Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4. Senat) - 4 K 498/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Übersendung eines Einkommensteuerbescheides per Telefax die Festsetzungsverjährung unterbricht.

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Der Beklagte übersandte den aufgrund im Jahr 2004 abgegebener Einkommensteuererklärung ergangenen Einkommensteuerbescheid 2003 mit handschriftlichem Datum „30.12.2008“ ausweislich des Telefaxjournals am 30. Dezember 2008 in der Zeit von 13:33 Uhr bis 13:40 Uhr an das Büro der damaligen Empfangsbevollmächtigten. Nach dem Journal erfolgten drei Übersendungen mit jeweils vier Seiten und war die Übertragung „OK“. Der Bescheid wurde ausschließlich als Fax übersandt, eine nachfolgende Übersendung des Originalbescheides folgte nicht mehr. Auf dem finanzinternen „Prüfhinweis“ mit Rechendatum 22. Dezember 2008 sind handschriftlich „... Bescheide wurden zur Bekanntgabe mit Seiten 1 – 4 an das Steuerbüro gefaxt, kein Fehler aufgetreten. Nachsendung der Originale nicht notwendig“ vermerkt sowie ein Namenskürzel und das Datum „30.12.08“.

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Die Klägerin bestätigt, dass der Bescheid am 30. Dezember 2008 im Büro ihrer steuerlichen Beraterin ausgedruckt wurde.

4

In der Akte des Beklagten finden sich neben einer Kopie des Originalbescheides mit handschriftlichem Datum 30.12.2008 noch eine interne Aktenausfertigung mit Eingabedaten dieses Bescheides nach Sachbereichen (SB) und Kennzahlen (Kz) sowie mit Datum „09.01.2009“ und dem handschriftlichen Vermerk „30.12.2008 per Fax bekanntgegeben“.

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Am 23. Januar 2009 erließ der Beklagte auf telefonischen Antrag der damaligen Prozessbevollmächtigten einen Änderungsbescheid, in dem er nur die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gegenüber dem Bescheid vom 30. Dezember 2008 um X € minderte. Die Erläuterungen des Bescheides erhalten u.a. folgenden Text: „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 9.01.2009. Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 12.01.2009.“ In der Aktenausfertigung ist das Datum „9.01.2008“ handschriftlich geändert auf „30.12.08“.

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Mit Bescheid vom 28. Januar 2009 erfolgte wieder auf telefonischen Antrag der Prozessbevollmächtigten die nächste Änderung und wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nochmals um Y € gemindert. Die Erläuterungen des Bescheides erhalten u.a. folgenden Text: „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 23.01.2009. Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 13.01.2009.“

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Am 29. Januar 2009 ging bei dem Beklagten per Telefax ein Einspruch gegen den „Einkommensteuer-Bescheid 2003 per Fax mit handschriftlichem Datum 30.12.2008“ ein. Das Original des Telefax ging am 30. Januar 2009 bei dem Beklagten ein. Eine nähere Begründung des Einspruchs sollte nachgereicht werden.

8

Ebenfalls am 29. Januar 2009 ging bei dem Beklagten per Telefax ein „Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 23.01.2009“ ein. Das Original dieses Schreibens ging sodann am 30. Januar 2009 bei dem Beklagten ein. Zur Begründung des Einspruchs führte die damalige Prozessbevollmächtigte aus, dass in den Erläuterungen des Bescheides angegeben sei, dass dieser den Bescheid vom 9. Januar 2009 ändere, ein Bescheid vom 9. Januar 2009 für die Mandantin jedoch nicht vorliege.

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Mit Schreiben vom 4. Februar 2009 forderte der Beklagte die Klägerin zur Begründung des Einspruchs gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 auf, führte aus, dass der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 23. Januar 2009 zum Gegenstand des Verfahrens werde und wies darauf hin, dass im geänderten Einkommensteuerbescheid vom 23. Januar 2009 versehentlich sich auf den Bescheid vom 9. Januar 2009 bezogen worden sei. Die Änderung hätte sich auf den Bescheid vom 30. Dezember 2008 bezogen.

