Urteil vom Finanzgericht Hamburg (2. Senat) - 2 K 184/17

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung einer Beteiligung des Klägers an einer Kapitalgesellschaft.

2

Der Kläger war im Streitjahr 2010 für einen kurzen Zeitraum Gesellschafter der A GmbH. Diese Gesellschaft wurde im Jahr 2015 formwechselnd in die B AG umgewandelt. Gegenstand der Gesellschaft ist die Verwaltung und langfristige Anlage eigenen Vermögens, insbesondere das Halten und die Verwaltung von Beteiligungen an anderen Gesellschaften. Sie hielt im Jahr 2010 unter anderem einen Anteil von 66,6 % an der C GmbH, die wiederum zu 100 % beherrschende Gesellschafterin der D AG war. Die A GmbH war 2001 als Finanzholding durch den Zeugen A.E. als Alleingesellschafter gegründet worden. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug ursprünglich ... €. Der Zeuge A.E. hatte seine Stammeinlage in dieser Höhe durch Einbringung von ... Stückaktien der F AG (...) zu erbringen. Zu Beginn des Jahres 2010 hielt der Zeuge 89 % der Gesellschaftsanteile (... € des zwischenzeitlich herabgesetzten Stammkapitals von ... €). Darüber hinaus verfügte er über eine unmittelbare Beteiligung an der C GmbH in Höhe von 16,7 %.

3

Der Kläger ist seit Mai 2010 Vorsitzender des Aufsichtsrates der D AG. Über seine Tätigkeit für das Jahr 2010 rechnete er am 30. November 2011 in Höhe von ... € ab. Der Kläger war bis Mitte 2010 in leitender Funktion im G-Konzern tätig und schied dort gegen eine Abfindung von ... € aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Familie E und die Familie des Klägers verbindet ein langjähriges, aus der Nachbarschaft gewachsenes freundschaftliches Verhältnis. Der Kläger kennt den Zeugen A.E. seit dessen Kindestagen.

4

Mit notariellem Vertrag über die Schenkung und Übertragung eines Geschäftsanteils vom ... 2010 übertrug der Zeuge A.E. einen zuvor durch Teilung hergestellten Geschäftsanteil an der A GmbH im Nennwert von ... € (0,8 % des Stammkapitals von ... €) auf den Kläger. Die Anschaffungskosten des Zeugen für diesen Geschäftsanteil hatten nach einer Außenprüfung bei der Gesellschaft unstreitig ... € betragen.

5

Mit notariellem Vertrag vom ... 2010 veräußerte der Kläger den Geschäftsanteil an der A GmbH zu einem Kaufpreis von ... € an die H GmbH, die er zuvor am 16. Dezember 2010 gegründet hatte und deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer er ist. Gesellschaftszweck dieser GmbH ist die Beratung der ... sowie die Beratung und Vermittlung der Finanzierung. Die H GmbH war und ist in diesem Bereich geschäftlich aktiv. Die Gesellschafter der A GmbH hatten vorher sowohl der Übertragung des Geschäftsanteils auf den Kläger als auch der Weiterübertragung zugestimmt, wie auch der Kläger der Übertragung (und anschließenden Weiterübertragung auf Kapitalgesellschaften) an Prof. Dr. J, K und L zustimmte, denen der Zeuge A.E. ebenfalls im Dezember 2010 Anteile an der A GmbH durch notarielle Schenkungsverträge in unterschiedlicher Größenordnung übertrug.

6

Der gemeine Wert des streitgegenständlichen Geschäftsanteils an der A GmbH betrug zum Zeitpunkt der Übertragung auf die H GmbH ... €. Schenkungsteuerlich ist der Anteil mit ... € angesetzt worden. Dieser Wert wurde auf der Basis der Bilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 2009 ermittelt.

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Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 machte der Kläger aus der Veräußerung einen Verlust von ... € steuerlich geltend. Dieser Betrag entspricht einem Anteil von 60 % der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis von ... € und den ursprünglich (vor der Außenprüfung) angesetzten Anschaffungskosten des Zeugen A.E. in Höhe von ... €.

8

Der Kläger trug vor, dass die Schenkung ausschließlich aus einer persönlichen freundschaftlichen Beziehung zwischen dem Zeugen A.E. und ihm, dem Kläger, resultiere. Dabei habe seine, des Klägers, wirtschaftliche Kompetenz auch eine Rolle gespielt. Der Zeuge habe ein Interesse daran gehabt, ihn als Gesellschafter der A GmbH zu gewinnen. Dazu habe er den Geschäftsanteil mit einem geringen wirtschaftlichen Wert von nur noch ... € schenkweise übertragen wollen. Eine Veräußerung sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Zeuge habe auch selbst über erhebliche Verlustvorträge verfügt, so dass eventuelle weitere Verluste keine materiellen Konsequenzen gehabt hätten. Allerdings sei der Zeuge nur aufgrund des geringen Werts dazu bereit gewesen, die Anteile unentgeltlich zu übertragen.

