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| Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). |
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| Bei der Bescheinigung der Gemeinde X gemäß § 7 h Abs. 2 EStG vom 13. Januar 2006 handelt es sich um einen das FA umfassend bindenden Grundlagenbescheid, wonach die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung nach § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG vorliegen. |
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| Nach § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG in der in dem Streitjahr geltenden Fassung kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland belegenen Gebäude in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet auf Herstellungskosten für Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung des Gebäudes dienen, das wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder städtebaulichen Bedeutung erhalten bleiben soll und zu deren Durchführung sich der Eigentümer neben bestimmten Modernisierungsmaßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat, abweichend von § 7 Abs. 4 und 5 EStG im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 von Hundert und in den folgenden vier Jahren bis zu 7 von Hundert der Herstellungskosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Sinne des § 177 des Baugesetzbuches (BauGB) absetzen. Die erhöhten Absetzungen können nur in Anspruch genommen werden, soweit die Herstellungs- oder Anschaffungskosten durch Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln nicht gedeckt sind (§ 7 h Abs. 1 Satz 4 EStG) und wenn der Steuerpflichtige die Voraussetzungen des § 7 h Abs. 1 EStG durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweist (§ 7 h Abs. 2 EStG). |
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| Bei der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid (§§ 171 Abs. 10, 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung). Die Bindungswirkung der Bescheinigung erstreckt sich auf die in § 7 h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Maßnahmen durchgeführt worden sind, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen seiner städtebaulichen Bedeutung erhaltenswert ist, und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsfördermitteln gewährt worden sind. |
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| Nach diesen Grundsätzen prüft alleine die Gemeinde, ob das Grundstück in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Maßnahmen durchgeführt worden sind, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes dienen, das wegen seiner städtebaulichen Bedeutung erhaltenswert ist, ob sich der Steuerpflichtige zur Durchführung der Maßnahmen gegenüber der Gemeinde verpflichtet hat und ob für die durchgeführten Maßnahmen Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Dazu gehört auch, welchen Umfang die Baumaßnahme haben darf, um noch als (steuerbegünstigte) Sanierung zu gelten (BFH-Urteil vom 21. August 2001 IX R 20/99, BStBl II 2003, 910). |
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| Das FA hat nur über das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der steuerlichen Vorschrift ein eigenes Prüfungsrecht, über die in der Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 EStG nicht entschieden wurde. Verkennt die Gemeinde - wie im Streitfall - die Reichweite ihres Prüfungs- und Bescheinigungsrechts und bescheinigt das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 7 h Abs. 1 EStG umfassend, so bindet diese Entscheidung das FA umfassend. Es hat den Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen. Vertritt das FA eine von der bescheinigenden Gemeinde abweichende Auffassung und hält es den Grundlagenbescheid für rechtswidrig, so ist es nach Remonstration auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen (so auch R 7 h Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -). |
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| Die Frage, wie weit die Bindungswirkung einer Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 EStG im Einzelfall reicht, d. h. welche Tatbestandselemente des § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG die Gemeinde der Beurteilung unterworfen hat, hängt vom jeweiligen konkreten Inhalt der Bescheinigung ab. Ihr Regelungsinhalt ist erforderlichenfalls im Wege der Auslegung zu ermitteln. Für die Auslegung von Willenserklärungen des öffentlichen Rechts sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergänzend heranzuziehen (BFH-Urteil vom 2. September 2008 X R 7/07, BStBl II 2009, 596). |
