Beschluss vom Finanzgericht Hamburg (3. Senat) - 3 V 194/17

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob ein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft steuerbar ist.

2

1.a) Die Antragsteller werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

3

b) Mit Kaufvertrag vom ... 2006 erwarben der Antragsteller und Herr A ein Mehrfamilienhaus in der X-Straße in Hamburg ... für einen Kaufpreis von ... €. Der Anteil des Antragstellers betrug 153/272stel, so dass ein anteiliger Kaufpreis in Höhe von ... € auf ihn entfiel. Die Käufer verpflichteten sich im Kaufvertrag, das Eigentum gem. § 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in Wohnungseigentum aufzuteilen, wobei sich das Sondereigentum des Antragstellers auf die Wohneinheit im Souterrain und im Erdgeschoss und das Sondereigentum von Herrn A auf die Wohneinheit im 1. und 2. Obergeschoss des Gebäudes beziehen sollte (...).

4

c) Die Antragsteller nutzten in der Folgezeit die im Souterrain und Erdgeschoss gelegene Wohnung bis 30.05.2012 zu eigenen Wohnzwecken.

5

d) Mit Mietvertrag vom 19.04.2012 vermietete der Antragsteller die gesamte Wohnung möbliert ab 01.05.2012 befristet bis zum 31.12.2012 für eine monatliche Pauschalmiete in Höhe von ... € inklusive aller Nebenkosten (...).

6

e) Mit Änderungsvertrag vom 18.10.2012 wurde das Mietverhältnis vom 01.11.2012 bis zum 28.02.2013 verlängert und die monatliche Pauschalmiete auf ... € erhöht (...).

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f) Mit Kaufvertrag vom ... 2014 verkaufte der Antragsteller die Wohnung für ... € (vgl. Veräußerungsanzeige des Notars Dr. B vom ... 2014, ...).

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2. a) In ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 erklärten die Antragsteller einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt X-Straße in Höhe von ... € (Einnahmen: ... €, Ausgaben: ... €). Der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) erhöhte bei der Veranlagung die Einnahmen um ... € und ermittelte so einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... €.

9

b) In ihrer am 25.09.2016 übermittelten Einkommensteuererklärung für 2014 machten die Antragsteller keine Angaben zu dem Objekt X-Straße.

10

c) Nachdem das FA, das durch die Mitteilung des Notars von der Veräußerung der Wohnung in der X-Straße Kenntnis erlangt hatte, die Antragsteller am 18.10.2016 um Übersendung des Kaufvertrags über den Verkauf und von Belegen über mögliche Nebenkosten sowie um Erläuterung der Nutzung im Jahr 2014 gebeten hatte, teilten die Antragsteller mit, sie hätten sich 2012 aufgrund der starken beruflichen Belastung des Antragstellers zu einem längeren Urlaub entschieden. In der Zeit von Mai 2012 bis Oktober 2012 hätten sie die Wohnung einem befreundeten Ehepaar und deren Kindern gegen Übernahme der Kosten möbliert überlassen. Da sie, die Antragsteller, später die Möglichkeit gehabt hätten, ihren Urlaub kostengünstig zu verlängern, hätten sie sich mit den Mietern auf eine Mietvertragsverlängerung geeinigt. Am Ende seien sie, die Antragsteller, bis einschließlich April 2013 unterwegs gewesen.

11

Ende 2013 sei ihnen von der Nachbarin seines, des Antragstellers, Vaters deren Doppelaushälfte zum Kauf angeboten worden. Dies sei die einmalige Möglichkeit gewesen, mit drei Generationen - ihrem Sohn und den Eltern/Schwiegereltern - in einem Mehrgenerationen-Doppelhaus zu wohnen. Daraufhin habe er, der Antragsteller, sich 2014 entschieden, die Wohnung in der X-Straße zu verkaufen, um die Doppelhaushälfte kaufen zu können, in die sie, die Antragsteller, schließlich 2015 eingezogen seien.

