Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 B 11/18

Gründe

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Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beklagte beimisst.

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Die Beklagte hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

ob für die Frage des Ablaufs der Rügefrist gem. § 215 Abs. 1 Nr. 3 BauGB auf die unveränderten textlichen Festsetzungen des Ausgangsbebauungsplans oder die Ergänzung zur Planbegründung im Rahmen der 3. Änderung abzustellen ist,

und

ob bei der Frage des Beginns der Rügefristen auf den Zeitpunkt einer neuerlichen Planbegründung abgestellt werden kann, wenn die textlichen Festsetzungen der Ausgangsplanung unverändert sind, sich die Abwägungsvorgänge also nicht (rückwirkend) im Abwägungsergebnis niederschlagen.

3

Die Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die - im ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB beschlossene - dritte Änderung des Bebauungsplans an durchgreifenden Abwägungsmängeln gerade auch hinsichtlich der Eigentümerbelange leide (UA S. 26). Die Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB für den Fehler im Abwägungsvorgang sei noch nicht abgelaufen. Dabei sei es unschädlich, dass die Rügefrist für den Ausgangsbebauungsplan und frühere Änderungen bereits verstrichen sei, denn der Plangeber habe mit der dritten Änderung die Festsetzungen zum Einzelhandelsausschluss "anreichern" und dabei - aufgrund eines von den Festsetzungen abweichenden Verständnisses - eine Neubewertung der Eigentümerinteressen vornehmen wollen (UA S. 30). Nach diesen für den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen ist mit dem Beschluss über die dritte Änderung für die von der Planung betroffenen Eigentümerinteressen eine neue Abwägungsentscheidung getroffen worden; jedenfalls insoweit sind mit der ortsüblichen Bekanntmachung der neu beschlossenen dritten Änderung des Plans die Rügemöglichkeiten nach § 215 Abs. 1 BauGB neu eröffnet worden. Die Beschwerde übersieht, dass für das Oberverwaltungsgericht Abwägungsmängel, die der Ursprungsfassung des Bebauungsplans und nachfolgender Änderungen anhafteten, für die Markierung eines Abwägungsfehlers in Bezug auf die verfahrensgegenständliche dritte Änderung keine Rolle gespielt haben.

4

Es bedarf im Übrigen nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu bestätigen, dass das Oberverwaltungsgericht richtig liegt. Nach gefestigter Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 - 4 CN 10.14 - BVerwGE 152, 379 Rn. 9) setzt die Gemeinde beim ergänzenden Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB das von ihr ursprünglich eingeleitete Verfahren an der Stelle fort, an der ihr der zu korrigierende Fehler unterlaufen ist. Die bisherigen Verfahrensschritte bleiben unberührt. Für den Fall eines Bebauungsplans, der nach Behebung eines Ausfertigungsmangels im ergänzenden Verfahren erneut bekannt gemacht wurde, hat der Senat daraus abgeleitet, dass auf bisherige, im ergänzenden Verfahren nicht zu wiederholende Verfahrensschritte bezogene Rügemöglichkeiten nach § 215 Abs. 1 BauGB, die bereits verfristet sind, durch die erneute Bekanntmachung des Plans nach der Fehlerbehebung nicht neu eröffnet werden (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Februar 1997 - 4 NB 40.96 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 9 S. 18 und vom 10. Januar 2017 - 4 BN 18.16 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 19). Ob diese Aussagen für nicht zu wiederholende Verfahrensschritte auch dann gelten, wenn der Bebauungsplan im ergänzenden Verfahren neu abgewogen und als Satzung neu beschlossen wird, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls hinsichtlich der neu durchgeführten Verfahrensschritte lässt sich der Aussage des Senats im Umkehrschluss entnehmen, dass die Rügemöglichkeiten nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB durch die erneute Bekanntmachung des Plans insoweit neu eröffnet werden. Das gilt auch dann, wenn der Satzungsbeschluss im ergänzenden Verfahren inhaltsgleich wiederholt wird (BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2017 - 4 BN 18.16 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 19). Denn mit der Wiederholung der Abwägung und des Satzungsbeschlusses ist - trotz unveränderten Inhalts - ein neuer Plan entstanden, der auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in der Gestalt, wie er nach Behebung des Mangels in Kraft gesetzt worden ist, Gegenstand des Normenkontrollverfahrens wird (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Dezember 2000 - 4 BN 47.00 - BRS 63 Nr. 60 S. 300 f. = juris Rn. 6 m.w.N. und vom 10. Januar 2017 - 4 BN 18.16 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 19).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

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