Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 2 K 3644/12 StB
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand
2Der Kläger wurde 2008 als Steuerberater bestellt. Von 2008 bis 2011 war er als Syndikus-Steuerberater als Leiter der Steuerabteilung der E GmbH & Co. KG tätig. Von Oktober 2011 bis März 2012 war er als Direktor … bei der S AG in X-Stadt beschäftigt.
3Im Mai 2012 zeigte er gegenüber der Beklagten an, dass er am ...04.2012 bei der I GmbH … (im Folgenden I) eine Tätigkeit als Syndikus-Steuerberater gem. § 58 Satz 2 Nr. 5 a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) aufgenommen habe. Die I entwickelt, vertreibt und betreut …-produkte, die speziell für … entwickelt werden.
4In der Anzeige war als Tätigkeits-/Funktionsbeschreibung „Fachleiter Steuern, Sales Manager“ eingetragen. Zugleich wurde eine Arbeitgeberbescheinigung vom ...04.2012 zur steuerberatenden Tätigkeit des Klägers vorgelegt. Hierin erklärt die I, dass sie mit der Nebentätigkeit des Klägers als Steuerberater einverstanden sei. Weiter heißt es, der Kläger nehme im Rahmen des Angestelltenverhältnisses Tätigkeiten im Sinne des § 33 StBerG wahr. Dieser sei berechtigt, sich während der Dienstzeit zur Wahrnehmung etwaiger Termine von der Arbeitsstelle zu entfernen, ohne im Einzelfalle eine Erlaubnis einholen zu müssen.
5In dem beigefügten Arbeitsvertrag sind u. a. folgende Regelungen enthalten:
6„§ 2 Tätigkeit und Dienstsitz
7I überträgt dem Mitarbeiter Tätigkeiten in der Steuerberatung, der steuerlichen Konzeption und Implementierung der verschiedenen …-systeme sowie dem Vertrieb dieser Produkte.
8Der Mitarbeiter wirkt darüber hinaus an der steuerrechtlichen Neu- und Weiterentwicklungskonzeption der I-Produkte mit.
9[…]
10§ 5 Vergütung
11Der Mitarbeiter erhält für seine vertragliche Tätigkeit ein monatliches Festgehalt in Höhe von 5.000 € (in Worten: fünftausend).
12Zusätzlich zum Festgehalt erhält der Mitarbeiter eine variable Vergütung gem. Anlage 1. Die variable Vergütung ist in der Höhe nicht beschränkt. Der Anspruch auf diese Vergütung entsteht mit Zahlungseingang des vom Mitarbeiter generierten Umsatzes.
13[…]
14§ 11 Nebenbeschäftigung
15[…]
16Für die Tätigkeit als selbständiger Steuerberater wird die Genehmigung unwiderruflich erteilt. Dabei sind bei der Ausübung der Tätigkeit die Belange der I nach billigem Ermessen zu berücksichtigen.
17Wird der Mitarbeiter im Zusammenhang mit seinen Tätigkeiten für Kunden der I bei diesen für ergänzende Aufgaben als Steuerberater engagiert, kann der Mitarbeiter diese Leistung unmittelbar mit dem Kunden abrechnen. Die Vereinbarung und Ausführung dieser Leistungen erfolgt in Abstimmung mit I. Dabei kann auch vereinbart werden, dass diese in freigestellter Arbeitszeit erfolgen werden. I erhält für die Zustimmung zur Erbringung dieser Leistungen eine Entschädigung, die sich analog den Vereinbarungen der Anlage 1 verhält.“
18Die hinsichtlich der variablen Vergütung in Bezug genommene Anlage 1 enthält eine umsatzabhängige Provisionsstaffel, die sich an den vom Kläger generierten Lizenzumsätzen bei Neukunden (z. B. …) orientiert. Für eine Zielerreichung von 100% (entspricht einem generierten Umsatz i. H. v. 530.000 €) beträgt die Provision 15 % (60.950 €). Bei geringeren Umsätzen fällt sie bis auf 6 % bei einer Zielerreichung von 10 %.
