Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 K 1008/09
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 03. Juli 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06. November 2009 werden dahingehend geändert, dass Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -18.094,00 DM berücksichtigt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 80 v.H. und im Übrigen der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
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Streitgegenständlich ist die Frage, ob die Klägerin hinsichtlich des Grundstücks … in S. eine einkommensteuerlich relevante Tätigkeit entfaltet hat, sodass hieraus resultierende Verluste trotz fehlender Betriebseinnahmen steuerlich anzuerkennen sind, oder ob mangels Gewinnerzielungsabsicht eine sog. Liebhaberei vorliegt.
- 2
Die Kläger sind Eheleute und wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
- 3
Seit 1982 leitete der Kläger als Serviermeister das damalige „…“ (jetziges Kulturhaus) in S. Seit 1990 ist der Kläger Inhaber des von der Stadt gepachteten Restaurants „K.“ im Kulturhaus, wobei er auch für die Versorgung und Ausrichtung von Großveranstaltungen in den Sälen des Kulturhauses verantwortlich ist. Die Klägerin ist seit 1990 im Betrieb des Klägers im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses tätig.
- 4
Nachdem die Kläger im Jahr 1997 von der Stadt S. darüber informiert worden waren, dass eine grundlegende Sanierung und ein Umbau/Neubau des Kulturhauses beabsichtigt sei und die Kläger befürchteten, dass dadurch der Betrieb des „K." einhergehend mit erheblichen Umsatzeinbußen maßgeblich beeinträchtigt werden würde, entschieden sie sich, Ausschau nach einer alternativen gewerblichen Tätigkeit in der Gastronomie zu halten.
- 5
Nach mehreren Alternativangeboten erwarb die Klägerin im April 1998 auf Anraten einer ortsansässigen Bank das streitgegenständliche Grundstück zu einem Kaufpreis von 220.000 DM, finanziert durch die ... Das Objekt nahe dem örtlichen Bahnhof lag zu diesem Zeitpunkt an einer der Zufahrtsstraßen von L. zum Stadtzentrum S. Direkt gegenüber befindet sich das J-Gymnasium, in dem rund 900 Schüler unterrichtet werden. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude wurde zuletzt gastronomisch genutzt und war als „Café …“ in S. gut eingeführt, hatte jedoch einen erheblichen Reparaturstau zu verzeichnen.
- 6
Die Kläger hatten ein Existenzgründerkonzept erstellt, dass von folgenden Rahmenbedingungen ausging:
- 7
1.
Erwerb der Immobilie durch die Klägerin
2.
Abbruch des Bestandgebäudes
3.
Errichtung eines Neubaus
4.
Vollausstattung des Gebäudes mit gastronomischer Einrichtung durch die Klägerin
5.
anschließende Verpachtung an den Kläger als Betreiber
- 8
Vor dem Hintergrund der seinerzeit nicht vorhandenen Schulspeisung am benachbarten Gymnasium sollte ein Schnellrestaurant/Imbiss mit Kiosk entstehen, dass sich vorrangig auf die Bedürfnisse von Schülern und Publikum im Alter von 20 bis 40 Jahren konzentrieren sollte, weshalb ihm der Arbeitstitel "P" zugeordnet wurde. Das Gesamtvolumen der Investition sollte sich auf rund 1,2 Mio. DM belaufen.
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Im Mai 1998 wurde ein Ingenieurbüro mit der Planung des Neubaus beauftragt; eine entsprechende Bauvoranfrage wurde von der Stadt S. im Dezember 1998 positiv beschieden. Zudem wurde dem Kläger eine Gaststättenerlaubnis für das Objekt erteilt.
- 10
Im November 1998 bewarb sich der Kläger beim Schulamt des …kreises um die Imbissversorgung und die Aufstellung von Versorgungsautomaten im J-Gymnasium. Im Frühjahr 1999 jedoch beschloss die Schulkonferenz, dass eine Mittagsversorgung der Schüler ausschließlich in der Schule stattfinden solle, woraufhin im Mai 1999 die Mittags- und Pausenversorgung in der Schule auf Mietbasis ausgeschrieben wurde.
