1. Der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen für Dezember 2012 und Oktober 2015 vom 17. Juni 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2018 wird insoweit abgeändert, als die Pauschalsteuer für Sachzuwendungen gemäß § 37b Einkommensteuergesetz wie folgt gemindert wird:
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.
| Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen an Privatkunden der Klägerin nach § 37b Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen. |
|
| Die Klägerin ist eine körperschaftsteuerpflichtige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie betreibt ein Kreditinstitut. In den Jahren 2012 bis 2015 unterstützte sie verschiedene regionale Veranstaltungen oder richtete solche selbst aus. An diesen nahmen auf Einladung der Klägerin ausgewählte Firmen- und Privatkunden sowie Arbeitnehmer der Klägerin teil. Streitig ist allein die Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen an Privatkunden. Nicht in Streit steht die von der Klägerin praktizierte Pauschalbesteuerung bei Sachzuwendungen an Firmenkunden und an Arbeitnehmer. |
|
| Das vorliegende Verfahren, das mit Beschluss vom 5. März 2021 gemäß § 73 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) vom Klageverfahren Az. 10 K 72/19 abgetrennt wurde, betrifft die Durchführung einer Weinprobe und eines Golfturniers. |
|
| Am 15. September 2012 fand auf Einladung des Vorstandes der Klägerin eine Veranstaltung statt, die mit einer Schifffahrt, einem Menü und einer Weinprobe verbunden war. Die Einladung erging an sehr gehobene und vom Vorstand betreute Kundschaft der Klägerin. Die entstandenen Kosten für die Miete des Schiffes, den Shuttleservice, die Dekoration etc. beliefen sich auf XXX EUR. Insgesamt nahmen auf Einladung der Klägerin 47 Personen an der Veranstaltung teil, davon 17 aus dem hier streitigen Privatkundenbereich. Die anteiligen Kosten betrugen XXX EUR. Aus der Einladung ergeben sich keine Hinweise auf eine bestimmte Geldanlage oder mögliche Beratungsgespräche. Auf die Übernahme der Pauschalsteuer gemäß § 37b Abs. 3 Satz 3 EStG wurde in der Einladung nicht hingewiesen (vgl. eFG-Akte Bl. 240). |
|
| Die Einladungen der Privatkunden zum Golfturnier, das am 7. Juni 2015 im Golfclub A stattfand, waren von Beratern der Abteilung „X" veranlasst. Es wird auf keine bestimmte Geldanlage oder mögliche Beratungsgespräche hingewiesen. Die Teilnehmerzahl war begrenzt und über die Teilnahme entschied der Eingang der Zusage. Die Einladung galt nur für den eingeladenen Kunden persönlich und war nicht übertragbar. Die auf das Golfturnier entfallenden Kosten betrugen XXX EUR. Darin enthalten war eine Rechnung der F-Bank vom 12. Oktober 2015 über die Nutzung eines Event-Pakets zum Preis von XXX EUR. Hierauf wurde der Werbegegenwert für die imagewirksame Präsentation der Marke F-Investments in Höhe von XXX EUR angerechnet. Insgesamt nahmen auf Einladung der Klägerin 51 Personen am Turnier teil, davon zehn aus dem hier streitigen Privatkundenbereich. Die anteiligen Kosten beliefen sich auf XXX EUR. Auf die Übernahme der Pauschalsteuer gemäß § 37b Abs. 3 Satz 3 EStG wurde in der Einladung nicht hingewiesen (vgl. eFG-Akte Bl. 196). |
|
| Die geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zu den eingeladenen Privatkunden betrafen neben Sparkonten und Festgeldern auch weitere Produkte und Dienstleistungen wie Girokonten, Wertpapierdepots mit Schuldverschreibungen, Aktien, Investmentfonds und Darlehen. |
|
| Die Klägerin unterwarf die Sachzuwendungen der Pauschalbesteuerung gemäß § 37b EStG, meldete die Pauschalsteuern in den Lohnsteuer-Anmeldungen Dezember 2012 (Weinprobe; Pauschalsteuer: 30 % von XXX EUR = XXX EUR; Solidaritätszuschlag XXX EUR; Kirchensteuer XXX EUR) und Oktober 2015 (Golfturnier; Pauschalsteuer: 30 % von XXX EUR = XXX EUR; Solidaritätszuschlag XXX EUR; Kirchensteuer XXX EUR) an und führte diese an den Beklagten ab. |
|
| Nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2015 erging am 17. Juni 2016 ein Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung u.a. für die hier streitigen Lohnsteuer-AnmeldungenDezember 2012 und Oktober 2015. Die in den Veranstaltungen angefallenen Bewirtungskosten erfasste der Beklagte in einem Lohnsteuernachforderungsbescheid, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. |
|
| Mit Einspruchsschreiben vom 30. Juni 2016 wendete sich die Klägerin gegen die Pauschalversteuerung der Sachzuwendungen. |
|
| Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2018 als unbegründet zurück. Die Sachzuwendungen der Klägerin seien bei wirtschaftlicher Betrachtung als Entgelt für die Kapitalüberlassung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 EStG zu betrachten. Die Besteuerung nach § 37b EStG habe zudem Vorrang vor dem Steuerabzugsverfahren nach §§ 43 ff. EStG. |
|
| Hiergegen reichte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 7. Januar 2019 Klage ein, die zunächst bei einem anderen Senat des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg erfasst wurde. Von dort wurde das Klageverfahren mit Beschluss vom 8. Juli 2020 zuständigkeitshalber an den erkennenden Senat abgegeben. |
|
| Zur Begründung trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, die Sachzuwendungen der Klägerin an ihre Kunden hätten keinen Entgeltcharakter für eine Kapitalüberlassung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Sie würden sich weder nach der Laufzeit noch nach der Höhe des überlassenen Kapitals bemessen. |
|
| Zudem könne die Sachzuwendung nur auf die Zukunft ausgerichtet sein, um bestehende Einlagen zu sichern oder neue Einlagen zu akquirieren. Da die Klägerin nicht wisse, wie lange der Kunde seine Einlage stehen lassen werde, würden sich unterschiedliche Zins-sätze je Einlage ergeben. Der Kunde könnte den „Zins“ in Form der Sachzuwendung vereinnahmen und am nächsten Tag zu einer anderen Bank wechseln. Auch deshalb sei die Annahme eines Zinses unrealistisch. |