9

Der Beklagte kündigte an, den geltend gemachten Verlust nicht berücksichtigen zu wollen. Vielmehr ergebe sich aus der Veräußerung ein Gewinn von ... €. Der Kläger könne die ursprünglichen Anschaffungskosten des Zeugen nicht steuerlich ansetzen, weil er den Geschäftsanteil nicht unentgeltlich erworben habe. Zwar sei kein Kaufpreis vereinbart worden, im geschäftlichen Bereich gelte aber der Grundsatz, dass sich Geschäftsleute untereinander nichts zu schenken pflegten. Dieser Erfahrungssatz gelte zwar grundsätzlich nicht, wenn zwischen den Parteien der Zuwendung persönliche oder verwandtschaftliche Beziehungen bestünden. Nähere Beziehungen, insbesondere verwandtschaftliche Verknüpfungen seien zwischen dem Zeugen und dem Kläger allerdings nicht erkennbar. Die Entgeltlichkeit der Zuwendung ergebe sich daraus, dass der Zeuge eine Gegenleistung in Form eines geldwerten Vorteils dadurch erhalten habe, dass das von ihm beherrschte Unternehmen durch Aufnahme des Klägers von dessen geschäftlichen Kompetenz profitiere und somit wirtschaftlich gestärkt werde.

10

Am 4. August 2014 erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2010, in dem statt des geltend gemachten Verlustes zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € angesetzt wurden. Der Kläger wurde zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuer wurde auf ... € festgesetzt.

11

Der Kläger hat am 8. September 2014, einem Montag, Klage erhoben (2 K 258/14). Der Beklagte hat der Sprungklage am 18. September 2014 zugestimmt.

12

Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, er könne einen Veräußerungsverlust von ... € geltend machen, nachdem die Außenprüfung bei der A GmbH unstreitig anteilige Anschaffungskosten des Zeugen für den streitgegenständlichen Anteil in Höhe von ... € ergeben habe. Die Zuwendung des Geschäftsanteils sei unentgeltlich erfolgt. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung entsprechend § 7 des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG) seien erfüllt. Eine Gegenleistung im Sinne eines ausgleichenden Vermögensvorteils für die Übertragung des Geschäftsanteils sei nicht vereinbart worden. Selbst wenn der Zeuge erwarte habe, dass ihm die Zuwendung letztlich wirtschaftliche Vorteile bringen werde, weil er, der Kläger, als Gesellschafter der A GmbH sein Know-how einbringe, ändere dies nichts an der Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Es fehle insoweit jedenfalls an der erforderlichen hinreichenden Konkretisierung einer von ihm, dem Kläger, zu erbringenden Handlung. Er sei vielmehr frei in seinen Entscheidungen und in seinem Handeln gewesen. Die Stärkung des vom Zuwendenden beherrschten Unternehmens durch seine, des Klägers, geschäftliche Kompetenz stelle allein keine Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsanteils dar. Es habe sich lediglich um einen Wunsch oder eine Hoffnung des Zeugen gehandelt. Die erhoffte wirtschaftliche Stärkung lasse sich schon gar nicht in Geld veranschlagen.

13

An dem Willen der Parteien zu einer freigebigen Zuwendung könne in Anbetracht des notariellen Schenkungsvertrages kein Zweifel bestehen. Der Zeuge habe nicht als Geschäftsmann gehandelt, der nichts zu verschenken pflege. Auch er, der Kläger, sei bei der Schenkung nicht als Kaufmann oder Unternehmer aufgetreten. Die Motive des Zuwendenden seien für den subjektiven Tatbestand einer Schenkung unerheblich. Deshalb könne auch der Beweggrund eines geschäftlichen Interesses allein nicht ausreichen, um dem Zuwendenden den Willen zur Freigebigkeit abzusprechen.

14

Die Anteile seien auch nicht mit Rücksicht auf die Position als Aufsichtsratsvorsitzender der D AG übertragen worden. Es fehle an einem entsprechenden Veranlassungszusammenhang. Ein bloßes Zusammenfallen mit der Aufsichtsratstätigkeit reiche nicht aus. Anders als etwa bei Aktienoptionsprogrammen für Arbeitnehmer sei der Anteil auch nicht "verbilligt" überlassen worden und die Übertragung von Anteilen an der A GmbH sei nicht auf im Aufsichtsrat der D AG vertretene Personen beschränkt worden. Zudem liege in Bezug auf die Aufsichtsratstätigkeit eine Leistung eines Dritten vor und eine Verknüpfung zwischen Schenkung und dieser Tätigkeit sei weder gewollt gewesen noch objektiv erkennbar. Seine, des Klägers, Teilhabe an der Weiterentwicklung der D AG habe nicht im Vordergrund der unentgeltlichen Übertragung der streitgegenständlichen Anteile gestanden.

