Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 10 K 1693/12

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2008, zuletzt vom 12. Juni 2013, wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen geltend gemachten Zwischengewinne von 178.106 Euro festgesetzt wird. Die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten aufgegeben.

2. Der Bescheid über die Feststellung des gesonderten Verlustvortrags vom 3. Mai 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 wird aufgehoben.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung wider-sprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenan-spruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

6. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, wie Zwischengewinne steuerlich zu behandeln sind.
Die Kläger sind zusammen veranlagte Ehegatten. Sie erwarben gemeinsam am 18. Dezember 2007 insgesamt 19.140 Anteile zu je 100 Euro Nennwert an dem zum 23. November 2007 aufgelegten X-Fonds (im Folgenden: X-Fonds) zum Kaufpreis von zusammen 2.102.529 Euro. Nach den Angaben des Verkaufsprospekts (Stand Oktober 2008) ist der Fonds ein Teilfonds eines Investmentfonds nach Luxemburger Recht. Die Erträge werden thesauriert. Der Teilfonds ist von unbegrenzter Dauer. Anlageziel soll sein, unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken der nationalen und internationalen Kapitalmärkte langfristig ein positives Anlageergebnis und eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Der Anlagehorizont eines Anlegers soll grundsätzlich langfristig ausgerichtet sein; der hohen Ertragserwartung soll der Anleger durch eine hohe Risikobereitschaft gerecht werden. Für Anleger in Deutschland sind Zahl-, Vertriebs- und Informationsstellen bei der Bank I und der Bank II eingerichtet. Die steuerlichen Hinweise im Verkaufsprospekt beziehen sich ausschließlich auf die Besteuerung in Luxemburg.
Laut einer Abrechnung über den Kauf von Wertpapieren vom 20. Dezember 2007 wurden den Klägern Zwischengewinne von 781.677,60 Euro berechnet. Am 21. Februar 2008 erwarben die Kläger weitere 4.300 Anteile im Nennwert von je 100 Euro zu einem Preis von 47.107 Euro. Die zu zahlenden Zwischengewinne beliefen sich laut Abrechnung vom 21. Februar 2008 dabei auf 178.106 Euro.
Die erste Abrechnungsperiode des X-Fonds endete zum 31. Oktober 2008. Zu diesem Termin wurden den Klägern Zinserträge von 113.114,26 Euro und 16.370,47 Euro Dividenden gutgeschrieben.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 saldierten die Kläger die gezahlten Zwischengewinne mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen. Den negativen übersteigenden Betrag machten sie als Verluste aus Kapitalvermögen geltend. Mit dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid vom 25. Februar 2010 folgte das Finanzamt zunächst der Erklärung in diesem Punkt. Am 3. Mai 2011 erging sodann ein Änderungsbescheid, in dem die Zwischengewinne nicht mehr berücksichtigt wurden. Der hieraus resultierende verbleibende Verlustvortrag wurde zum Schluss des Veranlagungszeitraumes 2008 gesondert festgestellt.
Gegen beide Bescheide erhoben die Kläger form- und fristgerecht Einspruch, der mit Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 zurückgewiesen wurde. Mit ihrer Klage vom 16. Mai 2012 verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wurde aus anderen Gründen zuletzt am 12. Juni 2013 erneut geändert.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, die vom Beklagten angewandten Vorschriften seien nicht einschlägig. § 15b Einkommensteuergesetz (EStG) scheitere an den fehlenden gewerblichen Einkünften. Für die Anwendung der Norm über § 20 Abs. 2b EStG fehle es an den Tatbestandsvoraussetzungen, außerdem liege kein Modell vor. Schließlich sei die Vorschrift systematisch durch das Investmentsteuergesetz (InvStG) verdrängt worden und im Übrigen verfassungswidrig.
Ein Steuerstundungsmodell gemäß § 20 Abs. 2b i.V.m. § 15b Abs. 2, 1 EStG liege nicht vor, da sich im konkreten Fall gerade keine Modellhaftigkeit der Investition der Kläger feststellen lasse. So hätten die Kläger mit dem Erwerb der Fondsanteile nur ein Rechtsgeschäft abgeschlossen, jedoch kein Bündel an Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen. Der Fondsanteil stelle einen einheitlichen Vermögenswert dar, weshalb eine „Durchschau“ durch den Fonds auf etwaig in ihm enthaltene Leistungsbündel nicht in Betracht komme. Aber selbst in diesem Fall lasse sich ein Leistungsbündel nicht erkennen. Hinzu komme, dass im Falle der Kläger nicht hauptsächlich auf steuerliche Vorteile abgezielt werde. Zunächst könne ein Verlust von vornherein nicht an die Anleger weitergegeben werden. Des Weiteren bestehe die Hauptleistung der Kapitalanlage nur in dieser selbst. Die Erlangung steuerlicher Vorteile sei aber auch keine Nebenleistung, denn die gezahlten Zwischengewinne stellten keinen sofort abziehbaren Aufwand dar, sondern lediglich eine technische Methode zur sachgerechten Verteilung der Einkünfte zwischen Veräußerer und Erwerber des Investmentvermögens.
