Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 10 K 355/09

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger ist als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsbeistand im Rahmen einer Einzelpraxis sowie als geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter bei der Steuerberatungsgesellschaft X GmbH (künftig GmbH) tätig. Er war in den Vorjahren schwerpunktmäßig mit der Abwicklung von Bauherren- und Erwerbermodellen befasst, wobei die GmbH die Funktion eines Treuhänders übernahm.
Im Rahmen einer im Jahr 1999 für die Jahre 1992-1994 durchgeführten Außenprüfung (vgl. im Einzelnen Betriebsprüfungsbericht vom 23. Juli 1999 unter Textziffer 1.04 b.) wurde durch den Prüfer u. a. die Feststellung getroffen, dass die (überwiegend bereits in den Vorjahren) vereinnahmten Steuerberatergebühren bisher nicht umsatzversteuert worden waren und er unterwarf Einnahmen, soweit sie auf bereits vollständig abgeschlossene Projekte entfielen, in Höhe von zusätzlich DM 3.428.642,-- (1992), DM 32.652,-- (1993) und DM 24.253,-- DM (1994) der Umsatzversteuerung.
Das beklagte Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ für die Streitjahre 1992 – 1994 mit Datum vom 05. Oktober 1999 entsprechende nach § 164 Abs.2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide.
Der dagegen form- und fristgerecht erhobene Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2005, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.
Zur Begründung wird im Wesentlichen sinngemäß vorgetragen, dass es bezüglich der vereinnahmten Steuerberatungsgebühren bereits an einem umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch fehle. Ein Leistungsaustausch könne im Rahmen eines nichtigen Vertragsverhältnisses - so vorliegend aufgrund des Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz - nicht stattfinden. Selbst wenn man ein solches genügen ließe, so fehle es jedenfalls an einer Entgeltsleistung durch die Erwerber, da die Zahlungsanweisungen der GmbH unwirksam gewesen seien und den Erwerbern insoweit kein eigener Aufwand entstanden sei. Auch im Hinblick auf die eingeschalteten Banken fehle es an einem Leistungsaustausch, da die Banken ihrerseits keine Beratungsleistungen des Klägers honorieren wollten, die sie auch nicht erhalten hätten.
Hilfsweise seien die vom Kläger erbrachten Beratungsleistungen nach § 4 Nr. 9 a UStG als steuerfrei zu beurteilen. Bei den Beratungsleistungen handele es sich nämlich um unselbständige Nebenleistungen zu den Grundstückslieferungen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) liege eine einheitliche Leistung insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile aber Nebenleistungen darstellten, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilten. Eine Leistung sei dann als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstelle, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, wobei auf die Sicht des Durchschnittverbrauchers abzustellen sei. Für einen durchschnittlichen Erwerber habe im Erwerbermodell aber die Lieferung des Grundstücks ganz im Vordergrund seiner Erwägungen gestanden. Den Steuerberatungsleistungen sei kein eigenständiger Wert oder Zweck im Rahmen des Immobilienerwerbs zugekommen, sondern hierdurch habe allein der Grundstückserwerb steuerlich optimiert abgewickelt werden sollen.
Der Kläger beantragt:
die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1994, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2005, dahingehend abzuändern, dass Umsätze in Höhe von DM 3.428.642,-- (1992), DM 32.652,-- (1993) und DM 24.253,-- (1994) nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden,
10 
hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen,
11 
hilfsweise das Verfahren nach § 74 FGO auszusetzen und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes nach Art. 234 EGV einzuholen zur Frage, ob ein für einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch ausreichendes Rechtsverhältnis vorliegt, wenn diesem zivilrechtlich ein nichtiger bzw. unwirksamer Vertrag zugrunde liegt und die Gegenleistung nicht behalten werden darf und ob es sich bei den im Rahmen von Erwerbermodellen erbrachten Steuerberatungsleistungen um unselbständige Nebenleistungen zur umsatzsteuerfreien Grundstückslieferung handelt.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
15 
Der vorstehende Sach- und Streitstand ist den Gerichtsakten, den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Umsatzsteuer-, Betriebsprüfungs-, Einspruchsakten, 1 Hefter Musterurkunden Erwerbermodell) sowie dem Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheids, der Einspruchsentscheidung, der im Besteuerungs-, Einspruchs- und Klageverfahren gewechselten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie dem weiteren Inhalt der zitierten Akten. Die Akten aus dem Verfahren 10 K 353/09 wurden beigezogen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Finanzamt hat die im Zusammenhang mit den sog. Erwerbermodellen vereinnahmten Steuerberatungsgebühren zu Recht der Umsatzsteuer in den jeweiligen Streitjahren unterworfen.