15

Ihm, dem Kläger, könne die Einkünfteerzielungsabsicht nicht abgesprochen werden. Bei den Einkünften aus § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) werde diese ohnehin vermutet. Die Beschlüsse des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) und vom 10. Dezember 2013 (IV B 63/13, BFH/NV 2014, 512) befassten sich mit den Verhältnissen des Rechtsnachfolgers in Bezug auf die Erstellung einer Totalgewinnprognose und seien nicht übertragbar. Es komme auch nicht auf seine, des Klägers, Einkünfteerzielungsabsicht an, sondern auf die des Zeugen, der wesentlich an der A GmbH beteiligt sei. Dieser habe die Gesellschaft als Finanzholding gegründet und dabei mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Die Verluste der Gesellschaft seien durch Verwerfungen an den Börsen und auf Grund des Wertverfalls einzelner Anlagewerte entstanden und hätten das Eigenkapital der Gesellschaft erheblich reduziert. Davon werde die Gewinnerzielungsabsicht des Zeugen nicht berührt.

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Es liege auch kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 der Abgabenordnung (AO) vor. Die Möglichkeit, einen Verlust aus der Veräußerung unmittelbar zuvor durch Schenkung erworbener Anteile an Kapitalgesellschaften steuerlich geltend zu machen, sei im Gesetz ausdrücklich eröffnet. Der Zuwendende habe diesen Verlust jederzeit auch selbst realisieren können. § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a EStG gehe als lex specialis der Anwendung des § 42 AO vor und verdränge diese Norm. Es liege auch kein "Missbrauch einer Missbrauchsverhinderungsvorschrift" vor. Seine, des Klägers, Gestaltung sei auf eine sinnvolle Strukturierung des Beteiligungsportfolios gerichtet gewesen. Die steuerlichen Folgen hätten sich zwangsläufig aus den gesetzlichen Fiktionen ergeben. Er, der Kläger, habe auch nicht gegen eine gesetzgeberische Wertung verstoßen, sondern nur von einer eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht.

17

Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der Kläger habe den Geschäftsanteil an der A GmbH nicht unentgeltlich erworben. Es bestehe ein Veranlassungszusammenhang mit der im gleichen Jahr aufgenommen Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der D AG. Die Anteile seien mit Rücksicht auf dieses Aufsichtsratsmandat übertragen worden und diese Leistung erweise sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Klägers. Insofern handele es sich bei der Zuwendung um Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Der notarielle Schenkungsvertrag stehe dieser steuerlichen Beurteilung nicht entgegen. Auch auf die subjektive Einschätzung der Beteiligten, es handele sich um eine Schenkung, komme es nicht an. Maßgeblich seien vielmehr die objektiven Tatumstände. Der Veranlassungszusammenhang ergebe sich insofern daraus, dass fremde Dritte nicht die Möglichkeit gehabt hätten, Anteile zu erwerben. Geschäftsanteile der A GmbH seien nur auf Personen übertragen worden, die mit dem Zeugen über andere Beteiligungen oder Beteiligungserwerbe gesellschaftsrechtlich verbunden seien oder im gleichen Beteiligungsgeflecht als Angestellter oder Aufsichtsrat tätig gewesen seien. Der Kläger gehöre zu der zweiten Personengruppe.

18

Die Zuwendung habe aus Sicht des Zeugen zudem dazu gedient, von der geschäftlichen Kompetenz des Klägers zu profitieren und diesen an das Unternehmen zu binden. Es bestehe überdies ein enger zeitlicher Zusammenhang der Zuwendung mit der Aufnahme der Aufsichtsratsfunktion. Der Annahme eines Veranlassungszusammenhangs stehe auch nicht entgegen, dass die Zuwendung vom Zeugen und nicht von der D AG erfolgt sei. Der Zeuge beherrsche diese Gesellschaft durch seine unmittelbare und mittelbare Beteiligung an der C GmbH.

19

Vor diesem Hintergrund sei der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. August 2014 zwar insofern rechtswidrig, als darin fälschlicherweise ein Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils in Höhe von ... € im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt worden sei. Denn tatsächlich stehe dem Veräußerungspreis der gemeine Wert der Zuwendung in gleicher Höhe gegenüber. Dennoch verletze der Einkommensteuerbescheid den Kläger nicht in seinen Rechten, weil statt des Veräußerungsgewinnes Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Aufsichtsratsvorsitzender in Höhe von ... € zu berücksichtigen seien.

20

Die Klage sei selbst dann abzuweisen, wenn die Zuwendung der Anteile an den Kläger als unentgeltlich einzustufen wäre, weil es ihm, dem Kläger, an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehle. Diesbezüglich sei nicht allein auf die Verhältnisse beim Kläger, sondern zusätzlich auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen. Daraus folge ein Verlust, weil es für die Totalgewinnprognose auf die steuerlichen Rahmenbedingungen der Einkünfteerzielung ankomme. Die Einbeziehung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers ergebe sich aus der Rechtsprechung des BFH zur interpersonellen Übertragung stiller Reserven, die heranzuziehen sei (BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608; und vom 10. Dezember 2013 IV B 63/13, BFH/NV 2014, 512). Der Rechtsvorgänger, der Zeuge A.E., habe die streitgegenständlichen Anteile allerdings mit Einkünfteerzielungsabsicht gehalten.

