Urteil vom Finanzgericht Hamburg (2. Senat) - 2 K 342/17
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger im Streitjahr 2015 als Hufbeschlagschmied Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt hat.
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Der Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Metallbauer, die er 2011 mit dem Gesellenbrief abschloss. Danach arbeite er zwei Jahre als Schmied in einem Hufbeschlagschmiedbetrieb. In 2013 nahm er an einem viermonatigen Vorbereitungslehrgang "Hufbeschlagschmied" gem. § 6 der Verordnung über den Beschlag von Hufen und Klauen (HufbeschlV) der Tierärztlichen Hochschule A teil. Unter dem ... 2014 erhielt er die Anerkennungsurkunde nach § 4 Abs. 1 des Hufbeschlaggesetzes (HufBeschlG) als staatlich anerkannter geprüfter Hufbeschlagschmied, die ihn zur selbständigen Ausübung des Huf- und Klauenbeschlags berechtigt. Seit 1. Januar 2015 ist der Kläger als Hufbeschlagschmied selbständig tätig.
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Die Tätigkeit des Klägers umfasst die Versorgung - vornehmlich gesunder - Pferde mit Hufeisen, die als Metallrohling beschafft und sodann den individuellen Bedürfnisses des Pferdes angepasst werden. Dabei können durch Anbringen von Aufpolsterungen, etwa durch Klebe- oder Kunststoffbeschläge, Fehlstellungen im Bewegungsapparat des Pferdes ausgeglichen und Lahmheiten kompensiert werden. Der Kläger arbeitet mit Tierärzten zusammen, die ihn bei erkannten Fehlstellungen einsetzen, um mit speziell angepassten Hufen die erforderlichen Bewegungsprobleme zu lösen. Der Kläger seinerseits verweist seine Kunden auf tierärztliche Behandlungen, sofern er beim Anbringen von Hufbeschlägen als Erstdiagnose Krankheiten an den Hufen, wie beispielsweise Strahlkrebs oder Hufrehe, bzw. Fehlstellungen des Bewegungsapparats feststellt.
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Der Kläger meldete zum ... Januar 2015 formal einen Gewerbebetrieb "Hufschmied" an, war aber in der Folgezeit der Ansicht, dass seine Tätigkeit eine freiberufliche sei und gab dementsprechend keine Gewerbesteuererklärung ab. In seiner Erklärung vom 10. Juni 2016 zur Anpassung der Einkommen- und Gewerbesteuer-Vorauszahlungen für das Streitjahr gab der Kläger einen voraussichtlichen Gewinn in Höhe von ... € an. Der Beklagte war dagegen der Auffassung, der Kläger erziele Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte Gewerbesteuervorauszahlungen in Höhe von EUR ... für das Streitjahr fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
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Unter dem 18. September 2017 erließ der Beklagte Bescheide für das Streitjahr über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag, denen er einen geschätzten Gewinn aus Gewerbebetrieb von ... € zugrunde legte. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben mit Einspruchsentscheidung vom 23. November 2017 erfolglos. Am 27. Dezember 2017 hat der Kläger Klage erhoben.
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Der Kläger hält daran fest, dass er als Hufbeschlagschmied eine freiberufliche Tätigkeit ausübe. Wie bei den freiberuflichen sog. Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG erfülle der Hufbeschlagschmied auf der Grundlage des HufbeschlagG und der zugehörigen Verordnungen gesetzlich vorgeschriebene Vorbehaltsaufgaben. Die staatliche Anerkennung nach § 4 Abs. 1 HufbeschlG erfordere eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine zweijährige hauptberufliche Beschäftigung bei einem Hufbeschlagschmied mit mindestens dreijähriger Berufserfahrung, einen erfolgreichen Abschluss der vorgeschriebenen Lehrgänge sowie die zur Ausübung des Berufs erforderliche Zuverlässigkeit. Hintergrund des Regelungswerkes sei es, den Anforderungen des Tierschutzes gerecht zu werden. Der Schwerpunkt der Arbeit liege in der fachgerechten Versorgung der Tiere und der zugehörigen Beratung der Tierhalter; die Metallverarbeitung trete dahinter zurück.
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Insgesamt weise der Beruf des Hufbeschlagschmiedes Ähnlichkeiten zu den Katalogberufen des Tierarztes, des Heilpraktikers und des Physiotherapeuten auf. Zudem weise er Ähnlichkeiten zu dem einem Katalogberuf als ähnlich anerkannten Beruf des Fußpflegers auf. Seit der Neuregelung der Anforderungen an einen Hufbeschlagschmied durch das HufbeschlG vom 19. April 2006 habe der Beruf seinen handwerklichen, metallverarbeitenden Charakter verloren und sei den Heilberufen angenähert worden. So zähle das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin den Hufbeschlagschmied zu den nichtakademischen Berufen im Gesundheitswesen (Anlage zum Schriftsatz vom 8. Mai 2019).