17 
Zunächst liegt in der Umsatzbesteuerung der vom Kläger erbrachten Beratungsleistungen keine unzulässige Doppelbesteuerung (vgl. zuletzt Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften 3. Kammer vom 27. November 2008 C-156/08, juris-Datenbank). Weder ist die Umsatzsteuerpflicht bei gleichzeitiger Erhebung der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Januar 1999, 1 BvL 14/98, Bundessteuerblatt - BStBl II - 1999, 152) noch hindert das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat daran, einen nach der 6. EG-Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegenden Vorgang zusätzlich mit weiteren Verkehrsteuern, wie der Grunderwerbsteuer nach deutschem Recht, zu belegen, sofern diese Steuern nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, was vorliegend nicht der Fall ist.
18 
Nach § 4 Nr. 9 a UStG ist ein Umsatz, wenn er „unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt“ , von der Umsatzsteuer befreit. Besteuerungsgegenstand - und damit maßgebend für den Umfang der Steuerbefreiung - ist umsatzsteuerrechtlich die ausgeführte einzelne Leistung. Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung (Lieferung oder sonstige Leistung), die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger), und den Gegenstand, auf den die Ausführung der Leistung (z. B. Lieferung eines unbebauten Grundstücks) gerichtet ist, wobei der Gegenstand der Leistung gegebenenfalls durch den umsatzsteuerrechtlichen Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung bestimmt wird (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juni 1992 V R 60/88, Bundessteuerblatt - BStBl II - 1992, 986). Der umsatzsteuerfreie Umsatz durch Lieferung eines Grundstücks schließt danach alle, aber auch nur die Leistungen ein, die mit diesem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbstständigkeit verlieren (einheitliche Leistung), oder als unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung zu beurteilen sind. Nicht maßgebend für den Umfang der Steuerbefreiung ist die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung gem. §§ 8, 9 GrEStG (BFH v. 29. August 1991 V R 87/86, BStBl II 1992, 206).Einheitliche wirtschaftliche Vorgänge dürfen für Zwecke der Umsatzsteuer grundsätzlich nicht in mehrere selbständige Leistungen zerlegt werden, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein unteilbares Ganzes bilden. Ob umsatzsteuerlich mehrere zu einer Gesamtleistung zusammengefasste und aufeinander abgestimmte Einzelleistungen als einheitliche Leistung, als Haupt- und Nebenleistung oder als mehrere von einander zu scheidende Leistungen zu qualifizieren sind, ist regelmäßig aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2008, 1712). Eine umsatzsteuerrechtlich einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus der Sicht eines durchschnittlichen Leistungsempfängers ihre Selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges „Drittes“ bilden (Lange in Steuer und Wirtschaft - StuW - 1999, 264). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung führt dazu, dass Vorgänge, die bürgerlichrechtlich selbständig und je für sich betrachtet werden, umsatzsteuerrechtlich als ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang behandelt werden. Andererseits können auch Leistungen, die auf einem einheitlichen bürgerlichrechtlichen Vertrag beruhen und für die ein Gesamtentgelt zu entrichten ist, umsatzsteuerlich als selbständige Leistungen zu behandeln sein. Erbringt der Unternehmer ein „Leistungspaket“, ist unter Gesamtwürdigung aller Umstände zu prüfen, ob die einzelnen Leistungsbestandteile so hinter dem Ganzen zurücktreten, dass eine einheitliche Leistung vorliegt (BFH-Urteil vom 26. März 1992, BStBl II 1992, 929).