21

Jedenfalls dränge sich die Anwendung von § 42 AO auf. Dem stehe gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 AO nicht entgegen, dass § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG eigene Missbrauchsverhinderungsregelungen enthalte.

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Der Senat hat der Klage mit Urteil vom 25. November 2015 (EFG 2016, 483) stattgegeben und die Einkommensteuer auf 0 € festgesetzt. Die Zuwendung des Zeugen A.E. an den Kläger sei unentgeltlich erfolgt. Deshalb sei der aus der Veräußerung der Anteile an der A GmbH geltend gemachte Verlust zu berücksichtigen. Wegen der Unentgeltlichkeit des Erwerbs sei nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO liege nicht vor.

23

Auf die Revision des Beklagten hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Entscheidung des Senats mit Urteil vom 9. Mai 2017 (IX R 1/16, BFH/NV 2017, 168) aufgehoben und die Sache an das Gericht zurückverwiesen.

24

Der Kläger trägt im zweiten Rechtsgang ergänzend vor, dass der BFH in seiner Entscheidung eine unzulässige allgemeine Vermutung aufgestellt habe, dass sich Dritte niemals etwas schenkten, wenn sie nicht einen besonderen und nachweisbaren Grund dafür hätten. Die Revisionsentscheidung weiche auch von einem Urteil des BFH vom 16. Dezember 1997 (IX R 11/94, BStBl II 1997, 718) ab. Danach sei die unter fremden Dritten geltende Vermutung eines entgeltlichen Leistungsaustausches umso leichter zu widerlegen, je weiter der Wert des übertragenen Vermögens und - im Urteilsfall - der Barwert voneinander abwichen.

25

Der BFH gehe zudem unzutreffend davon aus, dass er, der Kläger, die Feststellungslast für die Widerlegung der Vermutung der Entgeltlichkeit und damit im Ergebnis für die Unentgeltlichkeit der Zuwendung habe. § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a EStG sei dem Grundsatz nach eine belastende Norm, für deren Vorliegen die Beweislast beim Beklagten liege. Er, der Kläger, habe lediglich die Feststellungslast für die steuerermäßigenden Tatsachen in Form der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers. Diese hätten ausweislich der Anlage K 1 am 23. Dezember 2012 pro ... € Geschäftsanteil ... € betragen (= ... € bei den ... auf ihn, den Kläger, übertragenen Geschäftsanteilen). Im Übrigen verlange der BFH mit dem Erfordernis, das Nichtvorhandensein steuererheblicher Tatsachen nachzuweisen, etwas Unmögliches.

26

Die Begründung des BFH, dass die Vermutung einer Gegenleistung zwischen fremden Personen umso stärker ausfalle, je wirtschaftlich werthaltiger der übertragene Geschäftsanteil sei, müsse sich am Verkehrswert des Zuwendungsgegenstandes zum Zuwendungsstichtag orientieren. Der Verkehrswert des Geschäftsanteils habe zum Übertragungsstichtag unstreitig nur ... € betragen. Das Verlustnutzungspotenzial dürfe dabei nicht berücksichtigt werden, weil damit auf die persönlichen Umstände beim Beschenkten abgestellt werde. Es komme vielmehr auf die Sichtweise des Schenkers an.

27

Es bestünden hinreichende objektive Anhaltspunkte für eine Schenkung. Er sei seit Jahrzehnten Nachbar der Familie E, der Zeuge A.E. sei bei ihm, dem Kläger, ein und aus gegangen. Er, der Kläger, habe Ende 2010 seine berufliche Tätigkeit bei G beendet gehabt und eine Beratungsfirma aufgemacht, seine fachliche Expertise und langjährige Erfahrung sei dem Schenker bekannt gewesen. Der Schenkungswille sei zudem durch den notariellen Schenkungsvertrag dokumentiert worden. In solchen Fällen bestehe nach der Rechtsprechung des BFH regelmäßig kein Zweifel an der Freigebigkeit des Schenkers.

28

Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. August 2014 dahingehend zu ändern, dass der aus der Veräußerung des Anteils an der A GmbH an die H GmbH resultierende Verlust in Höhe von ... € berücksichtigt und die Einkommensteuer dementsprechend auf ... € festgesetzt wird.

29

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

30

Der Beklagte trägt im zweiten Rechtsgang ergänzend vor, es sei zu berücksichtigen, dass im engen zeitlichen Zusammenhang im Dezember 2010 nicht nur der Kläger, sondern auch drei weitere Personen mit Anteilen der A GmbH bedacht worden seien und diese ihre Anteile auch jeweils in eigene GmbHs eingebracht hätten. Dieser Umstand spreche für das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs. Der in den übertragenen Anteilen verkörperte Verlust entspreche sowohl der Entreicherung des Schenkers als auch der Bereicherung des Beschenkten. Es stehe auch nicht mit absoluter Sicherheit fest, dass der Zeuge A.E. diese Verluste nicht mehr habe nutzen können, gerade mit Rücksicht auf dessen weitere Beteiligungen im Familienbesitz.