|
| Der Kunde werde keinen Zusammenhang sehen zwischen seiner Kapitalüberlassung und der Sachzuwendung. Aus Sicht der Klägerin scheide ein Wille, mit der Sachzuwendung einen Zins für Einlagengeschäfte zahlen zu wollen, aus. Ihre Verdienstmöglichkeiten seien im Provisionsgeschäft weitaus bedeutsamer. |
|
| Für die Klägerin als regional verwurzeltes Kreditinstitut hätten die von ihr durchgeführten bzw. unterstützten Veranstaltungen einen erheblichen Stellenwert bei der Kundenbindung. Es handele sich um reine Werbemaßnahmen ohne konkrete Produktwerbung. |
|
| Die Klägerin beantragt, den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen für Dezember 2012 und Oktober 2015 vom 17. Juni 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2018 insoweit abzuändern, als die Bemessungsgrundlage für die Pauschalsteuer für Sachzuwendungen gemäß § 37b EStG für Dezember 2012 um XXX EUR und für Oktober 2015 um XXX EUR gemindert wird, hilfsweise die Revision zuzulassen. |
|
| Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen. |
|
| Zur Begründung führt er ergänzend zur Einspruchsentscheidung aus, auch Sachleistungen seien geeignet, Vorteile im Sinne des § 20 Abs. 3 EStG zu begründen. Die Vorschrift sei weit auszulegen. |
|
| Die von der Klägerin gewährten Sachzuwendungen stünden in Veranlassungszusammenhang mit dem für die einzelnen Bestandskunden geführten Einlagengeschäft. Es sei naheliegend, dass aus Sicht der betroffenen Kunden die Einladungen mit der jeweiligen Geschäftsbeziehung und den daraus erzielten Kapitalerträgen in Zusammenhang stehen. Die Klägerin habe einen Anreiz dafür schaffen wollen, dass die Kunden die einzelnen Verträge und den allgemeinen Bankvertrag beibehielten und letztlich die vorhandenen Einlagen stehen ließen. |
|
| Aus Sicht des Gläubigers der Kapitalerträge führten provisionspflichtige Geschäfte zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 und 2 EStG, sei es, dass erworbene Aktien zu Dividendeneinnahmen führten, sei es, dass mit der Aktienveräußerung ein Gewinn oder Verlust erzielt werde. |
|
| Dabei führten auch Leistungen von Dritten an den Kapitalgeber zu steuerbaren Kapitaleinkünften. |
|
| Der Berichterstatter des Senats, bei dem der Streitfall zunächst anhängig war, führte am 12. Februar 2020 einen Erörterungstermin durch. Der nach Abgabe des Klageverfahrens an den erkennenden Senat neu zuständig gewordene Berichterstatter hielt am 20. November 2020 einen Erörterungstermin ab. Am 19. April 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Niederschriften verwiesen. |
|
| Dem Senat lagen bei seiner Entscheidung die den Streitfall betreffenden Akten des Beklagten vor (1 Bd. Rechtsbehelfsakten; 1 Bd. Lohnsteuerakten). |
|
| |
| I. Die Klage ist hinsichtlich der selbst angemeldeten Pauschalsteuer zulässig. |
|
| Gegen Lohnsteuer-Anmeldungen, die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (§ 168 Satz 1 Abgabenordnung -AO-), kann Einspruch eingelegt und Klage erhoben werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Februar 2018 VI R 25/16, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 260, 526, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2018, 389). Dies gilt in gleicher Weise für einen Bescheid, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wird. Er steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO). |
|
| Die Klage ist auch begründet. |
|
| Der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen Dezember 2012 und Oktober 2015 vom 17. Juni 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2018 ist in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
|
| Die streitigen Sachzuwendungen der Klägerin an ihre Privatkunden unterliegen nicht der Pauschalbesteuerung gemäß § 37b Abs. 1 EStG, da die Empfänger hieraus keine Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) erzielten. |
|
| II. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. |
|
| 1. Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendungen schlechthin. § 37b EStG beschränkt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH vielmehr auf Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen)steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl. Das folgt aus dem Wortlaut des § 37b EStG sowie aus rechtssystematischen Gründen und aus der Einordnung des § 37b EStG in das Gesamtgefüge des Einkommensteuergesetzes. Gegenteiliges ergeben weder Entstehungsgeschichte noch Gesetzesmaterialien zu § 37b EStG (vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 2013 VI R 57/11, BFHE 243, 237, BStBl II 2015, 457; VI R 78/12, BFHE 243, 242, BStBl II 2015, 495; vom 12. Dezember 2013 VI R 47/12, BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490; vom 21. Februar 2018 VI R 25/16, BFHE 260, 526, BStBl II 2018 389; vom 13. Mai 2020 VI R 13/18, BFHE 269, 80; vom 7. Juli 2020 VI R 14/18, BFHE 269, 539, BStBl II 2021, 232; vom 30. März 2017 IV R 13/14, BFHE 257, 315, BStBl II 2017, 892). |
|
| Weiter setzt § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausdrücklich die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert darüber hinaus, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzungen schränken den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter ein. Der Tatbestand erfasst insoweit nicht sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch zwischen Steuerpflichtigem und Zuwendungsempfänger hinzutreten, in dem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind (BFH-Urteil in BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490). Dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger (beispielweise eines Kunden des Steuerpflichtigen) hinzutritt, reicht deshalb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen dem Zuwendenden (Steuerpflichtigen) und dem Leistungsempfänger eine Leistung oder Gegenleistung (Grundgeschäft) vereinbart ist und die Zuwendung zusätzlich, d.h. freiwillig, zur geschuldeten Leistung oder Gegenleistung hinzukommt (BFH-Urteil in BFHE 260, 526, BStBl II 2018, 389). Zuwendungen, die etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses erbracht werden, sind mangels einer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon vereinbarten Leistung oder Gegenleistung nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einbezogen (BFH-Urteil in BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490). |
