Urteil vom Bundesverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 C 7/17

Tatbestand

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Der Kläger, ein albanischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung eines gegen ihn vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) verhängten Einreise- und Aufenthaltsverbots.

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Er reiste 2015 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 15. April 2016 die Anträge des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet ab. Weiter entschied es, dass dem Kläger kein Anspruch auf subsidiären Schutz zusteht und keine Abschiebungsverbote vorliegen. Er wurde aufgefordert, Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen, und ihm wurde die zwangsweise Abschiebung nach Albanien angedroht. Gleichzeitig ordnete das Bundesamt ein zehnmonatiges Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG ab dem Tag der Ausreise an (Ziffer 6) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG für den Fall der Abschiebung des Klägers auf 30 Monate (Ziffer 7).

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Da der Kläger inzwischen mit einem deutschen Mann eine Lebenspartnerschaft begründet hatte, beantragte er im Mai 2016 beim Beklagten eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Wahrung dieser lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft. Zugleich beantragte er sowohl beim Bundesamt als auch beim Beklagten die Aufhebung des vom Bundesamt nach § 11 Abs. 7 AufenthG angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots. Beide Behörden lehnten eine Entscheidung über den Aufhebungsantrag wegen Unzuständigkeit ab. Der Beklagte erteilte dem Kläger fortlaufend Duldungen, die letzte befristet bis zum 31. März 2020.

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Die vom Kläger gegen den Beklagten erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 14. Februar 2017 mit der Begründung ab, dass nicht die Ausländerbehörde, sondern das Bundesamt über die Aufhebung entscheiden müsse. Dessen Zuständigkeit ergebe sich aus § 75 Nr. 12 AufenthG. Diese Sonderregelung gehe der allgemeinen Zuständigkeitsregelung für die Ausländerbehörden in § 71 Abs. 1 AufenthG vor und begründe die Zuständigkeit des Bundesamts auch für Folgeentscheidungen zu dem von ihm verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG. Denn § 11 Abs. 7 Satz 3 AufenthG erkläre § 11 Abs. 4 AufenthG für entsprechend anwendbar, welcher die nachträgliche Aufhebung oder Fristverkürzung regele. Dem stehe der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Wille, es für Aufhebungs- und Verkürzungsentscheidungen bei der allgemeinen Zuständigkeit der Ausländerbehörden zu belassen, nicht entgegen, da dieser Wille im Gesetz selbst keinen Niederschlag gefunden habe.

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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision. Er ist der Auffassung, die Zuständigkeit des Bundesamts beziehe sich schon nach dem Wortlaut des § 75 Nr. 12 AufenthG nur auf die erstmalige Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG. Selbst wenn der Wortlaut unterschiedliche Auslegungen zulasse, rechtfertige dies nicht ein Abweichen vom eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der die Ausländerbehörden als zuständig ansehe.

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Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Er bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend beruft er sich darauf, dass in § 72 AufenthG eine gesetzliche Beteiligungsregelung zugunsten des Bundesamts fehle, was dafür spreche, dass das Gesetz von dessen Zuständigkeit auch für Aufhebungs- und Befristungsentscheidungen ausgehe und nicht von einer solchen der Ausländerbehörden. Bei der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sei zu bewerten, ob eine solche Entscheidung asylrechtlich geboten sei. Hierfür sei das Bundesamt die sachnähere Behörde.

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Das beigeladene Bundesamt und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließen sich der Argumentation des Klägers an.

Entscheidungsgründe

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Die (Sprung)Revision des Klägers ist zulässig (1.) und hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über das Begehren des Klägers auf Aufhebung des gegen ihn vom Bundesamt nach § 11 Abs. 7 AufenthG verhängten Einreise- und Aufenthaltsverbots in der Sache zu entscheiden (2.). Die gegenteilige Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht. Der Kläger hat allerdings nur einen Bescheidungsanspruch, keinen Aufhebungsanspruch. Soweit er mit der Revision seinen Aufhebungsanspruch weiterverfolgt, war diese zurückzuweisen (3.).

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1. Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig. Es handelt sich bei dem auf § 11 Abs. 7 i.V.m. Abs. 4 AufenthG gestützten und gegen die Ausländerbehörde gerichteten Aufhebungsbegehren um eine ausländerrechtliche Streitigkeit, für die die Sprungrevision - anders als bei asylrechtlichen Streitigkeiten bis zum 29. Juli 2017 (BGBl. I 2780) - auch schon bei ihrer Einlegung im März 2017 statthaft war. Aus § 83c AsylG ergibt sich nichts Abweichendes, da die Vorschrift das gegen die Ausländerbehörde gerichtete Verpflichtungsbegehren nicht erfasst.

