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| Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist insoweit rechtmäßig, als die darin festgesetzte Einkommensteuer nicht niedriger festgesetzt wurde. Der Kläger unterliegt im Streitjahr als Grenzgänger im Sinne von Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 mit seinen gesamten Einkünften aus nicht-/unselbständiger Arbeit der Besteuerung im Inland (nachfolgend unter I.). Die vom FA bei der Festsetzung der Einkommensteuer vorgenommene rechtliche Würdigung, dass der Kläger im Hinblick auf die erklärten 67 Nichtrückkehrtage nicht als Grenzgänger anzusehen ist, ist nicht als abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen anzusehen (nachfolgend unter II.). |
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| I. 1. Der Kläger hatte im Streitjahr in der Bundesrepublik Deutschland seinen Wohnsitz (§ 8 AO) und war daher im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2010) und aus abkommensrechtlicher Sicht in Deutschland ansässig (Art. 4 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| 2. Der Kläger unterlag mit seinen von der Y-AG bezogenen Einkünften als Grenzgänger gemäß Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992, der Art. 15 DBA-Schweiz 1971/1992 vorgeht („ungeachtet des Artikels 15“), in Deutschland der Besteuerung. |
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| Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992 ist Grenzgänger jede in einem Vertragstaat ansässige Person, die in dem anderen Vertragstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Kehrt diese Person nicht jeweils nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurück, entfällt die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn die Person bei einer Beschäftigung während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). |
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| Im Streitfall ist der Kläger nicht an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund seiner Arbeitsausübung nicht an seinen Wohnsitz in Deutschland zurückgekehrt. Die entgegenstehende Auffassung beider Beteiligten ist nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH rechtsfehlerhaft, da sie Wortlaut und Zweck von Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 nicht entspricht. |
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| Nicht als Nichtrückkehrtage im Sinne von Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 anzusehen sind zum einen die in der beim FA eingereichten Liste der Nichtrückkehrtage aufgeführten Tage, an denen der Kläger von einer Geschäftsreise aus einem Drittstaat tatsächlich an seinen Wohnsitz in X zurückgekehrt ist. Dies gilt für den 15. Januar, 8. Mai (Samstag), 6. August, 17. September, 6. November (Samstag) und 19. November. |
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| Keine Nichtrückkehrtage sind zudem die Wochenendtage, an denen er im Zusammenhang mit einer Geschäftsreise in Drittstaaten tatsächlich nicht an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist (10. Januar, 2. Mai, 31. Juli, 1. August [Bundesfeier], 12. September und 14. November). Zur Begründung verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf seine Ausführungen in den Entscheidungsgründen unter 2.a) im Urteil vom 19. Dezember 2013 3 K 1189/13 (juris), an denen er vollumfänglich festhält, sowie auf die zur Anwendung der Grenzgängerregelung ergangene Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 17. November 2010 I R 76/09, BStBl II 2012, 276, vom 12. Oktober 2010 I R 86/08, BFH/NV 679, vom 9. Juni 2010 I R 115/08, BFH/NV 2010, 2275 und in BStBl II 2010, 602). |
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| 3. An die hiervon abweichende Auffassung zur Bestimmung der Nichtrückkehrtage in den Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 19. September 1994 IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94, BStBl I 1994, 683 Tz. 14 (zur Berücksichtigung von Arbeitstagen, an denen der Steuerpflichtige aus Drittstaaten tatsächlich an seinen Wohnsitz im Inland zurückgekehrt ist) und vom 7. Juli 1997 IV C 6 - S 1301 Schz - 37/97, BStBl I 1997, 723, Ziff. 1. Buchstabe a) Rz. 11 (zur Berücksichtigung von Wochenend- und Feiertagen), denen jeweils mit der ESTV nach Inkrafttreten der Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 abgeschlossene, auf Art. 26 Abs. 3 und 15a Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 gestützte Konsultationsvereinbarungen zugrunde liegen, sind die Gerichte nicht gebunden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, steht einer dahingehenden Auslegung von Art. 15a des DBA-Schweiz 1971/1992 der Wortlaut des Abkommens entgegen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 2275 und in BStBl II 2010, 602), der in abschließender Weise die „Grenzmarke“ für das richtige Abkommensverständnis darstellt (vgl. BFH-Urteile in BStBl II 2016, 326 und vom 13. Juni 2012 I R 41/11, BStBl II 2012, 880). |
