Beschluss vom Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 KO 1255/15

Tenor

Die Erinnerung wird als unzulässig verworfen.

Tatbestand

A

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Der Erinnerungsführer macht geltend, eine Kostenrechnung vom … September 2015, die im vom Erinnerungsführer im Namen einer GmbH angestrengten Klageverfahren 3 K …/15 ergangen ist, verletze ihn in seinen Rechten.

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Die Kostenrechnung vom ... September 2015 im Verfahren 3 K …/15 ist unter dem … 2017 ausdrücklich aufgehoben worden. In der Kostenrechnung ist im Adressfeld einzig der Erinnerungsführer "c/o" der als Klägerin benannten GmbH genannt. Bei der Bezeichnung des Rechtsstreits ist als Aktivbeteiligte die Klägerin (GmbH) genannt. Weitere Hinweise auf einen Kostenschuldner gibt es in der Kostenrechnung nicht.

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Mit einer weiteren Kostenrechnung vom ... November 2015 sind Kosten in abweichender Höhe festgesetzt worden. Im Adressfeld der Kostenrechnung ist einzig der Erinnerungsführer genannt. Bei der Bezeichnung des Rechtsstreits ist als Aktivbeteiligte die Klägerin mit dem Zusatz "U.A." genannt. Weitere Hinweise auf einen Kostenschuldner gibt es in der Kostenrechnung nicht. Sie ist unter dem … 2017 ausdrücklich aufgehoben worden.

4

Die weitere Kostenrechnung vom ... November 2015 ist unter dem … 2017 ausdrücklich aufgehoben worden. In der Kostenrechnung ist im Adressfeld einzig der Erinnerungsführer genannt. Bei der Bezeichnung des Rechtsstreits ist als Aktivbeteiligte die Klägerin mit dem Zusatz "U.A." genannt. Weitere Hinweise auf einen Kostenschuldner gibt es in der Kostenrechnung nicht.

5

Für die (wiederum spätere) Kostenrechnung vom …2015 im selben Verfahren gilt das Nämliche. Allerdings ist dort ein anderes Kassenzeichen als in derjenigen vom 11. November 2015 genannt. Auch wird in (dieser) Kostenrechnung … ausgeführt, diejenige vom … November 2015 sei abgeändert worden, sie sei gegenstandslos geworden.

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Der Erinnerungsführer hat gegen sämtliche o.g. Kostenrechnungen Erinnerung eingelegt. Gegenstand der Entscheidung im vorliegenden Verfahren ist indes einzig die Erinnerung gegen den (ältesten) Kostenansatz vom … 2015 im Verfahren 3 K …/15.

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Die Bezirksrevisorin bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

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Im Verwaltungswege ist später entschieden worden, im vorliegenden Verfahren in Anlehnung an § 21 Abs. 2 Satz 2 GKG Gerichtskosten nicht, d.h. weder Gerichtsgebühren noch gerichtliche Auslagen zu erheben.

Entscheidungsgründe

B

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I. Die Entscheidung wird vom Einzelrichter getroffen.

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1. Gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 GKG, das gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 GKG auf Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung wie das Klageverfahren 3 K …/15 anzuwenden ist, entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind (§ 66 Abs. 1 Satz 1 GKG), über die Erinnerung gegen den Kostenansatz durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.

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2. Gemäß dem Geschäftsverteilungsplan des Senats ist der Berichterstatter Einzelrichter i.S.d. § 66 GKG.

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II. Erinnerungsgegner ist das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Bezirksrevisorin bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt (a.A. Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, 131. Lfg., § 135 FGO, Rz. 18; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 236. Lfg., § 135 FGO, Rz. 12; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, 146. Lfg., § 135 FGO, Rz. 2).

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1. Es gibt einen Erinnerungsgegner. Dass gemäß § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG Auslagen nicht erstattet werden, spricht nicht gegen, sondern gerade für ein kontradiktorisches Verfahren, da die Bestimmung in einem nicht kontradiktorischen Verfahren nicht erforderlich wäre.

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In einem kontradiktorischen Verfahren ist grundsätzlich eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Beim einem einen (im Streitfall vorläufigen) Kostenansatz betreffenden Erinnerungsverfahren handelt es sich um ein kontradiktorisches Verfahren (vgl. Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 66 GKG, Rz. 52). Dies ergibt sich bereits daraus, dass gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG sowohl die Staatskasse als auch der Kostenschuldner Erinnerungen gegen den Kostenansatz erheben können, so dass jeweils eine Anschlusserinnerung möglich ist (Bayerisches Landessozialgericht Beschluss vom 7.10.2014 L 15 SF 61/14 E, juris). Dass die Staatskasse auch dann Erinnerung einlegen kann, wenn ihr der Kostenansatz zu hoch erscheint (Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 66 GKG, Rz. 8 m.w.N.; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl., § 66 GKG, Rz. 10, m.w.N.; Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, 98. Lfg., § 66 GKG, Rz. 34, m.N. der Gegenansicht; Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 66 GKG, Rz. 33), ändert hieran nichts.

