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| Die Klage ist zulässig und begründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 28. März 2017 (...) und die Einspruchsentscheidung vom 18. September 2017 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Für das streitgegenständliche Boot ist zwar nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK zunächst eine Zollschuld entstanden (dazu unter 1.); ob dies auch für die Einfuhrumsatzsteuer gilt, ist dagegen zweifelhaft (dazu unter 2.). Der Senat konnte diese Frage allerdings offenlassen, da sowohl die Zollschuld als auch eine etwaige Einfuhrumsatzsteuerschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK wieder erloschen sind (dazu unter 3.). |
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| 1. Nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entsteht eine Einfuhrzollschuld u.a. dann, wenn eine der in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf das Verbringen von Nicht-Unionswaren in das Zollgebiet der Union nicht erfüllt ist. |
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| Im Streitfall hat der Kläger gegen die aus Art. 139 Abs. 1 UZK folgende Verpflichtung, in das Zollgebiet der Union verbrachte Waren bei ihrer Ankunft bei der bezeichneten Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort oder in der Freizone unverzüglich zu gestellen, verstoßen. Bei der Gestellung handelt es sich um die Mitteilung an die Zollbehörden, dass Waren bei der Zollstelle oder an einem anderen von den Zollbehörden bezeichneten oder zugelassenen Ort eingetroffen sind und für Zollkontrollen zur Verfügung stehen (Art. 5 Nr. 33 UZK). Der Kläger hat unstreitig am 28. März 2017 mit seinem PKW und dem auf dem Anhänger verladenen Segelbootvom Typ „…“, das in der Schweiz mit dem Kennzeichen XX-XX auf ihn zugelassen war, aus der Schweiz kommend den Grenzübergang A passiert, ohne gegenüber der zuständigen Zollbehörde – dies war nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 der Zollverordnung (ZollV) das Zollamt A-Autobahn – eine entsprechende ausdrückliche Gestellungsmitteilung abzugeben. Das bloße Passieren der Grenzzollstelle ist selbst dann keine Gestellung(smitteilung), wenn das Gespann dabei von Zollbeamten beobachtet worden sein sollte. Darüber hinaus hat der Kläger für das streitgegenständliche Boot auch keine (ausdrückliche) Zollanmeldung nach Art. 158 Abs. 1 UZK abgegeben. |
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| Die Gestellung der Ware und die Abgabe einer Zollanmeldung waren vorliegend nicht gemäß Art. 218 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-DVO) entbehrlich. Nach dieser Vorschrift gelten für Zwecke des Art. 139 UZK-DelVO die Gestellung der Ware, die Annahme der Zollanmeldung und die Überlassung der Ware durch die Zollbehörde als durch eine Willensäußerung im Sinne des Art. 141 Abs. 1 UZK-DelVO erfüllt. Eine solche Willensäußerung kann zwar auch das bloße Passieren der Zollstelle sein (Art. 141 Abs. 1 Buchst. b UZK-DelVO). Dies erfordert – wie die Kettenverweisung über Art. 139 und Art. 136 Abs. 1 Buchst. a auf die Art. 208 ff. UZK-DelVO zeigt – allerdings, dass in Bezug auf die eingeführte Ware die Voraussetzungen des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung erfüllt sind. Dies war bei dem streitgegenständlichen Segelboot indes nicht der Fall. |
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| Nach Art. 250 Abs. 1 UZK können in der vorübergehenden Verwendung für die Wiederausfuhr bestimmte Nicht-Unionswaren im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein. Die vorübergehende Verwendung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn keine Veränderungen der Waren beabsichtigt ist, die Nämlichkeit der in das Verfahren übergeführten Waren gewährleistet ist, der Inhaber des Verfahrens außerhalb des Zollgebiets der Union ansässig ist und wenn die in den zollrechtlichen Vorschriften festgelegten Anforderungen für die vollständige oder teilweise Befreiung von Abgaben erfüllt sind (vgl. Art. 250 Abs. 2 UZK). Die Anforderungen für die abgabenfreie Verwendung von Beförderungsmitteln ergeben sich dabei aus Art. 250 Abs. 2 Buchst. d UZK i.V.m. Art. 212 bis 218 UZK-DelVO. Nach Art. 212 Abs. 3 UZK-DelVO wird die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel u.a. gewährt, wenn sie außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind (Buchst. a) und von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet werden (Buchst. b). |