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| Im Zweifel ist grundsätzlich das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus ihrer Sphäre nicht benachteiligt werden darf (BFH-Urteile vom 27. November 1996 X R 20/95, BStBl II 1997, 791; vom 13. September 2001 IX R 62/98, BStBl II 2003, 912). Im Übrigen gilt der Grundsatz, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen sind, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände verstehen musste (Empfängerhorizont; vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2002 VI R 13/01, BStBl II 2003, 156). Es ist daher auch zu berücksichtigen, welche behördliche Entscheidung der Betroffene nach seinem Empfängerhorizont in Kenntnis des in seiner Wissenssphäre verwirklichten Sachverhalts billigerweise erwarten durfte. |
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| Nach diesen Maßstäben sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG für die von dem Kläger „durchgeführten Maßnahmen, die der Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechten Verwendung eines Gebäudes (dienten), das wegen seiner städtebaulichen Bedeutung erhaltenswert ist“, umfassend bescheinigt worden. Denn die Bescheinigung umfasst sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 7 h Abs. 1 EStG und enthält insbesondere keinen Prüfungsvorbehalt des Finanzamts. |
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| Nach Tz. 1.2 der Gemeinsamen Bekanntmachung des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums über die Bescheinigungsrichtlinien für die Anwendung der §§ 7 h, 10 f und 11 a EStG vom 11. Juni 2001 - Az.: 6-2520.0 § 177 /2 - (GABl. 2001, 793) umfasst das Bescheinigungsverfahren u. a. die Prüfung, ob Maßnahmen i. S. des § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt worden sind. Tz. 1.2 trifft zwar die weitere Regelung, dass die Entscheidung über das Vorliegen der übrigen steuerrechtlich bedeutsamen Tatbestandsmerkmale in die Zuständigkeit der Finanzbehörden fällt und verweist insoweit auf Tz. 7. Danach bezieht sich das Prüfungsrecht der Finanzbehörden u. a. auf die Frage, ob die bescheinigten Aufwendungen zu den Herstellungskosten (an einem bereits bestehenden Gebäude) oder den nach § 7 h Abs. 1 Satz 3 EStG begünstigten Anschaffungskosten, zu den sofort abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten, insbesondere zum Erhaltungsaufwand oder zu den nicht abziehbaren Ausgaben gehören und ob die Aufwendungen bei einer Einkunftsart oder bei einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude wie Sonderausgaben berücksichtigt werden können. |
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| Im Streitfall findet sich auf der Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006 jedoch nicht der von den Bescheinigungsrichtlinien für die Anwendung der §§ 7 h, 10 f und 11 a EStG vom 11. Juni 2001 vorgesehene Hinweis, dass die Bescheinigung nicht alleinige Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung sei, sondern dass die Finanzbehörde weitere steuerliche Voraussetzungen prüfe. Die Gemeinde hat daher ohne jede Einschränkung bescheinigt, dass der Kläger Maßnahmen im Sinne von § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt hat. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Bescheinigung konnte auch der Kläger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller ihm bekannter Umstände davon ausgehen, dass die Gemeinde eine abschließende Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 h Abs. 1 EStG getroffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juni 2009 X R 8/08, BStBl II 2009, 960). |
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| Der Umstand, dass der steuerliche Berater des Klägers Zweifel hatte, ob die von dem Kläger durchgeführten Bau- bzw. Sanierungsmaßnahme zu nach § 7 h Abs. 2 EStG bescheinigungsfähigen Herstellungskosten geführt haben, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Steuerberater hatte seinen Zweifeln dadurch Ausdruck verliehen, dass er den von dem Kläger tatsächlich verwirklichten Sachverhalt der Gemeinde in dem Antragsschreiben vom 18. Februar 2005 ausführlich und wahrheitsgemäß darstellte. Nimmt die Gemeinde unter diesen Umständen gleichwohl eine andere rechtliche bzw. steuerliche Würdigung vor, kann der Steuerpflichtige grundsätzlich auf deren Richtigkeit vertrauen. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge U mit dem Kläger die Ausstellung einer rechtswidrigen Bescheinigung vereinbart hätte und dem Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides deshalb von vornherein positiv bekannt war, sind nicht ansatzweise ersichtlich. |