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Zu Begründung ihres Einspruchs vom 29. Januar 2009 gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 führte die Klägerin aus, dass wegen nicht rechtzeitiger Bekanntgabe hinsichtlich der Einkommensteuerveranlagung 2003 zum 31. Dezember 2008 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass vor dem 31. Dezember 2008 kein Verwaltungsakt bekannt gegeben worden sei und kein Steuerbescheid vorliege, sondern ein bloßes Internum, welches ohne weitere aufgehoben oder geändert werden könne. Die zu späte Bekanntgabe habe zur Folge, dass der Verwaltungsakt gegenüber der Betroffenen nicht rechtzeitig wirksam geworden sei und gegenüber dem Empfänger nicht existiere.

11

Der Beklagte gab demgegenüber an, dass der angefochtene Bescheid am 30. Dezember 2008 mit Bekanntgabewillen und damit wirksam bekannt gegeben worden sei. Der Verwaltungsakt werde mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben werde. Zum Inhalt des Verwaltungsaktes gehörten die Angabe des Adressaten und der Verfügungs- oder Entscheidungssatz, was bei einem Steuerbescheid die Steuer- bzw. Steuermessbetragsfestsetzung darstelle. Nicht zum Inhalt gehöre dagegen das Datum des Bescheides, dieses diene lediglich dazu, die Steuerfestsetzung zeitlich zu fixieren und in diesem Sinne den Bescheid zu kennzeichnen. Der Bekanntgabewillen ergebe sich aus der Aktenverfügung des Sachbearbeiters, nicht dagegen aus dem Zeitpunkt, zu dem der Bescheid maschinell im Rechenzentrum ausgedruckt werde. Das Datum, mit dem der Bescheid versehen werde, habe insoweit keinen Einfluss auf den Bekanntgabewillen des Sachbearbeiters. Im Streitfall sei der Steuerbescheid vor Ablauf der Festsetzungsverjährung per Fax zugegangen.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 8. März 2010 verwarf der Beklagte den Einspruch gegen die Bescheid vom 30. Dezember 2008 als unzulässig. Er führte aus, dass der Bescheid vom 30. Dezember 2008 durch den Bescheid vom 23. Januar 2009 geändert worden sei und somit der angefochtene Bescheid bereits vor Einlegung des Einspruchs am 29. Januar 2009 geändert worden sei, so dass § 365 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) nicht anwendbar sei und die nachfolgenden Änderungsbescheide nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden seien. Da die Änderung des angefochtenen Bescheides zeitlich erfolgte, bevor der Bescheid unanfechtbar geworden sei, greife auch die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 AO bezüglich des Einspruchsverfahrens gegen den Änderungsbescheid vom 23. Januar 2009 nicht, so dass für den vorliegenden Einspruch auch unter diesem Gesichtspunkt kein Bedürfnis bestehe.

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Ebenfalls am 8. März 2010 erging eine Einspruchsentscheidung hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides vom 23. Januar 2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom  28. Januar 2009, mit dem der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückwies. Der Beklagte führte aus, dass der Einkommensteuerbescheid vom 30. Dezember 2008 mit Bekanntgabewillen der Steuerberaterin der Klägerin bekannt gegeben worden sei und sich der Bekanntgabewille in der Aktenverfügung unter Anführung der Faxnummer der Steuerberaterin dokumentiert habe. Nach der Aktenverfügung habe der für den Erlass des Steuerbescheids zuständige Bedienstete, hier der Sachgebietsleiter, sein Namenszeichen vermerkt. Im Streitfall sei die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO gewahrt, da der Steuerbescheid noch vor Ablauf der Frist am 31. Dezember 2008 den Bereich der zuständigen Finanzbehörde verlassen habe und der Steuerpflichtigen tatsächlich zugegangen sei. Der auf den 30. Dezember 2008 datierende Steuerbescheid sei taggleich per Fax an die Steuerberaterin der Klägerin übermittelt worden. Der Bescheid sei der Klägerin auch tatsächlich zugegangen, wie die telefonischen Änderungsanträge vom 12. und 13. Januar 2009 als auch der gesonderte Einspruch vom 29. Januar 2009 gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 aufzeige. Mit dem Bescheid vom 30. Dezember 2008 sei die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2003 gewahrt worden, so dass auch die angefochtenen Änderungsbescheide zulässig erlassen werden konnten.

