Urteil vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 K 288/13
Tenor
Der Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 8. Juli 2013 wird dahingehend geändert, dass die im Streitjahr erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung des Theaterdrachens dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen werden und die Umsatzsteuer um 4.033,61 € reduziert wird.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Erlöse aus der zwischen dem Kläger und der ... Bühne in S. vereinbarten Erstellung eines sog. Theater-drachens dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
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Der Kläger ist als Künstler freiberuflich tätig. Er berechnet die Umsatzsteuer entsprechend einer Genehmigung des Beklagten nach vereinnahmten Entgelten.
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Mit der ... Bühne traf der Kläger eine Vereinbarung, wonach er ein Wahrzeichen für die ..., nämlich eine Plastik in Form eines Drachen schaffen sollte, die kinetisch animiert werden sollte.
- 4
Am 15. Februar 2011 schloss der Kläger hierzu mit der ... Bühne einen sog. Kunstobjektbauvertrag und eine Lizenzvereinbarung.
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Der Kläger wurde hiernach mit der funktionsfertigen Erstellung eines sog. Theaterdrachens beauftragt, der bestimmte Maße haben und bestimmte Funktionen erfüllen können sollte (Rauch schnauben, Feuer spucken, Hals, Kopf, Beine, Flügel und Schwanz natürlich bewegen, zwinkern, das Maul öffnen und schließen, die Augenfarbe wechseln u.a.). Mitumfasst vom Auftrag waren die Objektplanung sowie die Erfüllung der Sicherheits-, Gesundheits- und Brandschutzvorschriften. Das Objekt war bis zum 30. April 2011 herzustellen und danach abzunehmen.
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Der Kläger sollte das benötigte Material besorgen und die ... Bühne ein finanzielles Budget von 30.000 € (inkl. 19 % Umsatzsteuer) für Material und Fremdleistungen vorhalten. Für spezielle Leistungen war durch die ... Bühne die Mitarbeit von Spezialisten der Theaterwerkstätten S. zu gewährleisten.
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Als Vergütung wurde ein Pauschalfestpreis i.H.v. 40.000 € zzgl. 7 % Umsatzsteuer vereinbart, welcher in drei Teilbeträgen zu zahlen war, nämlich am 17. März 2011 i.H.v. 20.000 € zzgl. Umsatzsteuer, am 20. April 2011 i.H.v. 10.000 € zzgl. Umsatzsteuer und der Rest mit Fertigstellung und Übergabe.
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Die ... Bühne durfte den Drachen für die Vertragsdauer im Rahmen ihrer Aufführungen nutzen. Die Verbreitung und Veröffentlichung von Bild- und Tonaufnahmen waren auf den Einsatz in der Region ... beschränkt. Der Kläger war als Urheber des Drachens an geeigneter Stelle auszuweisen. Gesonderte Lizenzentgelte wurden nicht vereinbart, aber der Kläger durfte das Objekt auf eigene Kosten und für eigene Zwecke außerhalb der Region ... und wenn das Objekt vom Auftraggeber nicht benötigt wurde benutzen und verwerten. Der Kläger übernahm eine zweijährige Garantie und die Haftung für Betriebsfehler und Funktionsstörungen. Der Vertrag hat hinsichtlich der urheberrechtlichen Vereinbarung eine Laufzeit bis zum 31. Juli 2016.
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Der hergestellte Drache besteht aus einem Grundgerüst aus Metall und Glasfiber. Kopf, Körper und Extremitäten bestehen aus einem Stahldrahtgeflecht, bespannt mit Segeltuch und beschichtet mit Acryl. Die Figur ist bemalt. Im Inneren sitzen die Lenker, die die Figur bewegen. Kopf und Extremitäten sind beweglich. Die Augen der Figur können bewegt werden. Sie kann Feuer speien und „sprechen“.
- 10
Laut einer Bestätigung der ... Bühne vom 10. Januar 2013 wurde der Drache durch Mitarbeiter der Dekorationswerkstätten der ... Bühne unter künstlerischer Leitung des Klägers hergestellt und der Drache in der Freilichtinszenierung „...“ 2011 eingesetzt.
- 11
Der Kläger hatte der ... Bühne im ersten und zweiten Quartal jeweils brutto 21.400 € für die eigene Leistung in Rechnung gestellt und erhalten.
- 12
Der Beklagte führte am 23. Juli 2012 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung wegen Umsatzsteuer 2. Quartal 2011 durch (Bericht vom 14. August 2012). Die Prüferin gelangte u.a. zu der Auffassung (Tz. 14 und 15 des Berichts), dass der vom Kläger an die ... Bühne gelieferte sog. Theaterdrache nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sei, weil es sich um ein künstlerisches Erzeugnis mit eigenem Gebrauchswert handle, welches nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliege.