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| Der Inhalt eines Grundlagenbescheides (hier der Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006) ist für den Folgebescheid (hier den Einkommensteuerbescheid 2005) bindend, wenn er rechtswirksam ergangen ist. Das ist der Fall, wenn er ordnungsgemäß adressiert und bekanntgegeben wurde und wenn er nicht nichtig ist; allein die (einfache) Rechtswidrigkeit schließt die Bindungswirkung nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 2. September 1987 I R 91/84, BFH/NV 1988, 246). |
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| Entgegen der Auffassung des FA verliert die von der Gemeinde X ausgestellte Bescheinigung ihre Bindungswirkung deshalb nicht bereits dadurch, dass sie offensichtlich rechtswidrig ist (so aber FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. September 2009 1 K 2923/07, Juris). |
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| Nach Wortlaut und Zielsetzung von § 7 h Abs. 1 EStG sind nur Herstellungskosten an einem im Sanierungsgebiet liegenden, bestehenden Gebäude begünstigt, nicht hingegen der Neubau oder Wiederaufbau von Gebäuden (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG- vom 27. August 1996 8 B 165/96, Buchholz 401.1 § 7h EStG Nr. 1; vgl. auch BFH-Urteile vom 14. Januar 2003 IX R 72/00, BStBl II 2003, 916; vom 14. Januar 2004 X R 19/02, BStBl II 2004, 711; und vom 2. September 2008 X R 7/07, BStBl II 2009, 596). § 7 h Abs. 1 Satz 1 EStG erkennt als steuerbegünstigt ausdrücklich nur die Herstellungskosten von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i. S. von § 177 BauGB an. Der Abbruch eines Gebäudes und dessen Neuerrichtung fällt jedoch weder unter den Begriff der Instandsetzung noch unter den der Modernisierung i. S. von § 177 BauGB. Eine Instandsetzung ist vielmehr auf die Behebung von Mängeln zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes gerichtet und soll "nur die weitere Nutzung des bisherigen Bestandes in der bisherigen Weise ermöglichen (BVerwG-Beschluss in Buchholz 401.1 § 7 h EStG Nr. 1, m. w. N.). Ebenso schließt eine Modernisierung i. S. von § 177 BauGB nur Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln ein, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes beeinträchtigen (BVerwG-Beschluss in Buchholz 401.1 § 7 h EStG Nr. 1, m. w. N.). Erhebliche bauliche Änderungen eines Gebäudes wie dessen Ausbau, Umbau oder Erweiterung stellen weder eine Instandsetzung noch eine Modernisierung dar, weil Maßnahmen dieser Art nicht der Wiederherstellung eines vormals gegebenen, sondern der erstmaligen Herstellung eines neuen Zustandes dienen. Gleiches gilt für den Abbruch eines Gebäudes und dessen Neuerrichtung (BVerwG-Beschluss in Buchholz 401.1 § 7 h EStG Nr. 1). Ebenso wenig umfasst der in § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG verwendete Begriff der "Erneuerung" eines Gebäudes dessen Abbruch und Neubau. Denn diese Vorschrift fordert ausdrücklich, dass das Gebäude wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung gerade erhalten bleiben soll. Das schließt ihre Anwendung auf den Fall eines "Ersatzbaues" aus (BVerwG-Beschluss in Buchholz 401.1 § 7 h EStG Nr. 1). |
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| Im Streitfall hat der Kläger unstreitig das Grundstück von der Gemeinde in abgeräumtem Zustand erworben und einen Neubau errichtet, ohne auch nur Teile des alten Gebäudes weiterzuverwenden. Da aus diesem Grund die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung des von dem Kläger errichteten Gebäudes nach § 7 h Abs. 1 EStG nicht gegeben sind, ist die Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006 rechtswidrig. |
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| Entgegen der Rechtsauffassung des FA führt die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006 nicht zu deren Nichtigkeit. Denn die Bescheinigung leidet nicht an einem der in § 125 Abs. 2 AO genannten Nichtigkeitsgründe. Ebenso wenig liegt ein offenkundiger, schwerwiegender Fehler i. S. v. § 125 Abs. 1 AO vor. |