19Die Beklagte ging im Rahmen des Widerrufsverfahrens von einer nach § 58 Satz 2 Nr. 5 a StBerG unzulässigen Arbeitnehmertätigkeit aus und kündigte den Widerruf der Bestellung an.
20Mit Bescheid vom 30.08.2012 widerrief die Beklagte nach Anhörung des Klägers dessen Bestellung als Steuerberater. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass die Bestellung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG zu widerrufen gewesen sei. Die Tätigkeit des Klägers stelle eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Tätigkeit dar, da die Voraussetzungen des § 58 Satz 2 Nr. 5 a StBerG nicht erfüllt seien. Aus den arbeitsvertraglichen Regelungen ergebe sich, dass der Kläger auch akquisitorisch tätig werde, jedenfalls sei seine Tätigkeit untrennbar mit den auf Gewinnerzielung gerichteten geschäftlichen Interessen der I verbunden.
21Mit der hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend:
22Eine Beeinträchtigung der unabhängigen und eigenverantwortlichen Tätigkeit als Steuerberater sei bei seiner Tätigkeit für die I nicht gegeben. Dies gelte auch im Hinblick auf die von seiner Tätigkeit mitumfasste Vertriebstätigkeit. Bei den seit April 2012 unter seiner Beteiligung erfolgten Produktpräsentationen hätten durch seine berufliche Nähe zu den Interessenten nicht nur produktspezifische Details geklärt werden können. Vielmehr hätten sich in diesem Rahmen auch Diskussionen und Beratungen in den steuerlichen Rechtsgebieten ergeben, die bislang aufgrund fehlender Kenntnisse der I-Mitarbeiter bzw. der rechtlichen Unzulässigkeit der Steuerberatung durch diese nicht hätten stattfinden können. Werde bei einer Produktpräsentation, bei der Analyse der Anforderungen oder im weiteren Verlauf der Verhandlungen festgestellt, dass Leistungen durch die Interessenten gefordert werden, die in die Steuerberatung hineingingen, könne den Interessenten dieses nunmehr von I angeboten werden, ohne dass zu befürchten sei, dass gegen geltendes Recht verstoßen werde. Da jedoch I nicht selbst, sondern nur ein zugelassener Steuerberater in seiner Person, zu Steuerberatung befugt sei, würde die Vereinbarung mit den Kunden und die Abrechnung dieser Leistungen über ihn als Steuerberater erfolgen. Dieses Vorgehen sei erforderlich, damit die I mit den großen, ganz ähnlich agierenden Konkurrenten in der Branche mithalten könne.
23Die im Arbeitsvertrag vereinbarte variable Vergütung habe den Hintergrund, dass seine finanziellen Vorstellungen von rd. 150.000 € per anno im Quervergleich zu den übrigen Mitarbeitern von der Firma I nicht habe dargestellt werden können. Vor diesem Hintergrund sei die Idee entstanden, die Vergütung aus verschiedenen Töpfen zusammenzusetzen. Ein Teil der Vergütung sollte demnach über die Aktivierung und Abrechnung eigener Steuerberatungsmandate erfolgen. Umgekehrt sei im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen ihm und der I eine Entschädigung i. H. v. 10 % der von ihm im Rahmen der Steuerberatung vereinnahmten Erlöse vereinbart worden. Hintergrund sei gewesen, dass man nicht habe ausschließen können, dass seine Steuerberatungsleistungen mit Unterstützung der Mitarbeiter des Arbeitgebers erfolgen würden. Um unnötigen administrativen Aufwand zu vermeiden, sei daher die Entschädigungsregelung zu Gunsten der I in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden.
24Eine Beeinträchtigung der unabhängigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung sei wegen der eingeräumten zeitlichen und räumlichen Freistellung seitens seines Arbeitgebers nicht zu erwarten. So hätte er bisher vereinbarte Termine regelmäßig ohne Terminverschiebung vorbereiten und wahrnehmen können.
