Entscheidung vom Finanzgericht Baden-Württemberg - 9 K 2483/17

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom 22.11.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 30.08.2017 werden dahingehend geändert, dass die aus der Zuteilung der Anteile an der Hewlett-Packard Enterprise Company berücksichtigten Kapitalerträge i.H. von EUR ... (je EUR ... bei dem Kläger und der Klägerin) außer Ansatz bleiben. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer (sowie der Nebensteuern) wird auf den Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

 
Die zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagten Kläger (Kl) hielten im Streitjahr gemeinsam (nach ihren Angaben vor 2005 angeschaffte) ... Stück Aktien des US-amerikanischen Unternehmens „Hewlett-Packard Company Co.“ --HPC--. Mit Wirkung zum 31.10.2015 änderte die HPC ihren Namen in „Hewlett-Packard Inc.“ --HPI--. Anschließend übertrug die HPI mit Wirkung zum 01.11.2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines „Spin-Offs“ auf die bereits im Februar 2015 gegründete Tochtergesellschaft „Hewlett-Packard Enterprise Company“ --HPE--. Die Aktionäre der HPC erhielten für eine alte Aktie der HPC (ISIN: US4282361033, WKN: 851301) eine Aktie der umbenannten HPI (ISIN: US40434L1052, WKN: A142VP) und zusätzlich eine Aktie der HPE (ISIN: US42824C1099, WKN: A140KD). Für die weiteren Details der Kapitalmaßnahme wird auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 20.03.2017 IV C 1-S 2252/15/10029:002 (Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2017, 431) Bezug genommen.
Der Vorgang wurde von den inländischen Kreditinstituten in Bezug auf die zugeteilten HPE-Akten als steuerpflichtiger Kapitalertrag (KapErtr) behandelt und diese zum Kurs von EUR 13,019 in die Depots der Empfänger eingebucht. Auch die depotführende Bank der Kl, die A-AG, buchte in deren Depot ... HPE-Aktien ein und qualifizierte deren Wert i.H. von zusammen EUR ... zu je 50 % beim Kl und der Klin als steuerpflichtigen KapErtr; die Bank behielt hierauf EUR ... KapErtr-Steuer (nebst Folgesteuern) ein, von denen EUR ... auf den Kl und EUR ... auf die Klin entfielen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schreiben bzw. die Steuerbescheinigungen der A-AG (Bl. ... ) Bezug genommen.
Die Kl gaben in ihrer beim Beklagten (Bekl) im September 2016 eingegangenen ESt-Erklärung für das Jahr 2015 in den Anlagen KAP ihre KapErtr mit EUR ... (Kl) bzw. EUR ... (Klin) an (jeweils ohne Sparer-Pauschbetrag). Zu den HPE-Aktien berücksichtigten sie KapErtr entsprechend der Steuerbescheinigungen der A-AG, mithin für jeden EUR ...; in einem beigefügten Anschreiben wiesen die Kl jedoch darauf hin, dass diese Behandlung unrichtig sei und beantragten, die HPE-Aktien als steuerneutral zu qualifizieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlagen KAP (Bl. ...) und das Anschreiben (Bl. ...) verwiesen.
In seinem ESt-Bescheid 2015 vom 22.11.2016 behandelte der Bekl die HPE-Aktien als steuerpflichtig, im Übrigen veranlagte er die KapErtr der Kl erklärungsgemäß; für den weiteren Inhalt des Bescheids wird auf Bl. ... Bezug genommen.
Den hiergegen von den Kl eingelegten Einspruch wies der Bekl mit Einspruchsentscheidung vom 30.08.2017 im Hinblick auf die streitgegenständlichen Kapitaleinkünfte zurück. Zur Begründung führte er aus, die Zuteilung der HPE-Aktien sei zu Recht als steuerpflichtige Sachausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 Einkommensteuergesetz --EStG-- qualifiziert worden. Für die Behandlung als nicht steuerbare Einlagenrückgewähr durch eine Drittstaaten-Kapitalgesellschaft fehle es an einem ausreichenden Nachweis. Eine steuerneutrale Behandlung nach § 20 Abs. 4a S. 7 EStG scheide aus, da nicht sämtliche Strukturmerkmale einer Spaltung i.S. des § 123 Abs. 2 Umwandlungsgesetz --UmwG-- vorlägen; unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens vom 18.01.2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017 (BStBl I 2016, 85, Rz. 115 i.V.m. 100 ff.) fehle es an einem „Vermögensübergang kraft Gesetzes“, da im hier maßgeblichen US-Recht des Staates Delaware nicht die hierfür erforderliche explizite Regelung des Vermögensübergangs im Zivil- bzw. Gesellschaftsrecht existiere. § 20 Abs. 4a S. 5 EStG komme nicht zur Anwendung, da die Höhe des HPE-KapErtr feststehe. Für die weiteren Einzelheiten der Begründung des Bekl wird auf die Einspruchsentscheidung (Bl. ...) verwiesen.