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| 4. Mit Wirkung vom 23. Dezember 2010 erließ das BMF mit Zustimmung des Bundesrates auf der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 2 Satz 1 AO i.d.F. des Art. 9 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) mit der KonsVerCHEV eine Rechtsverordnung zur Umsetzung der Konsultationsvereinbarungen mit der ESTV. In § 8 Abs 1 Satz 3 KonsVerCHEV ist bestimmt, dass bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle Wochenend- und Feiertage als Nichtrückkehrtage angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Reisekosten trägt. Nach § 8 Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV zählen eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten stets zu den Nichtrückkehrtagen. Inhaltlich entsprechen diese Vorschriften den BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 14 und in BStBl I 1997, 723, Ziff. 1. Buchstabe a) Rz. 11. |
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| a) Zwischenstaatliche Konsultationsvereinbarungen, die aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs. 2 AO als Rechtsverordnung erlassen wurden, können eine Abkommensregelung spezifizieren und umsetzen. Es ist wegen des Vorranges des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes -GG-) aber ausgeschlossen, vermittels einer auf Grundlage des § 2 Abs. 2 AO erlassenen Rechtsverordnung den Abkommenstext der höherrangigen Rechtsnorm (hier des Doppelbesteuerungsabkommens in der Umsetzung des "einfachen" Zustimmungsgesetzes) und damit die Besteuerungszuordnung der Einkünfte zu verändern. Die Befugnis zur Verwerfung derartiger abkommensändernder Rechtsverordnungen liegt bei den Gerichten (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2016, 326 unter B.II.4. und 5 mit umfangreichem Nachweisen zum Meinungsstand; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Oktober 2015 3 K 2913/13, juris, Rev. I R 22/16 anhängig; Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 2 AO, Rz. 43 f.; a.A. Ismer, IStR 2009, 366). |
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| b) Diese in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 24 Abs. 1 KonsVerCHEV zur Behandlung von Abfindungszahlungen entwickelten Grundsätze gelten nach Auffassung des Senats gleichermaßen für die in § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV zu den Nichtrückkehrtagen getroffenen abkommensändernden Regelungen. Denn auch diese sind -ebenso wie die gleichlautenden Regelungen in den BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 14 und in BStBl I 1997, 723, Ziff. 1. Buchstabe a) Rz. 11- mit dem Wortlaut des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 i.V.m. Ziff. II Nr. 2 des Verhandlungsprotokolls vom 18. Dezember 1991 (BStBl I 1993, 929) nicht vereinbar. |
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| aa) Die Annahme eines Nichtrückkehrtages setzt nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 einen Arbeitstag voraus. Maßgeblich hierfür sind nach Nr. II.2. des Verhandlungsprotokolls in BStBl I 1993, 929, das eine verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/1992 enthält, die im jeweiligen Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitstage. Samstage, Sonntage und Feiertage zählen deshalb dann nicht zu den Arbeitstagen in diesem Sinn, wenn eine Arbeit an diesen Tagen weder ausdrücklich vereinbart ist noch der Arbeitgeber für die an diesen Tagen geleistete Arbeit einen anderweitigen Freizeitausgleich oder ein zusätzliches Entgelt gewährt. Durch die Übernahme der Reisekosten erhält der Arbeitnehmer aber kein zusätzliches Entgelt für eine Arbeitsleistung, sondern lediglich einen Aufwendungsersatz. Die Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 KonsVerCHEV steht daher in Widerspruch zu der Regelung im Verhandlungsprotokoll und rechtfertigt nicht die Annahme eines Nichtrückkehrtages (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2010, 602). |
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| bb) Gleiches gilt für die Bestimmung des § 8 Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV, nach der eintägige Geschäftsreisen in Drittstaaten stets zu den Nichtrückkehrtagen zählen. Auch diese Bestimmung wird, da nach Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 die Annahme eines Nichtrückkehrtages bei jeder Rückkehr des Arbeitnehmers an den Wohnsitz ausgeschlossen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer von seinem Arbeitsort oder von einem anderen Ort an den Wohnsitz zurückkehrt, vom Wortlaut des Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 nicht gedeckt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2010, 602). |