31

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 14. November 2017 Beweis erhoben zu den Umständen der notariellen Schenkung vom ... 2010 durch Vernehmung der Zeugen B.E. und A.E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Verhandlungsprotokolls Bezug genommen.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den der beigezogenen Akten des Beklagten sowie den der beigezogenen Akten des Finanzamtes Hamburg-1 zur A GmbH Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

34

Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 4. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.

35

Der Beklagte hat den geltend gemachten Verlust aus der Veräußerung des Anteils an der A GmbH in Höhe von ... € zu Recht nicht im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe c, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt.

1)

36

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt dies nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG entsprechend, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger oder, sofern der Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen worden ist, einer der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.

2)

37

Der Rechtsvorgänger des Klägers, der Zeuge A.E., war zwar innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung des Anteils an der A GmbH an die H GmbH im Dezember 2010 mit mehr als 1 Prozent unmittelbar an der A GmbH beteiligt. Der Kläger hat den Anteil aber nicht unentgeltlich von diesem Zeugen erworben. Der Senat hält an der im Urteil vom 25. November 2015 im ersten Rechtszug (2 K 258/14) geäußerten abweichenden Auffassung angesichts der Revisionsentscheidung des BFH vom 9. Mai 2017 (IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168) nicht mehr fest. Der BFH hat in der Revisionsentscheidung folgende Grundsätze aufgestellt:

a)

38

Die unentgeltliche Übertragung von Anteilen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Sätze 5 und 6 Buchst. a EStG ist dadurch gekennzeichnet, dass der Übertragende dem Empfänger eine freigiebige Zuwendung machen will. Letzteres ist bei Verträgen unter fremden Dritten im Allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. Deshalb spricht insoweit eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts (BFH-Urteile vom 7. März 1995 VIII R 29/93, BStBl II 1995, 693; vom 21. Oktober 1999 I R 43, 44/98, BStBl II 2000, 424; vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168). Diese Vermutung ist umso gewichtiger, je wirtschaftlich werthaltiger der übertragene Gesellschaftsanteil für den Übertragenen und den Empfänger ist. Der Steuerpflichtige trägt die objektive Beweislast (Feststellungslast) für die Widerlegung der Vermutung. Wenn das Finanzgericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt ist, dass die Übertragung unentgeltlich war, geht dies zu Lasten des Steuerpflichtigen, der sich auf die Unentgeltlichkeit beruht (BFH-Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168).

b)

39

Bei einander nahestehenden Personen wird demgegenüber der Nachweis der Unentgeltlichkeit erleichtert; denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben (BFH-Urteile vom 8. April 2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201; vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168). Was unter "einander nahestehenden Personen" zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert. Maßgebend ist, ob unter Berücksichtigung der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis angenommen werden kann (BFH-Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168). Ein solches Näheverhältnis kann zwar ausnahmsweise auch bei nicht verwandtschaftlich verbundenen Personen gegeben sein. In einem solchen Fall bedarf es aber besonderer, objektiver Anhaltspunkte, aus denen auf die Entkräftung der Vermutung einer entgeltlichen Übertragung geschlossen werden kann (BFH-Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168).

c)

40

Der Senat hat seiner Entscheidung nach der Zurückverweisung gemäß § 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) diese rechtliche Beurteilung des BFH im Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Die Bindungswirkung der Revisionsentscheidung erstreckt sich auf die rechtliche Beurteilung, die zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung geführt hat, die Beurteilung, die für die Zurückweisung maßgebend war und auf alle Rechtsausführungen des BFH, die in der Revisionsentscheidung abschließend entschieden worden sind (st. Rspr. vgl. etwa BFH-Urteile vom 4. November 2004 III R 38/02, BStBl II 2005, 271; vom 17. Mai 2006 VIII R 21/04, BFH/NV 2006, 1839; BFH-Beschluss vom 18. Juni 2015 VI R 84/13, BFH/NV 2015, 1342; s. auch Seer in Tipke/Kruse, § 126 FGO Rn. 67, m.w.N.; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 126 FGO Rn. 76; einschränkend Rüsken in Beermann/Gosch, § 126 FGO Rn. 93). Die Einwände des Klägers gegen die Richtigkeit der vom BFH aufgestellten (widerlegbaren) tatsächlichen Vermutung, dass sich fremde Dritte nichts schenkten, gegen den Rechtssatz des BFH, dass diese Vermutung umso stärker ausfalle, je werthaltiger das Geschenk für den Schenker und den Beschenkten sei und gegen die Beweislastverteilung greifen somit schon aufgrund der gesetzlichen Bindungswirkung des § 126 Abs. 5 FGO nicht durch. Diese Bindungswirkung erfasst nach den obigen Darlegungen diese Rechtssätze, die mit tragend für die Aufhebung und Zurückverweisung sind und deren Beachtung der BFH dem Senat in der Revisionsentscheidung aufgegeben hat.