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| Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, denn das Boot vom Typ „…“ war weder zum Zeitpunkt seines Verbringens noch zu irgendeinem anderen Zeitpunkt vor seiner Wiederausfuhr am 18. Mai 2017 im Sinne des Art. 212 Abs. 3 UZK-DelVO in der See- und Binnenschifffahrt „eingesetzt“. Der Kläger hat es vielmehr – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – auf einem PKW-Anhänger verladen zur Firma XY in B transportiert und nach Erledigung der Arbeiten wieder aus dem Zollgebiet der Union ausgeführt, ohne es zwischenzeitlich als Beförderungsmittel genutzt zu haben. Davon, dass das Segelboot „in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzt“ gewesen wäre, kann unter diesen Umständen keine Rede sein. |
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| Soweit der Kläger meint, Art. 212 Abs. 3 UZK-DelVO verlange nicht, dass das Beförderungsmittel als solches eingesetzt werde, sondern es reiche aus, dass es hierfür grundsätzlich geeignet sei, kann dem nicht gefolgt werden. Dieser Auffassung steht zum einen der Wortlaut des Art. 212 Abs. 3 UZK-DelVO, der von „eingesetzten“ Beförderungsmitteln spricht (ebenso der französische Verordnungstext: „affectés à la navigation aérienne, maritime et fluviale“, abweichend allerdings der englische Text: „means of road, rail, air, sea and inland waterway transport“), zum anderen aber auch der Zweck des besonderen Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung entgegen. Dieser besteht darin, Nicht-Unionswaren, die nur zeitweise in das Zollgebiet der Union verbracht, dort während einer gewissen Zeit genutzt und anschließend wieder ausgeführt werden, ganz oder teilweise von der Entstehung von Einfuhrabgaben auszunehmen (z.B. Weerth in Dorsch, Zollrecht, Art. 250 UZK Rn. 1). Bei Beförderungsmitteln besteht die privilegierte „besondere Verwendung“ im Sinne des Art. 250 Abs. 1 UZK gerade darin, dass diese im Zollgebiet zur gewerblichen oder nicht gewerblichen Beförderung von Personen und/oder Waren eingesetzt werden (vgl. insbesondere auch die Definition der „gewerblichen Verwendung“ und des „eigenen Gebrauchs“, inzwischen allgemein geregelt in Art. 207 UA 2 UZK-DelVO, geändert mit Del-VO [EU] 2018/1063 vom 16. Mai 2018). |
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| Das Verbringen des streitgegenständlichen Segelbootes in das Zollgebiet der Union (allein) zu dem Zweck, an diesem diverse Arbeiten erledigen zu lassen, ohne es im Zollgebiet als Beförderungsmittel zu nutzen, also ohne es in der See- oder Binnenschifffahrt einzusetzen, konnte daher nicht im Rahmen des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung erfolgen, sondern hätte einer Überführung in das Verfahren der aktiven Veredelung bedurft. Der Senat muss daher nicht entscheiden, ob sämtliche an dem Boot durchgeführten Arbeiten nach Art. 204 UA 2 UZK-DelVO als Reparaturen und Wartungen im Rahmen eines – hier nicht einschlägigen – Verfahrens der vorübergehenden Verwendung zulässig gewesen wären (zweifelhaft ist dies in Bezug auf die Abänderung der Kielschwerthalterung). |
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| Für das Boot vom Typ „…“ war damit – mangels Erfüllung der Voraussetzungen der vorübergehenden Verwendung – eine konkludente Anmeldung durch einfaches Passieren der Zollstelle nach Art. 158 Abs. 2 UZK i.V.m. Art. 141 Abs. 1 Buchst. b, 139 Abs. 1, 136 Abs. 1 Buchst. a und 212 UZK-DelVO nicht möglich, und eine Zollanmeldung gilt gemäß Art. 219 UZK-DVO als nicht abgegeben. |