19 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Grundstückslieferungen und den in diesem Zusammenhang abgeschlossen Steuerberatungsverträgen um eine einheitliche Leistung gehandelt hat. Bei den Steuerberatungsverträgen handelt es sich um eigenständige, vom Kläger gegenüber den Erwerbern erbrachte Leistungen und um keine Nebenleistungen zu den Grundstückskaufverträgen. Gemeinhin kommt es im Zusammenhang mit dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen nicht zum Abschluss eines steuerlichen Beratungsvertrages. Die Verbindung ist im Streitfall nur zeitlich und rechtsgeschäftlich hergestellt worden. Dies begründet, selbst wenn die Koppelung dem Leistungsempfänger aufgedrängt wird, umsatzsteuerrechtlich keine Einheitlichkeit einer Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 03. März 1988 V R 183/83, BStBl II 1989, 205 m. w. N.). Im Übrigen war laut Anlage 2 der Musterurkunden für die Erwerbermodelle Vertragspartner für die Grundstückslieferung nicht der Kläger, der als solcher nur für die Erbringung der Steuerberatungsleistungen eingeschaltet war. Insoweit sind die Leistungen (Grundstückslieferung einerseits und Steuerberatung andererseits) von verschiedenen Personen erbracht worden, so dass für Zwecke der Umsatzsteuer auch eigenständige Leistungen vorliegen. Die Steuerberatungsleistungen sind weder mit den Grundstückslieferungen identisch noch deren integrativer Bestandteil.
20 
Des Weiteren unterliegen sonstige Leistungen nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 3 Abs. 9 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens - hier die steuerlichen Beratungsleistungen des Klägers als Steuerberater - gegen Entgelt ausführt, der Umsatzsteuer. Ganz allgemein setzt die Ausführung einer Leistung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die tatsächliche Ausführung der Leistung voraus. Das Umsatzsteuerrecht besteuert nicht gegenseitige Leistungspflichten - also Verträge -, sondern tatsächliche Vorgänge, in der Regel die Erfüllung der vertraglich begründeten Leistungspflichten. Die einem Leistungsaustausch zugrundeliegenden Verträge sind nicht steuerbegründend; sie erleichtern in Zweifelsfällen lediglich die Beantwortung der Frage nach dem Vorhandensein und dem Umfang einer - für den Leistungsaustausch maßgeblichen - Wechselbeziehung (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 90/75, Bundessteuerblatt - BStBl II 1980 -, 535). Im Übrigen gilt nach § 41 Abs.1 der Abgabenordnung (AO), dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Rechtsgeschäft unwirksam ist oder unwirksam wird, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Genau dies ist aber vorliegend der Fall. Der Kläger hat die Gelder jedenfalls vereinnahmt und wurde bislang nicht auf deren Rückzahlung in Anspruch genommen. Die nationalstaatliche Vorschrift des § 41 AO widerspricht insoweit auch nicht dem System der Mehrwertsteuerrichtlinien der Europäischen Gemeinschaften. Danach ist eine Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 c MwStSystRL gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Zwischen einer Dienstleistung und der dadurch veranlassten Zahlung muss ein notwendiger Zusammenhang bestehen, und die Parteien müssen eine Vereinbarung getroffen haben, wonach der Leistungsempfänger die Gegenleistung nicht freiwillig erbringt und ihre Höhe auch nicht selbst bestimmt (vgl. EuGH-Urteil vom 03. März 1994, Rs. C-16/93, Zeitschrift für Internationales Steuerrecht - IStR - 1994, 168). Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrages kommt es insoweit nicht an, wofür auch die Ausgestaltung der Umsatzsteuer als Verkehrsteuer spricht.