- 11
Da damit das Vorhaben "P" gänzlich in Frage gestellt worden war, bemühten sich die Kläger in der Folge, das Objekt einer alternativen gastronomischen Nutzung zuzuführen.
- 12
Im Juli 1999 boten die Kläger das Objekt der Imbisskette … an, wobei das Angebot mehrere Alternativen beinhaltete, nämlich neben der Verpachtung des von der Klägerin erstellten Objekts alternativ auch eine Veräußerung oder Teilveräußerung des Grundstücks. Das Angebot wurde jedoch vollumfänglich abgelehnt mit der Begründung, dass die Stadt S. die Mindestanforderung von 50.000 Einwohnern nicht erfülle.
- 13
Im Jahr 2003 wurde das Planfeststellungsverfahren für den Neubau einer Umgehungsstraße für S. abgeschlossen und zwischenzeitlich realisiert, was das Verkehrsaufkommen in der Straße … erheblich reduzierte.
- 14
Trotz der wesentlich veränderten Voraussetzungen bemühten sich die Kläger weiterhin, das streitgegenständliche Grundstück gastronomisch zu nutzen, indem sie in den Jahren 2003 bis 2005 diverse Angebote einholten, wie etwa über die Errichtung eines Fachwerkhauses zum Betrieb eines Steakhauses oder die Errichtung eines Imbiss-Pavillons. Im Zuge der Planungen für das Steakhaus stellte sich im Herbst 2004 heraus, dass sich auf dem Grundstück Altlasten in Form von Fundamenten von Fabrikgebäuden befinden.
- 15
Die Kläger besichtigten und informierten sich zudem über andere gastronomische Konzepte, wie z.B. Internetcafés, Café-Shops, Döner-Imbissbetriebe, Pizzadienste u.ä. Es erfolgten diverse Vorbereitungsarbeiten zur Umgestaltung des Grundstücks, wie das Fällen einiger Bäume, der zwischenzeitliche Abbruch des Bestandsgebäudes und die Errichtung einer Einzäunung.
- 16
Seit dem 07. Juni 2005 ist das Grundstück teilweise als vorläufig gesichertes Überschwemmungsgebiet klassifiziert. Im Rahmen der Betriebsprüfung bzw. des Einspruchsverfahrens haben die Kläger erklärt, dass sie ab Januar 2005 Bemühungen unternommen hätten, das streitgegenständliche Grundstück zu verkaufen.
- 17
In ihren Einkommensteuererklärungen für die streitgegenständlichen Jahre machten die Kläger jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin geltend, die sie aus dem Immobilienprojekt "P" in folgender Höhe erwirtschaftet haben will:
- 18
1999
18.094,00
DM
2000
15.574,00
DM
2002
7.453,19
EUR
2003
7.448,76
EUR
2004
6.797,85
EUR
2005
5.260,12
EUR
2006
5.420,31
EUR
- 19
Das Grundstück behandelte die Klägerin im Rahmen ihrer Gewinnermittlung als Betriebsvermögen. Die Verluste ergeben sich ausschließlich aus Betriebsausgaben (überwiegend Schuldzinsen und Abschreibungen); Betriebseinnahmen wurden nicht erzielt.
- 20
Der Beklagte berücksichtigte die erklärten Verluste zunächst erklärungsgemäß. Dabei erfolgten die Festsetzungen für 1999 und 2000 vom 08. März 2002 hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte der Ehefrau vorläufig gemäß § 165 Abgabenordnung (AO), weil die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide für 2002 bis 2006 erließ der Beklagte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO.
- 21
Im Jahr 2007 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Bp) für das Jahr 2006 durch und kam zu dem Ergebnis, dass dem Objekt "P" aufgrund fehlender Einnahmen die Gewinnerzielungsabsicht fehle und mithin als sog. Liebhaberei anzusehen sei.
- 22
In der Folge änderte der Beklagte mit Bescheiden vom 27. Dezember 2007 die Einkommensteuerfestsetzungen für 2000, 2002 und 2003 dahingehend, dass er die geltend gemachten Verluste der Klägerin nicht anerkannte. Gleiches geschah mit Änderungsbescheiden vom 23. Januar 2008 für die Jahre 2004 bis 2006.