§§ 20 Abs. 2b Satz 2, 15b EStG seien als Ausnahmevorschriften eng auszulegen. Unter dieser Prämisse erfassten die Vorschriften Einkünfte nicht, die - wie hier die künftigen positiven Einkünfte aus dem X-Fonds - der Abgeltungsteuer unterfielen, da diese einem Steuertarif, wenn auch einem Sondertarif, unterlägen. Aus der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass sich der Gesetzgeber nicht gegen Gestaltungen im Zusammenhang mit der seinerzeit noch gar nicht hinreichend konkret ausgeformten Abgeltungsteuer habe wenden wollen. Das Tatbestandsmerkmal „vorgefertigtes Konzept“ dürfe nicht wegen des bloßen Eingreifens der Abgeltungsteuer fingiert werden. Dies sei im Übrigen auch die Auffassung der Finanzverwaltung, wie sich aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14. Mai 2007 ergebe. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass es sich bei dem gesonderten Tarif der Abgeltungsteuer nicht um eine tarifliche Steuer i.S.d. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG handele, sei die Norm nicht einschlägig, weil die Fondseinkünfte im Jahr 2008 zumindest teilweise der Progressionsbesteuerung unterfielen. Eine Anwendung der Regelung würde zu einem gesetzlichen Wertungswiderspruch zwischen InvStG und EStG führen. Der gezahlte Zwischengewinn ziele auch nicht auf einen wirtschaftlich unangemessenen Steuervorteil ab. Die entstehende Steuerstundung sei zwangsläufig auf gesetzliche Vorschriften zurückzuführen. Weder Konzeption noch tatsächliche Durchführung des X-Fonds rechtfertigten die Einordnung als Steuerstundungsmodell. Für die Modellhaftigkeit der Gestaltung treffe den Beklagte die Darlegungs- und Beweislast, der er nicht nachgekommen sei.
10 
§ 15b EStG sei auf den Veranlagungszeitraum 2008 nicht anwendbar. Ein Verweis auf diese Vorschrift sei erst mit der Einführung vom § 8 Abs. 7 InvStG durch das Jahressteuergesetz 2010 aufgenommen worden. Entgegen der Gesetzesbegründung habe § 8 Abs. 7 InvStG konstitutiven Charakter, der sich bereits aus den grundsätzlich abschließenden Regelungen des InvStG gegenüber dem EStG ergebe. Dieser komme darin zum Ausdruck, dass das InvStG nicht generell, sondern nur dort auf das EStG verweise, wo es der Gesetzgeber für angebracht gehalten habe. Der Investmentbesteuerung liege eine andere Konzeption zugrunde als der transparenten Gesellschaftsbesteuerung, auf welche § 15b EStG zurückzuführen sei. Diese Vorschrift könne daher nicht auf einen Gesellschafter einer steuerlich intransparenten Rechtsform angewandt werden.
11 
Gezahlte Zwischengewinne unterfielen nicht dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, denn § 2 Abs. 1 InvStG meine nur erhaltene Zwischengewinne. Damit sei auch eine Anwendung von § 20 Abs. 2b EStG nicht möglich.
12 
Überdies verletzten § 20 Abs. 2b i.V.m. § 15b EStG aufgrund ihrer Unbestimmtheit den Grundsatz der Normenklarheit und seien daher verfassungswidrig. Die in § 15b EStG verwendeten Begriffe „Steuerstundungsmodell“, „modellhafte Gestaltung“ und „vorgefertigtes Konzept“ seien in höchstem Maße unbestimmt und mit gängigen Auslegungsmethoden nicht zu bestimmen. Die Unbestimmtheit eröffne der Finanzverwaltung die Möglichkeit, durch Erlass norminterpretierender Verfügungen den Gesetzesinhalt nahezu beliebig auszugestalten. Nachdem bereits § 15b EStG mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe enthalte, führe die Verweisungskette in § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG dazu, dass der Wortlaut in Bezug auf Kapitaleinkünfte noch unbestimmter werde. So lasse sich der Norm nicht entnehmen, welche Tatbestandsmerkmale nur einer entsprechenden Anwendung zugänglich sein sollten. Die Vorschrift lasse auch völlig offen, welche positiven Einkünfte in welchem Veranlagungszeitraum gemeint seien, die nicht der tariflichen Steuer unterlägen.