12

b) Mit Schreiben vom 21.11.2016 teilte das FA den Antragstellern mit, dass nach dieser Schilderung ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn vorliege, da der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG nicht erfüllt sei, und bat um Übersendung der bereits am 18.10.2016 angeforderten Unterlagen.

13

c) Mit erstmaligem Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 11.01.2017 setzte das FA die Einkommensteuer für 2014 auf 0 € fest (...).

14

Mit Einkommensteueränderungsbescheid vom 14.02.2017 setzte das FA die Einkommensteuer für 2014 auf ... € fest (...). Dabei berücksichtigte es Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ... € (... € abzgl. ... €).

15

4. a) Dagegen legten die Antragsteller am 09.03.2017 Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begründung trugen sie vor, gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2 Alt. EStG würden Wirtschaftsgüter von der Versteuerung ausgenommen, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangen Jahren zu eignen Wohnzwecken genutzt worden seien. Dies hätten sie getan. Sie hätten die Wohnung ab 2006 bewohnt. In der Zeit vom 01.05.2012 bis zum 28.02.2013 hätten sie die Immobilie an Freunde vermietet. Anschließend hätten sie die Wohnung bis zum Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2014 wieder zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

16

Damit seien die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG vorliegend erfüllt. Da das Wort "ausschließlich" im Gegensatz zur 1. Alternative fehle, sei die teilweise Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ausreichend. Es sei weder eine Selbstnutzung über drei volle Jahre erforderlich noch eine ununterbrochene Selbstnutzung, da dies sonst im Gesetz hätte zum Ausdruck kommen müssen.

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b) Mit Bescheid vom 13.03.2017 lehnte das FA den Antrag auf AdV mangels Erfolgsaussicht des Einspruchs ab (...). Dagegen legten die Antragsteller am 10.04.2017 Einspruch ein (...). Zur Begründung trugen sie vor, der vom FA ermittelte Veräußerungsgewinn sei unzutreffend, da weder die Anschaffungsnebenkosten aus dem Erwerb in 2006 noch die anschaffungsnahen Herstellungskosten berücksichtigt worden seien, die gemäß beigefügter Aufstellung insgesamt ... € betragen hätten, so dass sich der anzusetzende Veräußerungsgewinn jedenfalls auf ... € verringere.

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Das FA wies daraufhin die Antragsteller auf Tz. 25 des BMF-Schreibens vom 05.10.2000 (IV C 3 - S 2256-263/00) hin, wonach auch für die 2. Alternative die ununterbrochene Selbstnutzung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren erforderlich sei, wobei die Selbstnutzung nicht die vollen drei Jahre umfassen müsse. Diese Auffassung sei von dem FG Baden-Württemberg vom 04.04.2016 (8 K 2166/14, EFG 2016, 1521) bestätigt worden. Bzgl. der Höhe der vom Antragsteller getragenen Aufwendungen als Herstellungs-/Anschaffungskosten des Grundstücks müsse in einigen Punkten von seiner, des Antragstellers, eingereichten Aufstellung abgewichen werden (wird ausgeführt), so dass sich im Ergebnis ein anzusetzender Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € ergebe (...).

19

c) Mit Änderungsbescheid vom 19.05.2017 setzte das FA die Einkommensteuer für 2014 auf ... € zzgl. Zinsen, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer herab, indem es den Veräußerungsgewinn auf ... € reduzierte (...). Danach ergab sich ein von den Antragstellern noch zu entrichtender Gesamtbetrag in Höhe von ... €.

20

d) Mit Einspruchsentscheidung vom 06.07.2017 über den Einspruch gegen die Ablehnung des AdV-Antrags gewährte das FA ab ursprünglicher Fälligkeit bis zum Ergehen des Teiländerungsbescheides vom 19.05.2017 AdV in Höhe der Differenzbeträge zwischen der ursprünglichen Festsetzung vom 14.02.2017 sowie der Teilabhilfe vom 19.05.2017, und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück (...).