- 23
Gegen sämtliche Änderungsbescheide legten die Kläger am 25. Januar 2008 Einsprüche ein, mit denen sie sich gegen die Versagung der Anerkennung der Verluste der Klägerin sowie für die Jahre 2005 und 2006 zusätzlich gegen eine vorgenommene Entnahmewertbesteuerung für die private Nutzung eines im Betriebsvermögen des Klägers stehenden Fahrzeugs wendeten.
- 24
Mit Einspruchsentscheidung vom 03. Juli 2009 half der Beklagte den Einsprüchen wegen der Entnahmewertbesteuerung ab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die vorliegende Klage.
- 25
Zudem änderte der Beklagte mit Bescheid 03. Juli 2009 auch die Einkommensteuerfestsetzung für 1999 und versagte die Anerkennung der erklärten Verluste. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger zum Az. 1 K 1638/09 auch insoweit Klage erhoben. Die Verfahren sind durch Beschluss der Berichterstatterin vom 22. November 2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) verbunden worden.
- 26
Zur Klagebegründung haben die Kläger zunächst vorgetragen, dass die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin in allen Streitjahren vorgelegen habe. Nachdem das zunächst geplante Vorhaben "P" aufgrund veränderter Rahmenbedingungen nicht mehr habe realisiert werden können, hätten sich die Kläger weiterhin intensiv darum bemüht, das Grundstück einer gewinnbringenden gastronomischen Nutzung zuzuführen. Erst im Jahr 2005, mit Aufnahme des Grundstücks in ein Überschwemmungsgebiet, habe sich herausgestellt, dass das Grundstück – weil nicht bebaubar – derzeit wertlos sei.
- 27
Nunmehr tragen sie vor, der gastronomische Betrieb "P" wäre im Bereich des Gewerbebetriebes des Klägers eine weitere Filiale gewesen. In diesem Fall wäre neben dem Hauptbetrieb „Kulturhaus“ und einem Nebenbetrieb „B“ ein weiterer Nebenbetrieb "P" im Einzelunternehmen konsolidiert worden. Daher stelle unter Verweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Mai 2004 - II R 50/01, BStBl. II 2004, 818, das streitgegenständliche Grundstück nach § 34 Abs. 6 Bewertungsgesetz (BewG) i.V.m. § 26 BewG notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers dar. Folglich seien die entstandenen Verluste von den positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers abzuziehen.
- 28
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 03. Juli 2009, die Einkommensteuerbescheide für 2000, 2002 und 2003 vom 27. Dezember 2007, die Einkommensteuerbescheide für 2004 und 2006 vom 23. Januar 2008, den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 23. Januar 2008 in der Fassung des Bescheides vom 18.03.2009 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 03. Juli 2009 und vom 06. November 2009 unter Anerkennung der aus dem Grundstück … in S. erzielten Verluste in Höhe von -18.094,00 DM (1999), -15.574,00 DM (2000), -7.453,19 EUR (2002), -7.448,76 EUR (2003), -6.797,85 EUR (2004), -5.260,12 EUR (2005) und -5.420,31 EUR (2006) zu ändern.
- 29
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 30
Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidungen.
- 31
Ergänzend weist er darauf hin, dass Grundbesitz, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht, nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 26. Februar 2007 – II R 27/05, BFH/NV 2007, 1275) nicht deswegen Betriebsgrundstück sei, weil das Grundstück dem Gewerbetrieb des anderen Ehegatten dient.
- 32
Dem Gericht haben fünf Bände der vom Beklagten für die Kläger geführten Steuerakten vorgelegen, nämlich Einkommensteuer Band II und III (1999 bis 2002 und 2003 bis 2007), die Arbeitsakte zu der bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung sowie zwei Einspruchsheftungen (ESt 1999 und ESt 2002, 2002 bis 2006).
Entscheidungsgründe
- 33
Über die Klage entscheidet die Berichterstatterin als konsentierte Einzelrichterin im Sinne von § 79a Abs. 3, 4 FGO und ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage ihr entsprechendes Einverständnis erklärt bzw. gemäß § 90 Abs. 2 FGO verzichtet haben.
