Urteil vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 11 K 1272/18

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Energiesteuerentlastung nach § 54 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) für das Jahr 2014.
Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen. Einer ihrer Tätigkeitsbereiche ist die Erzeugung, Fortleitung und der Verkauf von Wärme. Insoweit handelt es sich bei ihr unstreitig um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG i.V.m. § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) und Abschnitt E (Energie- und Wasserversorgung) der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003). Die Klägerin erzeugt Wärme in eigenen Anlagen. Daneben bezieht sie auch Wärme von anderen Anlagenbetreibern (sog. „Bezugswärme“).
Die eigene Wärme gewinnt sie zum einen in mehreren Blockheizkraftwerken (BHKW), mit denen sie im Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme („KWK-Wärme“) erzeugt. Zum anderen betreibt sie mehrere Heizungsanlagen (Heizkessel). Das dort erzeugte Heißwasser („Kesselwärme“) verbraucht sie zum Teil selbst, um den Wärmebedarf in ihren eigenen Immobilien abzudecken („Eigenbedarf“). Im Übrigen speist sie es in Wärmenetze ein, die ebenfalls von ihr betrieben werden. Dabei handelt es sich um Rohrleitungsnetze, die jeweils als Kreislauf konzipiert und technisch nicht miteinander verbunden sind. Der Wärmetransport erfolgt über den Wasserkreislauf des jeweiligen Rohrleitungsnetzes. Die Klägerin speist hierzu thermische Energie in den jeweiligen Wasserkreislauf ein, und die verschiedenen Kunden entnehmen an der jeweiligen Übergabestelle des Rohrleitungsnetzes die thermische Energie durch Wärmetauscher.
Im Streitjahr 2014 betrieb die Klägerin die Netze „Innenstadt“, „Ganzäcker“ sowie das Netz „Hirschheim“. An jedes Rohrleitungsnetz waren jeweils mehrere Heizkessel und BHKW angeschlossen. In die Wärmenetze „Innenstadt“ und „Ganzäcker“ speisten neben der Klägerin auch andere KWK-Anlagenbetreiber Wärme ein, sodass diese beiden Netze aus drei Wärmequellen (von der Klägerin selbst erzeugte „Kesselwärme“ und „KWK-Wärme“ sowie von anderen Anlagenbetreibern erzeugte „Bezugswärme“) gespeist wurden. In das Netz „Hirschheim“ speiste (nur) die Klägerin „Kesselwärme“ und „KWK-Wärme“ ein.
Zur Wärmeerzeugung verwendete die Klägerin leichtes Heizöl (d.h. Gasöle i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 EnergieStG) sowie Erdgas. Das leichte Heizöl wurde jeweils durch ihre Lieferanten versteuert und in den Kesseln der Heizungsanlagen verheizt. Erdgas bezog sie zunächst unversteuert von ihren Lieferanten. Sie verwendete es entweder in den erwähnten Erzeugungsanlagen oder lieferte es an Letztverbraucher und meldete hierfür selbst jährlich die Energiesteuer an.
In den Heizkesseln der Heizungsanlagen wurden beide Energieerzeugnisse verheizt. In den BHKW verwendete die Klägerin hingegen ausschließlich Erdgas. Während des Transports der Wärme vom Einspeisepunkt des jeweiligen Rohrleitungsnetzes bis zum Entnahmepunkt kam es aus physikalischen Gründen zu unvermeidbaren Wärmeverlusten. Im Netz „Innenstadt“ betrugen diese unstreitig 20.722,138 MWh, im Netz „Ganzäcker“ 4.328,925 MWh und im Netz „Hirschheim“ 151,458 MWh.
Am 11. Dezember 2015 stellte die Klägerin für das Kalenderjahr 2014 einen Antrag auf Energiesteuerentlastung gem. § 54 EnergieStG. Sie beantragte – abzüglich des Selbstbehalts nach § 54 Abs. 3 EnergieStG – eine Steuerentlastung in Höhe von 10.518,51 EUR für insgesamt 7.799,411 MWh Erdgas und 347 Liter leichtes Heizöl. Die Klägerin ermittelte die entlastungsfähigen Mengen, indem sie in tatsächlicher Hinsicht die in den Anlagen BHKW A, Heizzentrale B und Heizzentrale C eingesetzten Erdgasmengen von 68,802 MWh, 65,805 MWh und 2.598,136 MWh in vollem Umfang dem Ausgleich von Wärmeverlusten im Netz „Innenstadt“ zuordnete. In der gleichen Weise verfuhr sie bei den in den Anlagen BHKW D und E eingesetzten Mengen von 4.408,466 MWh und 272,990 MWh (eingespeist in das Netz „Ganzäcker“). Von den in den BKHW F und G eingesetzten 1.664,526 MWh Erdgas sollen 180,545 MWh auf Wärmeverluste im Netz „Hirschheim“ entfallen sein. In rechtlicher Hinsicht ging die Klägerin davon aus, dass es sich bei dem Ausgleich von Wärmeverlusten im Netz um eine Nutzung der Wärme zu ihren eigenen betrieblichen Zwecken handelte. Neben dem Ausgleich dieser Netzverluste ermittelte die Klägerin einen Eigenverbrauch in Höhe von – unstreitig – 204,666 MWh. Eine Entlastung für die Nutzung von Wärme durch andere Unternehmen des Produzierenden Gewerbes machte sie nicht geltend, auch wurden keine entsprechenden Selbsterklärungen solcher Kunden der Klägerin vorgelegt.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 gewährte das beklagte Hauptzollamt (HZA) eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG für das Kalenderjahr 2014 nach Abzug des Selbstbehalts (§ 54 Abs. 3 EnergieStG) in Höhe von 32,44 EUR. Abweichend vom Entlastungsantrag ging das HZA dabei davon aus, dass die Klägerin lediglich die in ihren Aufstellungen als Eigenverbrauch ausgewiesene Menge von 204,666 MWh Erdgas zur Erzeugung von Wärme eingesetzt habe, die sie als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG selbst genutzt habe.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 1. Februar 2016 Einspruch ein. Nachdem das Einspruchsverfahren zunächst im Hinblick auf ein beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig gewesenes Verfahren (VII R 6/16) geruht hatte, nahm das HZA am 16. Februar 2017 das ruhende Einspruchsverfahren wieder auf und half durch Änderungsbescheid vom 26. Juli 2017 dem Einspruch teilweise ab, indem es den Steuerentlastungsbetrag nunmehr in Höhe von 2.321,76 EUR festsetzte. Das HZA berücksichtigte hierbei neben dem von der Klägerin ausgewiesenen Eigenverbrauch (204,666 MWh Erdgas) nunmehr – getrennt für jedes Fernwärmenetz – auch Wärmeverluste im Verhältnis der von den Anlagen der Klägerin abgegebenen zur insgesamt in das jeweilige Netz eingespeisten Wärmeenergie und entlastete so insgesamt 1.862,720 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtes Heizöl von der Energiesteuer. Im Übrigen wies es den Einspruch mit Entscheidung vom 6. April 2018 als unbegründet zurück.
