Urteil vom Finanzgericht Hamburg (6. Senat) - 6 K 249/15

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Streitjahr Absetzungen für Abnutzungen (AfA) geltend machen kann oder ob ein solcher Betriebsausgabenabzug an § 160 Abgabenordnung (AO) scheitert.

2

Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Spielhalle und ein Restaurant. Von Oktober 2010 bis Februar 2011 ließ er in seinem danach neu eröffneten Restaurant umfangreiche Renovierungsarbeiten durchführen und zahlte hierfür insgesamt 48.000 € netto in bar. Im Rahmen seiner Steuererklärungen für das Streitjahr 2012 machte er AfA für diese Renovierung in Höhe von 6.000 € geltend.

3

Der Beklagte gelangte im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung für 2011 zu der Ansicht, dass die zwei Rechnungen, die den Zahlungen von 48.000 € netto zu Grunde lagen, nicht anzuerkennen seien. Hierbei handelte es sich um die Rechnungen vom 15.01.2011 (netto 27.000 €, Rechnungsnr. 639) und vom 28.02.2011 (netto 21.000 €, Rechnungsnr. 640). Als Rechnungsaussteller ist auf diesen Rechnungen mit Adresse folgender Absender vermerkt: "Firma A, (Herr) B. Unten auf den Rechnungen steht "Zahlungsempfänger: Firma A". Außerdem befindet sich die Angabe einer Kontoverbindung auf der Rechnung vom 15.01.2011. Bei der Rechnung vom 28.02.2011 fehlt bei der Bankleitzahl die letzte "0". Auf der Rechnung vom 15.01.2011 ist ein handschriftlicher Vermerk "Betrag in bar Erhalten" und eine Unterschrift vorhanden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Rechnungen verwiesen.

4

Die Betriebsprüfung bezweifelte, dass die fraglichen Bauleistungen tatsächlich von B ausgeführt und von diesem die Barzahlungen empfangen worden waren, da das Rechnungslayout sich gegenüber den Rechnungen aus 2009 geändert habe und bei der einen Rechnung ein Teil der Bankleitzahl fehle; die Unterschrift auf den Rechnungen stamme nicht von B, dies habe ein Unterschriftenabgleich ergeben. B führe auch nach eigenem Bekunden Konfektionsarbeiten aus und habe sich in der fraglichen Zeit nicht in Deutschland aufgehalten. Dies ergebe sich aus einer Einwohnermeldeamtsabfrage vom 18.10.2011, wonach er unbekannt verzogen sei.

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Durch das Schreiben vom 26.10.2012 forderte der Beklagte mit Hinweis auf § 160 AO den Kläger auf, den Gläubiger und der Zahlungsempfänger zu benennen, und setzte eine Frist zur Benennung und Vorlage von weiteren Unterlagen bis zum 26.11.2012. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 26.10.2012 und den Umsatzsteuerprüfungssonderbericht vom 17.06.2013 verwiesen.

6

Durch die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012 wurde die geltend  gemachte AfA  versagt. Es wurden Einkünfte in Höhe von ... festgestellt und ein Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 0 € festgesetzt.

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Hiergegen legte der Kläger am Einspruch 30.04.2014 ein. Zur Begründung legte er insbesondere Kontoauszüge vor, aus denen sich ergab, dass sein Vater insgesamt 91.000 € bar abgeholt hatte.

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Durch die Einspruchsentscheidung vom 21.08.2015 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

9

Hiergegen hat der Kläger am 24.09.2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, der Beklagte habe zu Unrecht die AfA versagt, denn er, der Kläger, habe auf Grund der dem Gericht vorliegenden Rechnungen unstreitig die geforderten Geldbeträge bar gezahlt. Das Geld sei nur für die durchgeführten Tätigkeiten bezahlt worden, die Materialien seien von ihm selbst gekauft worden.

10

Er habe zwar keinen direkten Kontakt zu B gehabt, sondern nur zu C. Allerdings sei bei den Bauarbeiten, die 2009 bei seiner Spielhalle durchgeführt worden seien, auch C für B tätig gewesen, so dass er davon ausgegangen sei, dass dieser auch für B arbeite. Auch habe er geglaubt, dass B selbst quittierte habe, das Geld erhalten zu haben, denn er habe die Rechnungen jeweils einen Tag nach der Barzahlung erhalten. Die unterschiedlichen Unterschriften seien ihm nicht aufgefallen. Er habe keinen Grund gesehen, diese Annahme zu überprüfen, da er B bereits von den Arbeiten im Vorjahr gekannt habe. Auch habe ihm die Freistellungsbescheinigung von B vorgelegen, welche bis zum 02.12.2012 gegolten habe.

