Beschluss vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 5 V 1868/19

Tenor

1. Die Vollziehung des Bescheids für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 17.12.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019 wird ausgesetzt.

2. Die Kosten trägt der Antragsgegner.

Gründe

 
Die Beteiligten streiten über die Zurechnung von gewerblichen Einkünften einer Kommanditgesellschaft beim Antragsteller.
Gegenstand des Verfahrens zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist die X Ltd. & Co. KG (im folgenden X KG). Diese wurde im Jahr 2005 von Herrn A.B. in seiner Eigenschaft als Direktor der X Ltd., Y (England) zusammen mit seiner damaligen Ehefrau C.B. als Vorratsgesellschaft gegründet. Die X Ltd. trat als Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung in die Gesellschaft ein. Frau C.B. beteiligte sich als Kommanditistin mit einer Einlage von 50 EUR. Die Gesellschaft wurde zunächst in das Handelsregister des Amtsgerichts Z eingetragenen. Sitz der Gesellschaft war damals Z.
Nach Auskunft des Herrn A.B. wurde die X KG im Jahr 2006 verkauft. Nach den Eintragungen im Handelsregister war die X Ltd. bis zum 13.12.2011 Komplementärin der X KG. Danach war die Q & Trade INC. Virgin Islands Komplementärin der KG. Die im Handelsregister eingetragene Kommanditistin war bis ins Streitjahr Frau C.B.. Ab dem 13.12.2011 war die X Ltd. als Kommanditistin mit einem Anteil von 50 EUR im Handelsregister eingetragen.
Gegenüber der Steuerfahndung hat Herr A.B. erklärt, dass die Kommanditanteile bereits im Jahr 2006 an die Firma W S.r.l. aus Italien verkauft worden seien. Als Direktor der X Ltd. sei Herr D. eingetragen worden.
Mit Schreiben vom 17.02.2012 wurde dem Registergericht E mitgeteilt, dass die X Ltd. als Kommanditistin ausgeschieden sei und ihr Vermögen der Komplementärin, der Q & Trade INC. Virgin Islands anwachse. Die Gesellschaft sei somit aufgelöst und erloschen. Die entsprechende Eintragung ins Handelsregister ist am 05.03.2012 erfolgt.
Die X Ltd. wurde am 19.12.2005 gegründet. Anteilseignerin war zunächst Frau C.B. aus Z. Ab dem 06.08.2006 war die F Ltd. alleiniger Anteilseignerin. Als Direktoren der X Ltd. waren Herr A.B. (19.12.2005 bis 31.07.2006), die W S.r.l. (31.07.2006 bis 02.06.2009), Herr D. (02.06.2009 bis 04.11.2010) und zuletzt Herr G. (04.11.2010 bis 07.08.2012) bestellt. Die Gesellschaft wurde am 07.08.2012 aufgelöst.Die X Ltd. wurde vom Bundeszentralamt für Steuern als Briefkastenfirma eingestuft, da sie wirtschaftlich inaktiv, ausschließlich unter einer Domiziladresse in Y (England) gemeldet und als ruhende Gesellschaft von bestimmten Melde- und Abgabenpflichten befreit war.
Die F Ltd. wurde nach Auskunft des BZSt am 30.01.2002 gegründet. Sie wird vom BZSt als Briefkastenfirma qualifiziert, die bei einer Vielzahl von Gesellschaften zur Abschirmung des tatsächlichen Gesellschafters als treuhänderische Strohmanngesellschaft in der Funktion einer Gesellschafterin zwischengeschaltet werde.
Die W S.r.l. wurde am 05.08.2005 mit einem Kapital von 100.000 EUR gegründet. Gesellschafter der W S.r.l. waren Herr D. (90 %) und Herr I. (10 %). Geschäftsführer der Gesellschaft war Herr D.. Die W S.r.l. wurde am 01.11.2012 aus dem Handelsregister gelöscht.
Am 15.08.2006 hat die X KG mit dem Antragsteller einen notariellen Kaufvertrag über das Erbbaurecht am Grundstück „K-Straße 1“ in L (Erbbaugrundbuch von L Bl. ...) geschlossen. Darin verkaufte der Antragsteller das in seinem Eigentum stehende Erbbaurecht für einen Kaufpreis von 1,5 Mio EUR zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. 240.000 EUR.Die X KG wurde bei dem Kaufvertrag durch die X Ltd., diese durch die W S.r.l. und diese wiederum durch Herrn D. vertreten.
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Die im Grundbuch eingetragenen Grundpfandrechte sollten von der Käuferin nicht übernommen werden. Die hierdurch gesicherten Darlehensschulden, welche sich auf ca. 2,9 Mio. EUR beliefen, sollten durch die J-Bank als Treuhänderin aus Mitteln des Kaufpreises abgelöst werden. Da die Darlehensvaluten den Kaufpreis damit um fast das Doppelte überstiegen, wurde vereinbart, dass der Antragsteller – aufschiebend bedingt mit Zahlung des gesamten Kaufpreises auf das Treuhandkonto – seine Ansprüche an Lebensversicherungen der M und der N-Versicherung, sowie Fonds-Sparplänen bei O-Investment und P-Investment i.H.v. insgesamt ca. 1.250.000 EUR an die Käuferin abtritt. Für den dann noch nicht gesicherten Betrag in Höhe von ca. 300.000 EUR sollten nach Gesamtabwicklung Grundpfandrechte auf weiteren Grundbesitz des Antragstellers, welche zu Gunsten der J-Bank eingetragen waren, an die X KG abgetreten werden. Im Gegenzug verpflichtete sich die Käuferin die gesamten Darlehen des Verkäufers in Höhe von ca. 2,9 Mio. EUR zuzüglich Gebühren und Vorfälligkeitsentschädigungen bei der J-Bank (auch über den Kaufpreis hinaus) auf dem Treuhandkonto abzulösen.