21

Die Antragsteller haben auf die mit Bescheid vom 19.05.2017 festgesetzte Einkommensteuer zzgl. Nebenleistungen insgesamt ... € entrichtet.

22

5. a) Am 03.09.2017 haben die Antragsteller AdV bei Gericht beantragt.

23

b) Nachdem das FA mit Einspruchsentscheidung vom 05.09.2017 den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 14.02.2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 19.05.2017 als unbegründet zurück gewiesen hatte (...), haben die Antragsteller am 23.09.2017 in der Hauptsache Klage erhoben (3 K 222/17).

24

c) Zur Begründung des AdV-Antrags tragen die Antragsteller vor: Der Grundtatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG und die Höhe des Gewinns mit ... € seien unstreitig. Streitig sei allein, ob der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG eingreife. Sie, die Antragsteller, hätten die Immobilie sowohl im Jahr der Veräußerung (vom 01.01. bis zum Frühjahr 2014) sowie in den beiden vorangegangenen Jahren (vom 01.01. bis zum 30.04.2012 sowie vom 01.05. bis zum 31.12.2013) zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Dies sei ausreichend, da § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG keine ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken verlange.

25

Die Entscheidung des FG Baden-Württemberg überzeuge nicht.

26

Das zwischenzeitlich veröffentliche Urteil des BFH vom 27.06.2017 (IX R 37/16, DStR 2017, 2268) treffe zu der vorliegend zu klärenden Rechtsfrage keine konkrete Aussage. Der BFH führe in seinem Urteil aus, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG liege vor, wenn das Gebäude in einem zusammenhängenden Zeitraum genutzt werde, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie - mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs - voll auszufüllen. Aus keiner Stelle der Entscheidung lasse sich entnehmen, dass der BFH die vorgenannten Umstände, die er als "genügend" angesehen habe, auch zugleich für die Tatbestandsverwirklichung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG für erforderlich halte.

27

Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2014 vom 19.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.09.2017 hinsichtlich des verbleibenden Betrages in Höhe von ... € auszusetzen.

28

Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.

29

Zur Begründung nimmt es auf die Einspruchsbegründung Bezug und trägt ergänzend vor, es sehe sich in seiner Rechtsauffassung durch das Urteil des BFH vom 27.06.2017 bestätigt. Danach seien die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG im Ergebnis nur dann erfüllt, wenn im gesamten mittleren Kalenderjahr eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorliege. In den beiden übrigen Jahren genüge eine teilweise Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, soweit die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken über die drei Jahre einen zusammenhängenden Zeitraum betreffe.

...

Entscheidungsgründe

30

II. 1. Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

31

a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) vor. Das FA hat die bei ihm beantragte AdV mit Bescheid vom 13.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.07.2017 abgelehnt.

32

Der nach finanzamtlicher Ablehnung der AdV während des Einspruchsverfahrens beim Finanzgericht gestellte und noch nicht beschiedene Antrag auf AdV bleibt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung und Klageerhebung zulässig, ohne dass ein neuer erfolgloser Antrag beim beklagten Finanzamt als gerichtliche Zugangsvoraussetzung gemäß § 69 Abs. 4 FGO erforderlich ist. Dafür genügt die einmalige AdV-Ablehnung auch aus einem früheren Verfahrensstadium (Beschluss FG Hamburg vom 20.02.2017 3 V 12/17, Juris).

33

b) Der Antrag ist unbegründet.

34

aa) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

35

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben Umständen, die für seine Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23.05.2016 V B 20/16, BFH/NV 2016, 1308; vom 28.05.2015 V B 15/15, BFH/NV 2015, 1117). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen, irgendeine vage Erfolgsaussicht genügt allerdings nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 16.06.2011 IV B 120/10, BFH/NV 2011, 1549; vom 06.11.2008 IV B 126/07, BStBl II 2009, 156). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-) ergibt (BFH-Beschluss vom 18.02.2015 V S 19/14, BFH/NV 2015, 866).