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| Das Boot wurde auch nicht ordnungsgemäß in das Verfahren der aktiven Veredelung übergeführt. Die Inanspruchnahme der aktiven Veredelung bedarf gemäß Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK der Bewilligung und muss beantragt werden. Die Bewilligung kann zwar in vereinfachter Form beantragt (Art. 163 Abs. 1 Buchst. c UZK-DelVO) und erteilt (Art. 262 UZK-DVO) werden, setzt dann aber die Abgabe einer Standard-Zollanmeldung zur Überführung der Waren in die aktive Veredelung voraus (vgl. Witte in Witte, UZK, 8. Aufl., Art. 256 Rn. 50, 52). Eine Überführung in das Verfahren durch konkludentes Verhalten ist nicht möglich. |
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| Die Zollschuld ist deshalb wegen Verstoßes gegen die Gestellungspflicht (Art. 139 Abs. 1 UZK) und die Verpflichtung zur Abgabe einer (ausdrücklichen) Zollanmeldung (Art. 158 Abs. 1 UZK) nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entstanden. |
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| Das beklagte Hauptzollamt hat die Zollschuld ausgehend von einem geschätzten Zollwert des eingeführten Bootes von 21.000 EUR mit 357 EUR bemessen. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zollwert unzutreffend sein könnte, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. |
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| Der Kläger, der das Segelboot unmittelbar in das Zollgebiet Union verbracht hat und dabei die Verpflichtungen in Bezug auf die Gestellung und Anmeldung der Ware (Art. 139 Abs. 1 Buchst. a, 158 Abs. 1 UZK) selbst zu erfüllen hatte, ist schließlich auch Zollschuldner nach Art. 79 Abs. 3 Buchst. a UZK. |
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| 2. Ob neben der Zollschuld darüber hinaus Einfuhrumsatzsteuer entstanden ist, ist dagegen zweifelhaft. |
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| Gemäß § 21 Abs. 2 HS 1 UStG sind die Vorschriften für Zölle – damit auch Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK – zwar auf die Einfuhrumsatzsteuer sinngemäß anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann eine zollrechtliche Vorschrift aber nur dann mit der Folge, dass Einfuhrumsatzsteuer entsteht, entsprechend angewendet werden, wenn eine Einfuhr im Sinne der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) vorliegt. Nur in diesem Fall liegt ein Umsatz vor, der der Mehrwertsteuer unterliegt (Art. 2 Buchst. d MwStSystRL). |
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| Als Einfuhr gilt gemäß Art. 30 MwStSystRL die Verbringung eines Gegenstands, der sich nicht im freien Verkehr im Sinne des Art. 24 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV; jetzt: Art. 29 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV –) befindet, in die Gemeinschaft. |
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| Nach der Rechtsprechung des EuGH reicht es für die Verwirklichung des Tatbestands der Einfuhrumsatzsteuer nicht aus, dass Gegenstände (körperlich) in das Gebiet der EU gelangen. Vielmehr setzt eine Einfuhr im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 30 MwStSystRL weiter voraus, dass der in das Gebiet der Union verbrachte Gegenstand in den Wirtschaftskreislauf der Union eingeht und einem Verbrauch, d.h. dem mit Mehr-wertsteuer belasteten Vorgang, zugeführt werden kann (vgl. EuGH, Urteile vom 2. Juni 2016 – C-226/14 und C-228/14, Eurogate Distribution und DHL Hub Leipzig, ECLI:EU:C:2016:405; vom 18. Mai 2017 – C-154/16, Latvijas Dzelzceļš, ECLI:EU:C:2017:392; vom 1. Juni 2017 – C-571/15, Wallenborn Transports, ECLI:EU:C:2017:417 und vom 10. Juli 2019 – C-26/18, Federal Express, ECLI:EU:C:2019:579). Der EuGH selbst hat bisher nicht definiert, wann eine Ware in den Wirtschaftskreislauf der Union eingeht. Das Finanzgericht (FG) Hamburg leitet aus der Entscheidung des EuGH im Verfahren Federal Express ab, dass in mehrwertsteuerrechtlicher Hinsicht von einem Eingang in den Wirtschaftskreislauf gesprochen werden könne, wenn die Ware – über den reinen Transit hinaus – in einer Weise behandelt worden sei, die zur Entstehung eines steuerbaren Umsatzes geführt habe oder führen würde. Dies sei der Fall, wenn die Ware Gegenstand einer Lieferung (Art. 14 ff. MwStSystRL) oder einer Dienstleistung (Art. 24 ff. MwStSystRL) sei oder eine solche an ihr erbracht werde (FG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2020 – 4 K 123/15, ZfZ 2020, 401, Rn. 51 und