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Am 9. April 2010 hat die Klägerin gegen beide Einspruchsentscheidungen Klage erhoben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei, da der erstmalige Steuerbescheid am 30. Dezember 2008 nur per Fax versendet worden sei und gemäß Anwendungserlass zur Abgabenordnung AEAO zu § 122 Nr. 1.8.2 als Zeitpunkt der Bekanntgabe bei einem elektronisch übermitteltem Verwaltungsakt (E-Mail, Telefax) der dritte Tag nach der Absendung sei. Damit sei die Bekanntgabe erst am Freitag, den        2. Januar 2009, und somit nach Ablauf des Festsetzungsverjährungsstichtages erfolgt und eine Steuerfestsetzung daher nicht mehr zulässig. Die bloße Übersendung eines Telefax reiche nicht zur Wahrung der Verjährungsfristen. Bei der Regelung des AEAO zu     § 122 Nr. 1.8.2 handele es sich nach Ansicht der Klägerin nicht um eine norminterpretierende sondern um eine normkonkretisierende Verwaltungsanweisung, an die die Gerichte gebunden seien.

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Zudem genüge als Absendenachweis nicht der Vermerk eines Mitarbeiters der Veranlagungsstelle – hier des Sachgebietsleiters der Veranlagungsstelle –, erforderlich sei vielmehr, dass die Absendung durch einen Vermerk der Poststelle in den Akten festgehalten werde.

16

Die Klägerin vertritt zudem die Auffassung, dass § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO auf eine Bekanntgabe per Telefax bei schriftlich zu erlassenden Verwaltungsakten nicht anwendbar sei. Bei einer Versendung per Telefax fehle es bereits am körperlichen „Verlassen“, da dieses ein Wegbewegen einer Sache von einem Ort erfordere, bei einer Übermittlung eines Steuerbescheides per Telefax das ursprüngliche Schriftstück sich jedoch weiterhin im Bereich der Behörde befinde und diese damit nicht verlassen habe. Es liege vielmehr eine elektronische Übermittlung vor, die im Empfangsgerät den Ausdruck eines neuen, anderen Stück Papiers veranlasst. Auch sei § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO nach Sinn und Zweck der Regelung bei einer Bekanntgabe per Telefax nicht anwendbar, da die Vorschrift geschaffen wurde, um die Einhaltung der Festsetzungsfrist von den Zufälligkeiten des Bekanntgabevorgangs – nicht der Bekanntgabe – unabhängig zu machen. Der Zweck des § 169, Unwägbarkeiten auf dem Weg zwischen Veranlagungsbezirk und Poststelle und von der Poststelle aus dem Bereich der Behörde hinaus in der Behörde abzufedern, sei hier nicht einschlägig. Dies werde sogar durch Verwaltungsanweisungen selbst im AEAO zu § 122 Nr. 1.8.2 bestätigt. Zwar werde grundsätzlich ein Verwaltungsakt erst mit der Bekanntgabe an den Adressaten wirksam, § 124 Abs. 1 Satz 1 AO, doch handele es sich bei § 169 Abs. 1 Satz 3 AO um eine Ausnahmeregelung, die eng auszulegen sei. Die Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 3 AO sei 1982 geschaffen worden, zu einem Zeitpunkt, als es die Übersendung von Verwaltungsakten per Telefax noch nicht gab und somit mit dem Begriff „Verlassen“ der Behörde nichts anderes gemeint sein konnte, als die Versendung des Bescheides per Post. Obwohl dem Gesetzgeber in den nachfolgenden Jahren die erweiterten Bekanntgabemöglichkeiten per Telefax bekannt gewesen seien, habe er die Vorschrift an die technischen Möglichkeiten nicht angepasst. Andere Vorschriften seien dagegen ausdrücklich geändert worden. Unterlasse der Gesetzgeber eine solche Anpassung obwohl er dies in anderen Bereichen ausdrücklich tue, können nicht mehr von einem Versehen ausgegangen werden. Insoweit liege Absicht vor und habe der Gesetzgeber damit zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Anwendung des § 169 Abs. 1 Satz 3 AO eine Übersendung eines Steuerbescheides per Telefax vom Gesetzgeber nicht gewollt sei.

17

Zudem setzt sich die Klägerin mit dem Urteil des FG Köln vom 11.03.2009 – 5 K 1396/05, EFG 2009, 1079, auseinander, hält dieses im Ergebnis jedoch nicht für nachvollziehbar und insgesamt für unschlüssig. Auch bei der Dreitagesfrist des § 122 Abs. 1 Nr. 1 AO sei die Tatsache, dass der Empfänger den Bescheid gegebenenfalls vor Ablauf der Dreitagesfrist erhalte, rechtlich völlig ohne Relevanz. Zudem seien die Beweisschwierigkeiten bei einem Bestreiten des Zugangs durch den Empfänger im Fall der Übersendung eines Briefes mit einfacher Post genauso gegeben wie bei einer Übermittlung per Telefax. In beiden Fällen trage das Finanzamt die objektive Beweislast, die es bei einem bloßen Bestreiten des Zugangs durch den Empfänger nicht erfüllen könne. Die Klägerin weist zudem darauf hin, dass trotz Ergehens des Urteiles des FG Köln der AEAO nicht geändert worden sei und damit Telefaxe weiterhin erst am dritten Tag nach Absendung rechtlich als bekannt gegeben gelten.