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| Nichtig ist nach § 125 Abs. 1 AO ein Verwaltungsakt, der an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dessen Fehlerhaftigkeit offenkundig ist. Schwerwiegend ist ein Fehler - wenn man von anderen, hier nicht in Betracht zu ziehenden Fallgruppen wie z.B. völliger Unbestimmtheit des Verwaltungsakts absieht - insbesondere dann, wenn ein Verwaltungsakt etwas anordnet oder verlangt, was anzuordnen oder zu verlangen das Gesetz unter keinen Umständen jemals zulässt, weil es mit seinen grundlegenden Wertvorstellungen oder mit tragenden Verfassungsprinzipien unvereinbar und die Beachtung des Verwaltungsakts zu erwarten daher unerträglich wäre (vgl. Klein/ Brockmeyer, AO, 10. Aufl., § 125 Rz 2). |
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| Ein Verwaltungsakt leidet folglich nicht schon deshalb an einem "besonders schwerwiegenden Fehler", weil einzelne Elemente des gesetzlichen Tatbestands, der seinen Erlass an sich ermöglicht, entgegen der Annahme der Behörde nicht vorliegen (vgl. Kopp/ Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2008, § 44 Rz 30). Nur daran krankte aber im Streitfall die Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006. |
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| Dass im Streitfall nach Auffassung des FA bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände, insbesondere dem Wortlaut der Bescheinigung, offenkundig i. S. des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz AO gewesen sein soll, dass die Voraussetzungen des § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG im Streitfall nicht vorgelegen haben, indiziert auch nicht etwa, dass es sich dabei um einen besonders schwerwiegenden Fehler handelt. Anderenfalls müsste jeder Verwaltungsakt, bei dem einzelne gesetzliche Voraussetzungen zweifelsfrei nicht vorliegen, als nichtig angesehen werden, was aber nicht dem Sinn des Gesetzes entspricht, welches vielmehr Verwaltungsakte im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich als wirksam behandelt und von dem Betroffenen verlangt, das Fehlen gesetzlicher Voraussetzungen mit einem Rechtsbehelf geltend zu machen. Wie insbesondere die Absätze 2 und 3 des § 125 AO verdeutlichen, sieht das Gesetz nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die in Vollzug der Gesetze getroffenen Entscheidungen einer rechtsstaatlichen Behörde als unwirksam bzw. nichtig an, während grundsätzlich die Vermutung besteht, dass eine solche Maßnahme Rechtsgeltung hat, solange sie nicht aufgehoben worden ist (vgl. Klein/Brockmeyer, a. a. O., § 125 Rz 2). Ein solcher Ausnahmefall könnte im Streitfall nach Auffassung des Senats nur dann gegeben sein, wenn die Gemeinde X die Bescheinigung vom 13. Januar 2006 trotz positiver Kenntnis seiner Rechtswidrigkeit ausgestellt und gleichzeitig den durch die Bescheinigungsrichtlinien für die Anwendung der §§ 7 h, 10 f und 11 a EStG vom 11. Juni 2001 vorgesehenen Prüfungsvorbehalt des FA absichtlich weggelassen hätte, um dem Kläger einen unberechtigten Steuervorteil zu verschaffen. |
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| Dem FA mag zwar zuzugestehen sein, dass sich bei einer Durchsicht der beigezogenen Akte der Gemeinde X zunächst der Verdacht entstehen kann, dass es dem Zeugen U bei seinem Verhalten in erster Linie darum ging, dem Kläger den bei den Vertragsverhandlungen zugesagten Steuervorteil zu verschaffen. Der Senat vermochte jedoch aufgrund einer Würdigung aller erkennbaren Umstände des Streitfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme, nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Zeuge U sich vorsätzlich über gesetzliche Bestimmungen hinweggesetzt hat, um dem Kläger einen unberechtigten Steuervorteil zu verschaffen. |
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| Dem Zeugen U musste zwar ohne weiteres bewusst gewesen sein, dass er mit der von ihm für die Gemeinde X ausgestellten Bescheinigung vom 13. Januar 2006 an die Grenzen des rechtlich Zulässigen ging. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Kommunalentwicklung LEG Baden-Württemberg GmbH ebenso wie wohl auch der Bevollmächtigte des Klägers der Meinung waren, dass wegen des Erwerbs des Grundstücks in abgeräumtem Zustand das Ausstellen einer Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 EStG nicht möglich sei. Entsprechende Bedenken mussten sich bei dem Zeugen U auch bei der von ihm vorgenommenen Auswertung der in der Akte enthaltenen und von ihm an den maßgeblichen Stellen grün unterstrichenen Kommentarliteratur eingestellt haben. Demgemäß hat er bei seiner Vernehmung auch eingeräumt, dass hinsichtlich der Frage der Bescheinigungsfähigkeit bei ihm sicherlich eine gewisse Unsicherheit vorhanden gewesen sei, weshalb er sich ja auch an die Zeugin ... gewandt habe. Im Übrigen habe er seine Aufgabe als Bürgermeister dahingehend aufgefasst, zum Zwecke der Erreichung des Sanierungsziels einem Investor jede Förderung zu gewähren, die im Rahmen des rechtlich Zulässigen möglich sei. |