d)

41

Daran gemessen, hat der Kläger die Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts, die zwischen fremden Dritten besteht, nicht widerlegt. Das Gericht kann nicht feststellen, dass die streitgegenständliche Übertragung des Anteils an der A GmbH auf den Kläger unentgeltlich war, insoweit verbleiben vielmehr Zweifel, die zulasten des Klägers gehen, der die Feststellungslast trägt.

aa)

42

Allein aus einer Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung in Bezug auf die notarielle Schenkungsurkunde kann nicht auf die Entkräftung der Vermutung geschlossen werden. Diese rein formale Vermutung ist auf Grund der behaupteten außergewöhnlichen Umstände widerlegt. Es kommt nach den bindenden Vorgaben des Revisionsurteils des BFH allein auf den wirtschaftlichen Gehalt des tatsächlich verwirklichten Sachverhalts an (BFH-Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168).

bb)

43

Auch die langjährige aus der Nachbarschaft erwachsene Freundschaft zwischen dem Kläger und der Familie E stellt alleine keinen nachvollziehbaren Grund dafür dar, dass der Zeuge A.E. einen Anteil von 0,8 % an der A GmbH, für den er erhebliche Anschaffungskosten in Höhe von ... € getragen hatte, im Jahr 2010 unentgeltlich auf den Kläger übertragen haben soll (BFH-Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 1/16, BFH/NV 2017, 1168). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 14. November 2017 dementsprechend betont, dass er über das Schenkungsangebot überrascht gewesen sei und die Familien vor der Anteilsübertragung nur Geschenke im üblichen und geringen Umfang (etwa Obst) ausgetauscht hätten.

cc)

44

Weitere objektive Anhaltspunkte, aus denen neben der Freundschaft auf eine Entkräftung der Vermutung einer entgeltlichen Übertragung geschlossen werden kann, liegen nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der übertragene Geschäftsanteil wirtschaftlich erheblich werthaltig war. Nach den bindenden Vorgaben der Revisionsentscheidung des BFH ist insoweit auf den Übertragenden und den Empfänger abzustellen.

45

Der Zeuge A.E. hatte für den Geschäftsanteil von 0,8 % erhebliche Anschaffungskosten von ... € aufgewendet. Diese soll er mit der streitgegenständlichen Übertragung wirtschaftlich betrachtet ohne Gegenleistung endgültig aus der Hand gegeben haben. Durch eine entgeltliche Übertragung des Anteils an der A GmbH hätte der Zeuge die Anschaffungskosten selbst nutzen und auf Grund des erheblich gesunkenen Werts der Geschäftsanteile (der gemeinen Wert des streitgegenständlichen Anteils betrug zum Zeitpunkt der Übertragung ... €) einen Verlust (§ 17 Abs. 1 und 2 EStG) erzielen können, der mit anderen positiven Einkünften verrechenbar oder gegebenenfalls im Wege des Verlustabzugs (§ 10d EStG) in anderen Veranlagungszeiträumen nutzbar gewesen wäre. Auch wenn der Zeuge daneben noch über weitere Anschaffungskosten an der A GmbH im Bereich von etwa ... € verfügte, stellten die durch eine Schenkung verlorenen Anschaffungskosten von über ... € auch für ihn einen erheblichen Wert dar, zumal bei dem Alter des Klägers von ... Jahren zum Zeitpunkt der Schenkung nicht mit absoluter Sicherheit vorhergesagt werden konnte, dass die in 2010 aus der Hand gegebenen Anschaffungskosten auch in ferner Zukunft nicht nochmals hätten genutzt werden können, er noch über weitere erhebliche Beteiligungen verfügte (etwa an der C GmbH in Höhe von 16,7 %) und sich die A GmbH später nach den Angaben des Zeugen wirtschaftlich erholt hat (vgl. auch FG München Urteil vom 11. April 2016 7 K 2432/14, juris). Für die Schenkung eines solchen erheblichen Wertes musste somit schon aus Sicht des Zeugen ein besonders gewichtiger Grund gegeben sein.

46

Auch für den Kläger stellten die mit den hohen Anschaffungskosten verknüpften Anteile an der A GmbH einen hohen wirtschaftlichen Wert dar. Er wollte in erheblichem Umfang (von im Ergebnis über ... €) Einkommensteuer für das Jahr 2010 sparen, in dem durch eine Veräußerung des Anteils ein Verlust nach § 17 Abs. 1, Abs. 2 EStG genutzt werden sollte.

47

Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Verlustnutzung das entscheidende Motiv bei der Schenkung und der anschließenden Weiterübertragung des Anteils war und jedenfalls die Größenordnung des wirtschaftlichen Verlustnutzungspotentials den Beteiligten bekannt war. Dies ergibt sich aus den äußeren Umständen und dem Ergebnis der Beweisaufnahme.