Beschluss vom 4. Mai 2020 – 4 V 28/20, ZfZ 2020, 235, Rn. 44). Der Senat ist demgegenüber der Auffassung, dass von einem Eingang in den Wirtschaftskreislauf der Union nur dann auszugehen ist, wenn die eingeführte Ware selbst Gegenstand einer Lieferung ist oder mit ihr eine steuerbare (Dienst-)Leistung erbracht wird. Nur dann wird sie im Sinne der dargestellten EuGH-Rechtsprechung einem Verbrauch, d.h. dem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang, zugeführt. Wird dagegen „an ihr“ eine Dienstleistung erbracht, so handelt es sich hierbei mehrwertsteuerlich betrachtet um einen von der Einfuhr zu unterscheidenden Vorgang, der nicht dazu führt, dass die Ware selbst – nur auf diese kommt es in diesem Zusammenhang an – als in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen anzusehen wäre (im Ergebnis ähnlich das FG München, das einen Eingang in den Wirtschaftskreislauf der EU annimmt, wenn die Verwendung der Waren die Güter-, Dienstleistungs- und Geldbewegungen zwischen den Wirtschaftssubjekten beeinflusst, Urteile vom 9. April 2019 – 14 K 408/17 und 14 K 2649/16, juris, Rn. 44 bzw. 22). So liegt der Fall auch hier. Das streitgegenständliche Segelboot war weder Gegenstand einer Lieferung noch wurde mit ihm eine Dienstleistung erbracht; der Kläger selbst hat es im Zollgebiet auch nicht als Beförderungsmittel genutzt, sondern an ihm lediglich die Kielschwerthalterung abändern, den Motor kontrollieren, die Kraftstofffilteranlage instand setzen sowie den Abgasschwamm erneuern lassen. Dies genügt nach den vorstehenden Ausführungen nicht für die Annahme, das Boot des Klägers sei in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen und es sei für dieses Einfuhrumsatzsteuer entstanden, wobei der erkennende Senat hierüber letztlich nicht abschließend entscheiden muss. |
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| 3. Denn selbst wenn man die Entstehung von Einfuhrumsatzsteuer vorliegend abweichend beurteilen wollte, wäre eine etwa entstandene Einfuhrumsatzsteuer – wie auch die Zollschuld – jedenfalls nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erloschen. |
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| a) Nach dieser Vorschrift erlischt eine nach Art. 79 UZK entstandene Zollschuld, wenn den Zollbehörden nachgewiesen wird, dass die Waren nicht verwendet oder verbraucht, sondern aus dem Zollgebiet der Union verbracht worden sind, und wenn kein Täuschungsversuch vorliegt (Art. 124 Abs. 6 UZK). |
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| aa) Was in diesem Zusammenhang unter dem Begriff „verwendet“ zu verstehen ist, wird im UZK und den delegierten Rechtsakten nicht näher erläutert. |
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| (1) Der EuGH hat in einer jüngeren Entscheidung für den Fall, dass für Waren in der aktiven Veredelung die nach Art. 175 Abs. 1 UA 1 UZK-DelVO erforderliche Abrechnung den Zollbehörden erst nach Ablauf der hierfür bestimmten Frist vorgelegt wird und deshalb eine Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entsteht, entschieden, dass mit der Verwendung von Waren im Sinne des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK nur eine Verwendung gemeint sei, die über die Veredelungsvorgänge hinausgeht, die von den Zollbehörden im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung bewilligt wurde. Eine Verwendung gemäß dieser bewilligten Veredelungsvorgänge werde hiervon nicht erfasst (EuGH, Urteil vom 8. Oktober 2020 – C-476/19, Combinova, ECLI:EU:C:2020:802). Er hat dabei insbesondere auf den 38. Erwägungsgrund des UZK verwiesen, wonach es angebracht sei, dem guten Glauben des Beteiligten in den Fällen, in denen eine Zollschuld auf einer Nichteinhaltung zollrechtlicher Vorschriften beruht, Rechnung zu tragen und die Folgen fahrlässigen Verhaltens des Zollschuldners auf ein Mindestmaß abzumildern. Der EuGH schließt hieraus, dass durch Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ein Erlöschen der nach Art. 79 UZK entstandenen Zollschuld, sofern kein Täuschungsversuch unternommen wurde (Art. 124 Abs. 6 UZK), für den Fall ermöglicht werden solle, dass trotz Nichtbeachtung bestimmter Voraussetzungen oder Verpflichtungen aus dem Zollkodex nachgewiesen wird, dass die Waren nicht in einer die Erhebung von Zoll rechtfertigenden Weise verwendet wurde und dass sie das Zollgebiet der Union verlassen haben (EuGH, Urteil vom 8. Oktober 2020 – C-476/19, Combinova, ECLI:EU:C:2020:802, Rn. 32 m.w.N.). Der Begriff „verwendete Waren“ im Sinne von Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK sei also dahin zu verstehen, dass er nicht jede Verwendung erfasst, sondern nur die, die als solche eine Zollschuld zur Folge hat (EuGH, Urteil vom 8. Oktober 2020 – C-476/19, Combinova, ECLI:EU:C:2020:802, Rn. 33). |