- 34
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
- 35
Zunächst bestehen an den streitgegenständlichen Änderungsbescheiden keine verfahrensrechtlichen Bedenken, da die vorausgehenden Bescheide entweder mit einem entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO versehen waren (1999 und 2000) oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 AO standen und Festsetzungsverjährung zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsbescheide noch nicht eingetreten war (2002 bis 2006).
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Dennoch sind der Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 03. Juli 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06. November 2009 rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
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Zwar ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Klägerin vorliegend aus dem Grundstück … in S. keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielt hat.
- 38
Eine gewerbliche Tätigkeit setzt nach der Rechtsprechung des BFH neben den positiven in § 15 Abs. 2 EStG aufgeführten Tatbestandsmerkmalen negativ voraus, dass sich die Tätigkeit nicht als private Vermögensverwaltung darstellt (vgl. BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 - GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 762). Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn unbewegliches Vermögen durch Vermietung oder Verpachtung genutzt wird. Die Vermietung oder Verpachtung von Grundbesitz bleibt selbst dann Vermögensverwaltung, wenn der Besitz sehr umfangreich ist, an eine Vielzahl von Mietern vermietet und zur Verwaltung ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Zusatzleistungen des Vermieters führen erst dann zum Überschreiten der Grenze zur Gewerblichkeit, wenn sie das bei langfristigen Vermietungen übliche Maß überschreiten (BFH-Urteil vom 06. März 1997 – IV R 21/96, BFH/NV 1997, 762).
- 39
Im Streitfall ist weder vorgetragen noch sind irgendwelche Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die tatsächliche (beabsichtigte) Tätigkeit der Klägerin den Bereich der Vermögensverwaltung überschritten hat bzw. überschreiten sollte.
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Die (negativen) Einkünfte der Klägerin stellen jedoch bis einschließlich 1999 solche aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar.
- 41
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 - IX R 30/07, BFH/NV 2008, 1300; vom 25. März 2003 - IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1170; vom 11. März 2003 - IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043, jeweils m.w.N.). Bei Fehlen einer auf Dauer gerichteten tatsächlichen Vermietung ist die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen Voraussetzung einer bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht. Dies erfordert, dass der Wille, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, aus äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten ist (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 - IX R 30/07, BFH/NV 2008, 1300). Dabei muss der Steuerpflichtige seine erkennbare Vermietungsabsicht nachhaltig zu verwirklichen suchen (BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 - IX R 89/88, BFH/NV 1991, 741). Ein Abzug ist von dem Zeitpunkt an gegeben, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen, den die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht trifft (vgl. BFH-Beschluss vom 30. November 2005 - IX B 172/04, BFH/NV 2006, 720).
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Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sind als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung grundsätzlich alle Aufwendungen anzusehen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung dieser Form der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 - XI R 62/91, BFH/NV 1995, 108 mit weiteren Nachweisen). Die Berücksichtigung von Werbungskosten setzt zudem das Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht des Steuerpflichtigen voraus (BFH-Urteil vom 2. März 1993 - XI R 69/89, BFH/NV 1993, 532). Werden Aufwendungen für ein nicht vermietetes Grundstück im Hinblick auf eine spätere Vermietung als Werbungskosten geltend gemacht, so können derartige Aufwendungen nur dann als so genannte vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss zur Einkünfteerzielung endgültig gefasst hat und später nicht wieder aufgibt (FG Köln, Urteil vom 19. April 2006 - 5 K 3607/04, EFG 2007, 843 mit umfassenden Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, bestätigt durch BFH, Urteil vom 28. Oktober 2008 - IX R 1/07, BFH/NV 2009, 68).