48

Vor der schenkweisen Übertragung des Geschäftsanteils mit Vertrag vom ... 2010 hatten die anderen Gesellschafter der A GmbH einer Weiterübertragung des Anteils durch den Kläger auf die H GmbH mit schriftlichen Stimmabgaben vom ... Dezember 2010 zugestimmt. Daraus ergibt sich, dass die Absicht der Weiterübertragung auf diese GmbH vorher dem Gesellschafterkreis oder jedenfalls der Geschäftsleitung bekannt gewesen sein muss. Diese Weiterübertragung ist dann auch nach wenigen Tagen am ... 2010 erfolgt, obwohl das Halten von Beteiligungen nicht zum Gesellschaftszweck der H GmbH gehört und die GmbH nach dem Vortrag des Klägers auch nur diese eine Beteiligung hält. Als Grund für die besondere Eile der Weiterübertragung drängt sich der Umstand auf, dass der Kläger im Jahr 2010 eine Abfindung aus seinem früheren Arbeitsverhältnis in Höhe von ... € erhalten hatte und der Veräußerungsverlust unter anderem zum Ausgleich dieser Einkünfte genutzt werden sollte.

49

Diese Einschätzung wird durch die Bekundungen des Zeugen B.E. bestätigt, der ausgesagt hat, er sei auf eine Entscheidung des BFH vom 5. August 2010 aufmerksam geworden, wonach durch Schenkung einer Beteiligung von einem Vater an dessen Sohn und anschließender Veräußerung durch den Sohn ein Verlust realisiert werden könne. Im Herbst 2010 habe er darüber mit seinem Steuerberater M gesprochen und sei dann auf die Idee gekommen, die in der A GmbH schlummernden Verluste so zu nutzen. Deswegen seien geringe Anteile verschenkt worden und der Kläger habe 0,8 % erhalten. Er habe den Kläger getroffen, ihm von dem Vorhaben erzählt und dabei auch die steuerliche Komponente erläutert. Für ihn, den Zeugen, sei es eine "wunderbare" legale Sache gewesen, die vom BFH abgesegnet gewesen sei. Ihm sei auch bekannt gewesen, dass der Kläger eine Abfindung habe erhalten sollen und dass in diesem Zusammenhang auch das Verlustnutzungspotenzial, das mit dem übertragenen Anteil verbunden gewesen sei, eine Rolle gespielt habe. In Umrissen habe er gewusst, welche Größenordnung der Abfindung in Rede gestanden habe. Letztlich habe dies auf der Vorgabe des BFH-Urteils beruht, dass so viel geschenkt worden sei, wie Verluste benötigt gewesen seien. Er habe auch mit seinem Sohn, dem Zeugen A.E. über die BFH-Entscheidung gesprochen.

50

Der Zeuge A.E. hat diese Aussage seines Vaters bestätigt und ausgesagt, dass dieser ihm Vorschläge unterbreitet habe, wie man die Entscheidung des BFH umsetzen könne und auch die Beschenkten ausgesucht habe. Er, der Zeuge, habe sich schon gedacht, dass die Annahme des Geschenkes durch die Möglichkeit der Realisierung von Verlusten gefördert worden sei und die Beschenkten Verluste hätten gebrauchen können.

51

Diese Aussagen der Zeugen sind glaubhaft. Sie sind widerspruchsfrei und gut nachvollziehbar, zumal auch andere mit Gesellschaftsanteilen schenkweise vom Zeugen A.E. bedachte Personen ausweislich der Gesellschafterlisten der A GmbH zeitnah eine Weiterübertragung des Anteils auf eine Kapitalgesellschaft vorgenommen haben.

52

Das Gericht glaubt demgegenüber nicht der Behauptung des Klägers, dass zum Zeitpunkt der Veräußerung des Anteils an die H GmbH die Verlustnutzung für ihn "kein Thema" gewesen sei. Er habe die Veräußerung gestreng seines allgemeinen Grundsatzes, die Dinge schnell zu erledigen, vorgenommen. Sie wird durch die oben dargelegten äußeren Umstände und die Bekundungen der Zeugen widerlegt. Zudem war das Erklärungsverhalten des Klägers zu dieser Frage schwankend und nicht nachvollziehbar. Im Erörterungstermin hat er auf die Frage zu den Motiven der Weiterübertragung nicht ausgeschlossen, dass sein Steuerberater ihm damals geraten habe, die Anteilsübertragung auch aus steuerlichen Gründen vorzunehmen. In der mündlichen Verhandlung am 14. November 2017 hat er dann unter anderem vorgetragen, er habe erst im Frühsommer 2011 von den konkreten Umständen der Verlustsituation und den Verlustnutzungsmöglichkeiten erfahren, als er mit seinem Steuerberater die Einkommensteuererklärung abgesprochen habe.