- 13
Der Beklagte folgte dem und erließ am 22. Oktober 2012 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das 2. Quartal 2011. Der dagegen form- und fristgerecht eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2013 zurückgewiesen. Am 14. März 2013 wurde Klage erhoben.
- 14
Auf Antrag des Klägers hat der Zoll am 5. November 2012 eine sog. unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteuerzwecke erteilt und den streitgegenständlichen Drachen als „andere Schaustellerattraktion“ unter Zollnomenklatur 9508 mit einem Umsatzsteuersatz von 19 % eingeordnet.
- 15
Der am 8. Juli 2013 eingegangenen Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr wurde zugestimmt.
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Der Kläger hat ausgeführt, dass die streitgegenständlichen Prüfungsfeststellungen der Umsatzsteuererklärung zu Grunde gelegt worden seien, gleichwohl aber angefochten werden.
- 17
Er meint, er sei als Künstler tätig und die von ihm erbrachten künstlerischen Gestaltungsleistungen unterlägen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Schwerpunkt der Leistungen des Klägers aus dem mit der ... Bühne geschlossenen Vertrag seien die künstlerischen Leistungen des Entwerfens und der Planung des Theaterdrachens als kinetisches Kunstobjekt sowie die Anleitung und Beaufsichtigung der mit dem Bau befassten Mitarbeiter der Theaterwerkstätten der ... Bühne. Die eigentliche Werkleistung sei nicht durch ihn erbracht, sondern von ihm sei lediglich die künstlerische Realisierung beaufsichtigt worden.
- 18
Der Kläger habe die Materialien vom Auftraggeber in dem Sinne gestellt bekommen, dass der Auftraggeber hierfür an sich zuständig gewesen sei und den Kläger mit der Beschaffung beauftragt hat. Auch das Wertverhältnis zwischen künstlerischer Leistung und Materialkosten zeige, dass erstere die Hauptleistung gewesen sei.
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Die Lieferung des Theaterdrachens unterliege, weil dieser ein Kunstgegenstand sei, dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Ziff. 1) Umsatzsteuergesetz (UStG). Es handle sich um ein Kunstwerk der angewandten Kunst, welches durch die persönliche und geistige Leistung und Gestaltung durch den Kläger entstanden sei. Die vorliegende Zolltarifauskunft, wonach der Theaterdrache als Schaustellerattraktion klassifiziert wird, sei hingegen unbeachtlich. Denn einerseits sei sie unverbindlich und andererseits sei sie sachlich falsch, weil der künstlerische Ansatz- und Ausgangspunkt und die Verwendung unberücksichtigt geblieben seien.
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Wenn hingegen die Auskunft zutreffend sei, dann ergebe sich die Ermäßigung des Steuersatzes aus § 12 Abs. 2 Ziff. 7d) UStG, wonach Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller dem ermäßigten Steuersatz unterlägen.
- 21
Die Leistungen des Klägers unterlägen weiter gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7c) UStG dem ermäßigten Steuersatz, denn die Steuer ermäßigt sich für die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urhebergesetz ergeben. Der Kläger sei Urheber des Theaterdrachens. Er habe der ... Bühne die Nutzungsrechte übertragen und es handle sich insoweit auch nicht lediglich um eine unselbständige Nebenleistung, denn ohne diese Rechte hätte die ... Bühne den Theaterdrachen nicht bestimmungsgemäß nutzen können.
- 22
Der Beklagte übersehe auch, dass das Eigentum am Drachen nicht auf den Auftraggeber übergegangen sei. Der Auftraggeber habe lediglich das Recht, den Theaterdrachen für einen bestimmten Zeitraum zu nutzen und zu verwerten. Schwerpunkt sei die Überlassung der Nutzungs- und Verwertungsrechte.
- 23
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 8. Juli 2013 dahingehend zu ändern, dass die im Streitjahr erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung des Theaterdrachens dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterworfen werden und die Umsatzsteuer um 4.033,61 € zu reduzieren.
- 24
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 25
Der Beklagte meint, der Kläger habe eine Theaterrequisite geliefert. Dies unterfalle nicht dem ermäßigten Steuersatz. Es handle sich hier nicht um einen Kunstgegenstand. Die Klassifizierung anhand der Zollnomenklatur sei zutreffend erfolgt.
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Eine Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c) UStG scheide aus. Danach seien nur Leistungen begünstigt, deren wesentlicher Inhalt in der Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten nach dem Urhebergesetz besteht. Im Streitfall sei aber eine Lieferung vereinbart und nicht eine unter § 12 Abs. 2 Nr. 7c) UStG fallende sonstige Leistung. Hier sei Hauptleistung die Lieferung des Theaterdrachens. Das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung zu Werbezwecken sei nur Nebenleistung.