18

Letztlich ist die Klägerin der Ansicht, dass eine bloße Übermittlung per Telefax nicht ausreiche, wenn es anschließend nicht zu einer Übersendung des Originals komme. Im Streitfall habe sich der Beklagte darauf verlassen, dass die Telefaxübersendung ausreiche und selbst in den Akten vermerkt, dass eine Nachsendung des Originals nicht vorgenommen werden soll. Dies widerspreche § 157 Abs. 1 AO, nach der Steuerbescheide schriftlich zu erlassen seien und mithin dem Adressaten der Schriftstücke im Original zugehen müssen.

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Die Klägerin beantragt, die Steuerbescheide zur Einkommensteuer 2003 vom 30. Dezember 2008, 23. Januar 2009 und vom 28. Januar 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 8. März 2010 aufzuheben, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären sowie hilfsweise – für den Fall des Unterliegens – die Revision zuzulassen.

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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

21

Der Beklagte gibt an, dass er an den AEAO als Verwaltungsregelung grundsätzlich gebunden sei. Allerdings habe das Finanzgericht Köln mit seinem Urteil vom 11. März 2009 – 5 K 1396/05 die Auffassung vertreten, dass die Dreitagesfrist nicht gelte. Es habe dies damit begründet, dass die Bekanntgabe von Verwaltungsakten keine Übermittlung durch die Post sei und sich daher nicht auf die Regelung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO berufen werden könne. Zudem könne § 122 Abs. 2a AO nur zur Anwendung kommen, wenn das Empfangsgerät technisch dazu in der Lage sei, die Sendung elektronisch aufzuzeichnen.

22

Im Übrigen hält der Beklagte an seiner bisher vertretenen Rechtsauffassung fest und weist darauf hin, dass der Bescheid vom 30. Dezember 2008 der damaligen Prozessbevollmächtigten tatsächlich zugegangen und damit wirksam bekannt gegeben worden sei. Mithin sei die Festsetzungsverjährung nicht eingetreten. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist der Beklagte der Ansicht, dass § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO auch bei Versendung eines Bescheides mit Telefax Anwendung finde und keine Ausnahmeregelung darstelle. Die Finanzverwaltung habe verschiedene Möglichkeiten, Steuerbescheide an Adressaten zu übermitteln und mache von der Übermittlung per Telefax nur in Ausnahmefällen wegen drohender Verjährung Gebrauch.

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Dem Senat hat eine Akte Einkommensteuer 2003 des Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte

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1. den Einspruch gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 als unzulässig verworfen, da dieser Bescheid vom Bescheid vom 23. Januar 2009 umfasst wird und

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2. den Einspruch gegen den Bescheid vom 23. bzw. 28. Januar 2009 als unbegründet zurückgewiesen, da Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten war und demzufolge die Einkommensteuerfestsetzung 2003 noch erfolgen durfte.

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Die Entscheidungen des Beklagten verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

28

1. Der Einkommensteuerbescheid vom 30. Dezember 2008 wurde von der Klägerin zu einem Zeitpunkt mit einem eigenständigen gesonderten Einspruch angefochten, als bereits ein Änderungsbescheid erlassen war. Der Einspruch datiert auf den 29. Januar 2009, der (erste) Änderungsbescheid auf den 23. Januar 2009. Dies hat zur Folge, dass der Bescheid vom 23. Januar 2009 den Bescheid vom 30. Dezember 2008 umfasst und ein Einspruch gegen den Bescheid vom 30. Dezember 2008 daher nicht (mehr) zulässig war.

