Urteil vom Finanzgericht Düsseldorf - 4 K 450/19 VE
Tenor
Der Widerruf vom 31. Oktober 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2019 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
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T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin betreibt ein Asphaltmischwerk.
3Das beklagte Hauptzollamt erteilte der Klägerin mit Verfügung vom 26. März 2007 unter Widerrufsvorbehalt die Erlaubnis, Kohle als Heizstoff steuerfrei für die Herstellung von Asphalt zu verwenden.
4Mit Bescheid vom 31. Oktober 2018 widerrief das beklagte Hauptzollamt die Erlaubnis. Zur Begründung führte es aus: Die Klägerin stelle keine Waren aus Asphalt her. Die Herstellung von Asphalt sei kein nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) begünstigter Prozess. Der Gesetzgeber habe mit der Änderung dieser Bestimmung durch Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes vom 27. August 2017 (BGBl I, 3299) die Rechtslage klargestellt.
5Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Der Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG schließe die Herstellung von Mischasphalt nicht aus. Bei der Herstellung werde häufig Asphaltgranulat eingesetzt, das aus aufgebrochenen und abgefrästen Straßenschichten gewonnen werde. Dieses Granulat werde bei dem Mischen neben Bitumen, gebrochenen Steinen, Sand und Füllmaterial beigegeben, so dass frischer Asphalt häufig eine Ware aus altem Asphalt sei. Die Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG habe nur der Klarstellung gedient und die geltende Rechtslage nicht ändern sollen.
6Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 21. Januar 2019 zurück. Zur Begründung führte es aus: Asphaltmischgut sei zolltariflich keine Ware aus Asphalt. Die Herstellung von Asphaltmischgut falle nicht unter die NACE-Unterklasse DI 26.82, sondern unter die NACE-Unterklasse CB 14.21, die nach Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b 5. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96/EG) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. EU Nr. L 283/51) nicht zu den begünstigten mineralogischen Verfahren zähle. Das Asphaltmischgut sei auch kein bituminöses Erzeugnis und keine Vorstufe einer Ware aus Asphalt.
7Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Asphaltmischgut sei ein Endprodukt und könne deshalb nur als Ware aus Asphalt angesehen werden. Durch die Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG sei der Anwendungsbereich der Bestimmung erweitert und nicht eingeschränkt worden. Der Gesetzgeber habe § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG lediglich an die Formulierungen der Wirtschaftszweig- und Güterklassifikationen anpassen wollen. In dem vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Systematischen Güterverzeichnis für Produktionsstatistiken (GP) 2009 werde unter der Meldenummer 2399 13 200 Asphaltmischgut genannt, was der Unterklasse 23.99.0 der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008) entspreche. Damit sei die fehlerhafte Zuordnung im dem GP 2002 unter der Meldenummer 1421 13 500 korrigiert worden. Wenn man die Herstellung von Asphalt als solche von dem Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG ausschließen würde, verbleibe kein Anwendungsbereich mehr. Zudem falle die Herstellung von Frischbeton unter die NACE-Unterklasse DI 26.63. Deshalb gehöre zu den in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG genannten Erzeugnissen aus Beton auch Beton selbst. Da der Gesetzgeber alle mineralogischen Verfahren habe gleich behandeln wollen, gebiete eine verfassungskonforme Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG, die Herstellung von Asphalt und die Herstellung von Beton gleich zu behandeln. Beide Stoffe würden im Straßenbau verwendet und seien im Wesentlichen austauschbar. Die Herstellung von Transportbeton gehöre nach Auffassung der Zollverwaltung zu den nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG begünstigten Verfahren. Die Herstellung von Asphaltmischgut falle nicht unter die NACE-Unterklasse 14.21, weil für die Herstellung von Asphalt nicht nur ein Vermischen von Materialien, sondern auch die Hinzugabe von Bitumen und Asphaltgranulat erforderlich seien. Zudem erfolge die Herstellung von Asphaltmischgut nicht im Zusammenhang mit der Gewinnung von Steinen und Erden. Asphaltmischgut könne auch nicht mit Makadam und Teermakadam gleichgesetzt werden. Bei Asphalt handele es sich jedenfalls um ein bituminöses Erzeugnis, weil bei der Herstellung Bitumen als Bindemittel verwendet werde. Der Anteil von Bitumen liege häufig bei mehr als 5 %. Es sei nicht erforderlich, dass Bitumen den Hauptbestandteil des Erzeugnisses ausmache. Der Anteil an Bitumen habe keinen Einfluss auf die Menge der für die Herstellung von Asphalt erforderlichen Energie, weil der Kohlestaub zuvor für die Trocknung und das Erwärmen des Mineralgemisches verheizt werde. Andererseits sei das Bitumen charakterbestimmend, weil es etwas mehr als 50 % des Gesamtrohstoffpreises ausmache und erst durch die Zugabe von Bitumen Asphalt entstehen könne. Jedenfalls habe das beklagte Hauptzollamt nicht fristgemäß über den Widerruf entschieden, weil der Zollverwaltung die seiner Ansicht nach zutreffende Zuordnung von Asphaltmischgut zur NACE-Unterklasse CB 14.21 bereits im Jahr 2015 bekannt geworden sein solle.