25Soweit die Beklagte auf eine untrennbar vorliegende Verquickung mit den erwerbswirtschaftlichen Interessen seines Arbeitgebers hinweise, übersehe diese, dass er „lediglich“ Syndikus-Steuerberater und damit weder Gesellschafter der I noch deren vertretungsberechtigtes Organ sei.
26Die Unabhängigkeit seiner Steuerberatungstätigkeit ergebe sich ferner daraus, dass er seine Steuerberatungstätigkeit in eigenen Räumlichkeiten ausübe. Der Mandantenstamm umfasse derzeit ca. 20 Mandate, wovon nur drei Mandanten Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten. Alle drei gewerblichen Mandate hätten ein derart geringes Einkommen, dass eine Investitionen von mindestens 35.000 € bis zu ca. 500.000 € für die Tools seines Arbeitgebers überhaupt nicht realisierbar seien. Insoweit scheide ein Interessenkonflikt bezogen auf die bestehenden Mandate faktisch aus. Der von ihm verfolgte akquisitorische Ansatz für neue Mandate ziele vielmehr in die Richtung, dass bei der Akquisition von neuen Kunden seines Arbeitgebers auch Steuerberatungsleistungen durch ihn angeboten würden, um die Interessenten kurzfristig in die Lage zu versetzen, mit den von I erworbenen Tools zu arbeiten. Diese Art der Akquisition werde voraussichtlich bei einem Unternehmen aus der …-branche aus …-land (mit eigener Steuerabteilung) erfolgreich abgeschlossen. Er habe in den letzten Wochen zudem wiederholt feststellen können, dass allein durch seinen Titel „Steuerberater“ dem Unternehmen I eine erhöhte Aufmerksamkeit zuteil geworden sei. Das Unternehmen sei von diesem Titel zwar nicht abhängig; dieser öffne jedoch leichter „die ein oder andere Tür“. Darüber hinaus sei die I über verschiedene Verbände angesprochen worden, ob neben der Präsentation der aktuell erforderlichen …-tools (…) auch Informationsveranstaltungen zu … Fachthemen gehalten werden könnten. Dieser Punkt falle in den Bereich der durch ihn ausgeübten Steuerberatung. Es sei daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass Mandanten aus der Steuerberatung für die Tools der I akquiriert würden und dadurch eine Interessenkollision entstehen könnte.
27Der Kläger beantragt,
28den Widerrufsbescheid vom 30.8.2012 aufzuheben.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Sie erwidert:
32Die Tätigkeit des Klägers für die I sei auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Klägers im Klageverfahren als eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Arbeitnehmertätigkeit anzusehen. Dies folge bereits aus der arbeitsvertraglichen Regelung in § 2 Abs. 1 des Anstellungsvertrags, wonach zum Tätigkeitsbereich des Klägers bei der I (auch) der Vertrieb der Produkte gehöre.
33Daneben werde durch das gewählte Vergütungsmodell deutlich, dass der Kläger ein gesteigertes Interesse daran habe, neue Kunden für seinen Arbeitgeber zu gewinnen. Nach den Angaben des Klägers zu seiner Gehaltsstruktur sei davon auszugehen, dass der variable Gehaltsbestandteil ca. 50 % der Vergütung ausmache. Der Kläger habe somit ein gesteigertes Interesse an der Vermarktung der Produkte, um den variablen Vergütungsbestandteil zu erhöhen und so das von ihm anvisierte Jahresgehalt zu erreichen. Dies begründe die Gefahr, dass der Kläger, geleitet von diesen finanziellen Interessen, seine eigenen Mandanten nicht mehr unabhängig berate. Des Weiteren sei zu besorgen, dass der Kläger die Informationen, die er aus der steuerberatenden Tätigkeit erlange, dazu nutze, seine Mandanten als Kunden seines Arbeitgebers zu gewinnen. Dabei sei es unbeachtlich, ob der derzeitige Mandantenstamm des Klägers aufgrund beschränkter finanzieller Möglichkeiten zu dem potentiellen Kundenkreis seines Arbeitgebers gehören könnte. Ausreichend sei, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der Berufsausübung bzw. einer Interessenkollision bestehe. Der vom Kläger in der Klageschrift ausdrücklich formulierte „Akquisitionsansatz“ belege eindrucksvoll die bestehende finanzielle Verflechtung zwischen ihm und seinem Arbeitgeber im Hinblick auf das gemeinsame finanzielle Interesse, neue Kunden zu gewinnen. Gleiches gelte für die Möglichkeit, vor Verbänden in der Eigenschaft als Steuerberater Vorträge zu fachlichen Themen zu halten. Hierbei handele es sich regelmäßig um ein breit gefächertes Publikum, so dass sich daraus in noch viel größerem Maße die Möglichkeit ergebe, unter den Teilnehmern potentielle Kunden für seinen Arbeitgeber zu identifizieren.
34Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe
36Die Klage ist unbegründet.
37Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 30.8.2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
38Die Beklagte hat die Bestellung des Klägers als Steuerberater zu Recht gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG widerrufen. Die Tätigkeit des Klägers bei der I stellt eine mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbare Arbeitnehmertätigkeit im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG dar. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Angestelltentätigkeit als sogenannter Syndikus-Steuerberater (§ 58 S. 2 Nr. 5 Buchst. a StBerG) liegen nicht vor.
39Gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 1 StBerG ist die Bestellung als Steuerberater unter anderem zu widerrufen, wenn der Steuerberater eine mit seinem Beruf nicht vereinbare Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt (§ 57 Abs. 4 StBerG). Gemäß dieser Regelung gelten als Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar sind, gemäß der Nr. 2 dieser Vorschrift eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit Ausnahme der Fälle des Abs. 3 Nr. 4 sowie der §§ 58 und 59 StBerG. Nach der hier in Betracht kommenden Ausnahmeregelung des § 58 S. 2 Nr. 5 Buchst. a StBerG dürfen Steuerberater tätig werden als Angestellte, wenn sie im Rahmen des Angestelltenverhältnisses Tätigkeiten im Sinne des § 33 wahrnehmen. Dies gilt nicht, wenn hierdurch die Pflicht zur unabhängigen und eigenverantwortlichen Berufsausübung beeinträchtigt wird.
40Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Tätigkeit des Klägers für die I um eine nicht vereinbare Angestelltentätigkeit, da die Voraussetzungen des § 58 S. 2 Nr. 5 Buchst. a StBerG nicht gegeben sind.
41Aufgrund des im Arbeitsvertrag dokumentierten Inhalts der Tätigkeit sowie der im Verwaltungs- wie auch im Klageverfahren gegebenen weiteren Erläuterungen fehlt es hinsichtlich der steuerberatenden Tätigkeit des Klägers an der notwendigen Unabhängigkeit im Verhältnis zu seinem Beschäftigungsverhältnis bei der I.
42Dies ergibt sich zunächst bereits aus dem Arbeitsvertrag, in dem als ein Tätigkeitsfeld des Klägers auch der Produktvertrieb genannt ist. Der Kläger ist aufgrund seines Arbeitsverhältnisses gehalten, möglichst erfolgreich an dem Vertrieb der …-produkte der I mitzuarbeiten. Dass der Kläger im Rahmen der parallel zum Produktvertrieb erfolgenden Steuerberatung das geschäftliche Interesse seines Arbeitgebers an einer möglichst erfolgreichen Vermarktung tatsächlich völlig ausblenden könnte, erscheint wenig lebensnah.