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Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit der die Klägerin weiterhin eine Energiesteuerentlastung gem. § 54 EnergieStG in der mit Antrag vom 11. Dezember 2015 geltend gemachten Höhe (10.518,51 EUR für insgesamt 7.799,411 MWh Erdgas und 347 Liter Heizöl) beansprucht. Sie ist der Ansicht, ihr stehe auch für diejenige Erdgasmenge ein Entlastungsanspruch zu, die von ihr zusätzlich zum Ausgleich von Wärmeverlusten in den von ihr betriebenen örtlichen Fernwärmenetzen verheizt worden sei, und verweist insoweit auf das Urteil des BFH vom 8. November 2016 (VII R 6/16, BFH/NV 2017, 304). Sie habe frei entscheiden dürfen, ob sie die Kesselwärme zum Ausgleich der Wärmenetzverluste des jeweiligen Netzes nutze. Denn aufgrund der besonderen Umstände, die mit der Einspeisung in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz verbunden seien, habe sie – wie geschehen – die erzeugte Wärme dem zum Ausgleich der Wärmeverluste erforderlichen Bedarf bilanziell zuordnen dürfen. Dies entspreche dem in § 54 EnergieStG niedergelegten Willen des Gesetzgebers, wonach die beim leitungsgebundenen Energietransport zwangsläufig auftretenden Netzverluste den Netzbetreiber nicht belasten sollten. Dies folge bereits aus der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform (BT-Drucks. 14/40, S. 11). Die dort zum Strombereich getroffene Regelung sei uneingeschränkt auf den Energietransport in Fernwärmenetzen übertragbar.
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Im Fall der Wärmeeinspeisung aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz lägen besondere Umstände vor, die es physikalisch betrachtet unmöglich machten, die Herkunft der eingespeisten Wärme zu ermitteln. Den Nachweisschwierigkeiten sei durch eine bilanzielle Zuordnung Rechnung zu tragen, da der beschriebene Wille des Gesetzgebers anders nicht zur Geltung komme. Die durch sie – die Klägerin – vorgenommene bilanzielle Zuordnung der Wärmenetzverluste zu der Kesselwärme stelle daher einen sachgerechten Umgang mit den beschriebenen physikalischen Umständen dar. Das Bundesfinanzministerium (BMF) habe diese vereinfachende Zuordnungsmöglichkeit in seinem Erlass vom 19. Oktober 2011 (GZ: III B 6 - V 8105/11/10001:004) aufgegriffen.
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Im Stromsteuerrecht sei der Grundsatz der bilanziellen („freien“) Zuordnung ebenfalls anerkannt. Im Kontext der Steuerbefreiung nach 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG enthalte der BMF-Erlass vom 18. Oktober 2004 (GZ: III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484) folgende vereinfachende Regelung: „Die steuerfreien Mengen sind unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls den Entnahmestellen und damit im Ergebnis bestimmten Steuersätzen zuzuordnen. Werden aus einem Versorgungsnetz im räumlichen Zusammenhang sowohl nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steuerfreie als auch andere Strommengen entnommen, kann der Versorger aus Vereinfachungsgründen die steuerfreien Mengen innerhalb eines Veranlagungszeitraums nach eigener Wahl den Entnahmestellen bzw. Steuersätzen zuordnen.“ Die Regelung sei jüngst durch den BMF-Erlass vom 6. März 2018 (GZ: III B 3 - 8105/15/10001: 004, DOK 2018/0170984, E-VSF-N 10 2018 Nr. 47) explizit bestätigt worden. Der Transport von elektrischem Strom durch ein Leitungsnetz führe zu vergleichbaren Nachweisschwierigkeiten im Hinblick auf die Herkunft des Stroms. Daher sei nicht ersichtlich, warum im Wärmebereich die bereits existente Zuordnungsregelung (in Gestalt des BMF-Erlasses vom 19. Oktober 2011) nicht ebenso uneingeschränkt gelten solle. Eine unterschiedliche Behandlung des leitungsgebundenen Transports von Strom und Wärme erscheine jedenfalls aufgrund der vergleichbaren tatsächlichen Gegebenheiten nicht sachgerecht.