8Die Klägerin beantragt,
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1. den Widerruf vom 31. Oktober 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2019 aufzuheben;
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2. hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung trägt es vor: Bei Asphaltmischgut handele es sich weder um eine Ware aus Asphalt noch um ein bituminöses Erzeugnis. Soweit Asphaltgranulat zur Herstellung des Asphaltmischguts verwendet werde, entspreche seine stoffliche Zusammensetzung zolltariflich Teermakadam. Die Beimischung von Asphaltgranulat führe zu keiner zolltariflichen Änderung der Beschaffenheit des Asphaltmischguts, weil gebrauchtes und frisches Asphaltmischgut zu einem neuen, aber letztlich gleichen Produkt gemischt werde. Die mineralischen Bestandteile bildeten weiterhin den charakterbestimmenden Bestandteil, so dass die Herstellung des neuen Mischguts unter Einsatz des Granulats ebenfalls der Unterklasse 14.21.0 WZ 2003 zuzuordnen sei. Die WZ 2008 dürfe zur Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG nicht herangezogen werden. Im Übrigen gehöre die Unterklasse 23.99.0 zu Abschnitt C der WZ 2008 und beschreibe deshalb kein begünstigtes mineralogisches Verfahren. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG gebiete keine Gleichstellung mit der Herstellung von Frischbeton. Die Herstellung von Frischbeton sei der Unterklasse 26.63 der WZ 2003 zuzuordnen und falle daher, anders als die Herstellung von Asphalt, unter die NACE-Klasse DI 26, so dass es sich hierbei um ein begünstigtes mineralogisches Verfahren handele. Asphaltmischgut könne auch nicht als ein bituminöses Erzeugnis angesehen werden, wie dies bei Gussasphalt, Asphaltmastix und Asphaltbeton auf Grund ihres charakterbestimmenden Bitumenanteils der Fall sei. Auf die Energieintensität des Herstellungsverfahrens könne in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden. Der Widerruf der Erlaubnis sei unbefristet zulässig gewesen, weil er in der Erlaubnis vorbehalten worden sei.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
16Die Klage ist begründet. Der Widerruf vom 31. Oktober 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Januar 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat die der Klägerin erteilte Erlaubnis zu Unrecht widerrufen.
17Das beklagte Hauptzollamt hat den angefochtenen Widerruf der Erlaubnis vom 26. März 2007 auf § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung gestützt. Diese Vorschrift kann über ihren Wortlaut hinaus zwar auch eine Rechtsgrundlage für den Widerruf eines mit einem Widerrufsvorbehalt versehenen und als rechtswidrig erkannten begünstigenden Verwaltungsakts sein (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 21. April 2009 VII R 24/07, BFHE 225, 464). Die widerrufene Erlaubnis ist auf Grund der Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG durch Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes vom 27. August 2017 (BGBl I, 3299) jedoch nicht rechtswidrig geworden.
18Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG bedarf einer Erlaubnis, wer Kohle steuerfrei in den Fällen des § 37 Abs. 2 EnergieStG verwenden will. Nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EnergieStG darf Kohle steuerfrei als Heizstoff für Prozesse und Verfahren nach § 51 EnergieStG verwendet werden. Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes vom 27. August 2017 (BGBl I, 3299) wird eine Steuerentlastung auf Antrag für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich versteuert worden sind und von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) unter anderem für die Herstellung von Waren aus Asphalt und bituminösen Erzeugnissen zum Trocknen, Kalzinieren, Brennen, Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern der vorgenannten Erzeugnisse oder der zu ihrer Herstellung verwendeten Vorprodukte verheizt worden sind.
19Ausgehend von dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG stellt das Verheizen des Braunkohlestaubs zum Trocknen, Erwärmen und Warmhalten der Mineralmischungen in der Trockentrommel einen unter diese Vorschrift fallenden begünstigten Prozess dar. Der Umstand, dass die Klägerin den Braunkohlestaub nur für das Beheizen der Trockentrommel verheizt hat, steht der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG wird die Steuerentlastung auch dann gewährt, wenn die Energieerzeugnisse für die Herstellung der verwendeten Vorprodukte verheizt worden sind. Die Klägerin stellt zudem nicht nur die Mineralmischungen als Vorprodukte, sondern auch das fertige Asphaltmischgut nach der Hinzugabe von Bitumen her (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 26. Oktober 2010 VII R 50/09, BFHE 231, 443).
20Der Wortlaut des Tatbestandsmerkmals „Waren aus Asphalt“ in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG schließt es nicht aus, dass hiervon auch Asphaltmischgut erfasst wird. Selbstredend handelt es sich bei Asphaltmischgut auch um eine Ware aus Asphalt. Dies gilt namentlich, wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin den Mineralmischungen regelmäßig bis zu 30 % Asphaltgranulat zusetzt. Hierbei handelt es sich auch zolltariflich nicht um Teermakadam (Erläuterungen zum Harmonierten System (HS) zur Position 2715 Randnr. 07.0). Im Übrigen stellt selbst das beklagte Hauptzollamt nicht in Abrede, dass nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG nicht nur die Herstellung von Erzeugnissen aus Beton begünstigt sein kann, sondern auch die Herstellung von Beton selbst. Dann kann der Wortlaut der Bestimmung indes nicht einer Auslegung entgegenstehen, nach der auch Asphaltmischgut als eine Ware aus Asphalt angesehen wird.
21Für diese Auslegung spricht überdies die Entstehungsgeschichte der Regelung. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl I, 282) war eine Steuerentlastung unter anderem für die Herstellung von Asphalt zu gewähren. Der Gesetzgeber hat mit der Änderung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG durch Art. 1 Nr. 24 des Gesetzes vom 27. August 2017 lediglich eine Klarstellung vornehmen wollen (Bundestags-Drucks. 18/11493, S. 54). Dann liegt es indes nahe, dass die Herstellung von Asphaltmischgut nach wie vor von § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG erfasst sein soll.
22Mit § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG ist Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b 5. Anstrich der Richtlinie 2003/96/EG in das nationale Energiesteuerrecht umgesetzt worden. Danach gilt die Richtlinie nicht für mineralogische Verfahren, die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABl Nr. L 293/1) unter die NACE-Klasse DI 26 „Verarbeitung nichtmetallischer Mineralien" fallen. Daher sind zur Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG die NACE Rev. 1.1 und die WZ 2003 nebst deren Erläuterungen heranzuziehen (BFH, Urteile vom 9. August 2011 VII R 74/10, BFHE 235, 81 sowie vom 7. August 2012 VII R 35/11, BFH/NV 2013, 382). Nach Nr. 2.3 der Vorbemerkungen zur WZ 2003 kann zudem das GP 2002 zur Auslegung der WZ 2003 herangezogen werden (BFH, Urteil vom 24. Februar 2015 VII R 50/13, BFHE 249, 258). Auf die WZ 2008 kann demgegenüber nicht abgestellt werden, weil in § 51 Abs. 1 Nr. 1 EnergieStG in Verbindung mit § 2 Nr. 2a StromStG nur auf die WZ 2003 Bezug genommen wird. Nach der Vorbemerkung I. 2.3 Abs. 2 zur WZ 2003 ist es allerdings zulässig, zur Auslegung der WZ 2003 das Harmonisierte System (HS) und die Kombinierte Nomenklatur heranzuziehen (vgl. BFH, Urteil vom 24. Februar 2015 VII R 50/13, BFHE 249, 258; Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2018 4 K 1380/17 VE, ZfZ-Beilage 2018, 59).