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Er meint weiter, Vertragsgegenstand sei vorrangig der funktionsgerechte Bau des Theaterdrachens gewesen und nicht die Lizenzvereinbarung. Der Auftraggeber des Theaterdrachens sei auch nicht bereits Eigentümer des Materials gewesen. Regelungsgegenstand sei daher auch nicht allein die Lizenz gewesen. Über das Material wurde nämlich mit Materialendabrechnung vom 24. Juni 2011 abgerechnet und die Materialbesorgung war nach dem Vertrag Sache des Klägers. Es handle sich damit nicht um eine Materialgestellung, da dies nur vorliege, wenn der Auftraggeber zur Werkherstellung den Hauptstoff hergebe.
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Dem Senat haben die Umsatzsteuer-, die Umsatzsteuer-Sonderprüfungs- und die Rechtsbehelfsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
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I. Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Lieferung des als Theaterdrachen bezeichneten Objekts unterliegt dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Anlage 2 Nr. 53 c) UStG.
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1. Es liegt eine Lieferung i.S.d § 3 Abs. 1 UStG vor, da der zwischen dem Kläger und der ... Bühne geschlossene Vertrag zum Inhalt hatte, dass der Kläger der ... Bühne die Verfügungsmacht an dem bestellten Objekt Theaterdrache verschafft.
- 31
Der sog. Kunstobjektbauvertrag (und die Lizenzvereinbarung) ist - soweit es um die Frage der Eigentumsverschaffung geht - nicht eindeutig. Hinzu kommt, dass auch von Klägerseite angeführt wird, der Kläger habe sich vertraglich im Wesentlichen zur Übertragung der Nutzungs- und Verwertungsrechte verpflichtet.
- 32
Daher sind zur Bestimmung des Schwerpunktes der Leistungspflicht des Klägers der Vertragsinhalt und die weiteren Umstände im Einzelnen zu betrachten. Der Kläger hat in seinem Schreiben an den Zoll ausgeführt, dass er im Auftrag eines Konsortiums (bestehend u.a. aus den ... Bühnen) ein Wahrzeichen für die ... in Form einer Plastik eines Drachens schaffen sollte. Im Vertrag verpflichtet sich der Kläger zur funktionsgerechten Erstellung des Objektes. Das Objekt soll abgenommen werden und bei Übergabe wird die letzte Rate des Pauschalpreises fällig. Des Weiteren ist der Vertrag allein „hinsichtlich der urheberrechtlichen Vereinbarungen“ zeitlich befristet. Diese Umstände wie auch der vereinbarte Preis deuten darauf hin, dass Schwerpunkt der Leistungspflicht des Klägers in der Verschaffung der Verfügungsmacht an dem bestellten Theaterdrachen bestand (Für den Fall, dass Schwerpunkt der Leistungspflicht des Klägers die Einräumung der Nutzungs- und Verwertungsrechte war, siehe unter I. 5.).
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2. Für Lieferungen der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände ermäßigt sich die Steuer gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr gültigen Fassung von 19 % auf 7 %. Nach Anlage 2 Nr. 53 sind die dort aufgeführten Kunstgegenstände begünstigt. Dabei hat der Gesetzgeber sich auf eine Begünstigung der in den Positionen 9701 bis 9703 des Zolltarifs tarifierten Gegenstände beschränkt (Husmann, in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, § 12, Rz. 726; BTDrucks 1010/3558, 9, 10). Bei der Tarifierung der Kunstgegenstände ist nicht auf deren künstlerische Qualität abzustellen, sondern darauf, ob die sich aus den äußeren Merkmalen der Ware ergebenden objektiven Kriterien eine Zuordnung zu der jeweiligen Position rechtfertigen (EuGH-Urteil vom 18. September 1990 Rs. C-228/89, Slg. 1990, I-3387).
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Kunstgegenstände i.S. dieser Positionen sind - so die Auffassung in der Literatur (Husmann, a.a.O., Rz. 730) - nur Originalerzeugnisse, die in bestimmten überkommenen Techniken (Malerei, Bildhauerei) gestaltet worden sind. Dementsprechend sollen nach einer in der Verwaltung vertretenen Sichtweise (OFD Erfurt, Vfg. vom 24. Mai 2000 - S 7229 A - 04 - St 343, UR 2000, 489) zeitgenössische Kunstgegenstände, die wegen der andersartigen angewandten Technik oder der eingesetzten Ausdrucksmittel diesen Positionen nicht zugeordnet werden können, nach stofflicher Beschaffenheit tarifiert werden.