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Schließlich beinhalte bereits der Nutzungsbegriff in § 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG eine vertragliche/bilanzielle Komponente. Da es um die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens gehe, müsse diesem auch die Entscheidung überlassen bleiben, wie es diese Geschäftstätigkeit durchführe. Wenn es entscheide, seine Verluste mit Kesselwärme auszugleichen, müsse dies im Rahmen der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit anerkannt werden. Dieser (unternehmerische) Aspekt des gesetzlichen Begriffs „Nutzen“ ergebe sich u.a. aus dem BFH-Urteil vom 24. September 2014 (VII R 39/13).
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Die Klägerin beantragt,
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das Hauptzollamt zu verpflichten, unter Änderung des Bescheids vom 26. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. April 2018 ihr für das Kalenderjahr 2014 eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG in Höhe von insgesamt 10.518,51 EUR zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das HZA verweist zur Begründung auf seine Schreiben im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Ergänzend führt es aus, dass sich die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BFH vom 8. November 2016 (VII R 6/16, BFH/NV 2017, 304) mit der Frage beschäftige, ob Netzverluste nach § 54 Abs. 1 EnergieStG entlastet werden dürften bzw. wer als tatsächlicher Nutzer von Verlusten anzusehen sei. Das Urteil sei auf den vorliegenden Sachverhalt lediglich insoweit anwendbar, als sich aus diesem ableiten lasse, dass die Klägerin grundsätzlich als Nutzerin von Verlustmengen gelte. Diese Frage sei jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidend. Fraglich sei vielmehr, ob die in den drei Fernwärmenetzen entstandenen Verluste nur aus der mit den Kesselanlagen der Klägerin erzeugten Wärme getragen worden seien. Physikalisch sei dies unmöglich, da Verluste bei jeder Wärmequelle entstünden. Im Gegensatz zu dem hier streitigen Sachverhalt sei die Einspeisung in dem vom BFH entschiedenen Fall ausschließlich durch Kesselanlagen der dortigen Klägerin erfolgt, wodurch der gesamte Verlust diesen Kesselanlagen habe zugeordnet werden können und eine proportionale Aufteilung nicht erforderlich gewesen sei.
19 
Im vorliegenden Fall speisten allerdings nicht ausschließlich die Kesselanlagen der Klägerin Wärme in die Fernwärmenetze ein, sodass die Wärmemengen dieser auch nicht vollumfänglich zugerechnet werden könnten. Dass die Kesselanlagen der Klägerin entgegen ihrer Auffassung nicht überwiegend zur Deckung der Verluste dienen könnten, werde schon am Beispiel des Netzes „Innenstadt“ deutlich. So betrage die Wärmeabgabe der Kesselanlagen BHKW A, Heizzentrale B und Heizzentrale C ins Netz zusammen insgesamt 1.726,741 MWh. Dem stehe ein Wärmeverlust dieses Fernwärmenetzes von 20.722,138 MWh gegenüber, der damit wesentlich über der von den Kesselanlagen eingespeisten Menge liege. Daraus folge, dass die Verluste bereits rein physikalisch auch auf die Anlagen anderer Erzeuger von Wärme zurückgeführt werden müssten. Beim Netz „Hirschheim“ diene der Einsatz der Energieerzeugnisse in den Kesselanlagen nicht überwiegend zur Deckung der Wärmeverluste. Es seien 1.396,358 MWh durch Kesselanlagen erzeugte Wärme eingespeist worden und der Verlust dieses Netzes habe bei nur 151‚458 MWh gelegen.
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Soweit die Klägerin die im Abschnitt I. Nr. 5 des BMF-Erlasses vom 19. Oktober 2011 (GZ: III B 6 - V 8105/11/10001:004) geregelte freie Mengenzuordnung in gemeinsamen Rohrleitungsnetzen auch für Wärmeverluste für anwendbar halte, verkenne sie die Intention des Erlasses. Danach sollten mit verschiedenen Anlagen erzeugte Wärmemengen und die dazu eingesetzten Energieerzeugnisse den verschiedenen Abnahmestellen der Wärme frei zugeordnet werden können. Verlustmengen seien vom Erlass jedoch nicht umfasst, da sie aufgrund der Netzgegebenheiten (z.B. Isolierung des Netzes) beim Transport verloren gingen und somit an keine Abnahmestelle gelangten.
21 
Gehe man beispielsweise davon aus, dass ein Fernwärmenetz vorliege, in das Wärme aus Kesselanlagen eines Netzbetreibers (Unternehmen des Produzierenden Gewerbes) sowie fremdbezogene Wärme eines Unternehmens X (ebenfalls ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes) eingespeist werde, ergebe sich denklogisch und physikalisch eine Verlustmenge, welche auf beide Quellen, d.h. sowohl Netzbetreiber als auch Unternehmen X zurückzuführen sei. Würde man entgegen dieser physikalischen Logik die gesamte Verlustmenge abstrakt den Kesselanlagen des Netzbetreibers zuordnen, würde diesem eine Steuerentlastung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG gewährt, obwohl es sich bei der Verlustwärme zum Teil um Wärme handele, für deren Erzeugung er selbst keine Energieerzeugnisse eingesetzt habe, sondern das Unternehmen X. Da der Netzbetreiber nach § 54 EnergieStG nur für seine selbst eingesetzten Energieerzeugnisse entlastungsberechtigt sei und nicht für diejenigen, die dem Unternehmen X zuzurechnen seien, wäre eine Steuerentlastung, die die Verlustmengen beider Unternehmen des Produzierenden Gewerbes beinhaltete, rechtswidrig. Für die vom Unternehmen X eingesetzten Energieerzeugnisse, die für den anderen Teil der verlustig gegangenen Wärme eingesetzt worden seien, wäre das Unternehmen X entlastungsberechtigt im Sinne des § 54 EnergieStG.