|
| 2. Die Sachzuwendungen der Klägerin führten bei ihren Privatkunden nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen aus Kapitalvermögen. |
|
| a) Einnahmen aus Kapitalvermögen sind im Rahmen des § 20 Abs. 1 EStG alle vom Vertragspartner oder einem Dritten vereinnahmten Vermögensmehrungen i.S. des § 8 Abs. 1 EStG. |
|
| Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1, Abs. 2 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 3 EStG). Die Vorschrift begründet keinen selbständigen Besteuerungstatbestand, sondern enthält eine Klarstellung des Umfangs der Erträge aus der Nutzung oder Verwertung der in § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG aufgeführten Kapitalanlagen (Blümich/Ratschow, 155. EL November 2020, EStG § 20 Rn. 399). Dabei kommt es weder auf die Bezeichnung der Erträge noch darauf an, ob sie in offener oder verschleierter Form zufließen. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen vielmehr alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602). Zinsen als laufzeitabhängige Nutzungsvergütungen für die Kapitalüberlassung sind der Grundfall der Erträge (Schmidt/Levedag, 40. Auflage 2021, EStG § 20 Rn. 118). Aber auch Sachleistungen sind geeignet, Vorteile im Sinne des § 20 Abs. 3 EStG zu begründen (BFH-Urteil vom 26. August 1993 I R 44/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994, 318). Zudem fallen auch reine Drittleistungen hierunter (BFH-Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BFHE 208, 546, BStBI II 2005, 468; BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2008 VIII B 29/07, BFH/NV 2009, 574; FG Hamburg, Urteil vom 6. Februar 2019 - 3 K 196/16 -, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2019, 1115; Az. BFH: VIII R 8/20). Voraussetzung ist aber stets, dass die Vorteilsgewährung durch die Einkünfteerzielung im Rahmen des § 20 EStG, z.B. die Kapitalüberlassung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG veranlasst ist (Schmidt/Levedag, a.a.O., § 20 Rn. 190). |
|
| b) Die von der Klägerin gewährten Sachzuwendungen in Form eines Golfturniers und einer Weinprobe sind nicht durch die Einkünfteerzielung (§ 20 EStG) veranlasst. |
|
| aa) Güter in Geld oder Geldeswert sind im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zugeflossen, wenn sie durch die jeweilige Einkunftsart veranlasst sind. Dies gilt auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468). Der erforderliche Veranlassungszusammenhang besteht, wenn die zugeflossenen Güter in Geld oder Geldeswert in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der betreffenden Einkunftsart stehen (BFH-Urteil vom 12. Juli 2016 IX R 56/13, BFHE 255, 97, BStBl II 2017, 253). Maßgeblich ist allein, ob die Vorteilszuwendung nach dem Veranlassungsprinzip, d.h. bei wertender Beurteilung des die Vorteilszuwendung auslösenden Moments, der steuerbaren Tätigkeit bzw. dem steuerbaren Rechtsverhältnis (sog. Erwerbssphäre) zugehörig anzusehen ist. Hiervon ist allerdings nicht nur dann auszugehen, wenn der maßgebliche Bestimmungsgrund ausschließlich der Erwerbssphäre zuzurechnen ist; ausreichend ist vielmehr eine Mitveranlassung in dem Sinne, dass das auslösende Moment des erhaltenen Vorteils nach der an den Umständen des Einzelfalls auszurichtenden Wertung in signifikantem Ausmaß zumindest auch der Erwerbssphäre zuzuordnen ist (BFH-Urteil in BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468; BFH-Urteil vom 2. Dezember 2014 IX R 1/14, BFHE 248, 165, BStBl II 2015, 493). Daher sind Entschädigungszahlungen für Verluste, die auf Grund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, auch nach Auffassung der Finanzverwaltung nur dann besondere Entgelte und Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 i.V. mit Abs. 1 oder 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 18. Januar 2016, BStBl I 2016, 85, Rn. 83). |
|
| Gemischt veranlasste Zuwendungen, d. h. Zuwendungen, die sowohl durch die Erwerbs- als auch durch die Privatsphäre veranlasst sind, können - ggf. im Wege der Schätzung (§ 162 AO) - in Einnahmen und nicht einkommensteuerbare Zuwendungen aufgeteilt werden, sofern es einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab gibt (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30). Eine solche Aufteilung scheidet jedoch aus, wenn die jeweiligen Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist. Die Zuwendung ist dann einheitlich zu beurteilen (BFH-Urteil vom 11. März 2010 VI R 7/08, BFHE 228, 505, BStBl II 2010, 763). |
|
| Ob eine Zuwendung durch eine bestimmte Einkunftsart veranlasst ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind (BFH-Urteil vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904). Der verwirklichte Lebenssachverhalt ist nach seinem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 VI R 80/10, BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948). Maßgebend ist der wirtschaftliche Gehalt der zugrundeliegenden Vereinbarungen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (BFH-Urteil vom 11. Februar 2014 IX R 25/13, BFHE 244, 555, BStBl II 2014, 566; vgl. Blümich/Ettlich, a.a.O., § 8 Rn. 39 ff.). |
|
| bb) Die streitigen Sachzuwendungen stehen nicht in Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften der Privatkunden aus Kapitalvermögen. |
|
| aaa) Ein Veranlassungszusammenhang besteht nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 EStG, die aus direkt mit der Klägerin abgeschlossenen Kapitalanlagen herrührten und bei denen die Klägerin selbst Schuldnerin der Kapitalerträge war. |