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Allerdings hat der EuGH in seiner Rspr. (Urteil vom 15. Mai 1985 Rs. C-155/84, Slg. 1985, 01449; Urteil vom 8. November 1990 Rs. C-231/89, Slg. 1990, I-04003) auch moderne Kunstwerke, die in neuartigen Techniken, Formen und Materialien gestaltet sind, den Positionen 9701 oder 9703 zugeordnet. Dieser Auffassung folgt auch der entscheidende Senat, zumal nach Anlage 2 Nr. 53 c) UStG (Position 9703) ausdrücklich Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst aus Stoffen aller Art erfasst sind und der Wortlaut folglich keinen Ausschluss von neuartigen Techniken und Ausdrucksmitteln vorgibt. Die Werke müssen außerdem aus sich heraus wirken und dürfen daneben keinen eigenen Gebrauchswert haben, wie etwa kunsthandwerkliche Erzeugnisse (Türen, Griffe, Fenster, Vasen, Lampen); gleichwohl dürfen sie einem praktischen Zweck zugeführt werden (Husmann, a.a.O., Rz. 740). Die Erzeugnisse unterfallen in Abgrenzung zur Malerei der Bildhauerei, wenn es sich um dreidimensionale Objekte handelt (EuGH-Urteil vom 15. Mai 1985 Rs. C-155/84, Slg. 1985, 01449).
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3. Ausgehend von diesen Grundsätzen gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Theaterdrachen um ein in die Position 9703 einzuordnendes Objekt der Bildhauerei handelt. Es handelt sich unstreitig um ein Original. Der Theaterdrache ist ein dreidimensionales Objekt, welches aus verschiedenen Stoffen (Metall, Textilien, Acryl) hergestellt wurde. Es ist Ergebnis eines kreativen Schaffensprozesses und hat anders als kunsthandwerkliche Erzeugnisse auch keinen Gebrauchswert wie etwa eine besonders künstlerisch gestaltete Türklinke. Er ist vielmehr selbst Teil einer künstlerischen Darbietung. Sein Gebrauch erschöpft sich in seiner Wirkung als Teil der Theatervorführung. Die zwischen Auftraggeber und Kläger geschlossene Vereinbarung wie auch die weiter vorgelegten Unterlagen zeigen, dass es dem Auftraggeber in erster Linie auf die schöpferische Leistung des Klägers ankam und nicht nur um die handwerkliche Umsetzung vorgegebener Gestaltungsformen.
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4. Die - unverbindliche - Auskunft des Zolls, wonach das Objekt als sonstige Schaustellerattraktion eingeordnet wurde, ist unzutreffend. Unabhängig von dieser Einordnung kommt die Steuerbegünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 d) UStG nicht zur Anwendung.
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Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller unterliegen danach der ermäßigten Besteuerung. Die Tätigkeit wird in § 30 UStDV beschrieben und vom BFH (Urteil vom 25. November 1993 V R 59/91, BStBl II 1994, 336) auf dieser Grundlage Schausteller als Personen definiert, die mit ihren der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste usw. beschicken, also von Ort zu Ort ziehen. § 12 Abs. 2 Nr. 7 d) UStG regelt eine tätigkeits- und nicht personenbezogene Steuervergünstigung (BFH-Urteil vom 25. November 1993 V R 46/91, BFH/NV 1995, 349), d.h., erforderlich sind nicht ortsfest ausgeführte schaustellerische Leistungen i. S. v. § 30 UStDV (Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen).
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Die hier zu beurteilende Tätigkeit, der Einsatz des Theaterdrachens im Wesentlichen in der ... Bühne in S., ist nicht ambulant und daher keine Schaustellerei i.S.d. §12 Abs. 2 Nr. 7 d) UStG.
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5. Sollte der Schwerpunkt der Leistungspflicht des Klägers hier in der (zeitlich begrenzten) Übertragung der Nutzungs- und Verwertungsrechte gelegen haben, läge eine sonstige Leistung i.S.v. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG vor, für welche nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 c) UStG der ermäßigte Steuersatz von 7 % statt 19 % gelten würde.
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6. Zuletzt ist der Beklagte in Bezug auf sein Vorbringen, der Kläger habe eine Theaterrequisite geliefert, auf das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 7. Februar 2014, IV D 2-S 7240/11/10002, FMNR089000014, BStBl I 2014, 273 zu den Umsätzen selbstständiger Bühnen- und Kostümbildner hinzuweisen.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.
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Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO notwendig, da die Sach- und Rechtslage nicht so einfach war, dass der Kläger sich selbst vertreten konnte.
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Referenzen
- § 30 UStDV 2x (nicht zugeordnet)
- FGO § 139 1x
- FGO § 151 1x
- 1993 V R 46/91 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 135 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- § 3 Abs. 1 UStG 1x (nicht zugeordnet)
- § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1x (nicht zugeordnet)
- 1993 V R 59/91 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG 1x (nicht zugeordnet)