Beschluss vom Finanzgericht Düsseldorf - 9 Ko 1522/19 KF
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die Erinnerungsführer tragen die gerichtlichen Auslagen und außergerichtlichen Kosten.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Erinnerungsführer wenden sich gegen die Festsetzung der von der Erinnerungsgegnerin (Familienkasse) an sie als Prozessvertreter in dem Verfahren 9 K 1626/18 Kg zu erstattenden Kosten.
4In diesem Klageverfahren hatte sich die Klägerin, vertreten durch die Erinnerungsführer, gegen die rückwirkende Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für die Zeiträume Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie Juni 2016 bis Dezember 2017 i.H.v. 5.314 € gewandt. Der 9. Senat hatte der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt, soweit sie sich gegen die Rückforderung des Kindergeldes i.H.v. 2.064 € wehrte (wegen der Erfolgsaussicht der Klage für die 11 Monate Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie November und Dezember 2017). Im übrigen, also für die 17 Monate Juni 2016 bis Oktober 2017, wurde der Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht des Klagebegehrens abgelehnt (Beschluss vom 9.11.2018 9 K 1626/18 Kg).
5Mit Beschluss vom 31.01.2019 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) gemäß §§ 45, 49 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu Gunsten der Erinnerungsführer die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 763,98 € fest (auf der Grundlage des Bewilligungsstreitwerts von 2.064 €). Das Amtsgericht A hatte bereits vorher (18.09.2018) mitgeteilt, dass den Prozessbevollmächtigten (Erinnerungsführern) Beratungshilfe aus der Landeskasse in Höhe von 121,38 € gewährt worden sei.
6In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 18.01.2019 half die beklagte Familienkasse der Klage insoweit ab, als sie der Klägerin das Kindergeld für die 11 Monate Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie November und Dezember 2017 beließ. Auf dieser Grundlage erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin zu 79 vom Hundert und der beklagten Familienkasse zu 21 vom Hundert auferlegt. Dabei berücksichtigte das Gericht, dass die Klage für 6 Monate begründet war; für weitere 5 Monate war die Klage zwar begründet, allerdings sah das Gericht insoweit die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für gegeben an (vgl. auch S. 4 unten des PKH-Beschlusses); für weitere 17 Monate war die Klage erfolglos. Außerdem wurde die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt.
7Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 24.01.2019 beantragten die Prozessvertreter, gemäß § 126 der Zivilprozessordnung (ZPO) gegenüber dem Erinnerungsgegner, der beklagten Familienkasse, die noch zu erstattenden Kosten auf 524,97 € festzusetzen. Insgesamt seien aus einem Streitwert von 5.314 € außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.312,87 € entstanden; nach Abzug der im Wege der PKH gewährten Vergütung von „787,90 €“ [tatsächlich waren es aber 763,98 €] verbleibe dieser Betrag.
8Dem folgte die UdG nicht. Sie setzte zu Gunsten der Erinnerungsführer die von der beklagten Familienkasse zu erstattenden Kosten auf 110,25 €, nämlich 21 % der verbleibenden Kosten von 524,97 €, fest (Beschluss vom 23.05.2019). Darüber hinaus forderte die Kostenbeamtin namens der Staatskasse 21 % der im Rahmen der PKH-Gewährung gezahlten Vergütung (763,98 €), nämlich 160,43 €, von der beklagten Familienkasse, weil insoweit der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin bzw. der Erinnerungsführer „gegen den ersatzpflichtigen Gegner“ auf die Staatskasse übergegangen sei.
9Hiergegen erhoben die Erinnerungsführer „sofortige Beschwerde“; zur Begründung erklärten sie, „das Gericht [habe] versäumt, die Gerichtskosten hinzuzusetzen.“ Sie nahmen Bezug auf 2 Schreiben, worin zum einen die Stundung der Gerichtskosten beantragt worden war, zum anderen behauptet wurde, die Beklagte habe 79 % der Gerichtskosten und die Klägerin nur 21 % zu tragen.
10Die Erinnerungsführer beantragen sinngemäß,
11unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 23.05.2019 die von der Familienkasse zu erstattenden Kosten auf 524,97 € festzusetzen.
12Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
13die Erinnerung zurückzuweisen.
14Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dem Gericht vorgelegt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Erinnerungsverfahren und die vom Gericht beigezogenen Akten des Verfahrens 9 K 1626/18 Kg Bezug genommen.
16II.
17Die Erinnerung ist unbegründet.
181. Die Erinnerung bezieht sich auf den Antrag der Erinnerungsführer (vom 24.01.2019), mit dem sie als „für die Partei bestellten Rechtsanwälte“ gemäß § 142 Abs. 1 FGO, § 126 Abs. 1 ZPO im eigenen Namen ihre Gebühren und Auslagen von dem Prozessgegner (der Familienkasse) beitreiben können (vgl. hierzu näher Brandis in Tipke/ Kruse, § 142 FGO Rz. 64). Der Familienkasse sind die Kosten des Verfahrens zu 21 vom Hundert auferlegt worden, also bestand hier grundsätzlich ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Familienkasse in Höhe von 21 % der außergerichtlichen Kosten der Klägerin, also in Höhe von 275,70 € (21 % von 1.312,87 €).
19Die Erinnerung richtet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG, worin diese auf der Grundlage des § 142 FGO i. V. m. § 126 ZPO zu Gunsten der Erinnerungsführer einen vollstreckungsfähigen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 110,25 € festgesetzt hat, unter Versagung eines weitergehenden Anspruchs.