53

Der Umstand, dass dem Kläger ein Anteil von 0,8 % übertragen worden ist, erklärt sich zur Überzeugung des Gerichts im Wesentlichen aus der Höhe der positiven Einkünfte der Eheleute in den Streitjahren (Summe der Einkünfte: ... €) und dem dafür zum Ausgleich erforderlichen Verlustpotenzial. Auch wenn den Beteiligten die genaue Höhe der Einkünfte im Dezember 2010 noch nicht sicher bekannt sein konnte, stand die Abfindung von ... € fest und auch die anderen Einkünfte konnten jedenfalls grob geschätzt werden, so dass die etwaige Größenordnung bekannt sein konnte. Der Zeuge B.E. hat dementsprechend bekundet, dass natürlich die Abfindung bei der Höhe des Anteils eine Rolle gespielt habe. Insofern habe der BFH ja vorgegeben gehabt, dass so viel verschenkt werden könne an Verlustpotenzial, wie es gerade ausreiche. Ihm sei die ungefähre Größenordnung der Abfindung bekannt gewesen und er habe in Umrissen gewusst, welche Größenordnung an Verlustausgleichspotential zur Neutralisierung der Abfindung erforderlich gewesen sei.

54

Angesichts dieser Aussagen des Zeugen und des von ihm geschilderten Hintergrundes der Anteilsübertragungen (Nutzung der BFH-Rechtsprechung) ist allerdings sein Vortrag nicht nachvollziehbar, die Anteilsgröße für den Kläger und die zeitnah ebenfalls mit Anteilen der A GmbH bedachten Personen sei im Wesentlichen auf ihre finanziellen Möglichkeiten zur Teilnahme an Kapitalerhöhungen der Gesellschaft zugeschnitten gewesen. Dagegen spricht zudem schon der Umstand, dass es in der Folgezeit nicht zu Kapitalerhöhungen gekommen ist.

dd)

55

Der Umstand, dass die Zeugen jeweils bekundet haben, durch den Kläger und die anderen mit Anteilen der A GmbH bedachten Personen habe die Gesellschaft wiederbelebt werden sollen, in dem unter andern die geschäftliche Erfahrung des Klägers eingebracht werde, stellt keinen tragfähigen Grund für eine Schenkung des nach den obigen Darlegungen erheblich werthaltigen Anteils von 0,8 % an der Gesellschaft dar. Die diesbezüglichen Erwartungen wurden weder vom Kläger noch von den Zeugen auch nur ansatzweise konkretisiert. Der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag dementsprechend auch nicht für die A GmbH tätig und ein solches Tätigkeitwerden ist von den Zeugen auch nicht eingefordert worden.

ee)

56

Die Bekundung des Zeugen A.E., er habe sich "als Schenker" gefühlt, ist angesichts der Außergewöhnlichkeit der Umstände und der erheblichen wirtschaftlichen Werthaltigkeit des Anteils ebenso wenig wie der notarielle Schenkungsvertrag geeignet, die Vermutung der Entgeltlichkeit der Anteilsübertragung zu widerlegen. Für die Aussage des Zeugen B.E., er habe keinerlei Gegenleistungen für die Hingaben erhalten und er habe auch keine alten Rechnungen mit den Beschenkten offen gehabt, die auf diese Weise hätten abgearbeitet werden sollen, gilt Entsprechendes, zumal sich diese Aussage nur auf seine Person bezieht und dadurch Gegenleistungen an Dritte nicht ausgeschlossen werden.

3)

57

Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass der Kläger durch die streitgegenständliche Veräußerung des Anteils Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt hat (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG). Als Gewinn ist dabei der Unterschied zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung (... €), den Veräußerungs- und den Anschaffungskosten anzusetzen. Veräußerungskosten hat der Kläger nicht geltend gemacht, aber nach den obigen Darlegungen ist wegen der Entgeltlichkeit der Übertragung von Anschaffungskosten auszugehen, die allerdings der Höhe nach nicht bezifferbar sind. Bei entgeltlichen Rechtsgeschäften besteht grundsätzlich die Vermutung der Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung, so dass mangels anderer Anhaltspunkte im Wege der Schätzung insoweit der gemeine Wert des Anteils an der A GmbH anzusetzen ist (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG). Dieser beträgt unstreitig ... €, so dass sich der Gewinn auf 0 € beläuft (vgl. auch FG München Urteil vom 11. April 2016 7 K 2432/14, juris).

58

Dennoch ist der angefochtenen Bescheid, der Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € für die Veräußerung der Anteile ansetzt, nicht zu ändern. Die Übertragung des GmbH-Anteils ist vielmehr als Einkünfte aus (sonstigen) Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG in gleicher Höhe anzusetzen, weil sich die Übertragung der Anteile als Entgelt für eine vom Kläger erbrachte Leistung darstellt und mit dem gemeinen Wert (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG) zu berücksichtigen ist (vgl. FG München Urteil vom 11. April 2016 7 K 2432/14, juris). Auf das zu versteuernde Einkommen hat diese abweichende Beurteilung keine Auswirkungen.

59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, wobei sie die Kosten des gesamten Verfahrens und damit auch die des Revisionsverfahrens umfasst.

60

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

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