|
| Die eingeladenen Kunden verfügten neben anderen Anlagen auch über verzinsliche Kapitalanlagen (Festgelder, Sparbücher), bei der die Klägerin selbst Schuldnerin der Kapitalerträge war. Dies ergibt sich aus den im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten Unterlagen (eFG-Akte Bl. 193 ff.) und den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Schriftsatz vom 22. Februar 2019, Seite 3, 2. Absatz; eFG-Akte Bl. 11). Mit Schreiben vom 8. Oktober 2020 hatte der Berichterstatter die Klägerseite zudem darauf hingewiesen, dass im Wege der Schätzung (§ 162 AO) vom Vorliegen derartiger Anlagen auszugehen wäre, falls die beweisbelastete Klägerin (vgl. Urban, Deutsche Steuerzeitung 2007, 299, 310; Niermann, Der Betrieb -DB- 2008, 1231; Kanzler in: Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, 6. Auflage 2021, § 37b Rn. 29; a. A. zur Beweislast: Sächsisches FG, Urteil vom 9. März 2017 - 6 K 1201/16, Betriebs-Berater 2017, 1891; Blümich/Ettlich, a.a.O., § 37b Rn. 43) hierzu keine weiteren Angaben machen sowie Unterlagen vorlegen würde. Gegenstand des Schätzens können nicht nur quantitative Größen sein, sondern auch die Besteuerungsgrundlagen im umfassenden Sinne des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. Klein/Rüsken, 15. Auflage 2020, AO § 162 Rn. 9 f.; m.w.N.). |
|
| Der Senat konnte sich jedoch unter Würdigung aller Umstände nicht die richterliche Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) davon verschaffen, dass die Sachzuwendungen der Klägerin in Veranlassungszusammenhang mit solchen Kapitalanlagen standen. |
|
| Die Klägerseite trägt hierzu vor, es handele sich bei den Sachzuwendungen um Werbemaßnahmen, die im überwiegenden betrieblichen Eigeninteresse der Klägerin gewährt worden seien. Den Kundenberatern sollte Gelegenheit gegeben werden, die Kunden bei den Veranstaltungen persönlich näher kennenzulernen. Die Veranstaltungen dienten als „Türöffner“ für spätere Beratungsgespräche. Dabei gehe es um eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Produkte, die nur im Ausnahmefall bei den Kunden zu solchen Einkünften aus Kapitalvermögen führten, bei denen gerade die Klägerin Schuldnerin der Kapitalerträge sei. Eher würden Wertpapier- und Aktiendepots vermittelt, bei denen der Schuldner der Kapitalerträge ein Dritter sei, oder es würden Bauspar- oder Versicherungsverträge vermittelt, die der Klägerin zwar einen Provisionsanspruch verschafften, sie aber nicht zur Zahlung von Zinsen an die Kunden verpflichteten. Die eingeladenen Kunden hätten teilweise auch von der Klägerin Darlehen erhalten. |
|
| Der Vortrag der Klägerin ist nachvollziehbar und glaubhaft. Zunächst ist auf die Rechnung der F-Bank vom 12. Oktober 2015 an die Klägerin über die Nutzung eines Event-Pakets zum Preis von XXX EUR zu verweisen. Hierauf wurde der Werbegegenwert für die imagewirksame Präsentation der Marke F-Investments anlässlich des Golfturniers in Höhe von XXX EUR angerechnet. Hieraus wird deutlich, dass beim Golfturnier Werbung für Produkte der F-Bank, also insbesondere Investmentfonds, betrieben wurde. |
|
| Gegen die Annahme, dass die Erhaltung oder Gewinnung von Kundengeldern für Spar- oder Festgeldkonten Anlass für die Sachzuwendungen waren, spricht zudem das bereits in den Streitjahren 2012 bis 2015 bestehende niedrige Zinsniveau. Der durchschnittliche Zinssatz für Spareinlagen bei der Klägerin verringerte sich für Festgeldanlagen (12 Monate Laufzeit) von 1,5 % in 2012 auf 0,05 % in 2015 (Anlage ab 25.000 EUR; vgl. eFG-Akte Bl. 148 ff.). Es erscheint wenig plausibel, dass die Klägerin ihre Kunden bewegen wollte, angesichts der niedrigen Verzinsung ihre Einlagen zu behalten oder noch zu erweitern. Hinzu kommt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) seit Juni 2014 Strafzinsen erhebt (vgl. Zusammenstellung der EZB-Zinssätze, eFG-Akte Bl. 137). Es erscheint schlüssig, dass die Klägerin bei den Beratungen ihr Augenmerk verstärkt auf Anlageformen richtete, bei denen Strafzinsen vermieden und Erträge in Form von Provisionen verdient werden konnten. So führte sie in Pressemitteilungen aus, dass der sich weiter sehr positiv entwickelnde Provisionsertrag die Einbußen aus den niedrigen Zinsen nicht auffangen konnte. Kundengelder würden hauptsächlich in Sichteinlagen bzw. kurzfristige Termingelder fließen. An eine sinnvolle Vermögensbildung sei dabei nicht zu denken. Die Klägerin setze daher auf eine breite Wertpapierberatung. Man wolle noch mehr Menschen eine Wertpapieranlage näherbringen und über Anlagemöglichkeiten informieren (Pressemitteilungen vom 19. März 2019; abgerufen am 12. April 2019 unter www.xxx.de). Daher erscheint auch die Annahme fernliegend, die Kunden hätten die Sachzuwendungen in der Vorstellung angenommen, die Klägerin wolle sie dafür belohnen, dass sie ihre Einlagen behielten bzw. sie dazu motivieren, diese noch zu erweitern. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die gehobene Privatkundschaft die Einladungen als einen Anreiz für weitere Geschäftsabschlüsse mit der Klägerin begriff, bei denen einerseits sie selbst bessere Renditen erzielen und andererseits die Klägerin Provisionserträge erwirtschaften und Strafzinsen vermeiden konnte. |
|
| Jedenfalls würde ein möglicher Zusammenhang mit den Kapitalanlagen bei der Klägerin hinter den Charakter der Sachzuwendungen als Werbemaßnahmen im überwiegenden betrieblichen Eigeninteresse der Klägerin zurücktreten. Eine Aufteilung der Sachzuwendungen auf den Einkünftebereich einerseits und den Werbebereich ohne Bezug zu einer konkreten Kapitalanlage wäre mangels eines geeigneten Aufteilungsmaßstabs nicht möglich. |
|