13 
Für die Kläger bestünde außerdem Vertrauensschutz aus dem BMF-Schreiben vom 14. Mai 2007, in dem klargestellt werde, dass auf im Erwerbsjahr gezahlte Zwischengewinne § 20 Abs. 2b Satz 2 i.V.m. § 15b EStG nicht anwendbar sei. Dieses Schreiben erfasse auch den von den Klägern verwirklichten Sachverhalt. Spätere anderslautende Verfügungen einzelner Oberfinanzdirektionen könnten dieses Vertrauen nicht zerstören.
14 
Eine zusätzliche Beschwer für die Kläger ergebe sich in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid aus der Differenz der Mehreinkünfte zur Höhe der festgestellten Verluste. Wenn ein Verlust festgestellt werde, müsse dies im Rahmen des Einkommensteuerbescheides korrespondierend nachzuvollziehen sein.
15 
In der mündlichen Verhandlung am 20. September 2014 ergänzten die Kläger ihren Vortrag dahingehend, dass ihres Wissens der X-Fonds auch in anderen Ländern - abgesehen von den USA - zum Vertrieb zugelassen gewesen und auch vertrieben worden sei.
16 
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2008, zuletzt vom 12. Juni 2013, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen geltend gemachten Zwischengewinne von 178.106 Euro festgesetzt wird,
17 
1.den Bescheid über die Feststellung des gesonderten Verlustvortrags vom 3. Mai 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 aufzuheben,
18 
2.hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen,
19 
3.die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
20 
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
21 
Er verweist darauf, dass nach § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG ein vorgefertigtes Konzept bereits vorliege, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Das Tatbestandsmerkmal „vorgefertigtes Konzept“ in § 15b Abs. 2 Satz 2 werde somit als gegeben angesehen. Da ab dem Jahr 2009 die Kapitaleinkünfte der Abgeltungsteuer unterlägen, sei § 15b EStG aufgrund des Verweises in § 20 Abs. 2b EStG dergestalt anzuwenden, dass ein vorgefertigtes Konzept unterstellt werde. Ein Vertrauensschutz zugunsten der Kläger aus dem nicht im Bundessteuerblatt (BStBl.) veröffentlichten BMF-Schreiben vom 14. Mai 2007 könne nicht hergeleitet werden. Dieses umfasse nicht Verluste aus Kapitalvermögen aufgrund gezahlter Zwischengewinne, wenn diese im Verhältnis zum Erwerbspreis unüblich hoch seien. Selbst wenn man die Anwendung des § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG verneinen wolle, lägen im konkreten Fall die Merkmale einer modellhaften Gestaltung bzw. eines vorgefertigten Konzeptes vor. Die von dem Investmentvermögen getätigten Geschäfte von der Gründung bis zum 29. April 2008 zielten auf eine anfängliche Erhöhung und spätere Minderung des Zwischengewinns ab, wobei sich nahezu keine Auswirkungen auf den Rücknahmepreis eines Anteils ergäben. Die nach diesem Datum eingetretenen Kursänderungen hingen nicht mehr mit Zwischengewinnen, sondern mit Aktien- und Wertpapiergeschäften zusammen. Im Streitfall seien die Anteile am 21. Februar 2008 und damit nach Erhöhung des Zwischengewinns am 15. Dezember 2007 und vor seiner Minderung am 29. April 2008 erworben worden. In der Kombination der Fondauflage Ende 2007 nach Beginn des Gesetzgebungsverfahrens zur Einführung der Abgeltungsteuer sowie in der Generierung hoher Zwischengewinne bis zum Anlegerbeitritt liege nach Auffassung des Beklagten ein vorgefertigtes Konzept, denn zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs seien bereits alle „Konzeptbestandteile“ verwirklicht, so dass der Anleger zur Teilhabe an den Verlusten nur noch Anteile erwerben müsse. Es werde deutlich, dass durch die Wertpapiertransaktionen ohne Auswirkungen auf den Rücknahmepreis für den Beitrittszeitraum „künstlich“ Verluste für neue Anleger geschaffen würden, obwohl diese tatsächlich keinerlei Verluste erlitten.