36

bb) Daran gemessen bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheides. Das FA hat zu Recht den Verkauf der Wohnung Quellental 3 als steuerbare Veräußerung i. S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG behandelt und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € berücksichtigt.

37

aaa) Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Dazu gehören gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u. a. Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen von der Besteuerung sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (2. Alternative).

38

bbb) Der Ausdruck "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setzt in beiden Alternativen lediglich voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen; unschädlich ist, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt (vgl. BFH-Urteile vom 27.06.2017 IX R 37/16, DStR 2017, 2268; vom 25.05.2011 IX R 48/10, BFHE 234, 72, BStBl II 2011, 868). Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht (vgl. BFH-Urteile vom 27.06.2017 IX R 37/16, DStR 2017, 2268; vom 28.11.2001 X R 27/01, BFHE 197, 218, BStBl II 2002, 145; vom 28.03.1990 X R 160/88, BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815). Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen (vgl. BFH-Urteile vom 28.11.2001 X R 27/01, BFHE 197, 218, BStBl II 2002, 145; vom 14.03.2000 IX R 8/97, BFHE 191, 502, BStBl II 2001, 66).

39

ccc) § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG verlangt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren. Dies ist nach dem BFH-Urteil vom 27.06.2017 dann der Fall, wenn das Gebäude in einem zusammenhängenden Zeitraum genutzt wird, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie - mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs - voll auszufüllen (BFH-Urteil vom 27.06.2017 IX R 37/16, DStR 2017, 2268 unter Hinweis auf: BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1383, Rn. 25; Musil, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Rn. 131; Wernsmann, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 23 EStG Rn. B 55; Hoheisel in Littmann/Bitz/Pust, § 23 EStG Rn 74; a. A. Kube, in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 23 Rn. 6; Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 36. Aufl., § 23 Rn. 18).

40

Entgegen der Ansicht der Antragsteller lässt sich dem BFH-Urteil vom 27.06.2017 eindeutig entnehmen, dass ein "zusammenhängender Zeitraum" über drei Kalenderjahre nicht nur genügt, sondern darüber hinaus für die Tatbestandsverwirklichung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG tatsächlich auch erforderlich ist. Denn der BFH führt ausdrücklich aus, dass sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken über das gesamte mittlere Jahr erstrecken muss, während im Jahr der Veräußerung sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung die Eigennutzung nicht die ganzen Kalenderjahre ausfüllen muss (so auch Urteil FG München vom 11.07.2017 12 K 796/14, EFG 2017, 1795).

41

Die Antragsteller haben die Wohnung im mittleren Kalenderjahr, d. h. in 2013, dagegen nicht durchgehend für eigene Wohnzwecke genutzt, sondern teilweise fremdvermietet, so dass ein "zusammenhängender Zeitraum" im Sinne der BFH-Rechtsprechung nicht vorliegt.

42

cc) Die Vollziehung des angefochten Bescheids ist auch nicht deshalb auszusetzen, weil die Vollziehung für die Antragsteller eine unbillige Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO zur Folge hätte.

43

Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Zahlung Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutzumachen wären, oder wenn die wirtschaftliche Existenz gefährdet würde. Eine Aussetzung wegen unbilliger Härte darf jedoch nicht gänzlich ohne Rücksicht auf die Zweifelhaftigkeit der Rechtslage und die Erfolgschancen des Rechtsbehelfs gewährt werden. Kann der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg haben, sind Zweifel fast oder gänzlich ausgeschlossen, so kommt Aussetzung der Vollziehung auch wegen unbilliger Härte nicht in Betracht (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rz. 103 f.).

44

Die Antragsteller haben Gründe für das Vorliegen einer unbilligen Härte nicht dargelegt. Auch aus den Akten ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte.

45

2. a) Die Antragsteller haben gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

46

b) Gründe für die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

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