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Folgte man hingegen der Argumentation der Klägerin, könnte der eigentliche Entlastungsberechtigte, im Beispielsfall das Unternehmen X, ebenfalls einen Antrag für die ihm zustehende Entlastung stellen, wodurch es im Ergebnis zu einer unzulässigen Doppelentlastung käme.
23 
Auch der Wille des Gesetzgebers, auf den die Klägerin in ihrem Schreiben mehrfach abstelle, werde berücksichtigt. Der Netzbetreiber werde durch die beim leitungsgebundenen Energietransport unumgänglichen Netzverluste nicht belastet, da er für diese eine Steuerentlastung in Höhe der tatsächlich entstandenen Belastung erhalte. Die proportionale Zuordnung zur produzierten Wärme gewährleiste, dass dies jeweils für alle Anlagenbetreiber gelte.
24 
Da mithin eine bilanzielle Zuordnung der Verlustmengen nicht möglich sei, komme es auf die von der Klägerin gezogene Analogie zum Stromsteuerrecht nicht mehr an.
25 
Das von der Klägerin zur Auslegung des Begriffs „Nutzen“ herangezogene BFH-Urteil vom 24. September 2014 schließlich sei auf den vorliegenden Sacherhalt nicht anwendbar. In dem vom BFH entschiedenen Fall sei es lediglich um die Frage gegangen, wer im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG der Nutzer von in Straßenbeleuchtungsanlagen erzeugtem Licht sei.
26 
Am 19. Mai 2020 wurde die Sache mündlich verhandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Die Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 26. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das beklagte HZA hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 über den Betrag von 2.321,76 EUR hinaus eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG zu gewähren.
28 
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag u.a. für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 5 versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG zu betrieblichen Zwecken verheizt worden sind. Eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse, die – wie hier – zur Erzeugung von Wärme verwendet worden sind, wird jedoch nur gewährt, soweit die erzeugte Wärme nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden ist (§ 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG).
29 
1. Die Klägerin ist im Bereich des Bezugs, der Erzeugung, der Fortleitung und des Verkaufs von Strom, Gas, Wasser und Wärme, dem Erwerb und dem Betrieb der entsprechenden Anlagen sowie der Bereitstellung von Energiedienstleistungen für Dritte wirtschaftlich tätig. Die Tätigkeiten sind dem Abschnitt E der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) zuzuordnen, sodass es sich bei der Klägerin, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG handelt. Sie gehört damit zu dem in § 54 Abs. 1 EnergieStG festgelegten Begünstigtenkreis.
30 
2. Soweit die Klägerin für das Jahr 2014 für insgesamt 347 Liter Gasöle (also leichtes Heizöl gem. § 1 Satz 1 Nr. 6 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung - EnergieStV) und 7.799,411 MWh Erdgas eine Steuerentlastung beantragt hat, handelt es sich darüber hinaus – ebenfalls unstreitig – um nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse
31 
3. Allerdings steht der Klägerin eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG lediglich für insgesamt 1.862,722 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtes Heizöl zu. Nur in diesem Umfang hat sie die genannten Energieerzeugnisse nämlich zur Erzeugung von Wärme eingesetzt, die nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt wurde (§ 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG).
32 
a) Dies gilt zum einen für die von der Klägerin selbst genutzte Wärme. Für diesen Eigenverbrauch hat sie – unstreitig – 204,666 MWh versteuertes Erdgas eingesetzt.
33 
b) Darüber hinaus steht der Klägerin auch insoweit ein Entlastungsanspruch zu, als von ihr zum Ausgleich von Wärmeverlusten in den von ihr betriebenen örtlichen Fernwärmenetzen Erdgas und leichtes Heizöl verheizt wurde. Dies war allerdings nur hinsichtlich der vom HZA ermittelten Menge von 1.658,056 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtem Heizöl anzunehmen.
34 
aa)In die von der Klägerin betriebenen Fernwärmenetze wurde nicht nur die von der Klägerin erzeugte – hier allein streitige – Kesselwärme eingespeist, sondern auch die von ihr im KWK-Prozess gewonnene Wärme (die bereits nach anderen Vorschriften entlastet wurde) und in den Netzen „Innenstadt“ und „Ganzäcker“ in erheblichem Umfang auch Wärme, die sie von anderen Anlagenbetreibern bezogen hat. Im Fall der Wärmeeinspeisung aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz ist es aufgrund der im Netz stattfindenden Vermengung physikalisch unmöglich, die Herkunft der transportierten Wärme zu ermitteln. Entsprechend unmöglich ist es in solchen Fällen auch, die im Netz auftretenden Übertragungsverluste auf (nur) eine bestimmte Wärmequelle zurückzuführen. Mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass die von den verschiedenen Anlagen eingespeisten Wärmemengen grundsätzlich in gleicher Weise diesen Übertragungsverlusten unterliegen. Einen Nachweis dafür, dass die Netzverluste abweichend hiervon überproportional von den Heizkesseln der Klägerin ausgeglichen worden wären, ist die Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, schuldig geblieben.