22 
Ob ein Investmentvermögen ein Steuerstundungsmodell sein könne, sei im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 15b EStG nicht weiter problematisiert worden. Mit der Einführung des § 8 Abs. 7 InvStG regele der Gesetzgeber die sinngemäße Anwendung des § 15b EStG auf bestimmte Verluste aus Investmentanteilen. Hierbei handele es sich nach der Gesetzesbegründung um eine klarstellende Regelung, so dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass die Verlustverrechnungsregelung des § 15b EStG bereits vor Einführung des § 8 Abs. 7 InvStG zum 14. Dezember 2010 auf Erträge aus Investmentvermögen Anwendung gefunden habe. Da dem Gesetzgeber keine Steuerstundungsmodelle im Bereich der Investmentbesteuerung bekannt gewesen seien, sei zum einen eine konkrete Benennung in der Gesetzesbegründung nicht erforderlich gewesen. Der Wortlaut der Norm schließe das Investmentvermögen auch nicht ausdrücklich aus, sondern benenne „rechtsformneutral“ Verluste aus der Beteiligung an Steuerstundungsmodellen. Auch eine Einzelinvestition sei nach der Gesetzesbegründung betroffen, wenn ein Steuerstundungsmodell vorliege. Zum anderen gehörten Erträge aus Investmentvermögen bei Privatpersonen zu den Erträgen aus Kapitalvermögen. Der Umfang der Steuerpflicht und damit der Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 und 2 EStG sei durch das InvStG abschließend geregelt. Unstreitig finde aber z.B. auch der Sparerfreibetrag nach § 20 Abs. 4 EStG Anwendung. Daher müsse auch § 20 Abs. 2b EStG anwendbar sein, wenn es sich um ein Steuerstundungsmodell handele.
23 
Wenn von den Klägern vorgebracht werde, Zwischengewinne stellten lediglich eine Reflexwirkung des Anteilskaufes dar, die automatisch anfiele, und könnten deshalb nicht unter § 15b EStG fallen, so sei diese Auffassung nicht zutreffend. Nach § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG sei die Ursache der Verluste unbeachtlich. Auch Verluste aufgrund einzelsteuergesetzlicher Regelungen seien vom Verlustverrechnungsverbot des § 15b EStG betroffen.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf 2 Bände Gerichtsakten, die vom Beklagten vorgelegten Akten (2 Bände Einkommensteuerakte, Rechtsbehelfsakte), den Bescheid vom 12. Juni 2013, die Einspruchsentscheidung vom 13. April 2012 sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit allen Anlagen Bezug genommen. Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2014 wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Die zulässige Klage ist begründet.
26 
1. Gem. § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt.
27 
Ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG liegt nach § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. § 15b Abs. 1 EStG ist nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestoren des eingesetzten Eigenkapitals 10 Prozent übersteigt (§ 15b Abs. 3 EStG). Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist gem. § 15b Abs. 4 EStG jährlich gesondert festzustellen.
28 
Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist gem. § 20 Abs. 2b EStG die Regelung des § 15b EStG sinngemäß anzuwenden. Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG liegt nach § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.
29 
Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2014, 465).
30 
2. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der X-Fonds ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG darstellt.
31 
a) Nach Auffassung des Gerichtes sind §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG im Streitjahr auf das Investment der Kläger anwendbar und verstoßen nicht gegen die Verfassung.
32 
Insbesondere ist § 15b EStG bezogen auf das Tatbestandsmerkmal einer "modellhaften Gestaltung" hinreichend bestimmt. Abgesehen davon, dass dieser Begriff in § 15b Abs. 2 EStG legal definiert wird, sind die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe klarer formuliert als diejenigen des § 2b EStG a.F. (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465). Vor allem aber sind alle verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe einer Auslegung zugänglich (ebenso Urteile des Finanzgerichts -FG- Baden-Württemberg vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, Entscheidungen der FG -EFG- 2011, 1897 [Revision anhängig IV R 40/11]; des Hessischen FG vom 17. Oktober 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510 [Revision anhängig VIII R 7/13]; des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465 m.w.N.).
33 
Die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften kommen für Erträge aus Investmentanteilen i.S.d. § 2 InvStG nur dann zur Anwendung, wenn und soweit das InvStG ausdrücklich auf sie verweist. Darüber hinaus sind jedoch die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes ergänzend anwendbar, sofern das InvStG die Besteuerung nicht abschließend regelt (Blümich/Wenzel InvStG § 2 Rn. 1 m.w.N.). Schon vor Einführung des § 8 Abs. 7 InvStG kam daher die Anwendung des § 15b EStG auf eine Investition in Investmentanteile auf Grundlage des § 20 Abs. 2b EStG in Betracht, wobei bereits damals die Generierung negativer Zwischengewinne als Steuerstundungsmodell im Mittelpunkt der Diskussion stand, was sich u.a. in verschiedenen Verwaltungsanweisungen, z.B. in Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Magdeburg vom 13. Juni 2008 und Münster vom 7. November 2008, niederschlug (Kretzschmann in Finanzrundschau -FR- 2011, 62; Brandtner/Geiser in Deutsches Steuerrecht -DStR- 2009, 1732; Jansen/Lübbehusen in FR 2011, 512, jeweils m.w.N.).