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| c) Die aus dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes folgende Unwirksamkeit von abkommensändernden Bestimmungen der KonsVerCHEV gilt für sämtliche Regelungen, die -wie § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV- das Besteuerungsrecht einem anderen als dem in der entsprechenden Verteilungsnorm des DBA vorgesehenen Staat zuweisen. Ein Abweichen vom Steuergesetz (hier dem Zustimmungsgesetz zum DBA-Schweiz 1971/1992) durch eine Rechtsnorm niedrigeren Ranges (hier § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV) führt unabhängig davon, ob diese Norm aus Sicht des in Deutschland Steuerpflichtigen nun „belastende“ (d.h. das Besteuerungsrecht Deutschland zuweisende) oder „begünstigende“ (d.h. das Besteuerungsrecht der Schweiz zuweisende) Wirkung hat, zu einem Verstoß gegen den Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes (vgl. Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 13. Aufl. 2014, Art. 20 Rz. 51) und damit zur Unwirksamkeit der Rechtsnorm niedrigeren Ranges. |
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| Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob für Vorschriften, die -wie Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992- das Besteuerungsrecht jeweils einem der Abkommensstaaten zur vorrangigen Besteuerung zuweisen (sog. Verteilungsnormen), das Erfordernis der Legitimation durch ein förmliches Gesetz (Vorbehalt des Gesetzes) gilt und welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen in innerstaatliches Recht, beispielsweise im Hinblick auf die Bestimmtheit, zu genügen hat. Diese Fragen sind jedoch im Streitfall wegen der aus dem Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes folgenden Unwirksamkeit der hier entscheidungserheblichen Bestimmungen der KonsVerCHEV nicht erheblich. |
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| Ob die Regelungen in § 8 Abs. 1 Satz und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV -ebenso wie die entsprechenden Regelungen in den BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 14 und in BStBl I 1997, 723, Ziff. 1. Buchstabe a) Rz. 11- als Billigkeitsregelungen zugunsten des Steuerpflichtigen zu werten sind (vgl. unter II.), ist nicht Gegenstand des Steuerfestsetzungsverfahrens. |
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| d) Des Weiteren sind nach der Rechtsprechung des BFH (in BStBl II 2016, 326) jedenfalls abkommensändernde Regelungen der KonsVerCHEV unbeschadet des in § 25 KonsVerCHEV (i.V.m. Art. 97 § 1 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung -EGAO- i.d.F. des JStG 2010) auf den 1. Januar 2010 bestimmten Anwendungszeitpunkts für die KonsVerCHEV nicht vor dem Zeitpunkt ihres tatsächlichen Inkrafttretens am 23. Dezember 2010 anzuwenden. Auch wenn die in § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV enthaltenen Regelungen wegen der ihnen im Streitfall zukommenden den Kläger begünstigenden Wirkung keinen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot auslösen, so kannmaßgebender Anwendungszeitpunkt für die abkommensändernde Konsultationsvereinbarung immer nur der Zeitpunkt sein, in welchem eine solche Vereinbarung tatsächlich in der verfassungsrechtlich gebotenen Form in innerstaatliches Recht umgesetzt worden ist. Die hier in Streit stehenden Nichtrückkehrtage entfallen sämtlich auf davor liegende Zeiträume, so dass § 8 Abs. 1 Satz und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV auf den Streitfall auch aus diesem Grund keine Anwendung finden. |
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| 5. Somit hat Deutschland nach Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 das Besteuerungsrecht für die gesamten aus der Schweiz stammenden Einkünfte aus un-/nicht-selbständiger Arbeit des Klägers. Soweit seine Einkünfte aus un-/nichtselbständiger Arbeit der im Inland ausgeübten Tätigkeit zuzuordnen sind, folgt das deutsche Besteuerungsrecht aus Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992. Hinsichtlich der im Drittstaat XXX vom Kläger erzielten Einkünfte aus un-/nichtselbständiger Arbeit hat Deutschland das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (DBA-USA) bzw. nach Art. 21 DBA-Schweiz 1971/1992 (BFH-Beschluss vom 19. April 1999 I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317, Entscheidungsgründe zu 2. b; Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 21, Rz. 14). |
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| An der sich hieraus ergebenden höheren Steuerfestsetzung als derjenigen im angegriffenen Einkommensteuerbescheid ist der Senat wegen des Verbots der Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren gehindert (BFH-Beschluss vom 10. März 2016 X B 198/15, BFH/NV 2016, 1042; Gräber/Ratschow, FGO, 8. Aufl. 2015, § 96 Rz. 51). Dabei berücksichtigt der Senat, dass die von der ESTV aus Anlass der Tätigkeit des Kläger in den XXX einbehaltene (Schweizer) Quellensteuer unter den Voraussetzungen des § 34c Abs. 3 EStG 2010 bei der Ermittlung der in Deutschland zu besteuernden Einkünfte des Arbeitnehmers abgezogen werden kann (BFH-Urteil vom 17. November 2011 I R 76/09, BStBl II 2012, 276). |
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| II. Die der Steuerfestsetzung im Einkommensteuerbescheid vom 16. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2013 zugrunde liegende Annahme, dass der Kläger im Streitjahr nicht als Grenzgänger anzusehen ist, ist nicht als eine (den erkennenden Senat insoweit bindende) abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen (§ 163 Satz 3 AO) zu verstehen. |