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| Gleichwohl konnte der Senat sich nicht mit hinreichender Gewissheit davon überzeugen, dass der Zeuge U dem Kläger einen unberechtigten Steuervorteil verschaffen wollte. Denn die Zeugin ... hat letztlich unwiderlegbar ausgesagt, dass sie - trotz der auch für sie ersichtlichen Bedenken - eine entsprechende Auslegung von § 7 h Abs. 1 Satz 2 EStG für zumindest rechtlich vertretbar gehalten hat, weil die bautechnischen Mängel an dem vorhandenen Gebäude bzw. den Gebäudeteilen so groß gewesen seien, dass dessen Erhalt auch in Teilen nicht möglich gewesen sei. Sie hat sich hierbei auf Literatur und Gerichtsentscheidungen gestützt, die entweder neue Gebäudeteile betrafen oder zur Reichweite der Bindungswirkung von Bescheinigungen nach § 7 h Abs. 2 EStG ergangen sind (in den Akten enthalten ist das BFH-Urteil vom 22. September 2005 IX R 13/04, BStBl II 2007, 373). In dem von ihr herangezogenen Urteil des FG Baden-Württemberg vom 24. Februar 1999 10 K 350/96 (EFG 1999, 426) wird allerdings dargelegt, dass nicht ausgeschlossen sei, dass durch einen maßstabsgetreuen Nachbau „im alten Stil“ - unter Verwendung eines nur geringen Anteils alter Bausubstanz - der Tatbestand des § 177 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der etwas unklar von einer erneuerungsbedürftigen baulichen Anlage spreche, erfüllt werde. Weitere Entscheidungen hatten weder die Zeugin ... noch der Zeuge U in Erinnerung. In Anbetracht dessen kann der Senat nicht mit hinreichender Gewissheit ausschließen, dass die Zeugin ... aufgrund einer fachlich unzureichenden Recherche zu der von ihr vertretenen Auffassung gelangt ist. Da sie nur aus Gefälligkeit und ohne Honorar für die Gemeinde X tätig geworden war, erscheint es dem Senat auch naheliegend zu sein, dass sie – entgegen ihrer Aussage - keine vertieften Recherchen vorgenommen hat. Im Übrigen kann ohne hinreichend konkrete und gewichtige Anhaltspunkte, die im Streitfall jedoch nicht zu erkennen sind, nicht davon ausgegangen werden, dass die Zeugin als Angehörige der steuerberatenden Berufe dem Zeugen U bewusst eine unrichtige Auskunft erteilt hat. Es ist nicht erkennbar, dass die Zeugin ein wirtschaftliches oder persönliches Interesse an der Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung gehabt haben könnte. |
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| Der Senat ist daher aufgrund der Angaben beider Zeugen davon überzeugt, dass die Zeugin ... dem Zeugen U geraten hatte, die Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 EStG antragsgemäß auszustellen und dass dieser aufgrund dieser Beratung der Überzeugung war, mit der von ihm für die Gemeinde X ausgestellten Bescheinigung den Rahmen des gesetzlich Zulässigen zwar ausgeschöpft aber nicht überschritten zu haben. |
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| Der Senat vermochte nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass der Zeuge U vorsätzlich oder absichtlich den von den Bescheinigungsrichtlinien vorgeschriebenen Absatz mit dem Prüfungsvorbehalt des FA weggelassen hat. Denn es war letztlich nicht aufzuklären, ob dieser Fehler bei dem Ausstellen der Bescheinigung nach § 7 h EStG schon in der Kanzlei ... durch deren Sekretärin oder erst bei der Gemeinde (Kämmerei) gemacht wurde. Sowohl die Zeugin ... als auch der Zeuge U gaben jeweils an, dass der Fehler beim Abschreiben oder Scannen des Formulars in ihrem Verantwortungsbereich geschehen sei. Beide konnten letztlich aber nicht erklären, wie es zu dem Fehler gekommen ist. |
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| Gegen die Richtigkeit der Angaben des Zeugen U spricht zwar, dass die beiden weggelassenen Absätze in der Mitte der Seite und nicht an deren Ende standen, sodass der von ihm behauptete Scanfehler eher wenig wahrscheinlich ist. Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen U spricht auch der Umstand, dass die in seinem Schreiben vom 6. Mai 2009 aufgestellte Behauptung, dass der Gemeinde X zu dem damaligen Zeitpunkt die einschlägigen Bescheinigungsrichtlinien nicht bekannt gewesen seien, so nicht der Wahrheit entsprechen kann. Denn die Kommunalentwicklung LEG Baden-Württemberg GmbH hatte in ihrem Schreiben vom 6. Juni 2005 nicht nur auf die Bescheinigungsrichtlinien hingewiesen, sondern diese dem Schreiben auch als Anlage beigefügt. Dies konnte dem Zeugen U auch nicht unbemerkt geblieben sein, denn er hatte die Anlage am 8. Juni 2005 mit seinem Handzeichen versehen und außerdem verschiedene Passagen mit einem grünen Kugelschreiber unterstrichen. Angesichts dieser Umstände fällt es dem Senat auch schwer, das Fehlen der Richtlinien in der von dem Zeugen U zunächst vorgelegten Aktenkopie auf einen (weiteren) Kanzleifehler zurückzuführen. |