35 
Die in den Netzen „Innenstadt“, „Ganzäcker“ und „Hirschheim“ entstandenen Verluste sind deshalb – getrennt für jedes Fernwärmenetz – den jeweils angeschlossenen Anlagen im Verhältnis der von diesen eingespeisten Wärmeenergie zuzuordnen und eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG ist der Klägerin nur insoweit zu gewähren, als sie Erdgas oder leichtes Heizöl gerade für den Ausgleich der auf die Heizkessel der Anlagen BHKW A, Heizzentrale B, Heizzentrale C, BHKW F, BKHW G, BHKW D sowie BHKW E entfallenden Verlustmengen eingesetzt hat. Nur eine solche Vorgehensweise trägt nach Ansicht des Senats dem Umstand hinreichend Rechnung, dass die in den Heizkesselanlagen der Klägerin verheizten Energieerzeugnisse physikalisch betrachtet nicht ausschließlich dem Ausgleich von Übertragungsverlusten gedient haben können, diese Verluste vielmehr auch von BHKW-Anlagen der Klägerin oder – vor allem im Netz „Innenstadt“ – auch von anderen Anlagenbetreibern getragen wurden. Würde man dagegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgend die in ihren Kesselanlagen verheizten Energieerzeugnisse bilanziell in vollem Umfang dem Ausgleich von Netzverlusten zuordnen, bestünde die Gefahr, dass zum Ausgleich dieser Übertragungsverluste verheizte Energieerzeugnisse – soweit sie den auf die Klägerin entfallenden Anteil übersteigen – mehrfach von der Energiesteuer entlastet werden. Denn für die von anderen Anlagenbetreibern zum Ausgleich von Netzverlusten eingesetzten Energieerzeugnisse wären diese nach § 54 EnergieStG oder anderen Entlastungsvorschriften (ebenfalls) entlastungsberechtigt. Der Einwand der Klägerin, diese Gefahr bestehe deshalb nicht, weil andere Anlagenbetreiber für einen entsprechenden Entlastungsantrag eine Bestätigung des Netzbetreibers über die auf ihre Einspeisung entfallenden Verluste benötigten, die vom Netzbetreiber aus wirtschaftlichen Gründen ggf. verweigert werde, mag – abhängig unter anderem von den zwischen den Beteiligten bestehenden vertraglichen Regelungen – faktisch zutreffen oder nicht. Energiesteuerrechtlich aber steht die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG dem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu, das die Energieerzeugnisse selbst zu betrieblichen Zwecken verheizt oder in begünstigten Anlagen nach § 3 EnergieStG verwendet hat. Dies waren vorliegend, soweit Energieerzeugnisse zum Ausgleich von solchen Netzverlusten verheizt wurden, die den auf die Klägerin entfallenden Anteil überstiegen, die anderen Anlagenbetreiber und nicht die Klägerin.
36 
Das HZA hat die Menge an Energieerzeugnissen, die die Klägerin in den Heizkesseln ihrer Anlagen BHKW A, Heizzentrale B, Heizzentrale C, BHKW F, BKHW G sowie BHKW D und E zum Ausgleich der auf diese Anlagen entfallenden Übertragungsverluste verheizt hat, mit 1.658,056 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtem Heizöl zutreffend ermittelt. Dass dem HZA dabei Rechenfehler unterlaufen wären, behauptet auch die Klägerin nicht.
37 
bb) Soweit die Klägerin jedoch meint, es stehe ihr frei, über die so ermittelten entlastungsfähigen Mengen hinaus im Wege einer bilanziellen Zuordnung weitere Wärmenetzverluste der in ihren Anlagen erzeugten Kesselwärme zuzuordnen, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere vermag das Urteil des BFH vom 8. November 2016 (VII R 6/16, BFH/NV 2017, 304) ihre Rechtsauffassung nicht zu stützen. Aus dieser Entscheidung ergibt sich lediglich, dass – was auch vom Beklagten nicht (mehr) bezweifelt wird – einem Energieversorgungsunternehmen nach § 54 Abs. 1 EnergieStG grundsätzlich auch für diejenigen Energieerzeugnisse ein Entlastungsanspruch zusteht, die von ihm zusätzlich zum Ausgleich von Wärmeverlusten in dem von ihm betriebenen örtlichen Fernwärmenetz verheizt und als Eigenverbrauch geltend gemacht werden. Im Gegensatz zum vorliegenden Streitfall erfolgte die Einspeisung von Wärme in dem vom BFH entschiedenen Fall ausschließlich durch Kesselanlagen der dortigen Klägerin, die zugleich Netzbetreiberin war. Dadurch konnte der Übertragungsverlust insgesamt den Kesselanlagen der dortigen Klägerin zugeordnet werden. Die vorliegend streitentscheidende Frage, ob bei mehreren Anlagen(-betreibern) eine proportionale Aufteilung der Verlustmengen erfolgen muss, hatte sich dem BFH nicht gestellt und wurde von ihm auch nicht entschieden.
38 
Die von der Klägerin beanspruchte bilanzielle Zuordnung der Wärmenetzverluste lässt sich auch nicht dem BMF-Erlass vom 19. Oktober 2011 (GZ: III B 6 - V 8105/11/10001:004) entnehmen. Die dort unter Punkt I.5. enthaltene Regelung betrifft die Zuordnung von in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz eingespeisten Wärmemengen zu verschiedenen Entnahmestellen oder Abnehmern der Wärme, nicht aber die Zuordnung der im Netz entstandenen Übertragungsverluste. Wärmeenergie, die auf ihrem Weg durch das Rohrleitungsnetz verloren geht, erreicht gerade keine Entnahmestelle. Die Sachverhalte können – wie aus den Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 8. November 2016 (dort Rn. 12 letzter Satz) zu schließen ist – auch nicht gleichgesetzt werden.