21 
Soweit der Kläger vorträgt, dass es aufgrund des den Beratungsleistungen zugrunde liegenden nichtigen Rechtsverhältnisses an einem Leistungsaustausch fehle, so kann dem nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt der Leistungsaustausch auf der Seite des Leistenden ein Verhalten voraus, das auf den Erhalt einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder zumindest geeignet ist, eine Gegenleistung auszulösen (u. a. BFH-Urteil vom. 30. Januar 1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335). Diese Zweckgerichtetheit liegt im Regelfall vor, wenn der Unternehmer erkennbar nur um der Gegenleistung willen liefert oder leistet (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 9. November 2006 V R 9/04, BStBl II 2007, 285). Unbeachtlich ist damit, ob die Leistung auf der Grundlage eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrages erbracht wird, da der Kläger die Steuerberatungsleistungen jedenfalls im Hinblick auf die vereinbarten Vergütungen erbracht hat. Der Tatbestand des Leistungsaustauschs setzt zwar stets voraus, dass eine Leistung, nicht aber auch, dass eine Gegenleistung tatsächlich erbracht wird. Der Annahme eines Leistungsaustauschs steht daher nicht entgegen, dass der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung (= das Entgelt) nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, dass sich die begründete Entgelterwartung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder dass es sich nachträglich mindert; hierdurch wird lediglich die Bemessungsgrundlage i. S. v. § 10 Abs. 1 UStG berührt (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1989, V R 37/84, BStBl II 1989, 913; BFH-Urteil vom 16. März 1993, XI R 52/90, BStBl II 1993, 562). Entsprechend kann es auch keine Rolle spielen, dass die Leistung der Erwerber auf der Grundlage eines unwirksamen Vertragsverhältnisses erbracht worden ist und ihnen bereicherungsrechtlich nicht zugerechnet wird.
22 
Im Übrigen sieht das Umsatzsteuergesetz für den Fall, dass eine umsatzsteuerliche Leistung rückgängig gemacht wird, einen Berichtigungstatbestand vor (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG), wobei die Berichtigung in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die Änderung eingetreten ist. Zutreffend wurde vom beklagten Finanzamt insoweit vorgetragen, dass eine Berichtigung erst für den Zeitraum einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Klägers vorgenommen werden kann, wobei eine solche nach Aktenlage in den Streitjahren jedenfalls nicht erfolgt ist.
23 
Die Kostenentscheidung folg aus § 135 Abs. 1 FGO.
24 
Die Revision war mangels Gründen im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.
25 
Ebenso wenig war eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an den EuGH geboten, da für den erkennenden Senat ein Verstoß gegen europäische Rechtsvorschriften nicht erkennbar war.

Gründe

 
16 
Die Klage ist unbegründet. Das beklagte Finanzamt hat die im Zusammenhang mit den sog. Erwerbermodellen vereinnahmten Steuerberatungsgebühren zu Recht der Umsatzsteuer in den jeweiligen Streitjahren unterworfen.
17 
Zunächst liegt in der Umsatzbesteuerung der vom Kläger erbrachten Beratungsleistungen keine unzulässige Doppelbesteuerung (vgl. zuletzt Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften 3. Kammer vom 27. November 2008 C-156/08, juris-Datenbank). Weder ist die Umsatzsteuerpflicht bei gleichzeitiger Erhebung der Grunderwerbsteuer verfassungswidrig (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 8. Januar 1999, 1 BvL 14/98, Bundessteuerblatt - BStBl II - 1999, 152) noch hindert das Gemeinschaftsrecht einen Mitgliedstaat daran, einen nach der 6. EG-Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegenden Vorgang zusätzlich mit weiteren Verkehrsteuern, wie der Grunderwerbsteuer nach deutschem Recht, zu belegen, sofern diese Steuern nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, was vorliegend nicht der Fall ist.
18 