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| (2) Dem Kläger im vorliegenden Verfahren wurde – anders als in dem vom EuGH entschiedenen Fall – das Verfahren der aktiven Veredelung zwar nicht bewilligt, der erkennende Senat sieht aber gleichwohl auch im vorliegenden Fall die Einfuhrabgaben unter Berücksichtigung des 38. Erwägungsgrundes des Zollkodex als nicht entstanden und die Rechtsprechung des EuGH zum Erlöschen nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK – soweit diese Fälle der aktiven Veredelung betrifft – auch nicht als abschließend an. Der Begriff der Verwendung im Sinne des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ist nach Auffassung des Senats restriktiv und insbesondere unter Berücksichtigung des Wirtschaftszollgedankens auszulegen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Oktober 2019 – 11 K 2256/17, ZfZ 2020, 139, Revision eingelegt, Az. des Bundesfinanzhofs – BFH – VII R 1/20; FG Hamburg, Beschluss vom 29. April 2020 – 4 V 27/20, ZfZ 2020, 243, Rn. 45; Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Art. 124 UZK, Rn. 69). Vor diesem Hintergrund stellt die Einfuhr des Bootes und die Vornahme von Arbeiten an demselben keine das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ausschließende Verwendung dar. Das Segelboot selbst wurde vom Kläger im Zollgebiet nicht als Beförderungsmittel genutzt und trat deshalb nicht in Konkurrenz zu unionsansässigen Vermietern oder Verkäufern von Booten. Die im Zollgebiet der Union durchgeführten Arbeiten am Segelboot, die im Rahmen eines (bewilligten) Verfahrens der aktiven Veredelung unstreitig möglich gewesen wären, ohne dass für das Boot Einfuhrabgaben entstanden wären, beeinträchtigen ebenfalls keine wirtschaftlichen Interessen einheimischer Unternehmen. |
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| (3) Der Senat verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Kommentierung von Witte (in Witte, UZK, Art. 124 Rn. 114 ff.), der ebenfalls ein Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK sowohl bei bewilligten oder gesetzlich zulässigen Vorgängen als auch bei nicht bewilligtem Verhalten für möglich hält. Zu letzterem führt er aus, dass wenn eine Zollschuld nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. c UZK entstanden sei, weil etwa keine Bewilligung für eine aktive Veredelung vorgelegen habe, der vermeintliche Veredelungsvorgang keine unzulässige Verwendung im Sinne des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK darstelle. Andernfalls würde das Erlöschen nach dieser Vorschrift ins Leere laufen (Witte in Witte, UZK, Art. 124 Rn. 117). Nichts anderes wird gelten können, wenn die Zollschuld – wie hier – bereits zuvor durch vorschriftswidriges Verbringen der später ohne entsprechende Bewilligung be- oder verarbeiteten Ware nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a UZK entstanden, die Ware bis zur Vornahme der Veredelungsmaßnahmen aber nicht in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist (in diesem Sinne auch Witte in Witte, UZK, Art. 124 Rn. 121 f., der bei der Frage der unzulässigen Verwendung zutreffend auf eine Gesamtbetrachtung des zollschuldbegründenden Verhaltens abstellt). Der erkennende Senat teilt daher die Auffassung, dass Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK nicht jede Verwendung und jeden Verbrauch ausschließt, sondern nur Maßnahmen, die im Anschluss an die Zollschuldentstehung stattfinden und faktisch ein Eingehen der Waren in den unmittelbaren Wirtschaftskreislauf darstellen würden (Witte in Witte, UZK, Art. 124 Rn. 118c). Dies aber war in Bezug auf das streitgegenständliche Segelboot – wie unter 3. a) aa) (2) gezeigt – gerade nicht der Fall, weshalb dieses nicht als im Sinne von Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK „verwendet“ anzusehen ist (vgl. dazu auch Österreichischer Verwaltungsgerichtshof – VwGH –, Erkenntnis vom 30. Januar 2020 – Ra 2019/16/0213, ZfZ 2020, 168, Rn. 21). |