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Dass der Berufsstand der Hufbeschlagschmiede keiner eigenen Berufsaufsicht unterliege, spreche schließlich nicht gegen eine freiberufliche Tätigkeit. Der sehr kleine Berufsstand der Hufbeschlagschmiede bedürfe keiner kammermäßigen Aufsicht, weil er aufgrund einer staatlichen Anerkennung ausgeübt werde und eventuelle Regelverstöße nach dem Tierschutzgesetz geahndet werden könnten.
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Angesichts des ständigen Wandels der Berufsbilder sei es auch nicht mehr angemessen, die Ähnlichkeit mit nur einem speziellen Katalogberuf zu fordern.
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Unberücksichtigt bleiben könne aus Gründen der Gleichbehandlung auch nicht, dass die Tätigkeit einiger aus der eher kleinen Gruppe der Hufbeschlagschmiede in Deutschland von den jeweils zuständigen Finanzämtern als freiberuflich anerkannt würde.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 18. September 2017, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2017, dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte des Klägers als Einkünfte aus selbständiger Arbeit berücksichtigt werden sowie
den Bescheid für 2015 über den Gewerbesteuermessbescheid vom 18. September 2017, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. November 2017, ersatzlos aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
- 13
Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung, ein Hufbeschlagschmied sei gewerblich und nicht freiberuflich tätig, fest. Die Ähnlichkeit des Berufsbildes eines Hufschmiedes müsse sich auf einen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Beruf (Katalogberuf) beziehen, ein Vergleich mit einer Gruppe von Katalogberufen komme nicht in Betracht. Die Ähnlichkeit mit einem Katalogberuf erfordere eine vergleichbare Tätigkeit und Ausbildung. Der Vergleichbarkeit der Ausbildung komme besondere Bedeutung zu, wenn der Katalogberuf eine qualifizierte Ausbildung voraussetze. Der Beruf des Hufbeschlagschmiedes sei daher mit dem Beruf eines Tier- oder Zahnarztes nicht vergleichbar, da ein Hufbeschlagschmied kein Hochschulstudium absolvieren und kein Staatsexamen ablegen müsse. Der nach § 8 HufBeschlV erforderliche Vorbereitungslehrgang sowie die Abschlussprüfung nach §§ 10 f. HufBeschlV blieben hinter den Anforderungen an die Ausbildung von Tier- und Zahnärzten zurück. Auch sei keine Vergleichbarkeit mit den Berufen eines Heilpraktikers, Medizinischen Fußpflegers oder Podologen gegeben, da diese Berufsgruppen im Bereich der Humanmedizin und nicht der Tiermedizin tätig seien. Das Berufsbild eines Hufbeschlagschmiedes sei im Ergebnis vor allem handwerklich geprägt.
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Ergänzend wird auf die Niederschriften über den Erörterungstermin vom 3. April 2019 Bezug genommen.
- 15
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
- 16
Dem Gericht haben Gewerbesteuerakte Bd. I, Einkommensteuerakte Bd. I, Akte Allgemeines nebst Rechtsbehelfsakten Bände I - III vorgelegen.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Gericht entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gem. § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im schriftlichen Verfahren.
II.
- 18
Die Klage ist hinsichtlich der Einkommensteuerfestsetzung unzulässig (1.), im Übrigen ist sie unbegründet (2.).
- 19
1.) Von dem angegriffenen Einkommensteuerbescheid geht keine Beschwer aus. Streitig ist nicht die Höhe der zugrunde gelegten Einkünfte, sondern allein deren Qualifikation als freiberufliche statt der angenommenen gewerblichen Einkünfte.