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2. Der Beklagte ist verpflichtet, über das Begehren des Klägers auf Aufhebung des gegen ihn verhängten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden. Seine Zuständigkeit ergibt sich aus § 71 Abs. 1 AufenthG.

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Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei ausländerrechtlichen Verpflichtungsklagen grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 1 C 16.14 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 22 Rn. 14). Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsänderungen, die nach der Entscheidung des Tatsachengerichts eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Tatsachengericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 27.14 - NVwZ 2016, 71). Maßgeblich ist hiernach das Aufenthaltsgesetz - AufenthG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter bei der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618).

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Nach § 71 Abs. 1 AufenthG sind die Ausländerbehörden für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen zuständig, sofern keine gesetzliche Sonderzuständigkeit besteht. Das Begehren des Klägers auf Aufhebung des vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbots bestimmt sich nach § 11 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 AufenthG, er erstrebt also eine Entscheidung nach dem Aufenthaltsgesetz im Sinne von § 71 Abs. 1 AufenthG.

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Eine Sonderzuständigkeit des Bundesamts für die begehrte Aufhebungsentscheidung besteht nicht. Sie ergibt sich nicht aus § 75 Nr. 12 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist das Bundesamt u.a. zuständig für "die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG". Diese Sonderzuständigkeit erfasst nur die erstmalige "Anordnung und Befristung" eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG, nicht jedoch dessen nachträgliche Aufhebung oder Fristverkürzung nach § 11 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 AufenthG.

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Dafür spricht schon der Wortlaut des § 75 Nr. 12 AufenthG, der die Zuständigkeit des Bundesamts nur für die "Anordnung und Befristung" eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG begründet, nicht auch für Änderungen dieser Verfügungen. Allerdings lässt der Wortlaut auch eine andere Auslegung zu, weil er pauschal auf § 11 Abs. 7 AufenthG verweist. Dieser ordnet in § 11 Abs. 7 Satz 3 AufenthG die entsprechende Anwendung der Absätze 1 bis 5 an. Damit erfasst er auch § 11 Abs. 4 AufenthG, der die Rechtsgrundlage für die nachträgliche Aufhebung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots darstellt sowie für die Verkürzung der hierfür festgesetzten Frist.

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Auch eine systematische Auslegung führt zu keinem eindeutigen Ergebnis. Zwar wird mangels abweichender Gesichtspunkte in aller Regel die Behörde zur Abänderung von Verfügungen zuständig bleiben, die sie originär getroffen hat, insbesondere für deren Rücknahme und Widerruf. Zwingend ist dies jedoch nicht, zumal die nachträgliche Aufhebung oder Fristverkürzung nach § 11 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 AufenthG die ursprüngliche Befristung weder zurücknimmt oder widerruft, sondern eine eigenständige, tatbestandlich an die Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 AufenthG gebundene neue Entscheidung trifft.

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Eine Begrenzung der Bundesamtszuständigkeit auf die Erstentscheidung entspricht der allgemeinen Aufgabenverteilung zwischen dem Bundesamt und den Ausländerbehörden. Das Asylverfahren und damit die Zuständigkeit des Bundesamts endet grundsätzlich mit der bestandskräftigen Entscheidung des Bundesamts über den Asylantrag und die damit verbundenen Nebenentscheidungen. Der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet und - nach Abschiebung oder freiwilliger Ausreise - eine erneute Wiedereinreise richten sich dann nach dem Aufenthaltsgesetz. Verbleibt ein Ausländer nach Abschluss seines Asylverfahrens in Deutschland, sind für weitere aufenthaltsrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach § 71 Abs. 1 AufenthG die Ausländerbehörden zuständig. Dies gilt auch für Entscheidungen über ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG, soweit die sachliche Zuständigkeit nicht ausnahmsweise einer anderen Behörde zugewiesen ist. Eine solche Ausnahmeregelung enthalten § 11 Abs. 7 Satz 1 und § 75 Nr. 12 AufenthG, die als Ausnahme von der Regel eher eng auszulegen sind. Dafür, dass sich die Zuständigkeit des Bundesamts bei Entscheidungen nach § 11 Abs. 7 AufenthG nur auf die erstmalige Anordnung und Befristung (nach § 11 Abs. 7 Satz 1 und 4 AufenthG), nicht aber auf eine nachträgliche Aufhebung oder Befristung (nach § 11 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 AufenthG) bezieht, spricht auch der Vergleich mit den weiteren dem Bundesamt in Bezug auf § 11 AufenthG zugewiesenen Aufgaben. Denn nach § 75 Nr. 12 AufenthG ist das Bundesamt in bestimmten Fällen auch hinsichtlich des nach § 11 Abs. 1 AufenthG an eine Abschiebung anknüpfenden gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots für dessen "Befristung nach § 11 Abs. 2 AufenthG" (hier: Ziffer 7 des Bescheids) zuständig. Diese Zuständigkeitszuweisung erstreckt sich schon nach dem Wortlaut nicht auf eine auch in diesen Fällen mögliche nachträgliche Aufhebung oder Verkürzung (nach § 11 Abs. 4 AufenthG). Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum die Ausländerbehörde zwar für die nachträgliche Änderung einer vom Bundesamt nach § 11 Abs. 2 AufenthG getroffenen Befristungsentscheidung, nicht aber auch für die nachträgliche Aufhebung oder Verkürzung eines vom Bundesamt mit der Ablehnung des Asylantrags angeordneten Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig sein sollten.