Die Kl erhoben am 22.09.2017 Klage.
Sie tragen im Wesentlichen vor, die unbare Kapitalmaßnahme der HPC habe keinen KapErtr ausgelöst. Hinsichtlich der Zuteilung der HPE-Aktien liege keine steuerpflichtige „Sachausschüttung“, sondern eine steuerneutrale Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG vor. Da die Umstrukturierung von Kapitalgesellschaften im US-Recht des Staates Delaware zivilrechtlich nicht geregelt sei, sei für die Forderung der Finanzverwaltung nach einer Vermögensübertragung „kraft Gesetzes“ kein Raum. In derartigen Fällen müsse die Beurteilung nach den steuerrechtlichen Regelungen erfolgen, nach denen vorliegend die Steuerneutralität vorgesehen sei. Es seien lediglich die Aktiva und Passiva der HPI in der Weise aufgeteilt worden, dass ein Teil bei der in HPI umbenannten HPC verblieben sei und der andere Teil der HPE im Wege der Abspaltung zugeteilt worden sei. Dieses zeige der Vergleich der Anteilswerte, da der Wert einerseits eines HPC-Anteils mit EUR 25,40 vor der Kapitalmaßnahme und andererseits die Anteilswerte eines HPI-Anteils mit EUR 11,77 sowie eines HPE-Anteils mit EUR 13,019 (mithin zusammen EUR 24,73) nach der Kapitalmaßnahme nahezu vollkommen identisch geblieben sei. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung der Kl wird auf deren Schriftsätze vom ... Bezug genommen.
Mit einem Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf die beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren (VIII R 9/19 und VIII R 28/19) haben sich die Kl nicht einverstanden erklärt.
Die Kl beantragen sinngemäß,
10 
den ESt-Bescheid für das Jahr 2015 vom 22.11.2016 und die Einspruchsentscheidung vom 30.08.2017 dahingehend abzuändern, dass für den Kl und für die Klin die Kapitalerträge jeweils um EUR ... herabgesetzt werden.
11 
Der Bekl beantragt,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Er trägt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung im Wesentlichen vor, der streitgegenständliche ESt-Bescheid sei in Übereinstimmung mit der Verwaltungsauffassung im BMF-Schreiben vom 20.03.2017 (BStBl I 2017, 431) ergangen, an das er gebunden sei. Für die weiteren Einzelheiten des Vortrags des Bekl wird auf seine Schriftsätze vom ... verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Das Klagebegehren der Kl war - wie im Tatbestand wiedergegeben - auszulegen (s. Klageantrag der Kl und unter Ziff. 3, jeweils in der Klageschrift vom ...).
II.