- 20
Bei einem Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b der Abgabenordnung - AO -) ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Feststellung der Einkunftsart auch dann selbständig anfechtbar, wenn sich keine gleichzeitige Auswirkung auf die Höhe des festgestellten Einkünftebetrages ergibt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. Januar 1964 VI 29/63 U, BStBl III 1964, 144; vom 24. Januar 1985 IV R 249/82, BStBl II 1985, 676, unter 1.; vom 15. April 2004 IV R 54/02, BStBl II 2004, 868, und vom 10. November 2004 XI R 32/01, BStBl II 2005, 431). Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt stets einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbständige Beschwer entfalten kann. Innerhalb eines solchen Feststellungsbescheids bildet die Feststellung der Einkunftsart wiederum einen eigenständig anfechtbaren Teil des Bescheids (BFH, Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 76/05, BStBl II 2008, 858). Demgegenüber erfordert die Anfechtung eines Einkommensteuerbescheides eine Auswirkung des Begehrens auf die Höhe der Steuer; die Einkunftsart ist dagegen nur eine selbständig nicht anfechtbare Besteuerungsgrundlage i.S. von § 157 Abs. 2 AO (s.a. BFH, Urteil vom 5. Juli 2011 X B 222/10, BFH/NV 2011, 1843). Da die zugrunde gelegte Einkunftsart danach nicht die Höhe der festgesetzten Steuer berührt, führt der Einkommensteuerbescheid nicht zu einer möglichen Rechtsverletzung.
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Im Streitfall würde überdies ein Obsiegen in der Sache zu einer höheren Einkommensteuerfestsetzung führen, weil in diesem Fall die Steuer um die Ermäßigung für gewerbliche Einkünfte gem. § 35 Abs. 1 EStG in Höhe von ... € zu erhöhen wäre. Dass sich unter Berücksichtigung beider Steuerfestsetzungen - Einkommensteuer und Gewerbesteuer - per Saldo ein positives Ergebnis ergäbe (... €) ist unbeachtlich, weil die Besteuerungsgrundlagen jeweils selbständig zu ermitteln und die Bescheide selbständig anfechtbar sind. Insoweit handelt es sich hier lediglich um eine Klagehäufung, die aber nicht zu einer "Addition" der Einzelergebnisse führen kann.
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2.) Der Gewerbesteuermessbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger hat im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, seine Tätigkeit kann nicht als freiberufliche qualifiziert werden.
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Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger im Streitjahr keine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübte, sondern gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG erzielte. Die Tätigkeit des Klägers ist insbesondere nicht mit derjenigen eines Tierarztes (1.) oder eines Heilpraktikers bzw. Physiotherapeuten (2.) vergleichbar. Auch eine etwaige Ähnlichkeit zum Berufsbild der Podologen führt nicht dazu, dass die Tätigkeit des Klägers als freiberuflich zu qualifizieren wäre (3.).
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a) Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Hierzu gehört nach Satz 2 der Vorschrift u. a. die selbständige Berufstätigkeit der Tierärzte, Heilpraktiker und ähnlicher Berufe. Um einem im Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgezählten Beruf ähnlich zu sein, muss der Beruf ihm sowohl hinsichtlich der erforderlichen Berufsausbildung als auch hinsichtlich der tatsächlich entfalteten Tätigkeit im Wesentlichen gleichen (vgl. BFH, Urteile vom 11. November 2014 VIII R 17/12, juris; vom 22. September 2009 VIII R 63/06, BStBl. II 2010, 466; vom 9. Februar 2006 IV R 27/05, BFH/NV 2006, 1270). Ist zu beurteilen, ob eine Berufstätigkeit der eines Katalogberufs ähnlich ist, genügt eine sog. Gruppenähnlichkeit, also die Ähnlichkeit zu einer bestimmten Gruppe freiberuflicher Tätigkeiten (z.B. heilberufliche Tätigkeiten wie die Tätigkeit der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgeführten Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten), nicht. Da der Gesetzgeber die Katalogberufe detailliert aufzählt, müssen die ähnlichen Berufe speziell einem dieser Berufe ähnlich sein (vgl. BFH, Urteile vom 25. April 2017 VIII R 24/14, BStBl II 2017, 908; vom 14. Mai 2014 VIII R 18/11, BStBl II 2015, 128; vom 19. September 2002 IV R 74/00, BStBl II 2003, 27).
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An diesem Grundsatz ist auch festzuhalten. Insbesondere legt entgegen der Auffassung des Klägers ein möglicher Wandel der Berufsbilder kein Abweichen von dem Erfordernis nahe, dass die Ähnlichkeit zu einem bestimmten Katalogberuf bestehen muss. Eine Ähnlichkeit lediglich mit mehreren Katalogberufen oder nur mit ähnlichen Berufen würde jegliche Trennschärfe des Tatbestandes aufgeben.
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b) Ausgehend von dieser Rechtsprechung kann die Tätigkeit des Klägers nicht deshalb als freiberufliche im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG angesehen werden, weil ein Hufbeschlagschmied Tätigkeiten erbringt, die in Teilbereichen derjenigen eines Tierarztes, eines Heilpraktikers oder eines Podologen möglicherweise ähnlich sind. Erforderlich ist vielmehr die Ähnlichkeit zu einem dieser Berufsbilder, die hier indes nicht vorliegt.