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Die Übergabe und der Übergang von Nutzen und Lasten sollte am Tag nach der Bezahlung des Kaufpreises erfolgen. Zugunsten der Käuferin wurde eine Auflassungsvormerkung ins Grundbuch eingetragen. Die Beurkundung erfolgte trotz der eingehenden Warnung des Notars hinsichtlich der gewählten Vertragsgestaltung (Übernahme der Darlehensvaluten gegen Abtretung der Höhe und dem Grunde nach fraglicher Rechte).
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Zur Zahlung des Kaufpreises und zur vertragsgemäßen Ablösung der Darlehen kam es in der Folgezeit nicht.
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Am 15.07.2010 beurkundete der Notar die Einigung über den Rechtsübergang an dem Erbbaurecht gemäß dem Kaufvertrag vom 15.08.2006, obwohl die im Kaufvertrag hierfür vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllt gewesen sind. Die X KG wurde daraufhin am 17.08.2010 in das Erbbaurecht-Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.
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Am 23.12.2010 schloss die X KG, vertreten durch Herrn G., als Direktor der X Ltd. mit der R GmbH (vertreten durch Herrn S.) einen zum 03.01.2011 aufschiebend befristeten Kaufvertrag über das Erbbaurecht an dem Grundstück „K-Straße 1“ in L mit den darauf errichteten Gebäuden. Als Kaufpreis wurden 2.950.000 EUR vereinbart, welcher auf ein Treuhandkonto bei der Sparkasse T in TA zu zahlen war. Die Bank sollte als Treuhänderin laut Vertrag mit dem Kaufpreis in erster Linie die noch valutierenden, durch die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden gesicherten Darlehensverbindlichkeiten der Verkäuferin ablösen. Ein nach Ablösung der Verbindlichkeiten verbleibender Übererlös sollte an die Verkäuferin gemäß deren schriftlicher Weisung ausgekehrt werden. Am 15.03.2011 wurde der Eigentumsübergang auf die R GmbH im Grundbuch eingetragen.
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Für die X KG wurden für die gesamte Zeit ihres Bestehens keine Steuererklärungen abgegeben.
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Die Umsätze aus der Vermietung des auf dem Grundstück „K-Straße 1“ errichteten Gebäudes wurden auch für die Zeit nach dem Eigentumsübergang an dem Erbbaurecht auf die X KG weiterhin von der U OHG des Antragstellers bzw. von ihm selbst erklärt und versteuert.
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Der Antragsgegner wandte sich mit Schreiben vom 25.08.2011 an die Steuerfahndungsstelle V und bat diese um Überprüfung des Vorgangs. Er verwies auf eine Gewerbeanmeldung der X KG mit der Anschrift Ü-Straße 5 in Ä vom 18.09.2006. Als Geschäftsführer sei damals Herr D. angegeben worden. Zum selben Zeitpunkt habe der Antragsgegner eine Veräußerungsmitteilung des Finanzamts J erhalten, wonach die X KG mit Vertrag vom 15.08.2006 das Gebäude [wohl Erbbaurecht] L, K..a..-Straße [wohl K-Straße] 1 zum Preis von 1.758.705 EUR erworben habe. Der vom Antragsgegner aufgrund der Gewerbeanmeldung angeforderte Betriebseröffnungsbogen sei trotz mehrerer Aufforderungen nicht eingereicht worden. Nach den Feststellungen eines Vollziehungsbeamten im November 2007 handele es sich bei dem Gebäude Ü-Straße 5 in Ä um ein Bürogebäude mehrerer Firmen. Die Räume der X KG seien leer gestanden, nach Aussage von Beschäftigten anderer Firmen sei Herr D. schon längere Zeit nicht mehr anwesend gewesen. Weitere Maßnahmen seien nicht mehr ergriffen worden, nachdem das Finanzamt J erklärt habe, dass der Kaufpreis nicht bezahlt und demnach auch noch keine Zurechnungsfortschreibung auf die X KG erfolgt sei. Im Februar 2011 sei beim Antragsgegner unaufgefordert ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung für die X KG eingegangen. Aus den vorliegenden Unterlagen sei ersichtlich, dass der Betrieb von Herrn D. zum 31.08.2010 abgemeldet und von Herrn G. zum 01.09.2010 angemeldet worden sei. Herr G. sei daraufhin ohne Erfolg zur Vorlage eines Gesellschaftsvertrages und eines Vertrages über die Übertragung von Kommanditanteilen der X KG gebeten worden. Im April 2011 habe der Antragsgegner eine Veräußerungsmitteilung des Finanzamts J erhalten, wonach das Gebäude in L von der X KG zum Preis von 3.207.991 EUR verkauft worden sei.
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Die Steuerfahndungsstelle V übersandte mit Schreiben vom 16.02.2016 ihren Bericht über die steuerlichen Feststellungen im Ermittlungsverfahren gegen die Firma X KG. Darin kam sie zu dem Schluss, dass der Antragsteller als alleiniger Kommanditist an der X KG beteiligt gewesen sei und dass die X KG aus dem Verkauf des Erbbaurechts im Jahr 2011 einen steuerlichen Gewinn in Höhe von 1.357.526,82 EUR erzielt habe.
19 
Der Beklagte schloss sich dieser Einschätzung an und erließ am 17.12.2018 einen Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die X KG. Darin wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.357.526,82 EUR festgestellt. Diese Einkünfte wurden dem Antragsteller insgesamt zugerechnet.
20 
Den Bescheid schickte der Antragsteller mit Schreiben vom 20.12.2018 an den Antragsgegner zurück. Er verweigere die Entgegennahme des Bescheides, da er weder faktischer Gesellschafter, noch Geschäftsführer der X KG gewesen sei. Mit Schreiben vom 14.01.2019 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Einspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid.