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2. Erinnerungsgegner ist das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Bezirksrevisorin (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., 2017, § 66 GKG, Rz. 8; vgl. Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG/FamGKG, 108. Lfg., Juni 2016, § 66 GKG, Rz. 33) bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, nicht etwa, wie es der Wortlaut des § 66 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GKG nahe legen könnte eine (zumindest verfahrensrechtlich) verselbständigte Staatskasse (so aber womöglich Just, Kostenverfahren in der Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 642: Staatskasse in Form der Landeskasse), insbesondere nicht das Finanzamt Dessau-Roßlau, Bereich Finanzdienste, Landeshauptkasse. Gemäß Nr. 2.1 g) (i.V.m. Nr. 3.7) der Geschäftsanweisung für Bezirksrevisoren des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. Mai 2007 (JMBl. LSA ST 2007, 185) in der Fassung vom 05. November 2014 (JMBl. LSA 2014, 183), Az.2332-202.1, wird ein Bezirksrevisor bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt eingesetzt. Gemäß Nr. 6.1 der Geschäftsanweisung soll der Schwerpunkt der Tätigkeit des Bezirksrevisors in der Vertretung der Staatskasse in gerichtlichen Verfahren liegen. Zu seinen Aufgaben zählt gemäß Nr. 4.2 a) der Geschäftsanweisung insbesondere die Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt in den Fällen von Teil 1 Kapitel 4 Abschnitt 3 des Erlasses des Ministerpräsidenten, Beschluss der Landesregierung, Gem. Runderlass der Staatskanzlei und der Min. vom 09. April 2013 (MBl. LSA 2013, 204). Dort ist bestimmt: „In Verfahren kostenrechtlicher Art, insbesondere bei … der Festsetzung von Kosten für und gegen den Fiskus … wird das Land durch die Bezirksrevisoren der Gerichte vertreten.“

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III. Es kann dahinstehen, ob der Kostenansatz vom ... und / oder ... November 2015 und / oder vom ... November 2015 oder auch nur einer oder zwei, gleich welche, der drei – in entsprechender Anwendung von § 68 Satz 1 FGO – zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist. Denn alle drei sind zwischenzeitlich aufgehoben worden, so dass aus den u.g. Gründen auch in diesem Falle die Erinnerung gegen den vorläufigen Kostenansatz unzulässig wäre.

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IV. Der Antrag ist als unzulässig zu verwerfen.

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Die Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 24. September 2015 im Verfahren 3 K 985/15 ist unzulässig, weil dieser bereits aufgehoben worden ist.

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V. Eine Kostengrundentscheidung ist nicht zu treffen.

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1. Eine Kostengrundentscheidung wäre an sich trotz der Gerichtsgebührenfreiheit gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG erforderlich, weil der Erinnerungsführer, wenn die Erinnerung verworfen oder zurückgewiesen wird, die gerichtlichen Auslagen zu tragen hat (vgl. Klüsener in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., 2014, § 57 FamGKG, Rz. 21; vgl. Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., 2014, § 66 GKG, § Rz. 48; vgl. Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 57 FamGKG, Rz. 105; vgl. Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 66 GKG, Rz. 125; a.A. Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl., § 135, Rz. 14; Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 236. Lfg., § 135 FGO, Rz. 12; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, 146. Lfg., § 135 FGO, Rz. 2), weil gerichtliche Auslagen erhoben werden können (so auch seine gegenteilige Aussage in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 135 FGO, 134. Lfg., Rz. 18 und 25, für den Fall des Vorliegens von Auslagen einschränkend Brandt in Beermann/Gosch, AO/FGO, 134. Lfg., vor §§ 135 - 149 FGO, Rz. 50; vgl. Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 3. Aufl., 2014, § 66 GKG, Rz. 43; a.A. Sächsisches OVG Beschluss vom 01. Februar 2012 4 A 866/10, nachgewiesen bei juris; a.A. womöglich auch Just, Kostenverfahren in der Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 686) oder besser: zu erheben sind (vgl. Schneider, Gerichtskosten nach dem GNotKG, 2. Aufl., 2016, S. 127; vgl. Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 57 FamGKG, Rz. 105; vgl. Waldner in Rohs/Wedewer, GNotKG, 117. Akt., August 2017).

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Der Erinnerungsführer soll für die Auslagen des Gerichts kraft Gesetzes haften, weshalb es einer Kostenentscheidung nicht bedürfe (Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 57 FamGKG, Rz. 105) rsp. die Auslagen des Gerichts kraft Gesetzes schulden, weshalb es ebenfalls einer Kostengrundentscheidung nur im Falle eines Teilerfolgs bedürfe (Fackelmann in Korintenberg, GNotKG, 20. Aufl., 2017, § 81, Rz 108). Wer das Erinnerungsverfahren beantragt, schuldet die Gerichtskosten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 1 GKG (vgl. auch § 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG; vgl. auch § 22 Abs. 1 GNotKG), er haftet nicht etwa für eine fremd Schuld. Zudem ist im kontradiktorischen Verfahren aufgrund des Charakters eines streitigen Verfahrens darüber zu befinden, wer die Kosten, d.h. gerade auch die Gerichtskosten und somit die Auslagen des Gerichts zu tragen hat.

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Dass gemäß § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG (ergänze anderen Beteiligten ihre) Auslagen nicht erstattet werden, heißt gerade nicht, dass Auslagen des Gerichts nicht erhoben würden. § 66 Abs. 8 Satz 2 GKG führt daher nicht dazu, dass es einer Kostengrundentscheidung nicht bedürfte (a.A. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 236. Lfg., § 135 FGO, Rz. 12).

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2. Im Streitfall allerdings ist dennoch keine Kostengrundentscheidung zu treffen, da bereits im Verwaltungswege entschieden worden ist, dass Auslagen des Gerichts nicht erhoben werden, so dass eine Kostengrundentscheidung obsolet ist, weil sie ins Leere ginge.

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VI. Der Beschluss ist unanfechtbar. Denn gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes, hier den Bundesgerichtshof, nicht statt.


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