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| a) Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO wird durch Verwaltungsakt getroffen. Auch wenn dieser Verwaltungsakt gemäß § 163 Satz 3 AO mit der Steuerfestsetzung verbunden wird, ändert das nichts daran, dass es sich hierbei um eine gesonderte Entscheidung handelt. Mit Blick auf die Steuerfestsetzung ist dieser Verwaltungsakt Grundlagenbescheid, der eine Bindungswirkung auslöst, die gegebenenfalls nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO umzusetzen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 12. Juli 2012 I R 32/11 BStBl II 2015, 175 m.w.N.). |
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| Da die Billigkeitsentscheidung kein Steuerbescheid, sondern ein sonstiger Verwaltungsakt ist, gelten lediglich die Formvorschriften der §§ 118 ff. AO, nicht die des § 157 Abs. 1 AO. Die Billigkeitsentscheidung kann daher auch konkludent im Rahmen einer Steuerfestsetzung oder Feststellung getroffen werden, muss aber als Verwaltungsakt nach § 119 Abs. 1 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies schließt zwar nicht aus, dass ihr Inhalt durch Auslegung ermittelt werden muss; erforderlich ist aber, dass sie klar, eindeutig und widerspruchslos erkennen lässt, welche Rechtswirkungen sie entfalten soll. Einer Billigkeitsentscheidung muss danach zu entnehmen sein, ob und in welchem Umfang von der an sich gesetzlich vorgesehenen Steuerfestsetzung abgewichen worden ist. Dazu muss nicht die Steuer vor und nach der Billigkeitsmaßnahme angegeben werden. Es kann genügen, dass sich die abweichende Steuerfestsetzung aus der Höhe der festgesetzten Steuer ermitteln lässt (vgl. BFH-Urteil vom 1. Oktober 2015 X R 32/13, BStBl II 2016, 139 m.w.N.). |
|
| Bei der Ermittlung des Erklärungsgehalts im Wege der Auslegung des Verwaltungsakts kommt es darauf an, wie der Kläger selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärungen des FA unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Nicht ausschlaggebend ist, was das FA erklären wollte (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 2008 II R 31/06, BFH/NV 2008, 1435; Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl. 2014, § 119, Rz. 8; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 118 AO, Rz. 52). |
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| b) Nach diesen Grundsätzen konnte der Kläger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben den Einkommensteuerbescheid vom 16. Juli 2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. Februar 2013 nicht dahingehend verstehen, dass das FA mit der Einkommensteuerfestsetzung bzw. der Einspruchsentscheidung zugleich im Wege der Billigkeit dem Kläger die Grenzgängereigenschaft abgesprochen hat. |
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| Ausdrücklich wird weder im Einkommensteuerbescheid noch in der Einspruchsentscheidung darauf hingewiesen, dass der Kläger aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht als Grenzgänger angesehen werde. |
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| Einen entsprechenden Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung, den das FA mit der Steuerfestsetzung aus Sicht des Klägers konkludent angenommen haben könnte, hat der Kläger weder in der Einkommensteuererklärung noch im Einspruchsverfahren gestellt. |
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| Einkommensteuerbescheid und Einspruchsentscheidung konnte der Kläger zwar entnehmen, dass das FA seinen Angaben zu den Nichtrückkehrtagen gefolgt ist und ihn nicht als Grenzgänger angesehen hat. Im Hinblick auf die in § 25 KonsVerCHEV angeordnete rückwirkende Anwendung der KonsVerCHEV ab 1. Januar 2010 musste er jedoch davon ausgehen, dass die Nichtrückkehrtage entsprechend den Bestimmungen der KonsVerCHEV angesetzt wurden und nicht aus Gründen sachlicher Billigkeit von den Steuergesetzen abgewichen wurde. |
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| III. Auf die Frage, ob der Kläger im Streitjahr die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 des DBA Schweiz 1971/1992 erfüllte, kommt es wegen der Vorrangigkeit der Grenzgängerregelung nicht mehr an. |
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| IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 143 FGO. |
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| Die Revision war zuzulassen. Der Senat misst der Frage der Wirksamkeit von § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV im Hinblick darauf, dass sämtliche Vorschriften der KonsVerCHEV gesondert auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen sind und eine Vielzahl von Steuerpflichtigen hiervon betroffen ist, auch nach Ergehen des BFH-Urteils (in BStBl II 2016, 326) zu einer anderen Vorschrift der KonsVerCHEV grundsätzliche Bedeutung zu. |
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