21 
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Ein Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Feststellung sei bereits dann einzuleiten, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass mehrere Personen an Einkünften beteiligt seien oder wenn die Beteiligung mehrerer zweifelhaft und klärungsbedürftig sei. Im Streitfall lägen gewichtige Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Antragstellers an den Einkünften der X KG vor. Der Feststellungsbescheid sei dem Antragsteller als Gesellschafter nach § 183 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) bekannt zu geben, da die Gesellschaft nicht mehr bestehe. Der Antragsgegner sei unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls davon überzeugt, dass dem Antragsteller sämtliche Geschäftsanteile an der X KG zuzurechnen seien, da die als Gesellschafter im Handelsregister eingetragenen Personen und deren Organe als dessen Treuhänder gehandelt hätten und er die tatsächliche Geschäftsführung innegehabt und die Gesellschaft beherrscht habe. Deshalb seien ihm sämtliche Einkünfte der KG zuzurechnen.
22 
Die X KG sei als Vorratsgesellschaft eines Firmengründungsdienstleisters, Herrn A.B., praktisch ohne Kapitalausstattung gegründet worden. Nach dessen Aussage sei die Kommanditeinlage an die Firma W S.r.l. (vertreten durch Herrn D.) übertragen worden. Herr D. sei auch als Direktor der X Ltd. eingetragen worden. Der Gesellschafterwechsel sei im Handelsregister nicht eingetragen worden. Bei Abschluss des Kaufvertrages mit der R GmbH am 23.12.2010 seien daher die X Ltd. als Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung und Frau C.B. als Kommanditistin mit einer Einlage von 50 EUR vorhanden gewesen. An der tatsächlichen Stellung von Frau C.B. als Kommanditistin bestünden erhebliche Zweifel. Tatsächlich habe Frau C.B. ihre möglicherweise über 2006 hinausgehende Gesellschafterstellung niemals ausgeübt. Es sei davon auszugehen, dass der Kommanditanteil bereits 2006 verkauft werden sollte, dies aber wegen des fehlenden Eintrags in das Handelsregister nicht wirksam geworden sei. Erst im Zusammenhang mit der geplanten Weiterveräußerung des Erbbaurechts an einen fremden Dritten sei versucht worden, diesen Mangel zu beheben. In diesem Zusammenhang sei auf ein von der Steuerfahndungsstelle erhobenes Schriftstück hinzuweisen, das auf den 11.05.2010 datiert und an das Registergericht Z gerichtet sei. Darin werde mitgeteilt, dass Frau C.B. ihren Kommanditanteil auf Herrn D. übertragen habe und dieser den Geschäftsanteil auf 1.000 EUR erhöht habe. Der Schriftsatz sei von Frau C.B. unterschrieben worden, die vorgesehene Unterschrift von Herrn D. als Direktor der X Ltd. und als neuem Kommanditisten fehle. Das Schreiben sei offensichtlich nicht abgesandt worden. Erst im August/September 2011 sei ein Wechsel der Gesellschafter der X KG tatsächlich vollzogen und durch die Eintragung in das Handelsregister am 13.12.2011 wirksam geworden. An diesem Tag sei die Q & Trade Inc. neue Komplementärin und die X Ltd. neue Kommanditistin geworden. Dabei sei die Mithilfe von Frau C.B. erforderlich gewesen, da diese laut Handelsregister immer noch als Kommanditistin eingetragen gewesen sei. Durch ihre am 09.08.2011 notariell beurkundete Unterschrift habe sie der Übertragung des Kommanditanteils auf die X Ltd. zugestimmt. Offensichtlich sei sich Frau C.B. dem rechtlichen Fortbestehen ihrer Gesellschafterstellung nicht bewusst gewesen und sei auf Zuruf bereit gewesen, durch ihre Unterschrift der Übertragung des Gesellschaftsanteils ohne weitere Voraussetzungen und ohne Gegenleistung zuzustimmen. Die tatsächliche Ausübung ihrer Gesellschafterrechte sei durch eine andere Person, nach Auffassung des Antragsgegners letztlich vom Antragsteller, wahrgenommen worden.
23 
Die X Ltd. sei vom BZSt als Briefkastenfirma eingestuft worden, die wirtschaftlich inaktiv, ausschließlich unter einer Domiziladresse in Y (England) gemeldet und als ruhende Gesellschaft von bestimmten Melde- und Abgabepflichten befreit gewesen sei.
24 
Nach den von der Steuerfahndung aufgenommen Zeugenaussagen komme ganz deutlich zum Ausdruck, dass stets immer nur der Antragsteller allein für die Entscheidungen zuständig gewesen sei und die anderen Personen, also Herr D. und Herr G., ihm lediglich Freundschaftsdienste geleistet hätten bzw. für rechtswirksame Unterschriften benötigt worden seien.
25 
Herr G., der ab 04.11.2010 als Direktor der X Ltd. Geschäftsführer der X KG gewesen sei, habe zunächst im Mai 2010 bei der Kreissparkasse H vorgesprochen und dort angegeben, er habe die Möglichkeit das U [Erbbaurecht am Grundstück „K-Straße 1“ in L] zu einem Freundschaftspreis von ca. 2 Mio. EUR von der X KG zu erwerben. Das Gebäude sei von einem „Freund (Herr Ö.)“ in die Limited [wohl die X KG] eingebracht worden. Am 07.12.2010 seien Herr G. und der Antragsteller nochmals gemeinsam bei der Kreissparkasse H wegen eines Kaufs des Grundstücks vorstellig geworden. Im angefertigten Aktenvermerk der Kreissparkasse und einer Anlage hierzu werde von einer Gesellschafterstellung des Antragstellers ausgegangen. Es sei von den Beteiligten vereinbart worden, zu prüfen, wie das Objekt steuerneutral auf eine deutsche Firma oder die Privatperson G. übertragen werden könne. Bereits am 10.11.2010 habe der damalige Geschäftsführer, Herr G., dem Antragsteller eine uneingeschränkte Handlungsvollmacht für die Vermarktung der Immobilie „U“ eingeräumt.