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Im Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 25. Oktober 1972, GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231, m.w.N., vertritt dieser die Auffassung, dass der Änderungsbescheid den ursprünglichen Bescheid umfasst. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH. Der Änderungsbescheid nimmt den ursprünglichen Bescheid in seinen Regelungsinhalt mit auf. Solange der Änderungsbescheid Bestand hat, entfaltet der ursprüngliche Bescheid keine Wirkung. Der ursprüngliche Bescheid ist in dem Umfang, in dem er in den Änderungsbescheid aufgenommen ist, suspendiert und bleibt dies für die Dauer der Wirksamkeit des Berichtigungsbescheids. Der ursprüngliche Bescheid tritt jedoch wieder in Kraft, für den Fall, dass der Berichtigungsbescheid aufgehoben wird.

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Eine Aufhebung des Berichtigungsbescheides vom 23. Januar 2009 ist dagegen nicht erfolgt, vielmehr wurde dieser Bescheid nochmals durch den Bescheid vom 28. Januar 2009 geändert. Die Bescheide vom 23. Januar 2009 und 28. Januar 2009 betreffen jedoch nur Änderungen auf Antrag der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Im Übrigen wurden die Regelungen des ursprünglichen Bescheides in den Änderungsbescheiden unverändert übernommen.

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Da der Bescheid vom 30. Dezember 2008 damit durch den Bescheid vom 23. Januar 2009 suspendiert war, konnte er auch nicht (mehr) durch einen Einspruch nach §§ 347 ff. AO angefochten werden. Die alleinige Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Einkommensteuer 2003 war zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung nicht mehr der Bescheid vom 30. Dezember 2008, sondern der Bescheid vom 23. Januar 2009. Insoweit hat der Beklagte den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen.

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2. Einziger Streitpunkt des Einspruchs gegen die Bescheide vom 23. bzw. 28. Januar 2009 ist die Frage, ob Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff. AO eingetreten ist.

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Eine Festsetzungsverjährung ist im Streitfall nicht eingetreten, da der Beklagte mit Übersendung und taggleicher Bekanntgabe des Bescheides vom 30. Dezember 2008 die Festsetzungsfrist eingehalten hat und demzufolge auch die Änderungsbescheide vom 23. und 28. Januar 2009 ergehen konnten.

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a. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Steuern vier Jahre. Die Festsetzungsfrist begann im Streitfall nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem eine Steuererklärung eingereicht wurde – hier des Kalenderjahres 2004 – und endete demnach unstreitig mit Ablauf des Kalenderjahres 2008.

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Nach § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO ist die Frist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist der Steuerbescheid den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat. Zweck dieser Vorschrift ist es, dass die Einhaltung der Festsetzungsfrist von den Zufälligkeiten des Bekanntgabevorganges unabhängig gemacht werden soll. Auf diese Weise werden im Interesse der Finanzbehörde Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des rechtzeitigen Zugangs vermieden (vgl. Paetsch in Beermann/Gosch, Kommentar zur Abgabenordnung, § 169 Rz. 25 m.w.N.). § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO ersetzt dabei nicht die Bekanntgabe des Bescheides nach § 122 AO, sondern entbindet die Finanzbehörde nur davon, den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (vgl. Cöster in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, § 169 Rz. 36; Paetsch in Beermann/Gosch, Kommentar zur Abgabenordnung, § 169 Rz. 26 m.w.N.). Die Festsetzungsfrist ist daher nur dann gewahrt, wenn der Steuerbescheid später nach Ablauf der Festsetzungsfrist auch tatsächlich gemäß § 124 AO wirksam wird und nach § 122 AO wirksam bekannt gegeben wurde. Die Festsetzungsfrist ist folglich nicht gewahrt, wenn der betreffende Steuerbescheid nicht tatsächlich wirksam wird.

36

Im Streitfall wurde der Bescheid vom 30. Dezember 2008 zu keinem Zeitpunkt im Original der Klägerin oder ihrer damaligen Prozessbevollmächtigten übersandt. Es fehlt mithin an einer späteren Zusendung oder Bekanntgabe zumindest des Originalbescheides.

37

b. Dies ist indes unerheblich. Denn der Bescheid vom 30. Dezember 2008 ist unstreitig noch am 30. Dezember 2008 per Telefax in den Machtbereich der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin gelangt und von deren Faxgerät ausgedruckt worden. Die damalige Prozessbevollmächtigte hatte damit vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Möglichkeit der Kenntniserlangung von der Festsetzung der Einkommensteuer 2003 und hat nach eigenen Angaben auch am 30. Dezember 2008 von dem Bescheid Kenntnis genommen.