11

Er habe dem Beklagten B als Zahlungsempfänger benannt und damit seine Benennungsverpflichtung erfüllt. Dass er vielleicht Opfer einer Täuschung geworden sei, weil C ihm gegenüber nur angegeben habe, für B tätig zu sein, sei ihm nicht bewusst gewesen. Er habe auch nicht gewusst, dass sich B nicht in Deutschland aufgehalten haben solle.

12

Auch die Tatsache, dass er die Zahlungen bar geleistet habe, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Er habe mit B einen Pauschalpreis vereinbart. Die Überprüfung der geleisteten Arbeiten habe er vor Ort ständig vorgenommen, da er gegenüber von dem Restaurant eine Spielhalle betreibe.

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§ 160 AO sei vom Beklagten ermessensfehlerhaft angewandt worden, weil dieser die gesamte AfA nicht berücksichtigt habe. Insbesondere müsse einbezogen werden, dass der Zahlungsempfänger auch Personalkosten gehabt habe. Es müsse einbezogen werden, dass sich die Renovierungsarbeiten von Oktober 2010 bis Februar 2011 erstreckt hätten. Diese Arbeiten seien im Durchschnitt von 3,5 Personen durchgeführt worden, so dass sich ein durchschnittliches monatliches Arbeitseinkommen pro Person von 3.264 € ergebe, welches bei einer Lohnsteuerklasse 1 zu einer monatlichen Lohnsteuer pro Person von 523,75 € führe. Insgesamt seien deshalb Lohnsteuern in Höhe von 9.000 € nicht versteuert worden. Bei ihm, dem Kläger, müsse für den gesamten Abschreibungszeitraum von 8 Jahren von einem Steuersatz von 30 % ausgegangen werden, denn es handele sich beim Streitjahr um das erste Jahr nach Betriebseröffnung, so dass lediglich eine 50%ige Kürzung des Betriebsausgabenabzug angemessen wäre.

14

Der Beklagte berufe sich auch zu Unrecht auf einen Steuersatz von 14 % bei ihm, dem Kläger, denn die begehrte AfA führe im Streitjahr zu einer Steuerentlastung von 1.754 €. Dies entspreche 25 % im Vergleich zum Abschreibungsbetrag.

15

Der Kläger beantragt,
die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012, jeweils vom 27.03.2014, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2015 dahingehend zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 6.000 € berücksichtigt und dementsprechend niedrigere Einkünfte festgestellt werden.

16

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

17

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 21.08.2015 und das Schreiben der Betriebsprüferin vom 26.10.2012. Ergänzend trägt er vor, dass der Betriebsausgabenabzug bereits daran scheitere, dass der Kläger die Rechnung vom 28.02.2011 nicht habe im Original vorlegen können. Auch die Rechnung vom 15.01.2011 führe nicht zu einem Betriebsausgabenabzug, denn hieraus ergebe sich nicht, dass die Leistung vom Rechnungsaussteller tatsächlich erbracht worden sei. Es sei bereits zweifelhaft, wer der Rechnungsaussteller gewesen sei, denn der auf der Rechnung vom ... 2009 als Rechnungsaussteller genannte B sei im fraglichen Zeitraum nicht in Deutschland gewesen und er habe auch keine Arbeitnehmer beschäftigt. Es sei unklar, wer die Leistungen erbracht habe, da der Kläger nur den Namen C habe nennen können. Es handele sich bei den streitigen Beträgen um ein unübliches Bargeschäft. Auch seien weder Verträge noch Leistungsdokumentationen vorgelegt worden.

18

Der Betriebsausgabenabzug sei auch in voller Höhe zu versagen gewesen, denn der Kläger habe lediglich einen Steuersatz von 14 % im Streitjahr gehabt. Insofern könne er keine höhere Steuerbelastung als der mutmaßliche Zahlungsempfänger gehabt haben. Eine gewerbesteuerliche Belastung sei beim Kläger gerade nicht eingetreten. Über den tatsächlichen Empfänger gebe es keine Anhaltspunkte. Unter diesen Umständen könne ermessensfehlerfrei von einer mittleren bis hohen Steuerbelastung beim Empfänger ausgegangen werden.