| bbb) Die Sachzuwendungen unterliegen nicht als Entgelte von dritter Seite, die mit Einkünften der Kunden aus Aktien (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), Investmentfonds (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG), Lebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) oder Veräußerungsgewinnen (§ 20 Abs. 2 EStG) in Zusammenhang stehen, der Pauschalbesteuerung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Zwar können auch Leistungen Dritter zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist jedoch der Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Ermangelung eines Grundgeschäfts nicht eröffnet, wenn die Zuwendung zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger hinzutritt (BFH-Urteil in BFHE 260, 526, BStBl II 2018, 389). |
|
| III. Gemäß § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die Einkommen-steuer für Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschalsteuersatz von 30 % erheben. Dies ist unabhängig davon, ob ihr Wert 35 EUR überschreitet (BFH-Urteil in BFHE 243, 233, BStBl II 2015, 455). |
|
| 1. Der Geschenkbegriff des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entspricht demjenigen der bürgerlich-rechtlichen Schenkung. Gemäß § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Schenkung eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn sich beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht (BFH-Urteil in BFHE 257, 315, BStBl II 2017, 892). |
|
| In Abgrenzung zu den Sachzuwendungen i.S. des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG werden Geschenke gewährt, um allgemeine Geschäftsbeziehungen zu knüpfen, zu erhalten oder zu verbessern. Sie dienen der betrieblichen Klimapflege. Ein Zusammenhang mit einer konkreten Geschäftsbeziehung besteht nicht (Graw in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 312. AL 3/2021, 1. Erhebung der Einkommensteuer, Rn. B 16; Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 37b Rn. 10 f.). |
|
|
|
| 2. Da einerseits ein Geschenk nur dann vorliegt, wenn die Zuwendung nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht, und andererseits die Rechtsprechung des BFH verlangt, dass die Zuwendung beim Empfänger zu Einkünften führt, scheidet bei Überschusseinkünften eine Pauschalierung der Einkommensteuer aufgrund von § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG regelmäßig aus (vgl. auch Schneider, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht 2014, 341, 350; Geserich, Deutsches Steuerrecht 2014, 561, 563; Kanzler in: Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, 6. Auflage 2021, § 37b Rn. 29; Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 37b Rn. 3, 13; Lingemann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 302. Lieferung 02.2021, § 37b EStG Rn. 10; Kohlhaas/Neumann, Die Steuerberatung 2014, 395, 397 f.; Kuhardt-Junghans, Der Ertrag-Steuer-Berater 2012, 34, 37; einschränkend Niermann, DB 2008, 1231, 1232). |
|
| Dies gilt auch für den vorliegenden Streitfall. Bei den Sachzuwendungen der Klägerin fehlt es an einem Bezug zu einer konkreten Kapitalanlage. Sie hat glaubhaft ausgeführt, zum Zeitpunkt der Gewährung der Sachzuwendungen sei keine konkrete Kapitalanlage ins Auge gefasst worden. Sie sollten als Werbemaßnahme die Möglichkeit schaffen, später in eine Anlageberatung einzutreten und Kapitalanlagen zu vermitteln. Aufgrund des nicht vorhandenen Bezugs zu einer bestimmten Kapitalanlage kann der Senat in den Sachzuwendungen keine steuerpflichtigen Kapitalerträge erkennen. Nach der Auffassung der Finanzverwaltung fallen sogar Sachzuwendungen (Prämien) aus Anlass von Vertragsneuabschlüssen nicht in den Anwendungsbereich von § 37b EStG, da solche Prämien beim Empfänger regelmäßig nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen (BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018, BStBl I 2018, 814, Rn. 9e). |
|
|
|
| V. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO). |
|
| VI. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung. |
|
| |
| I. Die Klage ist hinsichtlich der selbst angemeldeten Pauschalsteuer zulässig. |
|
| Gegen Lohnsteuer-Anmeldungen, die Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen (§ 168 Satz 1 Abgabenordnung -AO-), kann Einspruch eingelegt und Klage erhoben werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Februar 2018 VI R 25/16, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 260, 526, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2018, 389). Dies gilt in gleicher Weise für einen Bescheid, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wird. Er steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO). |
|
| Die Klage ist auch begründet. |
|
| Der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung für die Lohnsteuer-Anmeldungen Dezember 2012 und Oktober 2015 vom 17. Juni 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Dezember 2018 ist in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). |
|
| Die streitigen Sachzuwendungen der Klägerin an ihre Privatkunden unterliegen nicht der Pauschalbesteuerung gemäß § 37b Abs. 1 EStG, da die Empfänger hieraus keine Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) erzielten. |
|
| II. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. |
|
| 1. Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfasst nicht alle Zuwendungen schlechthin. § 37b EStG beschränkt sich nach der ständigen Rechtsprechung des BFH vielmehr auf Zuwendungen, die bei den Zuwendungsempfängern zu einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären (Einkommen)steuertatbestand, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl. Das folgt aus dem Wortlaut des § 37b EStG sowie aus rechtssystematischen Gründen und aus der Einordnung des § 37b EStG in das Gesamtgefüge des Einkommensteuergesetzes. Gegenteiliges ergeben weder Entstehungsgeschichte noch Gesetzesmaterialien zu § 37b EStG (vgl. BFH-Urteile vom 16. Oktober 2013 VI R 57/11, BFHE 243, 237, BStBl II 2015, 457; VI R 78/12, BFHE 243, 242, BStBl II 2015, 495; vom 12. Dezember 2013 VI R 47/12, BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490; vom 21. Februar 2018 VI R 25/16, BFHE 260, 526, BStBl II 2018 389; vom 13. Mai 2020 VI R 13/18, BFHE 269, 80; vom 7. Juli 2020 VI R 14/18, BFHE 269, 539, BStBl II 2021, 232; vom 30. März 2017 IV R 13/14, BFHE 257, 315, BStBl II 2017, 892). |