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Nach § 157 Abs. 1 Satz 1 AO sind Steuerbescheide schriftlich zu erteilen. Ein Verwaltungsakt kann neben einer Übermittlung durch die Post auch als Telefax wirksam bekannt gegeben werden, auch wenn die Schriftform vorgeschrieben ist (vgl. z.B. BFH Urteil vom 8.7.1998 – I R 17/96, BFHE 186, 491, BStBl II 1999, 48; BFH Beschluss vom 27.06.2001 - X B 23/01, BFH/NV 2001, 1529; vgl. auch AEAO zu § 122 1.8. Satz 2; Brockmeyer in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, § 122 Rz. 11, Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 122 Rz. 47). Voraussetzung der wirksamen Bekanntgabe ist insoweit, dass der Bescheid ausgedruckt wurde, da es andernfalls an der erforderlichen Schriftlichkeit des Steuerbescheides fehlt (vgl. z.B. BFH Urteil vom 8.7.1998 – I R 17/96, BFHE 186, 491, BStBl II 1999, 48; Frotscher in Schwarz, Praxiskommentar zur Abgabenordnung, § 122 Rz. 7; Pahlke in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, § 122 Rz. 53). Ein Ausdruck des Telefax ist im Streitfall nach Angaben der Klägerin erfolgt.

39

Der Klägerin lag damit eine schriftlich verkörperte Willenserklärung des Beklagten zur Einkommensteuerveranlagung 2003 vor. Die Bekanntgabe des Steuerbescheides durch Übersendung mit Telefax ist vergleichbar einer Übermittlung eines Bescheides durch einen Boten. Insoweit ist maßgeblich allein die tatsächliche Bekanntgabe des Bescheides, auf Bekanntgabefiktionen oder Bekanntgabefristen kommt es nach Überzeugung des Senats entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht an. Der Bescheid vom 30. Dezember 2008 wurde der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 30. Dezember bekannt gegeben und zu diesem Tag nach § 124 Abs. 1 AO auch wirksam.

40

Der Steuerbescheid wurde bei dem Beklagten ausweislich der Aktenverfügung des Sachgebietsleiters der Veranlagungsstelle von diesem mit Bekanntgabewillen versendet und hat damit nach Auffassung des Senats den Machtbereich der Beklagten auch im Sinne des Gesetzes „verlassen“. Nach Überzeugung des Senats liegt damit kein bloßes Internum mehr vor. Dies ergibt sich auch aus dem Vermerk „Nachsendung der Originale nicht notwendig.“ Damit wird nochmals der Bekanntgabewillen des Bescheides (nur) über Telefax dokumentiert.

41

Der Beklagte hat auch zu keinem Zeitpunkt den Bescheid vom 30. Dezember 2008 widerrufen oder nochmals bekannt gegeben. Soweit im Änderungsbescheid vom 23. Januar 2009 in den Erläuterungen „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 9.01.2009 …“ enthalten ist, beruht dies lediglich auf einem technischen Versehen, da der Bescheid vom  30. Dezember 2008 ursprünglich vom Rechenzentrum mit dem Versendungsdatum „09.01.2009“ versehen war und dies bei dem Beklagten handschriftlich korrigiert wurde. Der Senat geht insoweit davon aus, dass bei Erstellung des Bescheides vom 23. Januar 2009 bei den Eingabedaten im SB 12 Kz 710 das alte Bescheiddatum vom 09. Januar 2009 rechnertechnisch voreingestellt war und irrtümlich im versendeten Originalbescheid vom 23. Januar 2009 auch nicht geändert wurde. In der Aktenausfertigung des Beklagten wurde dagegen das Datum „9.01.2009“ handschriftlich in „30.12.08“ geändert.

42

c. Soweit die Klägerin meint, dass die Versendung über die Poststelle des Beklagten zu erfolgen habe, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Üblicherweise werden Steuerbescheide – soweit sie nicht vom Rechenzentrum zentral versendet werden – oder sonstige Schreiben der Finanzbehörden innerhalb des Finanzamtes gesammelt und zentral von der Poststelle versendet. Dies dient der einheitlichen Behandlung der Poststücke und entlastet die veranlagenden Sachbearbeiter von derartigen Verwaltungstätigkeiten. Die in den Akten angebrachten Absendevermerke dienen darüber hinaus Beweiszwecken. Ein zwingendes Erfordernis zur Einhaltung der internen Organisationsstrukturen der Finanzbehörde besteht dagegen nicht. Wenn – wie im Streitfall – der Nachweis der Versendung durch das Faxjournal erbracht wird und sich aus einer Aktenverfügung ergibt, dass die Versendung direkt durch die Veranlagungsstelle erfolgt ist, reicht dies nach Überzeugung des Senats aus. Anders sähe dies gegebenenfalls aus, wenn zwischen der Bearbeitung durch den Sachbearbeiter und der Versendung eine zeitliche Lücke entstanden wäre und dies ggf. zu Fristproblemen geführt hätte. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