19

Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet und ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt. Auf das Sitzungsprotokoll des Erörterungstermins wird verwiesen. Dem Gericht haben die Steuerakten zu der Steuernummer .../.../... vorgelegen.

Entscheidungsgründe

20

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten gem. § 79a Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

I.

21

Die zulässige Klage ist unbegründet.

22

1. Die Klage ist auch bezüglich des Gewerbesteuermessbetragsbescheides 2012 zulässig, obwohl dieser Bescheid einen Steuermessbetrag von 0 € festsetzt, denn gem. § 35b Abs. 2 GewStG sind die im Gewerbesteuermessbetragsbescheid festgestellten Besteuerungsgrundlagen maßgeblich für andere Bescheide.

23

2. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 und der Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2012, jeweils vom 27.03.2014, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

24

a) Der Beklagte hat die Berücksichtigung der erklärten AfA zu Recht versagt. Zwar ist es unstreitig, dass tatsächlich Renovierungsarbeiten beim Kläger in seinem Restaurant durchgeführt wurden. Auch kann als wahr unterstellt werden, dass der Kläger die in den beiden Rechnungen vom 15.01.2011 und vom 28.02.2011 tatsächlich bar gezahlt hat. Auf Grund der Art der durchgeführten Arbeiten ist es auch unstreitig, dass es sich grundsätzlich um Herstellungskosten handeln würde, welche abzuschreiben wären.

25

b) Eine AfA kann jedoch nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger dem Benennungsverlangen des Beklagten gem. § 160 AO vom 26.10.2012 nicht ausreichend nachgekommen ist. Dadurch konnte nicht aufgeklärt werden, an wen der Kläger diese Zahlungen geleistet hat und wer Gläubiger der Zahlungsverpflichtungen aus den Rechnungen gewesen ist.

26

aa) Gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sind Betriebsausgaben regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Empfänger zu benennen. Der Finanzbehörde kommt dabei ein Ermessen zu, von dem sie in doppelter Weise Gebrauch macht (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteile vom 30.03.1983 I R 228/78, BFHE 138, 317, BStBl II 1983, 654; vom 12.09.1985 VIII R 371/83, BFHE 146, 99, BStBl II 1986, 537; vom 15.05.1996 X R 99/92, BFH/NV 1996, 891; und vom 24.06.1997 VIII R 9/96, BFHE 183, 358, BStBl II 1998, 51). Zunächst entscheidet das Finanzamt, ob es ein Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen richten soll. Dann trifft es eine Entscheidung darüber, ob und inwieweit es Ausgaben, bei denen der Empfänger nicht benannt ist, zum Abzug zulässt. Beide Entscheidungen sind im Klageverfahren gegen die Steuerfestsetzung auch auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (BFH-Urteil vom 10.03.1999 XI R 10/98, BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434).

27

Zweck der Vorschrift des § 160 AO ist, mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die dadurch eintreten, dass der Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben die Einnahmen bei sich nicht erfasst. Der Steuerpflichtige wird daher gleichsam als Haftender in Anspruch genommen. Die Vorschrift betrifft jedoch den Betriebsausgabenabzug und damit die Besteuerung des Steuerpflichtigen, nicht dagegen seine Inanspruchnahme in Form einer Entschädigungs- oder Ersatzleistung. Ihre Anwendung ist daher nicht von einem Verschulden des Steuerpflichtigen abhängig. Insoweit ist auch der Wortlaut der Vorschrift eindeutig. Erforderlich ist schließlich nicht, dass der Steuerpflichtige einen Steuerausfall beabsichtigt (BFH-Urteil vom 10.03.1999 XI R 10/98, BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434).

28

bb) Das Benennungsverlangen als erste Stufe der Ermessensausübung ist rechtmäßig, denn aufgrund der Lebenserfahrung liegt die Vermutung nahe, dass der Empfänger der beiden Zahlungen den Bezug zu Unrecht nicht versteuert hat.

29

aaa) Gemäß § 160 AO können die Finanzbehörden im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens einen Steuerpflichtigen auffordern, den Empfänger von Betriebsausgaben zu benennen. Empfänger im Sinne der Norm ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH derjenige, dem der in der Betriebsausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen wurde. Ist eine natürliche oder juristische Person, die die Zahlungen unmittelbar entgegennahm, lediglich zwischengeschaltet, weil sie entweder mangels eigener wirtschaftlicher Betätigung die ausbedungenen Leistungen nicht erbringen konnte oder weil sie aus anderen Gründen die ihr erteilten Aufträge und die empfangenen Gelder an Dritte weiterleitete, so ist sie nicht Empfänger i. S. des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, so dass die hinter ihr stehenden Personen, an die die Gelder letztlich gelangt sind, zu benennen sind (siehe z.B. BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 19/01, BFH/NV 2002, 609 m. w. N.).