34 
b) Im Streitfall ist die Verlustverrechnung nicht gemäß § 20 Abs. 2b EStG i.V.m. §15b EStG ausgeschlossen, weil mit dem Investmentpapier X-Fonds keine „modellhafte Gestaltung“ im Sinne des § 15b Abs. 2 EStG vorliegt.
35 
Ein Steuerstundungsmodell setzt voraus, dass ein Anbieter ein Finanzprodukt so gestaltet, dass die Anleger damit die im Gesetz im Einzelnen beschriebenen Steuervorteile erzielen können. Überdies muss es sich an einen nicht näher bestimmten Interessentenkreis wenden oder zur wiederholten Verwendung bestimmt sein (BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 1437), wobei der Investor bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung typischerweise passiv ist (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849). Ein vorgefertigtes Konzept wird charakterisiert durch den Gesamtplan eines vom Anleger verschiedenen Dritten, der durch die Entwicklung einzelner oder einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Leistungen und Maßnahmen die Erreichung des angestrebten Ziels in Gestalt hoher verrechenbarer Verluste in der Anfangsphase der Investition ermöglichen soll (Urteil des Hessischen FG vom 17. Dezember 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510). Das Finanzprodukt muss mithin auf die Erzielung von Steuervorteilen hin konzipiert werden.
36 
Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG reicht es insoweit nicht aus, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist, vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies allein im Vordergrund stehen müsste. Dazu zählen die negativen Einkünfte des Einkommensteuerrechts ebenso wie sonstige negative Ergebnisse, die in die Gewinnermittlung einfließen. Maßgeblich sind - wie sich aus der Gesetzesformulierung "erzielt werden sollen" ergibt - nicht die tatsächlich erzielten, sondern die sich aus dem Konzept ergebenden negativen Einkünfte (Blümich/Heuermann, § 15b EStG, Rn. 15).
37 
§ 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG setzen dabei nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst kennt oder dieses überhaupt Auslöser seiner Investitionsentscheidung gewesen ist. Maßgeblich ist vielmehr die Perspektive des Anbieters, wonach es darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Verlustverrechnung "geboten" werden soll. Dazu muss der Initiator das vorgefertigte Konzept auf die Erzielung negativer Einkünfte ausrichten, so dass der wirtschaftliche Erfolg des Konzepts auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut. Nicht erforderlich ist es allerdings, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465).
38 
c) Kein Steuerstundungsmodell im Sinne der §§ 20 Abs. 2b, 15b EStG liegt zur Überzeugung des Senats hingegen vor, wenn ein Finanzprodukt nicht konzeptionell auf die Erzielung eines bestimmten Steuervorteils hin angelegt ist, sondern ein Steuerpflichtiger lediglich erkennt, dass der Erwerb eines am Markt existierenden Finanzproduktes ihm die Erzielung eines individuellen Steuervorteils ermöglicht (so auch Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 712 [Revision anhängig VIII R 46/14]).
39 
Beim X-Fonds handelt es sich um ein thesaurierendes Investmentzertifikat, bei dem gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG positive wie negative Zwischengewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Der von den Klägern erzielte Steuervorteil besteht nun darin, dass diese den ab 1. Januar 2009 vollzogenen Systemwechsel bei der Besteuerung der Kapitaleinkünfte zur Abgeltungsteuer und die damit einhergehende Minderung des Steuersatzes auf 25% für solche Einkünfte ausnutzen können, weil sie im Veranlagungszeitraum 2008 die gezahlten negativen Zwischengewinne zum individuellen Grenzsteuersatz abziehen können, während eventuell in einem der nachfolgenden Veranlagungszeiträumen entstehenden positive Einkünfte nur noch mit dem niedrigeren pauschalierten Abgeltungsteuersatz zu versteuern sind.
40 
Allein die Ausnutzung eines Steuergefälles durch die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes auf positive Erträge wie im Streitfall genügt jedoch noch nicht, um ein Steuerstundungsmodell anzunehmen. Zwar liegt in einem solchen Fall gemäß § 20 Abs. 2b EStG ein vorgefertigtes Konzept vor, jedoch setzt die Vorschrift ihrer systematischen Stellung nach voraus, dass auch der Tatbestand des § 15b EStG erfüllt ist. § 20 Abs. 2b EStG ergänzt diesen lediglich dahin, dass die Ausnutzung eines Steuergefälles ein vorgefertigtes Konzept begründen kann (Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG, Rn. 645).