39 
Soweit die Klägerin schließlich unter Hinweis auf den zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG ergangenen BMF-Erlass vom 18. Oktober 2004 (GZ: III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484) geltend macht, im Stromsteuerrecht sei der Grundsatz der bilanziellen („freien“) Zuordnung ebenfalls anerkannt und eine unterschiedliche Behandlung des leitungsgebundenen Transports von Strom und Wärme erscheine aufgrund der vergleichbaren tatsächlichen Gegebenheiten nicht sachgerecht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Stromsteuer entsteht nach § 5 Abs. 1 StromStG dadurch, dass vom Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird. Maßgebliche Bemessungsgrundlage ist demnach nicht die erzeugte, sondern die durch Letztverbraucher aus dem Versorgungsnetz entnommene Strommenge, weshalb Strom, der im Versorgungsnetz aufgrund von Übertragungsverlusten verloren geht, nicht der Besteuerung unterliegt, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Steuerbefreiungsvorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG bedürfte. Demgegenüber war im vorliegenden Fall die Energiesteuer bereits entstanden, bevor die Klägerin die von ihr erzeugte Wärme in ihr Versorgungsnetz eingespeist hat. Die von ihr (anteilig) für den Ausgleich von Übertragungsverlusten eingesetzten Energieerzeugnisse sind (erst) im Rahmen des Entlastungsverfahrens von der Energiesteuer zu entlasten. Insofern sind die beiden Rechtsmaterien – anders als die Klägerin meint – nur eingeschränkt vergleichbar. Abgesehen davon ergibt sich aus den von der Klägerin angeführten Regelungen des Stromsteuerrechts zwar die Möglichkeit einer freien Zuordnung von nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steuerfreien Mengen zu einzelnen Entnahmestellen bzw. Steuersätzen (vgl. BMF-Erlass vom 18. Oktober 2004, III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484 unter Abs. 25). Nicht geregelt ist dort dagegen die im vorliegenden Fall streitentscheidende Zuordnung von Übertragungsverlusten, wofür im Bereich des Stromsteuerrechts im Übrigen aus o.g. Gründen auch kein Bedürfnis besteht. Auch dem von der Klägerin angeführten BFH-Urteil vom 24. September 2014 (VII R 39/13), das zu § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG und nicht zu § 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG ergangen ist, lässt sich die Möglichkeit einer bilanziellen Zuordnung von Netzverlusten nicht entnehmen. Die Entscheidung hat im Wesentlichen die Frage zum Gegenstand, wer im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG der Nutzer von in Straßenbeleuchtungsanlagen erzeugtem Licht ist, zur Aufteilung von Übertragungsverlusten trifft auch sie keine Aussage.
40 
Die Klage war damit abzuweisen.
41 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO.
42 
2. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zugelassen. Der Rechtsstreit bietet dem BFH Gelegenheit, zu der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage Stellung zu nehmen, ob und ggf. in welcher Weise in einem Fernwärmenetz entstehende Übertragungsverluste für Zwecke der Energiesteuerentlastung nach § 54 EnergieStG aufzuteilen sind, wenn mehrere Anlagenbetreiber thermische Energie in dieses Fernwärmenetz einspeisen.

Gründe

 
27 
Die Klage ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 26. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das beklagte HZA hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für das Kalenderjahr 2014 über den Betrag von 2.321,76 EUR hinaus eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG zu gewähren.
28 
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag u.a. für nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 3 bis 5 versteuerte Energieerzeugnisse gewährt, die von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG zu betrieblichen Zwecken verheizt worden sind. Eine Steuerentlastung für Energieerzeugnisse, die – wie hier – zur Erzeugung von Wärme verwendet worden sind, wird jedoch nur gewährt, soweit die erzeugte Wärme nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt worden ist (§ 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG).
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1. Die Klägerin ist im Bereich des Bezugs, der Erzeugung, der Fortleitung und des Verkaufs von Strom, Gas, Wasser und Wärme, dem Erwerb und dem Betrieb der entsprechenden Anlagen sowie der Bereitstellung von Energiedienstleistungen für Dritte wirtschaftlich tätig. Die Tätigkeiten sind dem Abschnitt E der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) zuzuordnen, sodass es sich bei der Klägerin, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 2 Nr. 3 StromStG handelt. Sie gehört damit zu dem in § 54 Abs. 1 EnergieStG festgelegten Begünstigtenkreis.
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2. Soweit die Klägerin für das Jahr 2014 für insgesamt 347 Liter Gasöle (also leichtes Heizöl gem. § 1 Satz 1 Nr. 6 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung - EnergieStV) und 7.799,411 MWh Erdgas eine Steuerentlastung beantragt hat, handelt es sich darüber hinaus – ebenfalls unstreitig – um nachweislich nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse
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3. Allerdings steht der Klägerin eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG lediglich für insgesamt 1.862,722 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtes Heizöl zu. Nur in diesem Umfang hat sie die genannten Energieerzeugnisse nämlich zur Erzeugung von Wärme eingesetzt, die nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder ein Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft genutzt wurde (§ 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG).
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a) Dies gilt zum einen für die von der Klägerin selbst genutzte Wärme. Für diesen Eigenverbrauch hat sie – unstreitig – 204,666 MWh versteuertes Erdgas eingesetzt.