Nach § 4 Nr. 9 a UStG ist ein Umsatz, wenn er „unter das Grunderwerbsteuergesetz fällt“ , von der Umsatzsteuer befreit. Besteuerungsgegenstand - und damit maßgebend für den Umfang der Steuerbefreiung - ist umsatzsteuerrechtlich die ausgeführte einzelne Leistung. Sie wird bestimmt durch die Art ihrer Ausführung (Lieferung oder sonstige Leistung), die Beteiligten (Leistender, Leistungsempfänger), und den Gegenstand, auf den die Ausführung der Leistung (z. B. Lieferung eines unbebauten Grundstücks) gerichtet ist, wobei der Gegenstand der Leistung gegebenenfalls durch den umsatzsteuerrechtlichen Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung bestimmt wird (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juni 1992 V R 60/88, Bundessteuerblatt - BStBl II - 1992, 986). Der umsatzsteuerfreie Umsatz durch Lieferung eines Grundstücks schließt danach alle, aber auch nur die Leistungen ein, die mit diesem Leistungsgegenstand so abgestimmt sind, dass sie in ihm aufgehen und ihre Selbstständigkeit verlieren (einheitliche Leistung), oder als unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung zu beurteilen sind. Nicht maßgebend für den Umfang der Steuerbefreiung ist die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung gem. §§ 8, 9 GrEStG (BFH v. 29. August 1991 V R 87/86, BStBl II 1992, 206).Einheitliche wirtschaftliche Vorgänge dürfen für Zwecke der Umsatzsteuer grundsätzlich nicht in mehrere selbständige Leistungen zerlegt werden, wenn sie wirtschaftlich zusammengehören und ein unteilbares Ganzes bilden. Ob umsatzsteuerlich mehrere zu einer Gesamtleistung zusammengefasste und aufeinander abgestimmte Einzelleistungen als einheitliche Leistung, als Haupt- und Nebenleistung oder als mehrere von einander zu scheidende Leistungen zu qualifizieren sind, ist regelmäßig aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2008, 1712). Eine umsatzsteuerrechtlich einheitliche Leistung liegt vor, wenn mehrere Leistungen so aufeinander abgestimmt sind, dass sie aus der Sicht eines durchschnittlichen Leistungsempfängers ihre Selbständigkeit verlieren und wirtschaftlich etwas selbständiges „Drittes“ bilden (Lange in Steuer und Wirtschaft - StuW - 1999, 264). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung führt dazu, dass Vorgänge, die bürgerlichrechtlich selbständig und je für sich betrachtet werden, umsatzsteuerrechtlich als ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang behandelt werden. Andererseits können auch Leistungen, die auf einem einheitlichen bürgerlichrechtlichen Vertrag beruhen und für die ein Gesamtentgelt zu entrichten ist, umsatzsteuerlich als selbständige Leistungen zu behandeln sein. Erbringt der Unternehmer ein „Leistungspaket“, ist unter Gesamtwürdigung aller Umstände zu prüfen, ob die einzelnen Leistungsbestandteile so hinter dem Ganzen zurücktreten, dass eine einheitliche Leistung vorliegt (BFH-Urteil vom 26. März 1992, BStBl II 1992, 929).
19 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Grundstückslieferungen und den in diesem Zusammenhang abgeschlossen Steuerberatungsverträgen um eine einheitliche Leistung gehandelt hat. Bei den Steuerberatungsverträgen handelt es sich um eigenständige, vom Kläger gegenüber den Erwerbern erbrachte Leistungen und um keine Nebenleistungen zu den Grundstückskaufverträgen. Gemeinhin kommt es im Zusammenhang mit dem Abschluss von Grundstückskaufverträgen nicht zum Abschluss eines steuerlichen Beratungsvertrages. Die Verbindung ist im Streitfall nur zeitlich und rechtsgeschäftlich hergestellt worden. Dies begründet, selbst wenn die Koppelung dem Leistungsempfänger aufgedrängt wird, umsatzsteuerrechtlich keine Einheitlichkeit einer Leistung (vgl. BFH-Urteil vom 03. März 1988 V R 183/83, BStBl II 1989, 205 m. w. N.). Im Übrigen war laut Anlage 2 der Musterurkunden für die Erwerbermodelle Vertragspartner für die Grundstückslieferung nicht der Kläger, der als solcher nur für die Erbringung der Steuerberatungsleistungen eingeschaltet war. Insoweit sind die Leistungen (Grundstückslieferung einerseits und Steuerberatung andererseits) von verschiedenen Personen erbracht worden, so dass für Zwecke der Umsatzsteuer auch eigenständige Leistungen vorliegen. Die Steuerberatungsleistungen sind weder mit den Grundstückslieferungen identisch noch deren integrativer Bestandteil.