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Aus § 83c AsylG lassen sich keine Argumente für eine bestimmte Behördenzuständigkeit ableiten. Diese Vorschrift stellt lediglich klar, dass die das gerichtliche Verfahren betreffenden Sonderregelungen im Asylgesetz auch bei "Rechtsbehelfen gegen die Entscheidungen des Bundesamts nach § 75 Nr. 12 AufenthG gelten", ohne sich zum Umfang der Zuständigkeit des Bundesamts nach § 75 Nr. 12 AufenthG zu verhalten.

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Für die Zuständigkeit der Ausländerbehörden spricht im Übrigen vor allem der gesetzgeberische Wille. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass das Bundesamt nur die Ausgangsentscheidung nach § 11 Abs. 7 AufenthG treffen sollte, nachträgliche Abänderungsentscheidungen aber in die Zuständigkeit der Ausländerbehörden fallen sollten. Die Zuständigkeitsnorm des § 75 Nr. 12 AufenthG geht auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 25. Februar 2015 zurück und wurde wie folgt begründet (BT-Drs. 18/4097 S. 58):

"Die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 kann nur durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erfolgen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung von Amts wegen zu befristen. Die Zuständigkeit für die Befristung wird im Gleichklang mit der Zuständigkeit für die Anordnung ebenfalls dem Bundesamt zugeordnet. Für die Aufhebung, Verkürzung oder Verlängerung der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Absatz 4 verbleibt es bei den allgemeinen Zuständigkeiten nach § 71."

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Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich das gesetzgeberische Ziel, nur die erstmalige Anordnung und Befristung nach § 11 Abs. 7 AufenthG dem Bundesamt zuzuweisen, Abänderungsentscheidungen aber durch die Ausländerbehörden nach § 71 AufenthG vornehmen zu lassen. In diesem Sinne hat die Bundesregierung in der Folgezeit auch eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag beantwortet (Antwort der Bundesregierung vom 9. März 2015, BT-Drs. 18/4262 S. 4). Gegenläufige Bekundungen zur Zuständigkeitsfrage erfolgten im Gesetzgebungsverfahren nicht. Damit dürfte die Einschätzung der Bundesregierung auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Dieser gesetzgeberische Wille hat sich - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch im Gesetz niedergeschlagen, da § 75 Nr. 12 AufenthG die Zuständigkeit des Bundesamts nur für die "Anordnung und Befristung" eines Einreise- und Aufenthaltsverbots begründet.

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Die Auslegung der Zuständigkeitsregelungen durch den Senat entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Nach der Gesetzesbegründung soll die in § 11 Abs. 7 AufenthG neu geschaffene Möglichkeit der Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt generalpräventiv der Verhinderung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylverfahrens dienen. Dies soll zugleich einer Überlastung der Asylverfahren durch offensichtlich nicht schutzbedürftige Personen entgegenwirken, damit die entsprechenden Kapazitäten für die Prüfung der Asylanträge tatsächlich schutzbedürftiger Personen eingesetzt werden können (BT-Drs. 18/4097 S. 38).

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Dieser Gesetzeszweck rechtfertigt bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Anordnung eines (befristeten) Einreise- und Aufenthaltsverbots unmittelbar durch das Bundesamt zusammen mit seiner ablehnenden Entscheidung über den Asylantrag. Gründe sowohl der Effektivität als auch der Praktikabilität sprechen in diesem Verfahrensstadium für eine (ausnahmsweise) Zuständigkeit des Bundesamts. Vergleichbare Gründe sind für Folgeentscheidungen nach Abschluss des Asylverfahrens nicht ersichtlich. Zur Verhinderung von Missbrauchsfällen bedarf es keiner Annexzuständigkeit des Bundesamts für nachträgliche Entscheidungen nach § 11 Abs. 4 AufenthG. Vielmehr sind insoweit die Ausländerbehörden die sachnäheren Behörden, weil sie die weitere aufenthaltsrechtlich relevante Entwicklung des Ausländers verfolgen und insofern besser in der Lage sind, die von § 11 Abs. 4 AufenthG für die Aufhebungs- und Verkürzungsentscheidung geforderte umfassende Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen zu treffen.