23Die NACE Rev. 1.1 führt jedoch nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis. Der NACE-Unterklasse 26.82 ist die Herstellung von sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien anderweit nicht genannt zuzuordnen. Die Herstellung von Asphaltmischgut durch die Klägerin kann als eine Herstellung von sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien angesehen werden. Demgegenüber handelt es sich hierbei nach Überzeugung des Senats nicht bloß um eine Gewinnung von Kies und Sand im Sinne der NACE-Unterklasse 14.21. Die statistische Güterklassifikation (CPA 2002) nach der Verordnung (EG) Nr. 204/2002 der Kommission vom 19. Dezember 2001 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3696/93 des Rates betreffend die statistische Güterklassifikation in Verbindung mit den Wirtschaftszweigen in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. EG Nr. L 36/1) führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Bei dem von der Klägerin hergestellten Asphaltmischgut handelt es sich unstreitig nicht um Makadam oder Teermakadam (Unterklasse 14.21.13). Die Unterklassen 26.82.12 („Waren aus Asphalt oder aus ähnlichen Stoffen“) und 26.82.13 CPA 2002 („Bituminöse Mischungen auf der Grundlage von Naturasphalt u.ä. z.B. Asphaltmastix, Verschnittbitumen“) entsprechen im Wesentlichen dem Wortlaut der Tatbestandsmerkmale „Waren aus Asphalt“ und „bituminösen Erzeugnissen“ in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG. Nichts anderes ergibt sich aus dem Wortlaut der Unterklasse 26.82.0 WZ 2003, die unter anderem die Herstellung von Asphaltwaren umfasst. Der Zusatz („auf der Grundlage von…“) bezieht sich nur auf die dort ebenfalls aufgeführten bituminösen Mischungen. Dies ergibt sich auch aus der Unterklasse 26.82.13 CPA 2002.
24Demgegenüber kann die Herstellung des Asphaltmischguts durch die Klägerin nicht der Unterklasse 14.21.0 WZ 2003 zugeordnet werden. Diese Unterklasse umfasst nämlich nur die Gewinnung und das Ausbaggern von Sanden und Kiesen aller Art sowie das Brechen und Mahlen von Kiesen und Sanden. Hiermit kann das aufwändige Verfahren der Herstellung von Asphaltmischgut durch die Klägerin in mehreren Phasen nicht gleichgesetzt werden. Nach der Einleitung zu Abschnitt C WZ 2003 umfasst dieser Abschnitt nicht eine weitergehende Verarbeitung der gewonnenen Rohstoffe sowie nicht im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden durchgeführtes Zerkleinern, Schleifen oder anderweitiges Behandeln bestimmter Gesteine, Mineralien und Erden. Das Mischen der Mineralien in der Trockentrommel im Betrieb der Klägerin stellt sich indes als ein nicht mehr im Zusammenhang mit dem Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden durchgeführtes anderweitiges Behandeln bestimmter Gesteine und Mineralien dar.