- 43
Die Absicht zur Fremdvermietung ist als innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände zu erkennen. Solche Umstände, aus denen sich die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen ergeben, muss der Steuerpflichtige vortragen und gegebenenfalls nachweisen. Lassen sich diese äußeren und objektiv erkennbaren Umstände nicht nachweisen, geht dies im Rahmen der den Steuerpflichtigen treffenden Feststellungslast für ihn günstige Tatsachen zu seinen Lasten (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 - IX R 1/07, a.a.O.). Dies gilt im Ergebnis auch für Aufwendungen für ein unvermietetes Grundstück. Diese sind solange als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehbar, solange der Steuerpflichtige den Entschluss zur Erzielung von Einkünften im Zusammenhang mit dem Grundstück nicht endgültig aufgegeben hat. An einer solchen endgültigen Aufgabe fehlt es, solange sich der Steuerpflichtige ernsthaft und nachhaltig um eine Vermietung bemüht. Für die Ernsthaftigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. Ist die Absicht zur Fremdvermietung nicht aufgrund objektiver Umstände feststellbar oder besteht diesbezüglich Ungewissheit, entfällt ein Werbungskostenabzug (vgl. FG Köln, Urteil vom 9. April 2006 - 5 K 3607/04, EFG 2007, 843; des Hessischen FG vom 14. November 2007 - 1 K 335/05, juris; und des FG München vom 22. Oktober 2008 - 1 K 77/07, juris; jeweils m.w.N.).
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Dies folgt aus den im Steuerrecht geltenden allgemeinen Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast; vgl. BFH-Urteile vom 10. August 1988 - II R 252/83, BStBl II 1988, 987; vom 19. Januar 1994 - I R 40/92, BFH/NV 1995, 181; jeweils m.w.N.; ständige Rechtsprechung). Hiernach trägt jedoch der Steuerpflichtige die objektive Beweislast für die steuerentlastenden oder -mindernden Tatsachen, d.h. für Tatsachen, die den Steueranspruch aufheben, einschränken oder Steuerbefreiungen, -ermäßigungen oder (sonstige) Steuervergünstigungen begründen. Die genannte Feststellungslast umfasst auch eine entsprechende Beweisvorsorgepflicht (vgl. hierzu auch BFH-Beschluss vom 13. März 2007 - X B 37/06, BFH/NV 2007, 1138).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, vermag das Gericht bei Würdigung aller Umstände des Streitfalls für die Streitjahre 2000 - 2006 keine Vermietungsabsicht der Klägerin festzustellen.
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Insoweit hat die Klägerin ihre vorgetragene Vermietungsabsicht in den genannten Streitjahren (nach endgültigem Scheitern des Projekts P. in 1999) weder nachgewiesen noch hinreichend glaubhaft gemacht. Denn der gesamte klägerische Vortrag stellt nicht auf die Vermietungsbemühungen der Klägerin, sondern auf die Planung von Projekten des Klägers ab, auch wenn diese Planungen stets das streitgegenständliche Grundstück mit umfassten. Ernsthafte Vermietungsbemühungen der Klägerin an Dritte (außer an … in 1999) werden noch nicht einmal behauptet.
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Für ein auf das Bestehen einer Vermietungsabsicht hindeutendes objektives Anzeichen wäre es unter diesen Umständen erforderlich gewesen, weitere Schritte zu ergreifen. Die Klägerin hat allerdings keine weiteren, naheliegenden Maßnahmen ergriffen. So hat sie z.B. weder Anzeigen in Tageszeitungen oder Anzeigenblättern geschaltet noch einen Makler mit der Vermarktung beauftragt, weshalb das Gericht zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Klägerin ihre Vermietungsabsicht zumindest ab 2000 aufgegeben hat.
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Soweit die Kläger die Rechtsauffassung vertreten, das streitgegenständliche Grundstück stelle nach § 34 Abs. 6 Bewertungsgesetz (BewG) i.V.m. § 26 BewG notwendiges Betriebsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers dar, mit der Folge, dass die entstandenen Verluste von den positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb des Klägers abzuziehen seien, ist ihm mit dem Beklagten das Urteil des BFH vom 26. Februar 2007 – II R 27/05, a.a.O, entgegen zu halten, wonach Grundbesitz, der im Alleineigentum eines Ehegatten steht, nicht deswegen Betriebsgrundstück ist, weil das Grundstück dem Gewerbetrieb des anderen Ehegatten dient. Denn grundsätzlich kann ein Grundstück, das einer Einzelperson zuzurechnen ist, die keinen Gewerbebetrieb unterhält, nicht Betriebsgrundstück sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus 136 Abs. 1 Satz 1 FGO, wonach die Kosten bei teilweisem Obsiegen und teilweisem Unterliegen verhältnismäßig zu teilen sind.
- 50
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
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Referenzen
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- § 165 Abs. 1 Satz 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
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- FGO § 100 1x
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