30

Ein Benennungsverlangen ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn aufgrund der Lebenserfahrung die Vermutung naheliegt, dass der Empfänger einer Zahlung den Bezug zu Unrecht nicht versteuert. Das ist regelmäßig der Fall, wenn anzunehmen ist, dass die Angaben über den Empfänger einer Zahlung (Name und Anschrift) in der Buchführung unzutreffend oder nicht vollständig sind. Mit dem Ziel einer zutreffenden und gleichmäßigen Steuererhebung hat die Finanzbehörde dann ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe des zutreffenden Namens und der richtigen Adresse, um ohne besondere Schwierigkeiten und Zeitaufwand in der Lage zu sein, den Empfänger zu ermitteln und die Beträge bei ihm zu erfassen (BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 19/01, BFH/NV 2002, 609). Allerdings steht das Benennungsverlangen in besonderem Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Das bedeutet, dass das Verlangen nicht unverhältnismäßig sein darf und die für den Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile (z. B. wirtschaftliche Existenzgefährdung) nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg (z. B. geringfügige Steuernachholung bei den Empfängern) stehen. Da es um den Abzug einzelner Betriebsausgaben geht, ist die Frage der Verhältnismäßigkeit eines Benennungsverlangens nicht für alle Geschäftsvorfälle einheitlich, vielmehr im Hinblick auf den jeweiligen einzelnen Geschäftsvorfall zu beurteilen. Dabei kann nur auf den Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung abgestellt werden. Entscheidend ist, inwieweit für den Steuerpflichtigen zu diesem Zeitpunkt zumutbar war, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen (BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 19/01, BFH/NV 2002, 609 m. w. N.).

31

bbb) Angewandt auf den Streitfall folgt hieraus, dass das Benennungsverlangen des Beklagten vom 26.10.2012 rechtmäßig war.

32

Der Beklagte hatte nachvollziehbare Zweifel, dass tatsächlich B die Rechnungen erstellt und das Bargeld erhalten hat. Diese Zweifel ergeben sich bereits aus den beiden Rechnungen selbst. Die Rechnungen sahen anders aus als die Rechnung aus 2009, die der Kläger erhalten hat. Auch fehlte bei der einen Rechnung ein Teil der Bankleitzahl, was ein Indiz dafür ist, dass diese Rechnung nicht neu erstellt und ausgedruckt, sondern lediglich als Vorlage für eine Kopie genutzt wurde. Bei den umfangreichen Arbeiten, die beim Kläger durchgeführt wurden, hätten sich auch bei dem Kläger Zweifel ergeben müssen, wie ein Einzelunternehmer bereits am 15.01.2011 bei der Rechnungsnummer 639 angekommen sein kann. Dies gilt insbesondere, weil der angebliche Rechnungsersteller auch keine Arbeitnehmer angemeldet hat.

33

Der Kläger hat ausgesagt, dass das Angebot von B wesentlich besser gewesen sei als die Alternativen. Allerdings hatte er sich kein schriftliches Angebot geben lassen. Der Kläger war nicht in den Geschäftsräumen des angeblichen Rechnungserstellers, er hat sich keinen schriftlichen Vertrag oder schriftliche Leistungsnachweise geben lassen. Bei dieser Art der vertraglichen Gestaltung ist es kaum möglich, etwaige Gewährleistungsrechte geltend zu machen. Bei dem Umfang der durchgeführten Arbeiten ist aber nicht von einer geringen Wahrscheinlichkeit von Mängeln auszugehen, so dass die Art der Geschäftsabwicklung insgesamt nicht als üblich angesehen werden kann.

34

Der Kläger hat selbst gesagt, dass er keinen unmittelbaren Kontakt zu B hatte, auch hat er nicht vorgetragen, dass C ihm eine Vollmacht gezeigt hätte. Der Kläger hat sich auch nicht den vollständigen Namen von C notiert oder seinen Personalausweis kopiert.

