVerwGE 105, 241 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 94, vom 27. Mai 2009 a.a.O. Rn. 28 und vom 7. März 2011 - BVerwG 6 P 15.10 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 113 Rn. 36).
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b. Nunmehr bestimmt jedoch § 17 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 TVÜ-VKA, dass es ab dem 1. Oktober 2005 Bewährungs-, Fallgruppen- und Tätigkeitsaufstiege nicht mehr gibt. Zwar besagt § 17 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 TVÜ-VKA, dass § 8 TVÜ-VKA unberührt bleibt. Diese Bestimmung ist aber auf die vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar.
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Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA sind aus dem Geltungsbereich des BAT in eine der Entgeltgruppen 3, 5, 6 oder 8 übergeleitete Arbeitnehmer, die am 1. Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert worden wären, in die nächst höhere Entgeltgruppe des TVöD eingruppiert. Hierbei handelt es sich nach eindeutigem Wortlaut, systematischer Stellung sowie Sinn und Zweck um eine Besitzstandsregelung. Geschützt werden die "Exspektanzen" von Arbeitnehmern, deren Aufstieg vor der Überleitung in den TVöD nach früherem Recht des BAT begonnen hatte (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, § 8 TVÜ-VKA Rn. 1, 11 und 18; Litschen, in: Adam u.a., TVöD, § 8 TVÜ-VKA Rn. 1 und 3; Fieberg, in: GKÖD Bd. IV, F § 8 Rn. 1 f.).
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Diese allgemeine Voraussetzung - der Aufstiegsbeginn vor dem 1. Oktober 2005 - gilt auch für die Regelung im § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA, wonach § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA auf schriftlichen Antrag entsprechend gilt für übergeleitete Arbeitnehmer, die bei Fortgeltung des BAT bis spätestens 29. Februar 2012 wegen Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt ist. Damit sollten die betroffenen Arbeitnehmer unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen vom Hälftigkeitsprinzip des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA befreit werden. Auch diese Vorschrift hat den Charakter einer Besitzstandsregelung, welche an den vor dem 1. Oktober 2005 begonnenen Fallgruppenaufstieg anknüpft (vgl. Breier u.a., a.a.O. § 8 TVÜ-VKA Rn. 1, 30, 32 und 41 f.; Litschen, a.a.O. § 8 TVÜ-VKA Rn. 1 und 15; Fieberg, a.a.O. F § 8 Rn. 11).
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Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die genannten Regelungen in § 8 TVÜ-VKA ausschließlich Übertragungsakte betreffen, die vor dem 1. Oktober 2005 stattgefunden haben. Der im vorliegenden Fall streitige Übertragungsakt datiert jedoch vom 17. August 2009.
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c. Auf mit solchen Übertragungsakten verbundene Eingruppierungsvorgänge ist zunächst bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung die Vergütungsordnung des BAT weiter anzuwenden (§ 17 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA). Die sich daraus ergebenden Vergütungsgruppen werden gemäß Anl. 3 TVÜ-VKA den Entgeltgruppen des TVöD zugeordnet (§ 17 Abs. 7 Satz 1 TVÜ-VKA). Die Frage, ob die Übertragung einer bestimmten Tätigkeit nach dem 1. Oktober 2005 mit einer Höhergruppierung verbunden ist und deswegen zur Mitbestimmung bei Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit führt, ist daher an Hand der Anl. 3 TVÜ-VKA zu beantworten. Diese regelt in einer Reihe von Fällen, dass eine Vergütungsgruppe "mit Aufstieg" einer höheren Entgeltgruppe zuzuordnen ist als dieselbe Vergütungsgruppe "ohne Aufstieg". Für die hier in Rede stehende Vergütungsgruppe V c gilt jedoch einheitlich die Zuordnung zu Entgeltgruppe 8.