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aa) Der Beruf eines Hufbeschlagschmiedes ist demjenigen eines Tierarztes nicht ähnlich. Ist für einen Katalogberuf eine qualifizierte Ausbildung erforderlich, muss die Ausbildung des ähnlichen Berufs vergleichbar sein (vgl. BFH, Beschluss vom 7. September 2010 VIII B 23/10, juris; BFH, Urteile vom 18. April 2007 XI R 29/06, BStBl II 2007, 781; vom 31. August 2005, XI R 62/04, juris). Die Ausbildung von Tierärzten hat einen deutlich größeren Umfang als diejenige eines Hufbeschlagschmiedes. Voraussetzung für die Approbation als Tierarzt ist ein Hochschulstudium, das gemäß § 1 Abs. 2 Tierärzte-Approbationsverordnung einen wissenschaftlich-theoretischen Studienanteil mit 3.850 Stunden Lehrveranstaltungen und einen praktischen Studienanteil von 1.170 Stunden umfasst. Ziel der Ausbildung ist es, den Tierarzt zu befähigen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, vgl. § 1 Abs. 1 Bundes-Tierärzteordnung. Die Ausbildung des Klägers bleibt hinter der Ausbildung eines Tierarztes zurück.
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Zwar hat der Kläger im Rahmen des Vorbereitungslehrgangs an der Tierärztlichen Hochschule A auch Kenntnisse im Rahmen der Beurteilung und Versorgung erkrankter Hufe erlangt. Die Kenntnisse des Klägers erreichen indes nicht die breiten Kenntnisse eines Tierarztes. So beschränkt sich die Fachkunde des Klägers auf die Versorgung von Hufen, während die Ausbildung eines Tierarztes nicht auf die unteren Extremitäten beschränkt ist, sondern die tiermedizinische Behandlung im Allgemeinen umfasst. Nicht nur die Ausbildung, auch das Tätigkeitsbild eines Hufbeschlagschmiedes unterscheidet sich deutlich von demjenigen eines Tierarztes. Der Kläger verfügt zwar über Kenntnisse, um verschiedene Erkrankungen der Hufe festzustellen, trifft selbst jedoch keine abschließende Diagnose, sondern empfiehlt den Tierhaltern lediglich, einen Tierarzt aufzusuchen. Ein Tierarzt verfügt insofern über weitergehende Kenntnisse und ist in der Lage, eine Diagnose selbstständig zu treffen. Die Tätigkeit eines Tierarztes weist auch insoweit eine größere Breite auf, als Tierärzte dazu ausgebildet werden, sämtliche Tiergattungen zu behandeln, während die Tätigkeit des Klägers auf die Behandlung von Klauentieren, insbesondere Pferden, beschränkt ist (vgl. BFH, Urteil vom 26. Oktober 1967 IV 246/63, BStBl II 1968, 77).
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bb) Der Beruf des Hufbeschlagschmiedes ist auch mit dem Beruf des Heilpraktikers nicht vergleichbar. Der Beruf des Heilpraktikers kann zwar auch ohne spezielle Berufsausbildung ausgeübt werden, bedarf im Gegenzug aber einer staatlichen Erlaubnis (§ 1 Abs. 1 des Heilpraktikergesetzes), damit die Kontrolle der Berufsausübung durch die Gesundheitsämter gewährleistet ist. Ist für die Ausübung eines Katalogberufes eine staatliche Erlaubnis erforderlich, ist ein anderer Beruf nur dann ähnlich im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, wenn die Ausübung des anderen Berufs ebenfalls einer staatlichen Erlaubnis bedarf (vgl. BFH, Urteile vom 25. April 2017 VIII R 21/14, BStBl II 2017, 908; vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, BStBl II 2004, 509). Dies gilt insbesondere für eine Vergleichbarkeit mit dem Berufsbild eines Heilpraktikers. Mangels formaler Ausbildungsvoraussetzungen wird dieses Berufsbild ausschließlich durch die Erlaubnispflicht der Berufsausübung und die damit verbundene staatliche Überwachung des Berufsbilds geprägt (vgl. BFH, Urteil vom 28. August 2003 IV R 69/00, BStBl. II 2004, 954).