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Im Zeitpunkt des Kaufvertrags zwischen der X KG und dem Antragsteller am 15.08.2006, sei die KG vermögenslos gewesen und eine Erfüllung des Kaufvertrags durch Zahlung des Kaufpreises von 1,5 Mio. EUR, der Umsatzsteuer von 240.000 EUR und des weiteren Ablösebetrages von ca. 1,4 Mio. EUR völlig undenkbar gewesen. Der Abschluss des Kaufvertrags sei offensichtlich nur zum Schein erfolgt. Ein tatsächlicher Vollzug sei nicht geplant gewesen. Im Zeitpunkt dieses Kaufvertrages sei der Antragsteller Eigentümer des Erbbaurechts und damit auch des darauf gebauten Gebäudes gewesen. Jedoch hatte die U OHG das Gebäude auf dem Grundstück errichtet und bezahlt. Welche vertraglichen Grundlagen hierzu existieren, sei nicht aktenkundig. Jedoch hätte ein Verkauf mit der U OHG abgestimmt und diese wohl für Ihre Baukosten entschädigt werden müssen. Über die Gründe, die zu dem Vertragsschluss geführt haben, könne nur spekuliert werden. Wahrscheinlich sei dem Antragsteller wichtig gewesen, durch die Eintragung der Auflassungsvormerkung den Zugriff seiner Gläubiger auf das Grundstück zu erschweren. In der Folgezeit sei dem Antragsteller von der finanzierenden Bank immer wieder der Vollzug oder aber die Rückabwicklung des Kaufvertrages nahegelegt worden. An beidem habe der Antragsteller aber wenig Interesse gehabt. Er habe dem Ansinnen der Bank lieber dadurch entgegengewirkt, dass er die Lebensversicherungen, die laut Kaufvertrag an die Erwerberin hätten abgetreten werden sollen, aufgelöst und den erzielten Erlös der Bank in Form eines Festgeldkontos als Pfand zur Verfügung gestellt habe. Erst, als im Jahr 2010 ein Verkauf des Erbbaurechts an einen Dritten erforderlich geworden sei, hätte die Auflassungsvormerkung ein Hindernis dargestellt. Daraufhin seien der Antragsteller und Herr D. am 15.07.2010 beim Notariat erschienen und hätten dort ihre Einigkeit über den Rechtsübergang erklärt und den entsprechenden Grundbuchvollzug beantragt. Dies sei geschehen, obwohl weder der Kaufpreis, die Umsatzsteuer, noch der vereinbarte Ablösebetrag bezahlt worden seien. Zuvor sei die U OHG am 17.06.2010 in die Einzelfirma Ö. e.K. umgewandelt worden.
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Der Antragsteller habe sein Eigentum aufgegeben, ohne dass er irgendwelche Sicherheiten für die ausstehenden Zahlungen erhalten habe. Dies lasse sich nur durch einen Gesamtplan aller Beteiligten erklären, der dem Antragsteller alle Rechte aus dem späteren Verkauf an einen Dritten zuspreche und alle Handlungen von Herrn D. und Herrn G. als dessen Treuhänder vornehmen lasse. Tatsächlich seien aus dem Erlös aus dem Verkauf des Erbbaurechts an die R GmbH die restlichen auf dem Grundstück lastenden Schulden in Höhe von 1.450.785,81 EUR abgelöst worden. Der nach Abzug einer Treuhandgebühr von 1.800 EUR verbleibende Restbetrag in Höhe von 1.497.414,19 EUR sei auf ein Konto des Herrn G. ausbezahlt und von dort zum größten Teil auf ein Konto einer Treuhandgesellschaft in der Schweiz überwiesen worden. Der weitere Weg des Geldes habe nicht mehr nachvollzogen werden können. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei es aber letztlich Herrn Ö. zugeflossen. Selbst wenn man die Schuldenablösung in Höhe von 1.450.785,81 EUR als Kaufpreiszahlung an den Antragsteller aufgrund des Kaufvertrages vom 15.08.2006 ansehen würde, wäre noch eine weitere Zahlung an den Antragsteller in Höhe von 47.414,19 EUR (Differenz zum Kaufpreis von 1.500.000 EUR) und die vereinbarte Umsatzsteuer von 240.000 EUR ausstehend gewesen. Der Kaufvertrag sei somit von der Erwerberin niemals vollständig erfüllt worden.
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Die Steuerfahndungsstelle und der Antragsgegner seien aufgrund des wirtschaftlich Gewollten und dem tatsächlich Bewirkten zu Recht davon ausgegangen, dass alle Handlungen der X KG, ihrer Gesellschafter und ihrer Organe im Rahmen eines Treuhandverhältnisses vom Antragsteller beherrscht worden und ihm die Einkünfte daraus in vollem Umfang zuzurechnen seien.