16 
Der streitgegenständliche ESt-Bescheid 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Kl in ihren Rechten. Zu Unrecht hat der Bekl bei den Kl die zugeteilten HPE-Aktien als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert. Denn die in dieser Anteilszuteilung liegende Sachausschüttung („sonstige Bezüge“) i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.10.2010 I R 117/08, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2011, 669 und nachgehend vom 13.07.2016 VIII R 73/13, BFH/NV 2016, 1827; vom 13.07.2016 VIII R 47/13, BFH/NV 2016, 2392) ist - unabhängig von der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vorgesehenen Ausnahme der Einlagenrückgewähr - jedenfalls deshalb nicht zu besteuern, da gemäß § 20 Abs. 4a S. 7 i.V. mit S. 1 EStG die übernommenen HPE-Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile getreten sind (vgl. Levedag in: Schmidt, EStG-Kommentar, 39. Aufl., 2020, § 20 Rz. 226: „Fußstapfentheorie“); die allgemeinere Regelung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG tritt insoweit zurück. Der erkennende Senat folgt damit der zur streitgegenständlichen HPC-Umstrukturierung bzw. zur Zuteilung von HPE-Aktien bereits ergangenen finanzgerichtlichen (erstinstanzlichen) Rechtsprechung: vgl. Finanzgericht --FG-- München, Urteil vom 19.12.2019 8 K 981/17, juris, Rz. 37 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 6/20; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2019 1 K 2295/17, Rz. 27 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 28/19; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2019 13 K 1762/17 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2019, 1117, Rz. 22 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 9/19 und Urteil vom 29.01.2019 13 K 2119/17 E, Rz. 22 ff. - rechtskräftig. Zur Vereinfachung wird auf die überzeugenden Begründungen in den vorstehenden Entscheidungen Bezug genommen, die diesem Gerichtsbescheid als Anlagen 1-4 (in Form von Ausdrucken aus der juris-Datenbank) - fest verbunden - beigefügt sind.
17 
Auch der erkennende Senat legt mithin den Abspaltungsbegriff i.S. von § 20 Abs. 4a S. 7 EStG „typusorientiert“ dahingehend weit aus, dass nur die nachfolgenden typusbestimmenden Merkmale einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs.2 UmwG vorliegen müssen (so auch FG München, a.a.O., Rz. 50 ff.; FG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rz. 48 ff.; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2019 13 K 1762/17 E, a.a.O., Rz: 34 ff. und Urteil vom 29.01.2019 13 K 2119/17 E, a.a.O., Rz. 43 ff.):
18 
1. Der übertragende Rechtsträger hat im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger übertragen, die entweder schon bestehen oder im Zuge des Vorgangs gegründet worden sind.
19 
2. Die Anteile am übernehmenden Rechtsträger oder an den übernehmenden Rechtsträgern sind im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers übertragen worden.
20 
3. Der übertragende Rechtsträger besteht fort.
21 
4. Bei einem "Auslandsfall": Der übertragende ausländische und der übernehmende in- oder ausländische Rechtsträger müssen einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen.
22 
Sind diese Merkmale erfüllt, ist für Zwecke des KapErtr-Steuerabzugs und der Abgeltungsteuer von einer Abspaltung auszugehen. Eine abschließende Prüfung der Steuerpflicht und der Höhe des zu versteuernden Gewinns ist - entsprechend dem Willen des Gesetzgebers - erst zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die zugeteilten Anteile gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG veräußert werden. Zu diesem Zeitpunkt ist dann auch über die Frage zu entscheiden, ob die veräußerten Anteile überhaupt steuerverhaftet sind (dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn es sich um eine Abspaltung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Anteilen handelt, bei denen die Spekulationsfrist zum Veräußerungszeitpunkt bereits abgelaufen ist; vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 52a Abs. 11 Satz 4 EStG 2009).
23 
Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze liegt im Streitfall - auch insoweit teilt der erkennende Senat die einheitliche Auffassung der dargelegten bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung - eine Abspaltung vor, mit der Folge, dass die Zuteilung der HPE-Anteile gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG keine Besteuerung auslöst. Die aufgeführten Kriterien sind erfüllt. Aufgrund der Darstellung der von der HPC unternommenen Kapitalmaßnahme im BMF-Schreiben vom 20.03.2017 (BStBl I 2017, 431) ist davon auszugehen, dass die HPC/HPI Vermögen auf die HPE und ihre Anteile an der HPE auf ihre Aktionäre übertragen hat, mit der Folge, dass diese im gleichen Verhältnis an der HPI und an der HPE beteiligt waren. Die HPC selbst hat als eigenständiges Rechtssubjekt fortbestanden und sich lediglich in HPI umbenannt. Der Rechtstypenvergleich fällt ebenfalls positiv aus. Sowohl bei der HPC/HPI als auch bei der HPE handelt es sich um einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbare Gesellschaftsformen (vgl. BMF-Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I, 1076, Tabelle 1, Stichwort "USA"). Schließlich ist auch das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt (vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG i.V.m. Art. 13 Abs. 5 DBA-USA).