43

Der „Umweg“ über die Poststelle ist nach Auffassung des Senats insbesondere dann nicht erforderlich, wenn dies zur Einhaltung von Fristen zwingend erforderlich ist. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der 31. Dezember ein dienstfreier Tag ist, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn der zuständige Sachgebietsleiter der Veranlagungsstelle persönlich die Faxübersendung am frühen Nachmittag des 30. Dezember 2008 selbst vorgenommen hat. Hierbei berücksichtigt der Senat auch, dass üblicherweise vor freien Tagen und Wochenenden ein früherer Dienstschluss erfolgt und nicht sichergestellt ist, dass Postsendungen tatsächlich noch am gleichen Tage entweder einem Postunternehmen übergeben oder auf elektronischem Wege versendet werden. Insoweit kann auch das von der Klägerin benannte Urteil des BFH vom 28.09.2000, III R 43/97, BStBl II 2001, 211, keine Anwendung finden, da im dortigen Streitfall der Vorlauf der Bescheiderteilung unklar und nicht sicher war, ob der streitige Bescheid tatsächlich die Poststelle erreicht hatte. Bei fristwahrenden Verwaltungsakten sei jedoch ein Absendevermerk von der Poststelle anzubringen, da andernfalls nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein von der Veranlagungsstelle abgezeichnetes Schriftstück die Poststelle überhaupt nicht erreicht habe. Im Streitfall ist der Bescheid vom 30. Dezember 2008 dagegen unstreitig vom Beklagten der damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersendet worden.

44

d. Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, dass die Bekanntgabe des Bescheides vom       30. Dezember 2008 aufgrund der Drei-Tages-Fiktion des § 122 Abs. 2a AO erst am      02. Januar 2009 und damit nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt sei, folgt der Senat dem nicht. Die Vermutung des Zugangs innerhalb von drei Tagen nach § 122 Abs. 2 oder Abs. 2a AO stellt eine Beweiserleichterung dar. Danach kann davon ausgegangen werden, dass der Verwaltungsakt am dritten Tage nach Aufgabe zur Post oder nach Versendung in elektronischer Form auch zugegangen ist. Lediglich „im Zweifel“ hat die Behörde den tatsächlichen Zugang zu beweisen.

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Abs. 2 und 2a des § 122 AO im Streitfall keine Anwendung. Der Bescheid ist nicht durch die Post übermittelt worden und es liegt auch keine Übermittlung eines elektronischen Verwaltungsaktes vor.

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Eine Telefax-Bekanntgabe ist keine Postübermittlung (vgl. z.B. BFH Urteil vom 8.7.1998 – I R 17/96, BFHE 186, 491, BStBl II 1999, 48; Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 122 Rz. 48; FG Köln Urteil vom 11.03.2009 – 5 K 1396/06, EFG 2009, 1079; FG Hamburg Urteil vom 23.03.2006 – II 347/04, EFG 2006, 1753).

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Ein „elektronisches Dokument“ im Sinne von §§ 87 a, 122 Abs. 2a AO ist ein Dokument, dass elektronisch hergestellt, elektronisch versendet und vom Empfänger elektronisch oder auf Datenträger aufgerufen wird (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 87a Rz. 2). Hieran fehlt es im Streitfall. Zwar werden Steuerbescheide auf elektronischem Wege hergestellt, doch wurde im Streitfall ein vom Rechenzentrum erstellter Bescheid vom Faxgerät des Beklagten an das Faxgerät der Prozessbevollmächtigten über das Telefonnetz originalgetreu übertragen und hat das Empfangsgerät eine Kopie der übertragenen Vorlage erzeugt und diese ausgedruckt. Die Abtastdaten des Originals werden auf analogem oder digitalem Wege über Töne an das Empfangsgerät übertragen. Hierbei handelt es sich nach Ansicht des Senats nicht um eine elektronische Versendung im Sinne von §§ 87 a, 122 Abs. 2a AO.