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Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Antragsteller fristgerecht Klage und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Feststellungsbescheides, nachdem ihm diese mit Schreiben vom 19.06.2019 vom Antragsgegner verwehrt worden war. Sein Prozessbevollmächtigter trägt vor, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Zudem würden die Feststellungen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts V die durch den Antragsgegner gezogenen Schlussfolgerungen nicht begründen. Es gebe keinen Hinweis auf eine Kommanditistenstellung des Antragstellers, der Antragsgegner äußere lediglich Vermutungen. Aus dem Verkauf des Erbbaurechts an die X KG mit notariellem Kaufvertrag vom 15.08.2006 könnten keine Erkenntnisse bezüglich der behaupteten Kommanditistenstellung des Antragstellers gezogen werden. Wenn der Antragsgegner ausführe, dass der Antragsteller mit der J-Bank Verhandlungen über die Übernahme der Treuhandabwicklung geführt habe und von Herrn D. gegenüber der J-Bank als Zustellungsbevollmächtigter benannt worden sei, dann sei dies damit zu erklären, dass der Antragsteller als Verkäufer/Eigentümer Einfluss auf die Abwicklung zu nehmen gehabt habe. Es sei im Übrigen anzumerken, dass der auf Seite 12 der Einspruchsentscheidung erwähnte Schriftwechsel und die angeblich geführten Absprachen zwischen dem Antragsteller und der J-Bank dem Prozessbevollmächtigten nicht bekannt seien. Gleichfalls könne auch die Behauptung, dass der Antragsteller und Herr D. am 15.07.2010 beim Notariat persönlich erschienen seien und den Grundbuchvollzug des Kaufvertrags vom 15.08.2006 beantragt haben sollen, den dem Prozessbevollmächtigten vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden. Der Antragsgegner lege in der Einspruchsentscheidung dar, was die X KG mit dem Verkaufserlös gemacht habe. Welche Vereinbarungen zwischen dem Antragsteller im Kaufvertrag vom 15.08.2006 und der X KG getroffen worden seien, verschweige der Antragsgegner. Insofern könne hierzu keine Stellung genommen werden. Weshalb der Antragsgegner darauf hinweise, dass die Umsätze aus der Vermietung des U auch für die Zeit nach der Auflassung (gemeint sei: Die Auflassungserklärung im Kaufvertrag vom 15.08.2006) weiterhin von der U OHG bzw. von dem Antragsteller erklärt und versteuert worden seien, sei aus sich heraus nicht verständlich. Die Auflassungserklärung im Kaufvertrag allein bewirke noch nicht, dass der Auflassende die Einkünfte aus der Vermietung verliere und entsprechend auch nicht zu versteuern habe. Genau das Gegenteil sei richtig. Der Auflassende habe die nach Auflassungserklärung im Kaufvertrag anfallenden Mieten bis zum endgültigen Vollzug der Auflassungserklärung zu vereinnahmen und auch zu versteuern. Jedenfalls ergebe sich hieraus ebenfalls nichts, was die Kommanditistenstellung des Antragstellers in irgendeiner Weise begründen könnte. Es stelle sich grundsätzlich die Frage, weshalb der Antragsgegner die Feststellungen der Steuerfahndungsstelle lediglich auszugsweise wiedergebe und darüber hinaus die angesprochenen Beweismittel, Dokumente oder Texte nicht so bezeichne, dass sie gegebenenfalls irgendwo aufgefunden werden könnten.
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Zu der vom Antragsgegner zitierten Aktennotiz der Kreissparkasse H vom 07.12.2010 könne nur allgemein Stellung bezogen werden, da diese dem Prozessbevollmächtigten nicht bekannt sei. Es könne allerdings bereits jetzt gesagt werden, dass der Inhalt der Aktennotiz falsch sei, was sich schon aus dem Vortrag des Antragsgegners selbst ergebe. Die genannte Aktennotiz stamme vom 07.12.2010 und solle angeblich besagen, „Herr G. möchte das Gewerbeobjekt (K-Straße 1, L) erwerben. Derzeitiger Eigentümer ist die X Ltd. & Co. KG.“ Unter „I.C. Verkauf durch die X-KG“ sei auf Seite 12 der Einspruchsentscheidung durch den Antragsgegner dargelegt, dass die X KG bereits am 23.10.2010, vertreten durch Herrn G., damals Geschäftsführer der X KG und Direktor der X Ltd., das Grundstück (gemeint sei wohl: Erbbaurecht) an die R GmbH zu einem Kaufpreis von 2.950.000 EUR wirksam verkauft habe. Der Kaufpreis sei auch gezahlt worden, wie sich aus dem Vortrag des Antragsgegners ergebe. Die Benennung des Verkehrswertes mit 5,8 Mio. EUR sei utopisch überhöht, wenn man sehe, dass der mit der R GmbH bereits am 23.10.2010 vereinbarte Kaufpreis 2.950.000 EUR betragen habe. Weiterhin sei falsch, wenn in der Aktennotiz festgehalten werde, „das Gebäude hält momentan eine Ltd., in dieser Ltd. hat ein Freund (Herr Ö.) das Gebäude eingebracht“. Zu dem hier relevanten Zeitpunkt habe das Erbbaurecht nämlich nicht irgendeine Ltd. gehalten, weil zu diesem Zeitpunkt das Erbbaurecht bereits an die R GmbH wirksam veräußert worden war. Es sei nicht ersichtlich, dass aus dieser Aktennotiz entnommen werden könne, dass der Antragsteller Kommanditist der X KG gewesen sei.
31 
Gleiches gelte für die Handlungsvollmacht vom 10.11.2010. Aus der Erteilung einer Handlungsvollmacht zur nochmaligen Vermarktung eines bereits wirksam veräußerten Erbbaurechts bezüglich der Immobilie U sei nicht ersichtlich, wie diese Erteilung der Handlungsvollmacht die Kommanditistenstellung des Antragstellers begründen solle, nachdem das Erbbaurecht bereits veräußert worden war.