41 
Diesen Steuervorteil konnte vorliegend ausschließlich ein deutscher Anleger des luxemburgischen Investmentfonds erzielen. Zudem war er auf einen einmaligen Effekt im Zeitpunkt der Einführung der Abgeltungsteuer beschränkt. Der Vertrieb des X-Fonds war aber laut seines Verkaufsprospekts nicht auf Deutschland beschränkt, bis auf die USA durfte er in allen anderen Staaten verkauft werden. Nach den Angaben der Kläger, denen der Beklagte nicht widersprochen hat, wurde er tatsächlich auch an Anleger außerhalb Deutschlands vertrieben. Überdies handelte es sich um einen offenen Fonds, an dem sich Anleger auch nach dem 1. Januar 2009 beteiligen konnten. Die angesprochenen Steuervorteile ergeben sich aber nur bei einem Erwerb von Anteilen in den Jahren 2007 und 2008. Die Beschränkung der Möglichkeit, aus der Beteiligung am X-Fonds einen steuerlichen Vorteil zu ziehen, auf Anleger aus einem bestimmten Land in einem engen Zeitraum widerspricht der Annahme, es handle sich um eine modellhafte Gestaltung i.S.d. § 15b EStG.
42 
Das Aktienportfolio des Fonds führt weit überwiegend namhafte börsennotierte Unternehmen auf, die Anlegern dauerhaft die Auszahlung von Dividenden versprechen. Die Kläger erzielten dementsprechend aus dem X-Fonds in der ersten Abrechnungsperiode positive Kapitaleinkünfte von 129.484,73 Euro.Auch dies spricht gegen eine konzeptionelle Gestaltung, die auf steuerliche Verluste ausgerichtet ist.
43 
Der Beklagte hat nicht anhand konkreter Hinweise dargetan, dass der X-Fonds von seinem Anbieter gezielt deshalb aufgelegt worden ist, um den beschriebenen Steuerspareffekt zu erzielen. Dies ist im Übrigen auch deshalb in sich nicht schlüssig, weil systembedingt dem negativen Zwischengewinn, den die Kläger mit Erwerb ihrer Anteile erzielten, ein ebenso hoher - und gegebenenfalls mit dem individuellen Steuersatz vor Einführung der Abgeltungsteuer belegter - positiver Zwischengewinn desjenigen Anlegers gegenüberstand, der die von den Klägern erworbenen Anteile veräußert hat. Auf die Anlegerschaft des Fonds im Ganzen bezogen glichen sich infolgedessen positive und negative Zwischengewinne aus, so dass durch den Fonds nicht in einer modellhaften Art und Weise nur Steuervorteile vermittelt wurden (vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131).
44 
Der Senat konnte sich nach alledem nicht davon überzeugen, dass der eingetretene Steuerspareffekt der konzeptionellen Ausrichtung des Fonds entsprach und für die Kläger gegenüber Anlagesicherheit und Ertragsfähigkeit im Vordergrund stand.
45 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klägerseite beantragte, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
46 
4. Die Revision war wegen der beim Bundesfinanzhof zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 15b EStG anhängigen Verfahren zuzulassen.

Gründe

 
25 
Die zulässige Klage ist begründet.
26 
1. Gem. § 15b Abs. 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt.
27 
Ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG liegt nach § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. § 15b Abs. 1 EStG ist nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestoren des eingesetzten Eigenkapitals 10 Prozent übersteigt (§ 15b Abs. 3 EStG). Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist gem. § 15b Abs. 4 EStG jährlich gesondert festzustellen.
28 
Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist gem. § 20 Abs. 2b EStG die Regelung des § 15b EStG sinngemäß anzuwenden. Ein vorgefertigtes Konzept im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG liegt nach § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG auch vor, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen.
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Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2014, 465).
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2. Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass der X-Fonds ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG darstellt.
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a) Nach Auffassung des Gerichtes sind §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG im Streitjahr auf das Investment der Kläger anwendbar und verstoßen nicht gegen die Verfassung.
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Insbesondere ist § 15b EStG bezogen auf das Tatbestandsmerkmal einer "modellhaften Gestaltung" hinreichend bestimmt. Abgesehen davon, dass dieser Begriff in § 15b Abs. 2 EStG legal definiert wird, sind die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe klarer formuliert als diejenigen des § 2b EStG a.F. (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465). Vor allem aber sind alle verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe einer Auslegung zugänglich (ebenso Urteile des Finanzgerichts -FG- Baden-Württemberg vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, Entscheidungen der FG -EFG- 2011, 1897 [Revision anhängig IV R 40/11]; des Hessischen FG vom 17. Oktober 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510 [Revision anhängig VIII R 7/13]; des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465 m.w.N.).