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Im Gegensatz hierzu geht allerdings die Finanzverwaltung nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (vom 15. Juli 1998, BStBl I 1998, 630, zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 15. August 2012, BStBl I 2012, 850) AEAO zu § 122 Ziff. 1.8.2 Satz 4 davon aus, dass „Ein durch Telefax (einschließlich Computerfax) bekannt gegebener Verwaltungsakt (vgl. Nr. 1.8) … ein i.S.d. § 122 Abs. 2a elektronisch übermittelter Verwaltungsakt sei.“

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Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht Köln, Urteil vom 11.03.2009 – 5 K 1396/05, EFG 2009, 1079, nicht. Die Regelung des § 122 Abs. 2a AO ist zusammen mit § 87a AO durch das Gesetz vom 21. August 2002, BStBl I 2002, 820, BGBl. I 3322, in die Abgabenordnung eingefügt worden. Die Fortentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik hat damit auch Einzug in das steuerliche Verfahrensrecht genommen. Das Telefax ist ein seit Jahrzehnten erprobtes Kommunikationsmittel (offizielle Einführung durch die Deutsche Bundespost im Jahr 1979). Die Übertragung erfolgt über eine Telefonleitung, indem Daten in Töne umgewandelt werden. Die Telefaxübermittlung steht damit nicht in Zusammenhang mit dem sog. eGovernment, also der elektronischen Verfügbarkeit des öffentlichen Verwaltungsbereichs, die Grund für die Einführung der §§ 87a und 122 Abs. 2a AO war. Auch vom allgemeinen Sprachgebrauch her bestehen Bedenken, die Übermittlung eines Telefaxes als elektronische Übermittlung anzusehen. Dies gilt jedenfalls für den hier vorliegenden Fall eines Empfangsgeräts, welches das erhaltene Telefax ausdruckt. Dies mag anders sein, wenn das Telefax vom Empfangsgerät elektronisch aufgezeichnet werden kann und damit für eine weitere elektronische Bearbeitung zur Verfügung steht. Beim normalen Faxgerät endet jedoch mit dem Ausdruck die Möglichkeit, nochmals auf das Telefax zuzugreifen. Die gegenteilige Auffassung der Finanzverwaltung vermag nicht zu überzeugen. Zum einen fehlt es insoweit an jeglicher Begründung. Zum anderen darf nicht verkannt werden, dass die Anwendung des § 122 Abs. 2a AO auf die Übermittlung von Verwaltungsakten mittels Telefax für die Finanzverwaltung von Vorteil ist. Sie hat eine Beweiserleichterung zur Folge, weil der durch Telefax übermittelte Verwaltungsakt danach am dritten Tag nach der Absendung als zugegangen gilt. Demgegenüber setzt nach der derzeit noch bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung die Telefaxübermittlung eines Verwaltungsakts bzw. einer Willenserklärung den Ausdruck des Telefaxes vom Empfangsgerät voraus. Diesen Nachweis kann die Finanzverwaltung regelmäßig nicht erbringen. Für die vom Senat vertretene Rechtsauffassung sprechen schließlich auch die Gesetzesmaterialien zu § 122 Abs. 2a AO (vgl. BT-Drucks. 14/9000 S. 35 ff.). Denn das Telefax ist dort nicht erwähnt. Der Gesetzgeber hatte offensichtlich nur die elektronischen Verwaltungsakte und deren elektronische Übersendung mittels E-Mail im Auge (vgl. Finanzgericht Köln, Urteil vom 11.03.2009 – 5 K 1396/05, EFG 2009, 1079).

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Im Ergebnis hat dies zur Folge, dass der Klägerin noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist zum 31. Dezember 2008 der Einkommensteuerbescheid 2003 vorlag. Auf die Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO – nach der die Frist gewahrt ist, wenn der Steuerbescheid den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat – und die die Einhaltung der Festsetzungsfrist von den Zufälligkeiten des Bekanntgabevorganges unabhängig machen möchte, kommt es daher im Streitfall nicht an. Die Bekanntgabe und das Wirksamwerden des Steuerbescheides nach § 124 Abs. 1 AO erfolgte bereits am 30. Dezember 2008 und damit rechtzeitig vor Ablauf der Festsetzungsfrist.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Der Rechtssache im Streitfall kommt angesichts der von der Finanzverwaltung im AEAO zu § 122 Nr. 1.8.2 vertretenen abweichenden Rechtsauffassung grundsätzliche Bedeutung zu.


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