32 
Auf Seite 14 der Einspruchsentscheidung formuliere der Antragsgegner, dass der Zeuge Nn sinngemäß ausgesagt habe, dass der Antragsteller wohl auch Vertreter der X gewesen sei, ohne die konkrete Aussage dieses Zeugen vorzulegen. Mit gutem Grund formuliere offensichtlich der Antragsteller, der Zeuge habe sinngemäß etwas ausgesagt, weil die genaue Analyse der Aussage dieses Zeugen sich anders darstelle. Auf die Frage, wer Eigentümer der Immobilie gewesen sei, habe der Zeuge geantwortet: „Ich gehe davon aus, es war Herr Ö. bzw. eine Gesellschaft, die er beherrscht.“ Der Zeuge bekundete hier kein konkretes Wissen, er gehe von etwas aus, er vermute also. Diese Vermutung stehe im Gegensatz zu der Antwort auf die Frage, wer als Eigentümer der Immobilie aufgetreten sei. Die Antwort des Zeugen habe klar und deutlich gelautet: „Als Eigentümer ist Herr Ö. aufgetreten.“ Was sei nun glaubhaft durch den Zeugen bekundet? Seine Vermutung auf die erste Frage oder seine Antwort auf die zweite? Auf die Fragen zu Ziff. 7 bzw. 9 habe der Zeuge wieder vermutet, dass Herr Ö. die X vertreten habe. Weiter habe er bekundet, dass er nicht wisse, ob Herr Ö. etwas zur X KG gesagt habe. Zur Kommanditistenstellung des Antragstellers würden die Bekundungen des Zeugen Nn somit nichts hergeben.
33 
Gleiches gelte für die Zeugenaussage des Rechtsanwalts ßß. Auch hier formuliere der Antragsgegner auf Seite 14 ff, der Zeuge habe sinngemäß etwas bekundet, obwohl es dem Antragsgegner durchaus möglich gewesen wäre, die konkrete Zeugenaussage des Zeugen vorzulegen. Aus der konkreten Analyse der Bekundungen dieses Zeugen ergebe sich kein Hinweis auf eine mögliche Kommanditistenstellung des Antragstellers bei der X KG. Richtigerweise sei nämlich der Antragsteller als Eigentümer des Erbbaurechts aufgetreten, weil zwar der Kaufvertrag vom 15.08.2006 zwischen dem Antragsteller und der X KG geschlossen, aber noch nicht vollzogen gewesen sei. Konsequenterweise hätten die Vertragsverhandlungen auch mit dem Antragsteller geführt werden müssen. Wenn nun der Zeuge bekundet habe, vermutlich bei einer Nachbesprechung im Oktober 2010 habe Herr D. gesagt, dass seine bisherige Mitwirkung als Freundschaftsdienst zu verstehen sei, so handle es sich um eine Vermutung, die als Vermutung eines Zeugen ohne Beweiswert sei. Auskunft über diese Vermutung, die im Übrigen bestritten werde, könnte allenfalls die Vernehmung des Zeugen D. geben.
34 
Auch der Zeugenaussage des Herrn S. könne nicht entnommen werden, dass der Antragsteller Kommanditist der X KG gewesen sei. Richtig sei, dass der Antragsteller die Vertragsverhandlungen geführt habe, weil er nach wie vor Eigentümer des zu veräußernden Erbbaurechts gewesen sei. Es sei auch selbstverständlich, dass Herr G. als Vertreter der X KG mit seiner Unterschrift habe dokumentieren müssen, dass er als Vertreter der X KG der anderweitigen Veräußerung des Erbbaurechts zustimme. Allein schon wegen der eingetragenen Auflassungsvormerkung habe Herr G. grundsätzlich bei allen das Erbbaurecht betreffenden Entscheidungen mitwirken müssen.
35 
Die steuerliche Behandlung durch die Steuerfahndungsstelle sei insofern zu beanstanden, als der Antragsgegner den Gewinn in Höhe von 1.357.526 EUR dem Antragsteller als Kommanditisten zurechne. Diese Zurechnung sei falsch, weil die Kommanditistenstellung des Antragstellers durch den Antragsgegner nicht begründet werden könne.
36 
Zu den Entscheidungsgründen der Einspruchsentscheidung sei folgendes anzumerken: Zur Kommanditistenstellung von Frau C.B. schreibe der Antragsgegner „möglicherweise“, „es sei davon auszugehen“, „offensichtlich“ und „nach Auffassung des Finanzamts“. Dies sei in keiner Weise geeignet, die durch den Antragsgegner behauptete Kommanditistenstellung des Antragstellers überzeugend im Sinne eines konkreten Beweisantritts zu begründen. Aus den Akten sei zudem ersichtlich, dass der Zeuge D. gar nicht gehört worden sei, um festzustellen, was der Hinweis auf Freundschaftsdienste zu bedeuten gehabt habe. Zu den Zeugen die vom Steuerfahnder ee in dieser Angelegenheit bezüglich des Antragstellers vernommen worden seien, sei anzumerken, dass der Antragsgegner die Aussagen der Zeugen I., xx und aa unterdrücke. Zu diesen Zeugenaussagen und auch zu den Bekundungen des Zeugen ßß sei in der Einspruchsbegründung vom 29.04.2019 ausführlich Stellung genommen worden.
37 
Außerdem stelle der Antragsgegner diverse Spekulationen an, die keinerlei Beweiswert hätten. So stelle er auf Seite 21 der Einspruchsentscheidung richtigerweise fest, dass über die Gründe, die zu dem Vertragsabschluss vom 15.08.2006 geführt hätten, nur spekuliert werden könne. Des Weiteren schreibe er: „Wahrscheinlich war dem Einspruchsführer wichtig, durch die Eintragung der Auflassungsvormerkung den Zugriff seiner Gläubiger auf das Grundstück zu erschweren.“ Die Unterstellung eines solchen Wunsches bei dem Antragsteller werde ausdrücklich bestritten. Letztlich führe der Antragsgegner auf Seite 22 am Ende des vorletzten Absatzes aus: „Der weitere Weg des Geldes konnte nicht nachvollzogen werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist es aber letztlich bei Herrn Ö. zugeflossen.“ Auch hieraus lasse sich nicht der Nachweis der Kommanditistenstellung des Antragstellers führen.