|
| Weiter setzt § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausdrücklich die betriebliche Veranlassung der Zuwendungen voraus und fordert darüber hinaus, dass diese Zuwendungen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung des Steuerpflichtigen erbracht werden. Diese Voraussetzungen schränken den Anwendungsbereich der Pauschalierungsnorm weiter ein. Der Tatbestand erfasst insoweit nicht sämtliche unabhängig von einem bestehenden Leistungsaustausch erbrachten Zuwendungen, sondern nur solche, die ergänzend zu einem synallagmatischen Leistungsaustausch zwischen Steuerpflichtigem und Zuwendungsempfänger hinzutreten, in dem die Zuwendungen zwar nicht geschuldet, aber durch den Leistungsaustausch veranlasst sind (BFH-Urteil in BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490). Dass die Zuwendung des Steuerpflichtigen zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger (beispielweise eines Kunden des Steuerpflichtigen) hinzutritt, reicht deshalb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass zwischen dem Zuwendenden (Steuerpflichtigen) und dem Leistungsempfänger eine Leistung oder Gegenleistung (Grundgeschäft) vereinbart ist und die Zuwendung zusätzlich, d.h. freiwillig, zur geschuldeten Leistung oder Gegenleistung hinzukommt (BFH-Urteil in BFHE 260, 526, BStBl II 2018, 389). Zuwendungen, die etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses erbracht werden, sind mangels einer zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon vereinbarten Leistung oder Gegenleistung nicht in den Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einbezogen (BFH-Urteil in BFHE 244, 29, BStBl II 2015, 490). |
|
| 2. Die Sachzuwendungen der Klägerin führten bei ihren Privatkunden nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen aus Kapitalvermögen. |
|
| a) Einnahmen aus Kapitalvermögen sind im Rahmen des § 20 Abs. 1 EStG alle vom Vertragspartner oder einem Dritten vereinnahmten Vermögensmehrungen i.S. des § 8 Abs. 1 EStG. |
|
| Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1, Abs. 2 EStG bezeichneten Einnahmen oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 3 EStG). Die Vorschrift begründet keinen selbständigen Besteuerungstatbestand, sondern enthält eine Klarstellung des Umfangs der Erträge aus der Nutzung oder Verwertung der in § 20 Abs. 1 und Abs. 2 EStG aufgeführten Kapitalanlagen (Blümich/Ratschow, 155. EL November 2020, EStG § 20 Rn. 399). Dabei kommt es weder auf die Bezeichnung der Erträge noch darauf an, ob sie in offener oder verschleierter Form zufließen. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen vielmehr alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602). Zinsen als laufzeitabhängige Nutzungsvergütungen für die Kapitalüberlassung sind der Grundfall der Erträge (Schmidt/Levedag, 40. Auflage 2021, EStG § 20 Rn. 118). Aber auch Sachleistungen sind geeignet, Vorteile im Sinne des § 20 Abs. 3 EStG zu begründen (BFH-Urteil vom 26. August 1993 I R 44/92, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1994, 318). Zudem fallen auch reine Drittleistungen hierunter (BFH-Urteil vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BFHE 208, 546, BStBI II 2005, 468; BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2008 VIII B 29/07, BFH/NV 2009, 574; FG Hamburg, Urteil vom 6. Februar 2019 - 3 K 196/16 -, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst 2019, 1115; Az. BFH: VIII R 8/20). Voraussetzung ist aber stets, dass die Vorteilsgewährung durch die Einkünfteerzielung im Rahmen des § 20 EStG, z.B. die Kapitalüberlassung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG veranlasst ist (Schmidt/Levedag, a.a.O., § 20 Rn. 190). |
|
| b) Die von der Klägerin gewährten Sachzuwendungen in Form eines Golfturniers und einer Weinprobe sind nicht durch die Einkünfteerzielung (§ 20 EStG) veranlasst. |
|
| aa) Güter in Geld oder Geldeswert sind im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zugeflossen, wenn sie durch die jeweilige Einkunftsart veranlasst sind. Dies gilt auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468). Der erforderliche Veranlassungszusammenhang besteht, wenn die zugeflossenen Güter in Geld oder Geldeswert in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der betreffenden Einkunftsart stehen (BFH-Urteil vom 12. Juli 2016 IX R 56/13, BFHE 255, 97, BStBl II 2017, 253). Maßgeblich ist allein, ob die Vorteilszuwendung nach dem Veranlassungsprinzip, d.h. bei wertender Beurteilung des die Vorteilszuwendung auslösenden Moments, der steuerbaren Tätigkeit bzw. dem steuerbaren Rechtsverhältnis (sog. Erwerbssphäre) zugehörig anzusehen ist. Hiervon ist allerdings nicht nur dann auszugehen, wenn der maßgebliche Bestimmungsgrund ausschließlich der Erwerbssphäre zuzurechnen ist; ausreichend ist vielmehr eine Mitveranlassung in dem Sinne, dass das auslösende Moment des erhaltenen Vorteils nach der an den Umständen des Einzelfalls auszurichtenden Wertung in signifikantem Ausmaß zumindest auch der Erwerbssphäre zuzuordnen ist (BFH-Urteil in BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468; BFH-Urteil vom 2. Dezember 2014 IX R 1/14, BFHE 248, 165, BStBl II 2015, 493). Daher sind Entschädigungszahlungen für Verluste, die auf Grund von Beratungsfehlern im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage geleistet werden, auch nach Auffassung der Finanzverwaltung nur dann besondere Entgelte und Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 i.V. mit Abs. 1 oder 2 EStG, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer konkreten einzelnen Transaktion besteht (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 18. Januar 2016, BStBl I 2016, 85, Rn. 83). |
|