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Eine (fortbestehende) Zuständigkeit des Bundesamts würde zudem in erheblichem Umfang Kapazitäten des Bundesamts durch offensichtlich nicht schutzbedürftige Personen binden, die dann nicht für die Prüfung der Asylanträge tatsächlich schutzbedürftiger Personen eingesetzt werden könnten. Damit würde der Gesetzeszweck nicht nur teilweise verfehlt, sondern letztlich sogar das Gegenteil bewirkt.

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Dem steht nicht entgegen, dass § 72 AufenthG kein Beteiligungserfordernis des Bundesamts vorsieht. Insoweit hat der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass § 72 Abs. 3 AufenthG die Abänderung von Befristungsentscheidungen des Bundesamts nicht erfasst. Denn § 72 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 AufenthG verweist ausdrücklich nur auf § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, nicht auch auf § 11 Abs. 7 AufenthG. Dies stellt in Bezug auf Entscheidungen nach § 11 AufenthG offensichtlich eine abschließende Entscheidung dar. Daraus lässt sich jedoch kein Argument für eine Zuständigkeit des Bundesamts ableiten. Denn für dessen Beteiligung an der von den Ausländerbehörden zu treffenden Entscheidung besteht kein Bedarf. Die hier zu treffende Ermessensentscheidung ist auch in anderen Fällen von den Ausländerbehörden in eigener Verantwortung zu treffen, bei der es im Wesentlichen um die Würdigung einer nach der Erstentscheidung eingetretenen individuellen Entwicklung geht. Die Einbeziehung des allgemeinen öffentlichen Interesses an der Verhinderung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylverfahrens in die Abwägungsentscheidung der Ausländerbehörden setzt keine besondere Sachkunde voraus, die eine Beteiligung des Bundesamts erfordert.

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3. Der Kläger kann von der Beklagten nur die Bescheidung seines Aufhebungsbegehrens verlangen, die von der Beklagten nach § 11 Abs. 7 i.V.m. Abs. 4 AufenthG zu treffende Ermessensentscheidung ist nicht auf Null reduziert.

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Allein der Umstand, dass der Kläger nach Aktenlage wohl die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen erfüllt, reicht hierfür nicht aus. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der Regelung in § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, wonach (selbst) bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen das Einreise- und Aufenthaltsverbot lediglich aufgehoben werden "soll". Die familiäre Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinem deutschen Lebenspartner ist dadurch gewährleistet, dass die Ausländerbehörde nicht beabsichtigt, den Kläger abzuschieben, und er im Besitz einer mehrjährigen Duldung zu Ausbildungszwecken ist. Auch der Zeitablauf seit Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtfertigt im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keine andere Beurteilung. Weitere Gründe, aus denen sich eine Ermessensverdichtung auf Null ergeben könnte, sind vom Kläger nicht geltend gemacht, so dass es auch keiner (Zurück-)Verweisung an das Verwaltungsgericht zur weiteren Sachaufklärung bedarf. Soweit die Ausländerbehörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt hat, dass sie im Falle ihrer Zuständigkeit eine Aufhebung verfügen würde, stellt dies lediglich eine das Gericht rechtlich nicht bindende Absichtserklärung dar.

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Der Berücksichtigung der Lebenspartnerschaft bei der nun vom Beklagten zu treffenden Entscheidung über eine nachträgliche Aufhebung oder Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots steht nicht entgegen, dass der Kläger diesen Umstand schon gegenüber dem Bundesamt hätte geltend machen können, dies aber unterlassen hat. Denn es geht bei der nach § 11 Abs. 4 AufenthG zu treffenden Entscheidung nicht um ein Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens beim Bundesamt, sondern darum, ob und in welchem Umfang ein - gesetzliches oder ausdrücklich angeordnetes - Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Zukunft aufrechterhalten bleibt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die persönlichen Bindungen des Klägers mit fortschreitender Dauer an Gewicht gewinnen, während die dem Einreise- und Aufenthaltsverbot hier zugrunde liegenden generalpräventiven Erwägungen an Gewicht verlieren.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem teilweisen Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten.

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