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b) Darüber hinaus steht der Klägerin auch insoweit ein Entlastungsanspruch zu, als von ihr zum Ausgleich von Wärmeverlusten in den von ihr betriebenen örtlichen Fernwärmenetzen Erdgas und leichtes Heizöl verheizt wurde. Dies war allerdings nur hinsichtlich der vom HZA ermittelten Menge von 1.658,056 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtem Heizöl anzunehmen.
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aa)In die von der Klägerin betriebenen Fernwärmenetze wurde nicht nur die von der Klägerin erzeugte – hier allein streitige – Kesselwärme eingespeist, sondern auch die von ihr im KWK-Prozess gewonnene Wärme (die bereits nach anderen Vorschriften entlastet wurde) und in den Netzen „Innenstadt“ und „Ganzäcker“ in erheblichem Umfang auch Wärme, die sie von anderen Anlagenbetreibern bezogen hat. Im Fall der Wärmeeinspeisung aus verschiedenen Anlagen in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz ist es aufgrund der im Netz stattfindenden Vermengung physikalisch unmöglich, die Herkunft der transportierten Wärme zu ermitteln. Entsprechend unmöglich ist es in solchen Fällen auch, die im Netz auftretenden Übertragungsverluste auf (nur) eine bestimmte Wärmequelle zurückzuführen. Mangels konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte ist daher davon auszugehen, dass die von den verschiedenen Anlagen eingespeisten Wärmemengen grundsätzlich in gleicher Weise diesen Übertragungsverlusten unterliegen. Einen Nachweis dafür, dass die Netzverluste abweichend hiervon überproportional von den Heizkesseln der Klägerin ausgeglichen worden wären, ist die Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, schuldig geblieben.
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Die in den Netzen „Innenstadt“, „Ganzäcker“ und „Hirschheim“ entstandenen Verluste sind deshalb – getrennt für jedes Fernwärmenetz – den jeweils angeschlossenen Anlagen im Verhältnis der von diesen eingespeisten Wärmeenergie zuzuordnen und eine Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG ist der Klägerin nur insoweit zu gewähren, als sie Erdgas oder leichtes Heizöl gerade für den Ausgleich der auf die Heizkessel der Anlagen BHKW A, Heizzentrale B, Heizzentrale C, BHKW F, BKHW G, BHKW D sowie BHKW E entfallenden Verlustmengen eingesetzt hat. Nur eine solche Vorgehensweise trägt nach Ansicht des Senats dem Umstand hinreichend Rechnung, dass die in den Heizkesselanlagen der Klägerin verheizten Energieerzeugnisse physikalisch betrachtet nicht ausschließlich dem Ausgleich von Übertragungsverlusten gedient haben können, diese Verluste vielmehr auch von BHKW-Anlagen der Klägerin oder – vor allem im Netz „Innenstadt“ – auch von anderen Anlagenbetreibern getragen wurden. Würde man dagegen der Rechtsauffassung der Klägerin folgend die in ihren Kesselanlagen verheizten Energieerzeugnisse bilanziell in vollem Umfang dem Ausgleich von Netzverlusten zuordnen, bestünde die Gefahr, dass zum Ausgleich dieser Übertragungsverluste verheizte Energieerzeugnisse – soweit sie den auf die Klägerin entfallenden Anteil übersteigen – mehrfach von der Energiesteuer entlastet werden. Denn für die von anderen Anlagenbetreibern zum Ausgleich von Netzverlusten eingesetzten Energieerzeugnisse wären diese nach § 54 EnergieStG oder anderen Entlastungsvorschriften (ebenfalls) entlastungsberechtigt. Der Einwand der Klägerin, diese Gefahr bestehe deshalb nicht, weil andere Anlagenbetreiber für einen entsprechenden Entlastungsantrag eine Bestätigung des Netzbetreibers über die auf ihre Einspeisung entfallenden Verluste benötigten, die vom Netzbetreiber aus wirtschaftlichen Gründen ggf. verweigert werde, mag – abhängig unter anderem von den zwischen den Beteiligten bestehenden vertraglichen Regelungen – faktisch zutreffen oder nicht. Energiesteuerrechtlich aber steht die Steuerentlastung nach § 54 EnergieStG dem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes zu, das die Energieerzeugnisse selbst zu betrieblichen Zwecken verheizt oder in begünstigten Anlagen nach § 3 EnergieStG verwendet hat. Dies waren vorliegend, soweit Energieerzeugnisse zum Ausgleich von solchen Netzverlusten verheizt wurden, die den auf die Klägerin entfallenden Anteil überstiegen, die anderen Anlagenbetreiber und nicht die Klägerin.
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Das HZA hat die Menge an Energieerzeugnissen, die die Klägerin in den Heizkesseln ihrer Anlagen BHKW A, Heizzentrale B, Heizzentrale C, BHKW F, BKHW G sowie BHKW D und E zum Ausgleich der auf diese Anlagen entfallenden Übertragungsverluste verheizt hat, mit 1.658,056 MWh Erdgas und 78,67 Liter leichtem Heizöl zutreffend ermittelt. Dass dem HZA dabei Rechenfehler unterlaufen wären, behauptet auch die Klägerin nicht.