43Hinzu treten die von den Beteiligten vereinbarten Vergütungsgrundsätze: Aufgrund der am Umsatz orientierten Provisionsstaffel hat der Kläger ein erkennbares Interesse an möglichst hohen, von ihm generierten Umsätzen. Dies liegt erst recht nahe, da der Kläger erläutert hat, dass das von ihm erwartete Gehalt – ca. 150.000 € p. a. – von der I aufgrund eines Binnenvergleichs zu anderen Mitarbeitern nicht habe gezahlt werden können. Der variable Vergütungsanteil stellt damit aus Sicht der Beteiligten des Arbeitsverhältnisses einen notwendigen Baustein im Rahmen dieses Vergütungsmodells dar. Der Kläger hat daher ein nachhaltiges Interesse daran, entsprechend erfolgreich an der Umsatzerzielung, d.h. konkret der Vermarktung der … mitzuwirken, um das von ihm erwartete Gehaltsniveau zu erreichen.
44Die untrennbare Verbindung der steuerberatenden Tätigkeit des Klägers mit seiner Tätigkeit im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses wird des Weiteren an dem vom Kläger im Klageverfahren beschriebenen sogenannten Akquisitionsansatz deutlich, den er und sein Arbeitgeber verfolgen. Hiernach wird der Kläger gerade mit seinem Titel als Steuerberater zum einen als „Türöffner“ für mögliche Kunden und zum andern als notwendiger Berater im Laufe der Verkaufsanbahnung eingesetzt. Die I will durch die Einbindung und das Anbieten der steuerberatenden Dienstleistung des Klägers, sowie der Kläger es selbst dargelegt hat, den Konkurrenten auf dem Markt „Paroli bieten“, die in Verbünden mit überregionalen Steuerberatungskanzleien und -Gesellschaften entsprechend verfahren würden. Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang jedoch, dass in den Fällen einer Kooperation zwischen Produktunternehmen und Steuerberatungs-Kanzleien trotz dieser Zusammenarbeit die klare Trennung zwischen beiden Geschäftsfeldern aufrecht erhalten bleibt. In der Person des Klägers sind diese Grenzen jedoch durchbrochen, in dem er zum einen als Angestellter der I die Interessen seines Arbeitgebers berücksichtigen muss und zum andern als Steuerberater auch gegenüber den Kunden der I unabhängig beraten muss. Dieses Anbieten beider Leistungen in der Person des Klägers „aus einer Hand“ macht den Unterschied zu anderen Kooperationsmodellen aus und beeinträchtigt die nach den Regelungen des Steuerberatungsgesetzes zu sichernde unabhängige Berufsausübung.
45Vor diesem Hintergrund ist es nicht entscheidend, ob im Rahmen des aktuellen Mandantenstamms der Steuerberatung bereits potentielle Kunden für die I vorhanden sind oder potenziell identifiziert werden können. Denn der Kläger betreibt im Rahmen der Steuerberatung keine erkennbar und ausschließlich eigenständige, von der I losgelöste Mandanten-Akquise; vielmehr wird seine steuerberatende Tätigkeit gerade im Geschäftsprozess seines Arbeitgebers begleitend und komplementär eingesetzt. Damit ist die Gefahr einer fehlenden Unabhängigkeit der Berufsausübung hinreichend konkret, ohne dass sich diese in einem zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Mandantenstamm bereits realisiert haben müsste.
46Letztlich stellt der Widerruf bei dieser Sachlage auch keinen Verstoß gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dar. Soweit in der neueren verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hervorgehoben wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.8.2013 1 BvR 2912/11, zitiert nach juris), dass Art. 12 Abs. 1 GG es erfordere, in jedem Einzelfall konkret zu prüfen, ob sich die Gefahr einer Interessenkollision deutlich abzeichne und nicht nur in einer sehr abstrakten und theoretischen Weise anzunehmen sei, wird der angefochtene Bescheid diesen Anforderungen gerecht. Wie zuvor aufgezeigt, ist im Fall des Klägers die Gefahr der Beeinträchtigung der unabhängigen Berufsausübung hinreichend konkret, da die Einbindung der Tätigkeit des Klägers als Steuerberater in den Arbeits- und Vertriebsprozess der I gewollt und beabsichtigt ist und damit nicht nur in abstrakter Weise zu besorgen ist.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
48Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich (§ 115 Abs. 2 FGO).
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