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Die allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften kommen für Erträge aus Investmentanteilen i.S.d. § 2 InvStG nur dann zur Anwendung, wenn und soweit das InvStG ausdrücklich auf sie verweist. Darüber hinaus sind jedoch die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Gewerbesteuergesetzes ergänzend anwendbar, sofern das InvStG die Besteuerung nicht abschließend regelt (Blümich/Wenzel InvStG § 2 Rn. 1 m.w.N.). Schon vor Einführung des § 8 Abs. 7 InvStG kam daher die Anwendung des § 15b EStG auf eine Investition in Investmentanteile auf Grundlage des § 20 Abs. 2b EStG in Betracht, wobei bereits damals die Generierung negativer Zwischengewinne als Steuerstundungsmodell im Mittelpunkt der Diskussion stand, was sich u.a. in verschiedenen Verwaltungsanweisungen, z.B. in Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Magdeburg vom 13. Juni 2008 und Münster vom 7. November 2008, niederschlug (Kretzschmann in Finanzrundschau -FR- 2011, 62; Brandtner/Geiser in Deutsches Steuerrecht -DStR- 2009, 1732; Jansen/Lübbehusen in FR 2011, 512, jeweils m.w.N.).
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b) Im Streitfall ist die Verlustverrechnung nicht gemäß § 20 Abs. 2b EStG i.V.m. §15b EStG ausgeschlossen, weil mit dem Investmentpapier X-Fonds keine „modellhafte Gestaltung“ im Sinne des § 15b Abs. 2 EStG vorliegt.
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Ein Steuerstundungsmodell setzt voraus, dass ein Anbieter ein Finanzprodukt so gestaltet, dass die Anleger damit die im Gesetz im Einzelnen beschriebenen Steuervorteile erzielen können. Überdies muss es sich an einen nicht näher bestimmten Interessentenkreis wenden oder zur wiederholten Verwendung bestimmt sein (BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 1437), wobei der Investor bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung typischerweise passiv ist (Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849). Ein vorgefertigtes Konzept wird charakterisiert durch den Gesamtplan eines vom Anleger verschiedenen Dritten, der durch die Entwicklung einzelner oder einer Vielzahl aufeinander abgestimmter Leistungen und Maßnahmen die Erreichung des angestrebten Ziels in Gestalt hoher verrechenbarer Verluste in der Anfangsphase der Investition ermöglichen soll (Urteil des Hessischen FG vom 17. Dezember 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510). Das Finanzprodukt muss mithin auf die Erzielung von Steuervorteilen hin konzipiert werden.
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Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG reicht es insoweit nicht aus, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist, vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies allein im Vordergrund stehen müsste. Dazu zählen die negativen Einkünfte des Einkommensteuerrechts ebenso wie sonstige negative Ergebnisse, die in die Gewinnermittlung einfließen. Maßgeblich sind - wie sich aus der Gesetzesformulierung "erzielt werden sollen" ergibt - nicht die tatsächlich erzielten, sondern die sich aus dem Konzept ergebenden negativen Einkünfte (Blümich/Heuermann, § 15b EStG, Rn. 15).
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§ 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG setzen dabei nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst kennt oder dieses überhaupt Auslöser seiner Investitionsentscheidung gewesen ist. Maßgeblich ist vielmehr die Perspektive des Anbieters, wonach es darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Verlustverrechnung "geboten" werden soll. Dazu muss der Initiator das vorgefertigte Konzept auf die Erzielung negativer Einkünfte ausrichten, so dass der wirtschaftliche Erfolg des Konzepts auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut. Nicht erforderlich ist es allerdings, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BStBl. II 2014, 465).
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c) Kein Steuerstundungsmodell im Sinne der §§ 20 Abs. 2b, 15b EStG liegt zur Überzeugung des Senats hingegen vor, wenn ein Finanzprodukt nicht konzeptionell auf die Erzielung eines bestimmten Steuervorteils hin angelegt ist, sondern ein Steuerpflichtiger lediglich erkennt, dass der Erwerb eines am Markt existierenden Finanzproduktes ihm die Erzielung eines individuellen Steuervorteils ermöglicht (so auch Urteil des Niedersächsischen FG vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 712 [Revision anhängig VIII R 46/14]).