38 
Die Aussage des Antragsgegners, dass der Zeuge G., sofern er überhaupt auffindbar sei, nicht zu einer Aussage bereit sein könnte, müsse zurückgewiesen werden. Der Antragsgegner übersehe, dass der verheiratete Zeuge G. seit Jahren seinen Wohnsitz in Baden-Württemberg habe und dem Finanzamt V ebenso wie dem Finanzamt H die Anschrift des Zeugen G. bekannt sei. Darüber hinaus stehe fest und lasse sich anhand des Akteninhalts nachweisen, dass überhaupt niemals ein Versuch gemacht worden sei, den Zeugen G. zu befragen. Ebenso sei es falsch, wenn der Antragsgegner behaupte, der Antragsteller sei nicht bereit, zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen. Richtig sei vielmehr, dass weder der Steuerfahnder, noch der Antragsgegner jemals den Versuch gemacht hätten, den Antragsteller zu befragen.
39 
Rein vorsorglich werde auch die vom Antragsgegner angenommene Stellung des Antragstellers als faktischer Geschäftsführer der X KG bestritten. Eine Analyse des diesbezüglichen Inhalts des strafrechtlichen Berichts von Herrn ee zeige, dass auch hier die aufgestellten Behauptungen nicht ausreichend durch konkrete Sachverhalte unterlegt und insbesondere auch nicht konkret bewiesen seien.
40 
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
41 
die Vollziehung des Bescheids für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 17.12.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019 auszusetzen.
42 
Der Antragsgegner beantragt,
43 
den Antrag abzulehnen.
44 
Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 02.05.2019. Der Antragsgegner halte an seiner bisherigen Sachverhaltswürdigung und Rechtsauffassung in vollem Umfang fest und könne keinerlei ernsthafte Zweifel daran erkennen. Der Sachverhalt sei von der Steuerfahndungsstelle abschließend ermittelt worden. Nach Aktenlage könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser noch weiter aufgeklärt werden könne, da der Kläger selbst nicht dazu beitragen werde und die möglichen Zeugen (z.B. Herr D. und Herr G.), sofern sie überhaupt auffindbar seien, zu einer Aussage nicht bereit sein werden. Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers setze sich mit der Einspruchsentscheidung des Finanzamts nur insoweit auseinander, als er die darin gezogenen Schlüsse in Zweifel ziehe, ohne aber selbst in irgendeiner Weise zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen.
45 
Mit Schreiben vom 04.05.2020 legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers eidesstattliche Versicherungen von Herrn G. (Bl. 143 der Gerichtsakten [GA]) und dem Antragsteller (Bl. 144 GA) vor. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
46 
Im Übrigen wird auf die streitgegenständlichen Bescheide, den weiteren Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des Hauptsacheverfahrens 5 K 1400/19 sowie der vorliegenden Akten des Antragsgegners (je ein Band Feststellungsakten, Betriebsprüfungsakten und Rechtsbehelfsakten, sowie ein Leitzordner mit Kopien aus Ermittlungsakten und Beweismittelordnern) Bezug genommen.
II.
47 
Der Antrag ist begründet.
48 
1) a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 bis 6 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Vollziehung soll ausgesetzt werden, wenn bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die sich aus § 76 FGO ergebende Verpflichtung des Gerichtes, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, ist im Aussetzungsverfahren dahingehend eingeschränkt, dass einerseits nur präsente Beweismittel zu berücksichtigen sind, andererseits aber nicht der volle Beweis der behaupteten Tatsachen erbracht werden muss. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsakte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide anhand der präsenten Beweismittel neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärende Frage im summarischen Beschlussverfahren nicht abschließend zu entscheiden (Beschluss des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 10.05.2001 I S 3/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2001, 957). Die Aussetzung der Vollziehung setzt auch nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH-Beschluss vom 10.05.2001 a.a.O.; BFH-Beschluss vom 20.05.1997 VIII B 108/96, BFH/NV 1997, 462).
49 
b) Im Rahmen einer summarischen Prüfung haben sich für den Senat ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts ergeben, die eine Aussetzung geboten erscheinen lassen.
50 
Für den Senat ist anhand der ihm derzeit vorliegenden Unterlagen nicht zweifelsfrei erwiesen, dass dem Antragsteller im Streitjahr zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den Kommanditanteilen der X KG zuzurechnen ist.
51 
Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer zuzurechnen. Eigentümer im Sinne dieser Vorschrift ist der zivilrechtliche Eigentümer des Wirtschaftsguts. Der Antragsteller war offensichtlich nicht zivilrechtlicher Eigentümer eines Kommanditanteils an der X KG. Dies wird vom Antragsgegner (soweit ersichtlich) auch nicht behauptet. Im Handelsregister war im Streitjahr zunächst noch Frau C.B. als Kommanditistin eingetragen. Ab dem 13.12.2011 war dies dann die X Ltd. Zwar ist die Eintragung eines Gesellschafterwechsels im Handelsregister nur deklaratorischer Natur und hat somit keinen Einfluss auf den Eigentumsübergang an dem Gesellschaftsanteil (Roth in Baumbach/Hopt HGB, 39. Auflage 2020 § 162 Rn. 8 m.w.N.). Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte, dass der Antragsteller den Kommanditanteil von der Gründungskommanditistin C.B. oder jemand Dritten erworben haben könnte. Der Zeuge A.B. hat zudem erklärt, die Kommanditanteile seien bereits im Jahr 2006 an die Firma W S.r.l., vertreten durch Herrn D., verkauft worden (Bl. 9 Betriebsprüfungsakten).
52 
Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn im konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht. Ein solches ist im Streitfall bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung bislang noch nicht zweifellos belegt.