20Damit handelt es sich nicht um eine Erinnerung nach § 149 FGO (bei der die Klägerin des Ausgangsverfahren Beteiligte wäre), sondern ersichtlich um eine befristete Erinnerung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 FGO, mit der die Erinnerungsführer als Prozessvertreter des Ausgangsverfahrens im eigenen Namen den eigenen Vergütungsanspruch aus § 126 Abs. 1 ZPO weiterverfolgen.
212. Die Erinnerung ist in vollem Umfang unbegründet.
22§ 59 Abs. 1 Satz 1 RVG schließt einen Vergütungsanspruch der Erinnerungsführer gegen die Familienkasse aus. Auf der Grundlage der PKH-Bewilligung wurde den Erinnerungsführern eine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in Höhe von 763,98 € gewährt (Beschluss vom 31.01.2019). Damit haben die Erinnerungsführer ihre gesamten Gebühren und Auslagen erhalten, soweit das Klageverfahren die 11 Monate Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie November und Dezember 2017 betraf. In Kindergeldverfahren beinhaltet jeder streitige Monat der Gewährung einen eigenen Streitgegenstand; denn die Kindergeldfestsetzung ist ein zeitlich teilbarer Verwaltungsakt (hierzu genauer Reuß in Bordewin/ Brandt, § 70 EStG Rz. 26).
23In der Kostengrundentscheidung vom 18.01.2019 entsprach die Kostentragungspflicht der Familienkasse (von 21 % des Gesamtstreitwertes) dem Obsiegen der Klägerin für die 6 Monate Oktober 2014 bis Januar 2015 sowie November und Dezember 2017. Hinsichtlich dieser (Obsiegens-) Monate/ Streitgegenstände haben die Erinnerungsführer ihre gesamten Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse erhalten. Dementsprechend ist mit dieser Gewährung der Kostenerstattungsanspruch gegen die Familienkasse als Prozessgegner vollumfänglich auf die Staatskasse übergegangen, § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG. Somit standen die von der Familienkasse zu tragenden anteiligen außergerichtlichen Kosten der Klägerin (21 %) in vollem Umfang von 275,70 € der Staatskasse zu.
24Unter diesen Umständen braucht nicht vertieft zu werden, ob sich das Beitreibungsrecht eines beigeordneten Rechtsanwalts nach § 126 Abs. 1 ZPO von vorne herein nur auf den Teil des Streitgegenstands bezieht, für den PKH bewilligt worden ist (so Gräber/ Stapperfend, § 142 FGO Rn. 105 m.w.N.). Hiernach könnte auch bei einem nicht teilbaren Streitgegenstand [der Streifall betrifft teilbare Streitgegenstände] im Wege des § 126 Abs. 1 ZPO ein „Nachschlag“ des Bevollmächtigten gegenüber dem Prozessgegner immer nur insoweit erfolgen, als er aus der Staatskasse gemäß § 49 RVG abgesenkte Gebühren, sein Mandant hingegen aus der Kostengrundentscheidung einen vollen Kostenerstattungsanspruch erhalten hat. In allen anderen Fällen verhindert der Anspruchsübergang des § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG einen weitergehenden Kostenerstattungsanspruch nach § 126 Abs. 1 ZPO.
253. Diesen Grundsätzen entspricht der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG nicht. Denn hierin wurde den Erinnerungsführern ein weiterer zusätzlicher Anspruch gegen die Familienkasse von 110,25 € zugebilligt. Hierdurch sind die Erinnerungsführer allerdings nicht in ihren Rechten verletzt – sie haben mehr erhalten, als ihnen zustand.
26Eine Verböserung im Erinnerungsverfahren scheidet aus, jedenfalls wenn der Erinnerungsgegner nicht seinerseits gegen Kostenfestsetzung vorgeht (für KF-Verfahren Brandis in Tipke/ Kruse § 149 FGO Rz. 20; Gräber/ Stapperfend, § 149 FGO Rn. 18 und § 96 Rn. 51 ff.; FG Köln Beschlüsse vom 28.06.2007 10 Ko 715/07, EFG 2007, 1474, Rz. 17 und vom 16.11.2001 10 Ko 6021/01, EFG 2002, 224; differenzierend allerdings für GK-Verfahren FG Hamburg Beschlüsse vom 14.08.2013 3 KO 156/13, EFG 2013, 1960 und 3 KO 156/13, EFG 2013, 1961 mit Anm. Reuß; FG Sachsen-Anhalt Beschlüsse vom 28.02.2017 3 KO 137/17, EFG 2017,937 Rz. 77 mit Anm. Kerber, und vom 8.03.2018 5 KO 87/18, juris, Rz. 17)
274. Die Unanfechtbarkeit des Beschlusses beruht auf § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO.
285. Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 3 Abs. 2 i.V.m. Anlage 1 GKG, wonach Gebühren für das Erinnerungsverfahren nicht vorgesehen sind. Die Entscheidung über die gerichtlichen Auslagen und die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 135 Abs.1 FGO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- RVG § 49 Wertgebühren aus der Staatskasse 1x
- 9 K 1626/18 2x (nicht zugeordnet)
- 9 K 1626/18 1x (nicht zugeordnet)
- 10 Ko 715/07 1x (nicht zugeordnet)
- 10 Ko 6021/01 1x (nicht zugeordnet)
- 3 KO 156/13 2x (nicht zugeordnet)
- 3 KO 137/17 1x (nicht zugeordnet)
- 5 KO 87/18 1x (nicht zugeordnet)