| Gemischt veranlasste Zuwendungen, d. h. Zuwendungen, die sowohl durch die Erwerbs- als auch durch die Privatsphäre veranlasst sind, können - ggf. im Wege der Schätzung (§ 162 AO) - in Einnahmen und nicht einkommensteuerbare Zuwendungen aufgeteilt werden, sofern es einen sachgerechten Aufteilungsmaßstab gibt (BFH-Urteil vom 18. August 2005 VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30). Eine solche Aufteilung scheidet jedoch aus, wenn die jeweiligen Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist. Die Zuwendung ist dann einheitlich zu beurteilen (BFH-Urteil vom 11. März 2010 VI R 7/08, BFHE 228, 505, BStBl II 2010, 763). |
|
| Ob eine Zuwendung durch eine bestimmte Einkunftsart veranlasst ist, kann nur aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles entschieden werden. Die persönlichen Auffassungen und Einschätzungen der an der Zuwendung Beteiligten sind insoweit unerheblich. Entscheidend sind die vorgefundenen objektiven Tatumstände, die vom Finanzgericht als Tatsacheninstanz eigenständig zu würdigen sind (BFH-Urteil vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904). Der verwirklichte Lebenssachverhalt ist nach seinem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu beurteilen (BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 VI R 80/10, BFHE 234, 195, BStBl II 2011, 948). Maßgebend ist der wirtschaftliche Gehalt der zugrundeliegenden Vereinbarungen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (BFH-Urteil vom 11. Februar 2014 IX R 25/13, BFHE 244, 555, BStBl II 2014, 566; vgl. Blümich/Ettlich, a.a.O., § 8 Rn. 39 ff.). |
|
| bb) Die streitigen Sachzuwendungen stehen nicht in Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften der Privatkunden aus Kapitalvermögen. |
|
| aaa) Ein Veranlassungszusammenhang besteht nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 3 EStG, die aus direkt mit der Klägerin abgeschlossenen Kapitalanlagen herrührten und bei denen die Klägerin selbst Schuldnerin der Kapitalerträge war. |
|
| Die eingeladenen Kunden verfügten neben anderen Anlagen auch über verzinsliche Kapitalanlagen (Festgelder, Sparbücher), bei der die Klägerin selbst Schuldnerin der Kapitalerträge war. Dies ergibt sich aus den im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten Unterlagen (eFG-Akte Bl. 193 ff.) und den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin (Schriftsatz vom 22. Februar 2019, Seite 3, 2. Absatz; eFG-Akte Bl. 11). Mit Schreiben vom 8. Oktober 2020 hatte der Berichterstatter die Klägerseite zudem darauf hingewiesen, dass im Wege der Schätzung (§ 162 AO) vom Vorliegen derartiger Anlagen auszugehen wäre, falls die beweisbelastete Klägerin (vgl. Urban, Deutsche Steuerzeitung 2007, 299, 310; Niermann, Der Betrieb -DB- 2008, 1231; Kanzler in: Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, 6. Auflage 2021, § 37b Rn. 29; a. A. zur Beweislast: Sächsisches FG, Urteil vom 9. März 2017 - 6 K 1201/16, Betriebs-Berater 2017, 1891; Blümich/Ettlich, a.a.O., § 37b Rn. 43) hierzu keine weiteren Angaben machen sowie Unterlagen vorlegen würde. Gegenstand des Schätzens können nicht nur quantitative Größen sein, sondern auch die Besteuerungsgrundlagen im umfassenden Sinne des maßgeblichen Sachverhalts (vgl. Klein/Rüsken, 15. Auflage 2020, AO § 162 Rn. 9 f.; m.w.N.). |
|
| Der Senat konnte sich jedoch unter Würdigung aller Umstände nicht die richterliche Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) davon verschaffen, dass die Sachzuwendungen der Klägerin in Veranlassungszusammenhang mit solchen Kapitalanlagen standen. |
|
| Die Klägerseite trägt hierzu vor, es handele sich bei den Sachzuwendungen um Werbemaßnahmen, die im überwiegenden betrieblichen Eigeninteresse der Klägerin gewährt worden seien. Den Kundenberatern sollte Gelegenheit gegeben werden, die Kunden bei den Veranstaltungen persönlich näher kennenzulernen. Die Veranstaltungen dienten als „Türöffner“ für spätere Beratungsgespräche. Dabei gehe es um eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Produkte, die nur im Ausnahmefall bei den Kunden zu solchen Einkünften aus Kapitalvermögen führten, bei denen gerade die Klägerin Schuldnerin der Kapitalerträge sei. Eher würden Wertpapier- und Aktiendepots vermittelt, bei denen der Schuldner der Kapitalerträge ein Dritter sei, oder es würden Bauspar- oder Versicherungsverträge vermittelt, die der Klägerin zwar einen Provisionsanspruch verschafften, sie aber nicht zur Zahlung von Zinsen an die Kunden verpflichteten. Die eingeladenen Kunden hätten teilweise auch von der Klägerin Darlehen erhalten. |
|
| Der Vortrag der Klägerin ist nachvollziehbar und glaubhaft. Zunächst ist auf die Rechnung der F-Bank vom 12. Oktober 2015 an die Klägerin über die Nutzung eines Event-Pakets zum Preis von XXX EUR zu verweisen. Hierauf wurde der Werbegegenwert für die imagewirksame Präsentation der Marke F-Investments anlässlich des Golfturniers in Höhe von XXX EUR angerechnet. Hieraus wird deutlich, dass beim Golfturnier Werbung für Produkte der F-Bank, also insbesondere Investmentfonds, betrieben wurde. |
|
| Gegen die Annahme, dass die Erhaltung oder Gewinnung von Kundengeldern für Spar- oder Festgeldkonten Anlass für die Sachzuwendungen waren, spricht zudem das bereits in den Streitjahren 2012 bis 2015 bestehende niedrige Zinsniveau. Der durchschnittliche Zinssatz für Spareinlagen bei der Klägerin verringerte sich für Festgeldanlagen (12 Monate Laufzeit) von 1,5 % in 2012 auf 0,05 % in 2015 (Anlage ab 25.000 EUR; vgl. eFG-Akte Bl. 148 ff.). Es erscheint wenig plausibel, dass die Klägerin ihre Kunden bewegen wollte, angesichts der niedrigen Verzinsung ihre Einlagen zu behalten oder noch zu erweitern. Hinzu kommt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) seit Juni 2014 Strafzinsen erhebt (vgl. Zusammenstellung der EZB-Zinssätze, eFG-Akte Bl. 137). Es erscheint schlüssig, dass die Klägerin bei den Beratungen ihr Augenmerk verstärkt auf Anlageformen richtete, bei denen Strafzinsen vermieden und Erträge in Form von Provisionen verdient werden konnten. So führte sie in Pressemitteilungen aus, dass der sich weiter sehr positiv entwickelnde Provisionsertrag die Einbußen aus den niedrigen Zinsen nicht auffangen konnte. Kundengelder würden hauptsächlich in Sichteinlagen bzw. kurzfristige Termingelder fließen. An eine sinnvolle Vermögensbildung sei dabei nicht zu denken. Die Klägerin setze daher auf eine breite Wertpapierberatung. Man wolle noch mehr Menschen eine Wertpapieranlage näherbringen und über Anlagemöglichkeiten informieren (Pressemitteilungen vom 19. März 2019; abgerufen am 12. April 2019 unter www.xxx.de). Daher erscheint auch die Annahme fernliegend, die Kunden hätten die Sachzuwendungen in der Vorstellung angenommen, die Klägerin wolle sie dafür belohnen, dass sie ihre Einlagen behielten bzw. sie dazu motivieren, diese noch zu erweitern. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die gehobene Privatkundschaft die Einladungen als einen Anreiz für weitere Geschäftsabschlüsse mit der Klägerin begriff, bei denen einerseits sie selbst bessere Renditen erzielen und andererseits die Klägerin Provisionserträge erwirtschaften und Strafzinsen vermeiden konnte. |
|
| Jedenfalls würde ein möglicher Zusammenhang mit den Kapitalanlagen bei der Klägerin hinter den Charakter der Sachzuwendungen als Werbemaßnahmen im überwiegenden betrieblichen Eigeninteresse der Klägerin zurücktreten. Eine Aufteilung der Sachzuwendungen auf den Einkünftebereich einerseits und den Werbebereich ohne Bezug zu einer konkreten Kapitalanlage wäre mangels eines geeigneten Aufteilungsmaßstabs nicht möglich. |
|
| bbb) Die Sachzuwendungen unterliegen nicht als Entgelte von dritter Seite, die mit Einkünften der Kunden aus Aktien (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG), Investmentfonds (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG), Lebensversicherungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) oder Veräußerungsgewinnen (§ 20 Abs. 2 EStG) in Zusammenhang stehen, der Pauschalbesteuerung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Zwar können auch Leistungen Dritter zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist jedoch der Anwendungsbereich des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Ermangelung eines Grundgeschäfts nicht eröffnet, wenn die Zuwendung zu einer Leistung eines Dritten an den Zuwendungsempfänger hinzutritt (BFH-Urteil in BFHE 260, 526, BStBl II 2018, 389). |
|
| III. Gemäß § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die Einkommen-steuer für Geschenke i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschalsteuersatz von 30 % erheben. Dies ist unabhängig davon, ob ihr Wert 35 EUR überschreitet (BFH-Urteil in BFHE 243, 233, BStBl II 2015, 455). |
|
| 1. Der Geschenkbegriff des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG entspricht demjenigen der bürgerlich-rechtlichen Schenkung. Gemäß § 516 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist eine Schenkung eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn sich beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Zuwendung nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht (BFH-Urteil in BFHE 257, 315, BStBl II 2017, 892). |
|
| In Abgrenzung zu den Sachzuwendungen i.S. des § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG werden Geschenke gewährt, um allgemeine Geschäftsbeziehungen zu knüpfen, zu erhalten oder zu verbessern. Sie dienen der betrieblichen Klimapflege. Ein Zusammenhang mit einer konkreten Geschäftsbeziehung besteht nicht (Graw in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 312. AL 3/2021, 1. Erhebung der Einkommensteuer, Rn. B 16; Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 37b Rn. 10 f.). |
|
|
|
| 2. Da einerseits ein Geschenk nur dann vorliegt, wenn die Zuwendung nicht als Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Empfängers gedacht ist und nicht in einem unmittelbaren zeitlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer solchen Leistung steht, und andererseits die Rechtsprechung des BFH verlangt, dass die Zuwendung beim Empfänger zu Einkünften führt, scheidet bei Überschusseinkünften eine Pauschalierung der Einkommensteuer aufgrund von § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG regelmäßig aus (vgl. auch Schneider, Neue Wirtschaftsbriefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht 2014, 341, 350; Geserich, Deutsches Steuerrecht 2014, 561, 563; Kanzler in: Kanzler/Kraft/Bäuml/Marx/Hechtner, 6. Auflage 2021, § 37b Rn. 29; Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 37b Rn. 3, 13; Lingemann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 302. Lieferung 02.2021, § 37b EStG Rn. 10; Kohlhaas/Neumann, Die Steuerberatung 2014, 395, 397 f.; Kuhardt-Junghans, Der Ertrag-Steuer-Berater 2012, 34, 37; einschränkend Niermann, DB 2008, 1231, 1232). |
|
| Dies gilt auch für den vorliegenden Streitfall. Bei den Sachzuwendungen der Klägerin fehlt es an einem Bezug zu einer konkreten Kapitalanlage. Sie hat glaubhaft ausgeführt, zum Zeitpunkt der Gewährung der Sachzuwendungen sei keine konkrete Kapitalanlage ins Auge gefasst worden. Sie sollten als Werbemaßnahme die Möglichkeit schaffen, später in eine Anlageberatung einzutreten und Kapitalanlagen zu vermitteln. Aufgrund des nicht vorhandenen Bezugs zu einer bestimmten Kapitalanlage kann der Senat in den Sachzuwendungen keine steuerpflichtigen Kapitalerträge erkennen. Nach der Auffassung der Finanzverwaltung fallen sogar Sachzuwendungen (Prämien) aus Anlass von Vertragsneuabschlüssen nicht in den Anwendungsbereich von § 37b EStG, da solche Prämien beim Empfänger regelmäßig nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen (BMF-Schreiben vom 28. Juni 2018, BStBl I 2018, 814, Rn. 9e). |
|
|
|
| V. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO). |
|
| VI. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 11, 709, 711 Zivilprozessordnung. |
|