53 
Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sind weder im Zivilrecht noch für das Steuerrecht gesetzlich bestimmt. Ein solches ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint (BFH-Urteil vom 20.01.1999 I R 69/97, Bundessteuerblatt Teil II [BStBl II] 1999, 514). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug (BFH-Urteil vom 24.11.2009 I R 12/09 BStBl II 2010, 590). Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt (BFH-Urteil vom 28.02.2001 I R 12/00, BStBl II 2001, 468).
54 
Wesentliches Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers – und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders – in Bezug auf die Behandlung des Treuguts (BFH-Urteil vom 20.01.1999 I R 69/97, BStBl II 1999, 514 m.w.N.). Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen (BFH-Urteil vom 15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152, m.w.N.), wobei die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist unschädlich ist (BFH-Urteil vom 10.12.1992 XI R 45/88, BStBl II 1993, 538). Die Vereinbarung eines Treuhandentgelts ist nicht notwendige Bedingung, kann aber ein Anzeichen für das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses sein (BFH-Urteil vom 15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152).
55 
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (z.B. BFH-Urteil vom 04.12.2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745, m.w.N.) ist bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Treuhandverhältnis muss auf ernstgemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders in fremdem Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (BFH-Urteil vom 14.10.2003 VIII R 22/02,BFH/NV 2004, 620, m.w.N.).Dies gilt insbesondere für verdeckte Treuhandverhältnisse (BFH-Beschluss vom 02.03.2004 III B 114/03, BFH/NV 2004, 1109 m.w.N.). Da der Antragsgegner dem Antragsteller Einkünfte der X KG zurechnen will, trägt das Finanzamt hierfür die objektive Feststellungslast.
56 
Der Antragsgegner konnte keine konkreten Tatsachen für die von ihm angenommene Treuhandvereinbarung zwischen den zivilrechtlichen Gesellschaftern der X KG und dem Antragsteller ermitteln. Er beruft sich daher auf Indizien, die in der Gesamtschau eine Treuhandvereinbarung belegen sollen. Dies ist zwar grundsätzlich möglich. Die bisher vom Antragsgegner angeführten Indizien reichen dem erkennenden Senat jedoch nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht aus, um dem Antragsteller den Kommanditanteil an der X KG nach § 39 Abs. 2 Nr.1 Satz 2 AO zuzurechnen.
57 
Dem Antragsgegner ist zuzustimmen, dass der Verkauf des Erbbaurechts an die damals wohl vermögenslose X KG durch den Antragsteller mit notariellem Vertrag vom 15.08.2006 und vor allem die dingliche Übertragung des Erbbaurechts im Sommer 2010, ohne dass die X KG zuvor ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nachgekommen war, darauf hindeuten, dass eine Nähebeziehung zwischen den Gesellschaftern der X KG und dem Antragsteller bestanden hat. Ein fremder Dritter hätte sich wohl nicht darauf eingelassen, das Erbbaurecht zu übertragen, ohne hierfür eine Sicherheit zu bekommen. Allerdings lässt dieses Indiz nicht allein auf einen Treuhandvertrag bezüglich des Kommanditanteils schließen. Ebenso erscheint es möglich, dass der Kaufvertrag vom 15.08.2006 – aus welchen Gründen auch immer – nur zum Schein abgeschlossen worden (§ 41 Abs. 2 AO) und die Veräußerung des Erbbaurechts an die R GmbH durch die X KG treuhänderisch für den Antragsteller erfolgt ist. In diesem Fall wäre ein Veräußerungsgewinn im Privatvermögen des Antragstellers angefallen und ggf. bei der privaten Einkommensteuer zu berücksichtigen. Auch hier wäre die Beteiligung des Antragstellers an den Verkaufsverhandlungen und die Erteilung einer Handlungsvollmacht nachvollziehbar zu erklären.
58 
Weder wurde bisher von dem Antragsgegner das Bestehen eines Treuhandvertrages zweifelsfrei nachgewiesen, noch ist das Handeln des (vermeintlichen) Treuhänders in fremdem Interesse eindeutig erkennbar.
59 
Das wohl gewichtigste Indiz für ein Treuhandverhältnis und für eine Einflussnahme des Antragstellers auf die geschäftlichen Belange der X KG, ist die Mail eines Herrn I. an Herrn D. (beide Gesellschafter der W S.r.l.) vom 03.03.2011 (Bl. 59 ff der Rechtsbehelfsakten). In dieser Mail schreibt Herr I., dass Herr D. Geschäftsführer einer Firma des Antragstellers gewesen sei und dieser Herrn D. als Geschäftsführer abgesetzt habe. Jedoch erschließt sich aus dem Text nicht, welche Firma gemeint war und richtigerweise weist der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers darauf hin, dass die Abberufung eines Geschäftsführers nicht zu den Kompetenzen eines Kommanditisten gehört und daher nicht als Indiz dafür dienen kann, dass der Antragsteller Treugeber für den Kommanditanteil an der X KG gewesen ist.
60 
Auch die Vermutung des Antragsgegners, dass der Restbetrag des Kaufpreises i.H.v. 1.297.526,82 EUR, welcher an eine Treuhandgesellschaft in der Schweiz überwiesen worden ist, letztlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Antragsteller zugeflossen sei, bleibt ohne Beweis reine Spekulation.
61 
Der Senat hält somit eine weitere Sachverhaltsermittlung für geboten. Im Hauptsacheverfahren wird die Anhörung des Antragstellers nachzuholen sein und auch die Zeugeneinvernahme der Herren D., G. und I., sowie der Frau C.B. wird zu prüfen sein. Außerdem scheinen die Ermittlungsakten der Steuerfahndung und der Beweismittelordner dem Gericht nur in Auszügen vorgelegt worden zu sein. Ohne Kenntnis des gesamten Akteninhalts des Antragsgegners sind die Fragen zu den steuerrechtlichen Rechtsfolgen weiterhin offen, so dass die Entscheidung in der Hauptsache derzeit allein schon aus diesem Grund noch ungewiss ist.
62 
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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