35

Bei dieser Art der Vertragsabwicklung entspricht eine Barzahlung von insgesamt über 55.000 € nicht mehr den Gepflogenheiten eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs. Auf den Rechnungen ist eine Kontoverbindung angegeben. Der Kläger hat nicht erklärt, wieso er das Geld bar übergeben hat.

36

Auch aus der vom Kläger vorgelegten Freistellungsbescheinigung ergibt sich kein anderes Ergebnis. Diese wurde ihm nicht von B persönlich übergeben.

37

ccc) Der Kläger ist dem Benennungsverlangen nicht nachgekommen.

38

Der Kläger hat das Bargeld an C übergeben. Von diesem hat der Kläger aber weder den vollständigen Namen, noch seine Adresse angegeben, so dass dieser auch nicht ermittelt werden konnte.

39

Der Kläger hat seine Benennungsverpflichtung auch nicht dadurch erfüllt, dass er als Leistungsempfänger B angegeben hat. Zwar steht sein Name auf den Rechnungen. Er ist aber nicht zwangsläufig auch der Empfänger der Leistung im Sinne des § 160 AO. Denn gerade hieran hat der Beklagte berechtigte Zweifel gehabt, weil B nach den Ermittlungen des Beklagten im streitigen Zeitraum in Deutschland keinen Wohnsitz hatte und für diesen Zeitraum auch weder Umsätze erklärt, noch Arbeitnehmer angemeldet hat. Auch entspricht die Unterschrift auf den Rechnungen des Klägers nicht den Unterschriften von B, die dem Beklagten vorliegen.

40

ddd) Es ist auch nicht erheblich, ob der Kläger selbst getäuscht wurde, denn § 160 AO ist weder eine Straf- noch eine Bußgeldnorm, sondern eine Art der Gefährdungshaftung, so dass ein Verschulden nicht erforderlich ist. Wer sich darauf einlässt, dass sein Geschäftspartner seine Identität nicht preisgibt, gefährdet den Steueranspruch, den der Fiskus gegen den Gläubiger und Empfänger hat, und soll dafür einstehen (BFH-Urteil vom 10.11.1998 I R 108/97, BStBl II 1999, 121). Der Kläger hat durch die Art der Geschäftsabwicklung den Steueranspruch des Fiskus gefährdet, denn B hat diese Einkünfte nicht erklärt. Dass C die Einnahmen erklärt hat, ist unwahrscheinlich, kann aber weder vom Beklagten noch vom Gericht überprüft werden, da der Kläger von diesem keinen Nachnamen oder eine Adresse mitgeteilt hat. Insbesondere die Barzahlungen von hohen Beträgen an einen namentlich nicht bekannten Empfänger und der fehlende unmittelbare Kontakt zu dem angeblichen Vertragspartner genügen, um die Gefährdungshaftung eintreten zu lassen.

41

cc) Auch auf der zweiten Ermessensstufe sind keine Fehler erkennbar. Die zweite Stufe des im Rahmen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO auszuübenden Ermessens betrifft die steuerlich zu ziehenden Folgerungen aus der mangelnden Empfängerbenennung, inwieweit also die betreffenden Ausgaben zum Abzug zuzulassen sind. Diese Entscheidung des Finanzamts kann vom Gericht inhaltlich überprüft (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), korrigiert oder ersetzt werden (siehe z. B. BFH-Urteil vom 15.05.1996 X R 99/92, BFH/NV 1996, 891).

42

Kommt ein Steuerpflichtiger einem (rechtmäßigen) Benennungsverlangen nicht nach, ist der Abzug der Ausgaben gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO "regelmäßig" zu versagen. Ein Ausnahmefall, in dem dies gleichwohl ermessensfehlerhaft sein könnte (vgl. dazu etwa BFH-Urteil vom 04.04.1996 IV R 55/94, BFH/NV 1996, 801), ist nicht ersichtlich, denn dem Kläger hätten sich bei dieser Art der Geschäftsabwicklung, wie bereits oben dargelegt, Zweifel aufdrängen müssen.

43

aaa) Der Beklagte hat auch zu Recht die begehrte AfA in vollem Umfang nicht berücksichtigt.