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d. Die Richtigkeit dieses Ergebnisses bezweifelt der Antragsteller nicht. Er meint jedoch, die Tarifvertragsparteien hätten es in der Hand, die Zuordnung zu den neuen Entgeltgruppen in der Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung günstiger vorzunehmen, so dass die Übertragung einer Tätigkeit wie im vorliegenden Fall bereits als mitbestimmungspflichtige Übertragung einer höher zu wertenden Tätigkeit anzusehen sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
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Freilich ist es den Tarifvertragsparteien grundsätzlich nicht verwehrt, zugunsten von Arbeitnehmern - auch mit Rückwirkung - Regelungen zu treffen, die im Vergleich zum bisherigen tariflichen Rechtszustand günstiger sind. Das Inkrafttreten einer derartigen den streitenden Übertragungsakt erfassenden Regelung war jedoch in dem für die Mitbestimmung hier maßgeblichen Zeitpunkt - Sommer 2009 - völlig ungewiss. Der damalige Übertragungsakt ist mit vergleichbaren Vorgängen unter der Geltung des alten Tarifrechts nicht gleichzusetzen, weil es für die Annahme, die Arbeitnehmerin werde zu einem bestimmten Zeitpunkt in die höhere Entgeltgruppe aufrücken, an jeglicher verlässlichen Grundlage fehlte.
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Die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-VKA gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Danach sind - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - alle Eingruppierungsvorgänge zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung vorläufig und begründen weder Vertrauensschutz noch Besitzstand. Diese Regelung richtet sich an die von den jeweiligen Eingruppierungsvorgängen betroffenen Arbeitnehmer. Sie entfaltet für personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte keine Aussagekraft. Diese knüpft an geltende gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen der Arbeitsbedingungen an. Erst die entsprechende normative Änderung ist geeignet, für bestimmte arbeitsrechtliche Vorgänge bisher nicht bestehende Beteiligungsrechte zu begründen. Die mehr oder weniger vage Erwartung künftiger Regelungen kommt dafür nicht in Betracht.
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2. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Übertragungsakte der hier in Rede stehenden Art seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes vom 5. Juli 2011, GV.NRW. S. 348, nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 NWPersVG unter dem Gesichtspunkt der Umsetzung - wieder - mitbestimmungspflichtig sind (vgl. zum personalvertretungsrechtlichen Umsetzungsbegriff: Beschlüsse vom 22. Juli 2003 - BVerwG 6 P 3.03 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 30 S. 44 und vom 8. November 2011 - BVerwG 6 P 23.10 - juris Rn. 21). Bei Umsetzungen, die mit einer Bewerberauswahl verbunden sind, hat der Personalrat zu prüfen, ob die schützenswerten Belange der Mitbewerber hinreichend Beachtung gefunden haben (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2003 a.a.O. S. 48). Angesichts dessen erscheint fraglich, ob die vom Antragsteller aufgeworfene Frage für die aktuelle personalvertretungsrechtliche Praxis im Geltungsbereich des nordrhein-westfälischen Landespersonalvertretungsgesetzes noch von nennenswerter Bedeutung ist. Ob auch daraus durchgreifende Bedenken gegen den Erfolg der Grundsatzrüge herzuleiten sind, kann auf sich beruhen (vgl. zum auslaufenden Recht: Beschluss vom 15. Mai 2008 - BVerwG 6 PB 20.07 - Buchholz 251.21 § 13 BrbgPersVG Nr. 1 Rn. 10; BAG, Beschlüsse vom 24. März 1993 - 4 AZN 5/93 - BAGE 73, 4 <9> und vom 21. Oktober 1998 - 10 AZN 588/98 - AP Nr. 55 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz).
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Referenzen
- 4 AZN 5/93 1x (nicht zugeordnet)
- § 80 SächsPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 92 Rechtsbeschwerdeverfahren, Grundsatz 1x
- § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 4 NWPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72a Nichtzulassungsbeschwerde 1x
- BPersVG § 75 3x
- ArbGG § 92a Nichtzulassungsbeschwerde 1x
- § 72 NWPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- § 13 BrbgPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- 10 AZN 588/98 1x (nicht zugeordnet)
- § 79 Abs. 2 NWPersVG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Alt. 2 NWPersVG 1x (nicht zugeordnet)