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| Auch der Inhalt der Akten der Gemeinde X, d. h. die Reihenfolge der dort abgehefteten Unterlagen, deutet eher darauf hin, dass das abgeschriebene oder gescannte Formular zu den von der Zeugin ... vorgelegten Unterlagen gehörte. Da es jedoch von Seiten des Zeugen U bzw. dessen Mitarbeitern unterlassen worden ist, eine eindeutige Kennzeichnung der von der Zeugin ... vorgelegten Unterlagen vorzunehmen, kann der Senat es aber letztlich nicht ausschließen, dass der von den Bescheinigungsrichtlinien vorgeschriebene Absatz zum Prüfungsrecht des FA doch erst im Bereich der Verwaltung der Gemeinde X nicht abgeschrieben bzw. eingescannt worden ist. |
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| In Ermangelung hinreichend konkreter Beweisanzeichen vermochte der Senat daher nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Zeuge U den Absatz bewusst hat entfernen lassen. Der Senat hält es vielmehr für möglich, dass der Fehler auf ein Kanzleiversehen zurückzuführen ist und von dem Zeugen U bei der Unterzeichnung der Bescheinigung nicht bemerkt wurde. Dem äußerlichen Aussehen des Dokuments nach wurde der eingescannte oder abgeschriebene Text unter den Briefkopf der Gemeinte einkopiert. Je nach Vorgehensweise der Schreibkraft kann dabei leicht ein Absatz vergessen werden, ohne dass dieser Fehler dem Zeugen U zwangsläufig auffallen musste. Dafür, dass er den Fehler schlicht übersehen haben kann, spricht der Umstand, dass die Bescheinigung auch ohne den fraglichen Absatz aus sich heraus verständlich und in sich widerspruchsfrei ist. Auch war die hier maßgebliche Passage dem Zeugen U nach seinen Angaben nicht so wichtig, da er sich mehr auf die in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde fallenden Tatbestandsmerkmale des § 7 h EStG und deren korrekte Wiedergabe in der Bescheinigung konzentriert habe. Im Übrigen hat die Zeugin ... glaubhaft ausgesagt, dass dem Zeugen U sehr daran gelegen habe, dass die Bescheinigung formell richtig ausgestellt werde. Dass schließlich auch der Beklagte - entgegen seinem Vorbringen im Klageverfahren - letztlich nicht davon ausgeht, dass der Zeuge U den Absatz vorsätzlich weggelassen hat, ergibt sich daraus, dass er davon abgesehen hat, die Straf- und Bußgeldsachenstelle mit dem Vorgang zu befassen. Ginge man aber davon aus, dass der Zeuge U dem Kläger vorsätzlich einen unberechtigten Steuervorteil verschaffen wollte, läge zumindest der Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung zu Gunsten eines Dritten vor. |
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| Selbst wenn man mit dem FA von dem Vorliegen eines besonders schweren Fehler ausgehen wollte, wäre dieser nach Auffassung des Senats bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände nicht offenkundig. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Bescheinigung von dem Sachbearbeiter des FA bei der Veranlagung ohne weiteres akzeptiert wurde und auch von dem Sachgebietsleiter bei seiner Überprüfung des Falles nicht beanstandet worden ist. |
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| Da die Bescheinigung der Gemeinde X vom 13. Januar 2006 somit nicht unwirksam ist, war das FA aufgrund der der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid daran gehindert, den Einkommensteueränderungsbescheid vom Bescheid vom 4. Mai 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2007 zu erlassen. § 175 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO begründet eine "absolute Anpassungsverpflichtung". Die Vorschrift stellt die Anpassung des Folgebescheids nicht in das Ermessen des FA. |
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| Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben mit der Folge, dass es bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung bleibt. |
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| Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegen § 151 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung zugrunde. |
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