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| bb) Die weiteren Voraussetzungen für das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k und Abs. 6 UZK sind, was zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig ist, ebenfalls erfüllt. Insbesondere ist dem Kläger nach den konkreten Umständen kein Täuschungsversuch im Sinne des Art. 124 Abs. 6 UZK vorzuwerfen, sondern er hat das Boot ohne vorherige Zollabwicklung nach Deutschland verbracht, weil er eine solche aufgrund der geplanten Wiederausfuhr – rechtsirrig – nicht für erforderlich gehalten hatte. Darüber hinaus ist nachgewiesen, dass das streitgegenständliche Segelboot am 18. Mai 2017 wieder aus dem Zollgebiet der Union verbracht wurde. |
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| cc) Sind mithin die Voraussetzungen des Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erfüllt, so erlischt nach dieser Vorschrift nicht nur die Zollschuld, sondern aufgrund der in § 21 Abs. 2 UStG angeordneten sinngemäßen Anwendung auch eine etwa entstandene Einfuhrumsatzsteuer (Deimel in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, Art. 124 UZK, Rn. 19; Weymüller in Rüsken, Zollrecht, § 21 UStG, Rn. 102). |
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| b) Dem Erlöschen der Einfuhrabgaben nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK kann schließlich – anders als das Hauptzollamt meint – auch nicht entgegengehalten werden, dass diese bereits zuvor durch Entrichtung des Abgabenbetrags nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. b UZK erloschen seien. Der Kläger hat die Einfuhrabgaben zwar noch am Tag der Kontrolle am 28. März 2017 durch Entrichtung des Abgabenbetrags nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. b UZK zum Erlöschen gebracht. Dies hindert indes ein Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs.1 Buchst. k UZK nicht, wenngleich die Voraussetzungen hierfür erst mit der Wiederausfuhr des Segelbootes am 18. Mai 2017 vollständig erfüllt waren. Nach zutreffender Ansichtsind die einzelnen Erlöschenstatbestände des Art. 124 Abs. 1 UZK nämlich unabhängig voneinander und stehen untereinander in keinem Rangverhältnis; insbesondere kommt es nicht auf eine zeitliche Reihenfolge der Verwirklichung einzelner Tatbestände an (Witte in Witte, UZK, Art. 124 Rn. 129 f.; Österreichischer VwGH, Erkenntnis vom 30. Januar 2020 – Ra 2019/16/0213, ZfZ 2020, 168, Rn. 22).Wollte man dies anders sehen, würde es einem Zollschuldner, der die Abgaben zügig bezahlt, weitgehend unmöglich gemacht, sich auf andere Erlöschenstatbestände zu berufen und dieser damit – verglichen mit anderen Zollschuldnern – schlechter gestellt. Die Einfuhrabgaben sind deshalb nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK erloschen. |
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| Der Klage war nach alledem stattzugeben. |
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| 2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung. |
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| 3. Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zugelassen. Der Rechtsstreit bietet dem BFH insbesondere Gelegenheit, zu der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage Stellung zu nehmen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei einer nicht bewilligten aktiven Veredelung von einer das Erlöschen der Zollschuld nach Art. 124 Abs. 1 Buchst. k UZK ausschließenden Verwendung im Sinne dieser Vorschrift auszugehen ist. Außerdem kann in diesem Zusammenhang geklärt werden, ob in Fällen dieser Art – umsatzsteuerrechtlich – eine Einfuhr im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d und Art. 30 MwStSystRL vorliegt. |
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