25Es mag dem beklagten Hauptzollamt zwar einzuräumen sein, dass Asphaltmischgut auf der Grundlage von Schotter, Splitt, Kies, Sand aus natürlichen Gesteinsvorkommen sowie aus Schlacken u.ä. Industrieabfällen, unter Zusatz von Bitumen oder bitumenhaltigen Bindemitteln und ggf. weiterer Zusätze unter der Meldenummer 1421 13 500 GP 2002 genannt ist. Wie sich aus dem Wortlaut dieser Meldenummer und der Zwischenüberschrift zu den Meldenummern 1421 13 300 und 1421 13 500 GP 2002 ergibt, ist Voraussetzung für eine Zuordnung zur letztgenannten Meldenummer jedoch, dass es sich um Mischgut aus Schlacken oder Industrieabfällen handelt. Das ist bei dem von der Klägerin hergestellten Asphaltmischgut allerdings unstreitig nicht der Fall. Das hat die Klägerin nochmals in ihrem Schriftsatz vom 1. August 2019 (dort Seite 2) klargestellt. Dies spricht dafür, dass die Herstellung von Asphaltmischgut, so wie sie von der Klägerin durchgeführt wird, der Meldenummer 2682 12 900 (andere Waren aus Asphalt o.ä. Stoffen ohne solche in Rollen) zuzuordnen ist.
26Die Erläuterungen (HS) zur Position 6807 (Waren aus Asphalt oder aus ähnlichen Stoffen) führen gleichfalls zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Nach Randnr. 01.0 dieser Erläuterungen gehören in diese Position Waren, die aus natürlichem Asphalt oder Bitumen hergestellt worden sind. Diesen Waren werden gewöhnlich Füllstoffe wie Sand u.ä. zugesetzt. Zwar ist nach Randnr. 02.0 der Erläuterungen (HS) zur Position 6807 unter anderem Asphalt von der Art, wie er vor seiner Verwendung wieder eingeschmolzen werden muss, auch wenn er gereinigt, getrocknet oder mit anderen Stoffen vermischt wird, von dieser Position ausgenommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Zugabe des Asphaltgranulats im Umfang bis zu 30 % des Gesamtgemisches hinsichtlich der Frage, ob eine Ware aus Asphalt im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG vorliegt, keine Bedeutung mehr zukommen könnte. Denn die Erläuterungen (HS) zur Position 6807 weisen derartige Waren unter Randnr. 02.0 dem Kapitel 27 und damit der Position 2715 (Bituminöse Mischungen auf der Grundlage von Naturasphalt oder Naturbitumen oder Bitumen aus Erdöl) zu. Die Herstellung bituminöser Erzeugnisse wird indes auch von dem Tatbestand des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG erfasst.
27Die Heranziehung der NACE Rev. 1.1, der WZ 2003 nebst deren Erläuterungen, des GP 2002 sowie der Erläuterungen (HS) zur Position 6807 führen mithin nicht zu einem Ergebnis, das der vom Senat gefundenen Auslegung auf der Grund des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG entgegensteht.
28Der Senat muss mithin nicht mehr entscheiden, ob es sich bei dem Asphaltmischgut um ein bituminöses Erzeugnis im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a EnergieStG handelt. Die Generalzolldirektion hat allerdings in ihrem Schreiben vom 2. Juli 2019 mittlerweile die Herstellung von Asphaltbeton als entlastungsfähig anerkannt, weil es sich um die Herstellung eines bituminösen Erzeugnisses handeln soll. Der Widerruf der Erlaubnis vom 26. März 2007 ist daher selbst auf der Grundlage der von der Zollverwaltung vertretenen Rechtsauffassung teilweise rechtswidrig, soweit er sich auch auf die Herstellung von Asphaltbeton bezieht. Die Vertreter des beklagten Hauptzollamts und der Generalzolldirektion haben in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die der Klägerin erteilte Erlaubnis insoweit teilbar ist und der verbleibende Rest auch ohne den widerrufenen Teil noch eine sinnvolle Regelung ergibt (vgl. hierzu etwa Wernsmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 131 AO Randnr. 69 und § 130 AO Randnr. 111).
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
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Referenzen
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- 2012 VII R 35/11 1x (nicht zugeordnet)
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- 4 K 1380/17 1x (nicht zugeordnet)
- EnergieStG § 51 Steuerentlastung für bestimmte Prozesse und Verfahren 2x
- 2010 VII R 50/09 1x (nicht zugeordnet)
- 2009 VII R 24/07 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 115 1x
- EnergieStG § 37 Steuerbefreiung, Erlaubnis, Zweckwidrigkeit 3x
- 2011 VII R 74/10 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 135 1x
- § 2 Nr. 2a StromStG 1x (nicht zugeordnet)
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