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Beim X-Fonds handelt es sich um ein thesaurierendes Investmentzertifikat, bei dem gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG positive wie negative Zwischengewinne zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Der von den Klägern erzielte Steuervorteil besteht nun darin, dass diese den ab 1. Januar 2009 vollzogenen Systemwechsel bei der Besteuerung der Kapitaleinkünfte zur Abgeltungsteuer und die damit einhergehende Minderung des Steuersatzes auf 25% für solche Einkünfte ausnutzen können, weil sie im Veranlagungszeitraum 2008 die gezahlten negativen Zwischengewinne zum individuellen Grenzsteuersatz abziehen können, während eventuell in einem der nachfolgenden Veranlagungszeiträumen entstehenden positive Einkünfte nur noch mit dem niedrigeren pauschalierten Abgeltungsteuersatz zu versteuern sind.
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Allein die Ausnutzung eines Steuergefälles durch die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes auf positive Erträge wie im Streitfall genügt jedoch noch nicht, um ein Steuerstundungsmodell anzunehmen. Zwar liegt in einem solchen Fall gemäß § 20 Abs. 2b EStG ein vorgefertigtes Konzept vor, jedoch setzt die Vorschrift ihrer systematischen Stellung nach voraus, dass auch der Tatbestand des § 15b EStG erfüllt ist. § 20 Abs. 2b EStG ergänzt diesen lediglich dahin, dass die Ausnutzung eines Steuergefälles ein vorgefertigtes Konzept begründen kann (Intemann in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG, Rn. 645).
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Diesen Steuervorteil konnte vorliegend ausschließlich ein deutscher Anleger des luxemburgischen Investmentfonds erzielen. Zudem war er auf einen einmaligen Effekt im Zeitpunkt der Einführung der Abgeltungsteuer beschränkt. Der Vertrieb des X-Fonds war aber laut seines Verkaufsprospekts nicht auf Deutschland beschränkt, bis auf die USA durfte er in allen anderen Staaten verkauft werden. Nach den Angaben der Kläger, denen der Beklagte nicht widersprochen hat, wurde er tatsächlich auch an Anleger außerhalb Deutschlands vertrieben. Überdies handelte es sich um einen offenen Fonds, an dem sich Anleger auch nach dem 1. Januar 2009 beteiligen konnten. Die angesprochenen Steuervorteile ergeben sich aber nur bei einem Erwerb von Anteilen in den Jahren 2007 und 2008. Die Beschränkung der Möglichkeit, aus der Beteiligung am X-Fonds einen steuerlichen Vorteil zu ziehen, auf Anleger aus einem bestimmten Land in einem engen Zeitraum widerspricht der Annahme, es handle sich um eine modellhafte Gestaltung i.S.d. § 15b EStG.
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Das Aktienportfolio des Fonds führt weit überwiegend namhafte börsennotierte Unternehmen auf, die Anlegern dauerhaft die Auszahlung von Dividenden versprechen. Die Kläger erzielten dementsprechend aus dem X-Fonds in der ersten Abrechnungsperiode positive Kapitaleinkünfte von 129.484,73 Euro.Auch dies spricht gegen eine konzeptionelle Gestaltung, die auf steuerliche Verluste ausgerichtet ist.
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Der Beklagte hat nicht anhand konkreter Hinweise dargetan, dass der X-Fonds von seinem Anbieter gezielt deshalb aufgelegt worden ist, um den beschriebenen Steuerspareffekt zu erzielen. Dies ist im Übrigen auch deshalb in sich nicht schlüssig, weil systembedingt dem negativen Zwischengewinn, den die Kläger mit Erwerb ihrer Anteile erzielten, ein ebenso hoher - und gegebenenfalls mit dem individuellen Steuersatz vor Einführung der Abgeltungsteuer belegter - positiver Zwischengewinn desjenigen Anlegers gegenüberstand, der die von den Klägern erworbenen Anteile veräußert hat. Auf die Anlegerschaft des Fonds im Ganzen bezogen glichen sich infolgedessen positive und negative Zwischengewinne aus, so dass durch den Fonds nicht in einer modellhaften Art und Weise nur Steuervorteile vermittelt wurden (vgl. Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131).
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Der Senat konnte sich nach alledem nicht davon überzeugen, dass der eingetretene Steuerspareffekt der konzeptionellen Ausrichtung des Fonds entsprach und für die Kläger gegenüber Anlagesicherheit und Ertragsfähigkeit im Vordergrund stand.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Klägerseite beantragte, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären. Dem Verfahren lag ein Sachverhalt zugrunde, der in rechtlicher Hinsicht nicht von vornherein als einfach zu beurteilen war. Die Klägerseite durfte sich daher eines Rechtskundigen bedienen, um eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung zu erreichen. Der Senat hält hiernach die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).
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4. Die Revision war wegen der beim Bundesfinanzhof zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 15b EStG anhängigen Verfahren zuzulassen.

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