24 
Dagegen teilt der erkennende Senat die hiergegen vom Bekl angeführte Rechtsauffassung des BMF im Schreiben vom 20.03.2017 (BStBl. I 2017, 431) - die hinsichtlich der HPE-Aktien von einer steuerpflichtigen Sachausschüttung i. S. des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG ausgeht - nicht. Denn indem die Finanzverwaltung bei ausländischen Vorgängen (wohl) die kumulative Erfüllung aller Kriterien des in Bezug genommenen Schreibens vom 18.01.2016, Rz. 115 (BStBl. I 2016, 85) verlangt, werden Indizien zu Tatbestandsmerkmalen aufgewertet; hinzu kommt noch, dass die dort benannten Kriterien - zumindest z.T. (z.B. Erhaltung der ISIN des übertragenden Rechtsträgers) - wenig sachgerecht erscheinen.
25 
Die nach alledem zu berücksichtigenden KapErtr und die neu zu berechnende ESt gehen jedenfalls nicht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung --FGO-- über das Klagebegehren der Kl hinaus.
26 
Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Bekl beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
III.
27 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV.
28 
Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung.
V.
29 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung --ZPO--.
VI.
30 
Der Senat hielt es für sachgerecht, über den Streitfall ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, insbesondere da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich erschien, § 90a FGO.

Gründe

 
14 
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
15 
Das Klagebegehren der Kl war - wie im Tatbestand wiedergegeben - auszulegen (s. Klageantrag der Kl und unter Ziff. 3, jeweils in der Klageschrift vom ...).
II.
16 
Der streitgegenständliche ESt-Bescheid 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Kl in ihren Rechten. Zu Unrecht hat der Bekl bei den Kl die zugeteilten HPE-Aktien als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen qualifiziert. Denn die in dieser Anteilszuteilung liegende Sachausschüttung („sonstige Bezüge“) i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.10.2010 I R 117/08, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH/NV-- 2011, 669 und nachgehend vom 13.07.2016 VIII R 73/13, BFH/NV 2016, 1827; vom 13.07.2016 VIII R 47/13, BFH/NV 2016, 2392) ist - unabhängig von der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vorgesehenen Ausnahme der Einlagenrückgewähr - jedenfalls deshalb nicht zu besteuern, da gemäß § 20 Abs. 4a S. 7 i.V. mit S. 1 EStG die übernommenen HPE-Anteile steuerlich an die Stelle der bisherigen Anteile getreten sind (vgl. Levedag in: Schmidt, EStG-Kommentar, 39. Aufl., 2020, § 20 Rz. 226: „Fußstapfentheorie“); die allgemeinere Regelung des § 20 Abs. 4a S. 5 EStG tritt insoweit zurück. Der erkennende Senat folgt damit der zur streitgegenständlichen HPC-Umstrukturierung bzw. zur Zuteilung von HPE-Aktien bereits ergangenen finanzgerichtlichen (erstinstanzlichen) Rechtsprechung: vgl. Finanzgericht --FG-- München, Urteil vom 19.12.2019 8 K 981/17, juris, Rz. 37 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 6/20; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.08.2019 1 K 2295/17, Rz. 27 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 28/19; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2019 13 K 1762/17 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2019, 1117, Rz. 22 ff. - Revision beim BFH anhängig: VIII R 9/19 und Urteil vom 29.01.2019 13 K 2119/17 E, Rz. 22 ff. - rechtskräftig. Zur Vereinfachung wird auf die überzeugenden Begründungen in den vorstehenden Entscheidungen Bezug genommen, die diesem Gerichtsbescheid als Anlagen 1-4 (in Form von Ausdrucken aus der juris-Datenbank) - fest verbunden - beigefügt sind.
17 
Auch der erkennende Senat legt mithin den Abspaltungsbegriff i.S. von § 20 Abs. 4a S. 7 EStG „typusorientiert“ dahingehend weit aus, dass nur die nachfolgenden typusbestimmenden Merkmale einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs.2 UmwG vorliegen müssen (so auch FG München, a.a.O., Rz. 50 ff.; FG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rz. 48 ff.; FG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2019 13 K 1762/17 E, a.a.O., Rz: 34 ff. und Urteil vom 29.01.2019 13 K 2119/17 E, a.a.O., Rz. 43 ff.):
18 
1. Der übertragende Rechtsträger hat im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Maßnahme einen Teil seines Vermögens auf einen oder mehrere übernehmende Rechtsträger übertragen, die entweder schon bestehen oder im Zuge des Vorgangs gegründet worden sind.