20 
Des Weiteren unterliegen sonstige Leistungen nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 3 Abs. 9 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG), die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens - hier die steuerlichen Beratungsleistungen des Klägers als Steuerberater - gegen Entgelt ausführt, der Umsatzsteuer. Ganz allgemein setzt die Ausführung einer Leistung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die tatsächliche Ausführung der Leistung voraus. Das Umsatzsteuerrecht besteuert nicht gegenseitige Leistungspflichten - also Verträge -, sondern tatsächliche Vorgänge, in der Regel die Erfüllung der vertraglich begründeten Leistungspflichten. Die einem Leistungsaustausch zugrundeliegenden Verträge sind nicht steuerbegründend; sie erleichtern in Zweifelsfällen lediglich die Beantwortung der Frage nach dem Vorhandensein und dem Umfang einer - für den Leistungsaustausch maßgeblichen - Wechselbeziehung (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1980 V R 90/75, Bundessteuerblatt - BStBl II 1980 -, 535). Im Übrigen gilt nach § 41 Abs.1 der Abgabenordnung (AO), dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Rechtsgeschäft unwirksam ist oder unwirksam wird, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Genau dies ist aber vorliegend der Fall. Der Kläger hat die Gelder jedenfalls vereinnahmt und wurde bislang nicht auf deren Rückzahlung in Anspruch genommen. Die nationalstaatliche Vorschrift des § 41 AO widerspricht insoweit auch nicht dem System der Mehrwertsteuerrichtlinien der Europäischen Gemeinschaften. Danach ist eine Dienstleistung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 c MwStSystRL gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Zwischen einer Dienstleistung und der dadurch veranlassten Zahlung muss ein notwendiger Zusammenhang bestehen, und die Parteien müssen eine Vereinbarung getroffen haben, wonach der Leistungsempfänger die Gegenleistung nicht freiwillig erbringt und ihre Höhe auch nicht selbst bestimmt (vgl. EuGH-Urteil vom 03. März 1994, Rs. C-16/93, Zeitschrift für Internationales Steuerrecht - IStR - 1994, 168). Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrages kommt es insoweit nicht an, wofür auch die Ausgestaltung der Umsatzsteuer als Verkehrsteuer spricht.
21 
Soweit der Kläger vorträgt, dass es aufgrund des den Beratungsleistungen zugrunde liegenden nichtigen Rechtsverhältnisses an einem Leistungsaustausch fehle, so kann dem nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt der Leistungsaustausch auf der Seite des Leistenden ein Verhalten voraus, das auf den Erhalt einer Gegenleistung im Austausch gegen die erbrachte Leistung abzielt oder zumindest geeignet ist, eine Gegenleistung auszulösen (u. a. BFH-Urteil vom. 30. Januar 1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335). Diese Zweckgerichtetheit liegt im Regelfall vor, wenn der Unternehmer erkennbar nur um der Gegenleistung willen liefert oder leistet (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 9. November 2006 V R 9/04, BStBl II 2007, 285). Unbeachtlich ist damit, ob die Leistung auf der Grundlage eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrages erbracht wird, da der Kläger die Steuerberatungsleistungen jedenfalls im Hinblick auf die vereinbarten Vergütungen erbracht hat. Der Tatbestand des Leistungsaustauschs setzt zwar stets voraus, dass eine Leistung, nicht aber auch, dass eine Gegenleistung tatsächlich erbracht wird. Der Annahme eines Leistungsaustauschs steht daher nicht entgegen, dass der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung (= das Entgelt) nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, dass sich die begründete Entgelterwartung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder dass es sich nachträglich mindert; hierdurch wird lediglich die Bemessungsgrundlage i. S. v. § 10 Abs. 1 UStG berührt (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juni 1989, V R 37/84, BStBl II 1989, 913; BFH-Urteil vom 16. März 1993, XI R 52/90, BStBl II 1993, 562). Entsprechend kann es auch keine Rolle spielen, dass die Leistung der Erwerber auf der Grundlage eines unwirksamen Vertragsverhältnisses erbracht worden ist und ihnen bereicherungsrechtlich nicht zugerechnet wird.
22 
Im Übrigen sieht das Umsatzsteuergesetz für den Fall, dass eine umsatzsteuerliche Leistung rückgängig gemacht wird, einen Berichtigungstatbestand vor (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG), wobei die Berichtigung in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen ist, in dem die Änderung eingetreten ist. Zutreffend wurde vom beklagten Finanzamt insoweit vorgetragen, dass eine Berichtigung erst für den Zeitraum einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Klägers vorgenommen werden kann, wobei eine solche nach Aktenlage in den Streitjahren jedenfalls nicht erfolgt ist.
23 
Die Kostenentscheidung folg aus § 135 Abs. 1 FGO.
24 
Die Revision war mangels Gründen im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.
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Ebenso wenig war eine Aussetzung des Verfahrens verbunden mit einer Vorlage an den EuGH geboten, da für den erkennenden Senat ein Verstoß gegen europäische Rechtsvorschriften nicht erkennbar war.

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