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bb) Soweit die Klägerin jedoch meint, es stehe ihr frei, über die so ermittelten entlastungsfähigen Mengen hinaus im Wege einer bilanziellen Zuordnung weitere Wärmenetzverluste der in ihren Anlagen erzeugten Kesselwärme zuzuordnen, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere vermag das Urteil des BFH vom 8. November 2016 (VII R 6/16, BFH/NV 2017, 304) ihre Rechtsauffassung nicht zu stützen. Aus dieser Entscheidung ergibt sich lediglich, dass – was auch vom Beklagten nicht (mehr) bezweifelt wird – einem Energieversorgungsunternehmen nach § 54 Abs. 1 EnergieStG grundsätzlich auch für diejenigen Energieerzeugnisse ein Entlastungsanspruch zusteht, die von ihm zusätzlich zum Ausgleich von Wärmeverlusten in dem von ihm betriebenen örtlichen Fernwärmenetz verheizt und als Eigenverbrauch geltend gemacht werden. Im Gegensatz zum vorliegenden Streitfall erfolgte die Einspeisung von Wärme in dem vom BFH entschiedenen Fall ausschließlich durch Kesselanlagen der dortigen Klägerin, die zugleich Netzbetreiberin war. Dadurch konnte der Übertragungsverlust insgesamt den Kesselanlagen der dortigen Klägerin zugeordnet werden. Die vorliegend streitentscheidende Frage, ob bei mehreren Anlagen(-betreibern) eine proportionale Aufteilung der Verlustmengen erfolgen muss, hatte sich dem BFH nicht gestellt und wurde von ihm auch nicht entschieden.
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Die von der Klägerin beanspruchte bilanzielle Zuordnung der Wärmenetzverluste lässt sich auch nicht dem BMF-Erlass vom 19. Oktober 2011 (GZ: III B 6 - V 8105/11/10001:004) entnehmen. Die dort unter Punkt I.5. enthaltene Regelung betrifft die Zuordnung von in ein gemeinsames Rohrleitungsnetz eingespeisten Wärmemengen zu verschiedenen Entnahmestellen oder Abnehmern der Wärme, nicht aber die Zuordnung der im Netz entstandenen Übertragungsverluste. Wärmeenergie, die auf ihrem Weg durch das Rohrleitungsnetz verloren geht, erreicht gerade keine Entnahmestelle. Die Sachverhalte können – wie aus den Ausführungen des BFH in seinem Urteil vom 8. November 2016 (dort Rn. 12 letzter Satz) zu schließen ist – auch nicht gleichgesetzt werden.
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Soweit die Klägerin schließlich unter Hinweis auf den zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG ergangenen BMF-Erlass vom 18. Oktober 2004 (GZ: III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484) geltend macht, im Stromsteuerrecht sei der Grundsatz der bilanziellen („freien“) Zuordnung ebenfalls anerkannt und eine unterschiedliche Behandlung des leitungsgebundenen Transports von Strom und Wärme erscheine aufgrund der vergleichbaren tatsächlichen Gegebenheiten nicht sachgerecht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Stromsteuer entsteht nach § 5 Abs. 1 StromStG dadurch, dass vom Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird. Maßgebliche Bemessungsgrundlage ist demnach nicht die erzeugte, sondern die durch Letztverbraucher aus dem Versorgungsnetz entnommene Strommenge, weshalb Strom, der im Versorgungsnetz aufgrund von Übertragungsverlusten verloren geht, nicht der Besteuerung unterliegt, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Steuerbefreiungsvorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG bedürfte. Demgegenüber war im vorliegenden Fall die Energiesteuer bereits entstanden, bevor die Klägerin die von ihr erzeugte Wärme in ihr Versorgungsnetz eingespeist hat. Die von ihr (anteilig) für den Ausgleich von Übertragungsverlusten eingesetzten Energieerzeugnisse sind (erst) im Rahmen des Entlastungsverfahrens von der Energiesteuer zu entlasten. Insofern sind die beiden Rechtsmaterien – anders als die Klägerin meint – nur eingeschränkt vergleichbar. Abgesehen davon ergibt sich aus den von der Klägerin angeführten Regelungen des Stromsteuerrechts zwar die Möglichkeit einer freien Zuordnung von nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG steuerfreien Mengen zu einzelnen Entnahmestellen bzw. Steuersätzen (vgl. BMF-Erlass vom 18. Oktober 2004, III A 1 - V 4250 - 9/04, VSF-N 78 2004 Nr. 484 unter Abs. 25). Nicht geregelt ist dort dagegen die im vorliegenden Fall streitentscheidende Zuordnung von Übertragungsverlusten, wofür im Bereich des Stromsteuerrechts im Übrigen aus o.g. Gründen auch kein Bedürfnis besteht. Auch dem von der Klägerin angeführten BFH-Urteil vom 24. September 2014 (VII R 39/13), das zu § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG und nicht zu § 54 Abs. 1 Satz 2 EnergieStG ergangen ist, lässt sich die Möglichkeit einer bilanziellen Zuordnung von Netzverlusten nicht entnehmen. Die Entscheidung hat im Wesentlichen die Frage zum Gegenstand, wer im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 StromStG der Nutzer von in Straßenbeleuchtungsanlagen erzeugtem Licht ist, zur Aufteilung von Übertragungsverlusten trifft auch sie keine Aussage.
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Die Klage war damit abzuweisen.
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1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO.
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2. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zugelassen. Der Rechtsstreit bietet dem BFH Gelegenheit, zu der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage Stellung zu nehmen, ob und ggf. in welcher Weise in einem Fernwärmenetz entstehende Übertragungsverluste für Zwecke der Energiesteuerentlastung nach § 54 EnergieStG aufzuteilen sind, wenn mehrere Anlagenbetreiber thermische Energie in dieses Fernwärmenetz einspeisen.

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