19 
2. Die Anteile am übernehmenden Rechtsträger oder an den übernehmenden Rechtsträgern sind im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers übertragen worden.
20 
3. Der übertragende Rechtsträger besteht fort.
21 
4. Bei einem "Auslandsfall": Der übertragende ausländische und der übernehmende in- oder ausländische Rechtsträger müssen einem vergleichbaren umwandlungsfähigen Rechtsträger inländischen Rechts entsprechen.
22 
Sind diese Merkmale erfüllt, ist für Zwecke des KapErtr-Steuerabzugs und der Abgeltungsteuer von einer Abspaltung auszugehen. Eine abschließende Prüfung der Steuerpflicht und der Höhe des zu versteuernden Gewinns ist - entsprechend dem Willen des Gesetzgebers - erst zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die zugeteilten Anteile gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG veräußert werden. Zu diesem Zeitpunkt ist dann auch über die Frage zu entscheiden, ob die veräußerten Anteile überhaupt steuerverhaftet sind (dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn es sich um eine Abspaltung von vor dem 1.1.2009 erworbenen Anteilen handelt, bei denen die Spekulationsfrist zum Veräußerungszeitpunkt bereits abgelaufen ist; vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 52a Abs. 11 Satz 4 EStG 2009).
23 
Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze liegt im Streitfall - auch insoweit teilt der erkennende Senat die einheitliche Auffassung der dargelegten bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung - eine Abspaltung vor, mit der Folge, dass die Zuteilung der HPE-Anteile gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG keine Besteuerung auslöst. Die aufgeführten Kriterien sind erfüllt. Aufgrund der Darstellung der von der HPC unternommenen Kapitalmaßnahme im BMF-Schreiben vom 20.03.2017 (BStBl I 2017, 431) ist davon auszugehen, dass die HPC/HPI Vermögen auf die HPE und ihre Anteile an der HPE auf ihre Aktionäre übertragen hat, mit der Folge, dass diese im gleichen Verhältnis an der HPI und an der HPE beteiligt waren. Die HPC selbst hat als eigenständiges Rechtssubjekt fortbestanden und sich lediglich in HPI umbenannt. Der Rechtstypenvergleich fällt ebenfalls positiv aus. Sowohl bei der HPC/HPI als auch bei der HPE handelt es sich um einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbare Gesellschaftsformen (vgl. BMF-Schreiben vom 24.12.1999, BStBl I, 1076, Tabelle 1, Stichwort "USA"). Schließlich ist auch das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt (vgl. § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG i.V.m. Art. 13 Abs. 5 DBA-USA).
24 
Dagegen teilt der erkennende Senat die hiergegen vom Bekl angeführte Rechtsauffassung des BMF im Schreiben vom 20.03.2017 (BStBl. I 2017, 431) - die hinsichtlich der HPE-Aktien von einer steuerpflichtigen Sachausschüttung i. S. des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG ausgeht - nicht. Denn indem die Finanzverwaltung bei ausländischen Vorgängen (wohl) die kumulative Erfüllung aller Kriterien des in Bezug genommenen Schreibens vom 18.01.2016, Rz. 115 (BStBl. I 2016, 85) verlangt, werden Indizien zu Tatbestandsmerkmalen aufgewertet; hinzu kommt noch, dass die dort benannten Kriterien - zumindest z.T. (z.B. Erhaltung der ISIN des übertragenden Rechtsträgers) - wenig sachgerecht erscheinen.
25 
Die nach alledem zu berücksichtigenden KapErtr und die neu zu berechnende ESt gehen jedenfalls nicht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung --FGO-- über das Klagebegehren der Kl hinaus.
26 
Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Bekl beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
III.
27 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
IV.
28 
Die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Rechtsfortbildung.
V.
29 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung --ZPO--.
VI.
30 
Der Senat hielt es für sachgerecht, über den Streitfall ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, insbesondere da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich erschien, § 90a FGO.

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