44

Zwar bezweckt die Vorschrift nur, mögliche Steuerausfälle beim Empfänger geltend gemachter Betriebsausgaben zu verhindern. Nicht hingegen soll ihre Anwendung zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen. Bei der Ermessensausübung zweiter Stufe ist daher zu berücksichtigen, inwieweit jeweils Steuerausfälle zu befürchten sind. Der Betriebsausgabenabzug ist daher nicht zu versagen, wenn feststeht, dass der Empfänger im Inland keiner Besteuerung unterliegt oder sein zu versteuerndes Einkommen unterhalb des für die Steuerfestsetzung relevanten Betrages liegt.

45

Von beiden Möglichkeiten ist im Streitfall nicht auszugehen. Es ergibt sich auch keine Reduzierungspflicht daraus, dass der Kläger einen höheren Steuersatz bei der Ertragsteuer hat als der Leistungsempfänger.

46

In den Fällen, in denen von einer Besteuerung der Empfänger auszugehen ist, wie es im Streitfall der Fall ist, denn es liegen dem Gericht keine anderweitigen Erkenntnisse vor, sind bei der Bemessung des nicht abziehbaren Betrages deren jeweilige steuerliche Verhältnisse zugrunde zu legen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die in Betracht kommenden Empfänger der Zahlungen in aller Regel nicht verpflichtet sind, die Einnahmen zum Spitzensteuersatz zu versteuern. Daher ist der wahrscheinliche Steuersatz der Empfänger zugrunde zu legen. Allerdings müssen Ungewissheiten, die sich daraus ergeben, dass die Einkommensverhältnisse der einzelnen Zahlungsempfänger nicht bekannt sind, zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen. Bei der zu errechnenden Steuerbelastung der Zahlungsempfänger sind auch deren Betriebsausgaben (etwa Einstandskosten) zu berücksichtigen (z. B. BFH-Urteil vom 17.12.1980 I R 148/76), BFHE 132, 211, BStBl II 1981, 333).

47

Es kann allerdings nicht gefordert werden, dass die im Ergebnis beim Steuerpflichtigen nicht anerkannten Betriebsausgaben zu einem Steuerbetrag führen, der genau dem errechneten möglichen Steuerausfall bei den Zahlungsempfängern entspricht. Im Rahmen der Ermessensentscheidung zweiter Stufe sind pauschale Berechnungen unumgänglich und daher ohne Ermessensfehler möglich. Zu fordern ist lediglich eine angemessene Berücksichtigung der Steuerbelastung des jeweiligen Empfängerkreises. Diese und auch die steuerliche Auswirkung beim Steuerpflichtigen kann mit Hilfe von Näherungswerten ermittelt werden.

48

bbb) Angewandt auf den Streitfall folgt hieraus, dass der Betriebsausgabenabzug, bzw. hier die geltend gemachte AfA, in vollem Umfang zu versagen ist, denn der Kläger hat selbst nur einen sehr geringen Steuersatz im Streitjahr.

49

Der Empfänger der Zahlungen hat bereits durch die vom Kläger an ihn gezahlten Gelder in wenigen Monaten so hohe Einnahmen erzielt, dass er mindestens den Steuersatz des Klägers erreichen wird. Zwar muss hierbei auch einbezogen werden, dass der Zahlungsempfänger wahrscheinlich Personalkosten gehabt hat. Den diesbezüglichen Berechnungen des Klägers kann jedoch nicht gefolgt werden. Soweit der Kläger vorträgt, man müsse einbeziehen, dass mindestens drei oder vier Personen bei ihm tätig waren, um den Auftrag zu erfüllen, führt dieses nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Kläger mischt bei seiner Berechnung die Person des Zahlungsempfängers und die Personen, die die Leistungen beim Kläger erbracht haben. Es kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass die beim Kläger tätig gewesenen Personen auch angemessen entlohnt worden sind. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um ordnungsgemäß angemeldete Arbeitnehmer gehandelt hat, für die auch Sozialabgaben gezahlt worden sind. Die danach einzubeziehenden Personalkosten führen deshalb nicht dazu, dass davon auszugehen ist, dass der Zahlungsempfänger einen noch niedrigeren Steuersatz zu zahlen hat als der Kläger. Dies gilt insbesondere, weil auch unstreitig ist, dass der Empfänger des Geldes keine Materialkosten zahlen musste, denn diese wurden vom Kläger bezahlt.

50

Soweit der Kläger einwendet, er habe in den Jahren nach dem Streitjahr einen höheren Steuersatz gehabt, weil er höhere Gewinne zu versteuern hatte, hat er diese Behauptung nicht belegt. Zudem hat das Gericht nur über die AfA im Streitjahr zu entscheiden.

II.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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