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Zwar ist die staatliche Anerkennung gemäß § 3 Abs. 1 HufbeschlG Voraussetzung dafür, dass Hufbeschlagschmiede den Hufbeschlag vornehmen dürfen. Aus dem Erfordernis der staatlichen Anerkennung der Hufbeschlagschmiede folgt indes keine staatliche Überwachung etwa durch die Veterinärämter. Anders als Heilpraktiker unterliegen Hufbeschlagschmiede damit keiner staatlichen Aufsicht. Da die staatliche Überwachung wesentliches Merkmal des erlaubnispflichtigen Berufs eines Heilpraktikers ist, kommt eine Vergleichbarkeit nur bei einer vergleichbaren staatlichen Überwachung des zu beurteilenden Berufs in Betracht (vgl. BFH, Urteil vom 29. November 2001 IV R 65/00, BStBl II 2002, 149; vom 28. August 2003 IV R 69/00, BStBl II 2004, 954 und vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, BStBl II 2004, 509). Mangels staatlicher Überwachung ist der Beruf des Hufbeschlagschmiedes nicht dem eines Heilpraktikers vergleichbar, ohne dass zu entscheiden wäre, ob nur Berufe im Bereich der Humanmedizin dem Heilpraktikerberuf ähnlich sein können.
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cc) Es fehlt auch an einer Ähnlichkeit mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten/Physiotherapeuten. Auch insoweit erfordert der ähnliche Beruf die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Die für den vergleichbaren Katalogberuf erforderlichen Kenntnisse müssen nachgewiesen sein; die so qualifizierte Arbeit muss den wesentlichen Teil der gesamten Berufstätigkeit ausmachen und dem ähnlichen Beruf das Gepräge i.S. des Katalogberufs geben. Ist für die Ausübung des Katalogberufs eine Erlaubnis erforderlich, kann eine Ähnlichkeit nur gegeben sein, wenn für die Ausübung des vergleichbaren Berufs ebenfalls eine Erlaubnis erforderlich ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 22. Januar 2004 IV R 51/01, BStBl II 2004, 509, m.w.N.).
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Eine Ähnlichkeit mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten/Physiotherapeuten hat der BFH beispielsweise auch dann angenommen, wenn eine Berufstätigkeit ausgeübt wird, die sich auf einzelne heilkundliche Verrichtungen beschränkt, ohne einer staatlichen Erlaubnis zu bedürfen, der Steuerpflichtige aber über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der Heilhilfsberufe vergleichbar sind. Hiermit soll sowohl dem Erfordernis einer vergleichbaren Ausbildung wie auch dem einer Erlaubnis Genüge getan werden. Es reiche in diesen Fällen aus, wenn die Berufsbezeichnung beispielsweise durch Wettbewerbs- oder Namensrecht geschützt sei. Dies trage dem Umstand Rechnung, dass sich auch Heilhilfsberufe neu entwickelten, ohne dass sogleich eine staatliche Regelung geschaffen werde. Zudem gestalteten sich die staatlichen Regelungen in einzelnen Bundesländern unterschiedlich, was unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung bedenklich sei (BFH, Urteile vom 28. August 2003 IV R 69/00, BStBl II 2004, 954, m.w.N.; vom 20. November 2018 VIII R 26/15, DB 2019, 1005). In Anbetracht dessen hat es der BFH als ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer dem Krankengymnasten/Physiotherapeuten ähnlichen Tätigkeit eines Heileurythmisten angesehen, wenn der Steuerpflichtige bzw. seine Berufsgruppe regelmäßig nach § 124 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches (SGB) V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen sei. Dies folge daraus, dass auch § 124 Abs. 2 SGB V dem Ziel diene, eine fachgerechte Berufsausübung zu gewährleisten. Die Zulassung durch die Krankenkasse gebe einen Anhaltspunkt für die Vergleichbarkeit, da sie sich auf die Erbringung von "Heilmitteln" als Dienstleistung beziehe (BFH, Urteil vom 20. November 2018 VIII R 26/15, DB 2019, 1005).
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An vergleichbaren Kriterien fehlt es aber im Streitfall. Abgesehen davon, dass sich die Zulassungen auf Behandlungen von Menschen und nicht von Tieren beziehen, ist schon die Tätigkeit des Hufbeschlages nicht mit der eines Physiotherapeuten vergleichbar. Wie beim Arzt richtet sich auch die Tätigkeit des Physiotherapeuten auf den gesamten Körper und nicht nur auf einzelne Bereiche. Zudem gibt der "heilende Ansatz" dem Beruf nicht das typische Gepräge, die Tätigkeit dient vielmehr primär dazu, das Pferd mit Hufen zu versorgen, damit es für die Zwecke seines Eigentümers eingesetzt werden kann, sei es für das Reiten oder als Zugpferd, wenn auch unter Beachtung des Tierschutzes. In diesem Sinne hat nach § 4 HufBeschlG die Ausbildung zum Hufbeschlagschmied primär das Ziel, die für die Ausübung einer sach-, fach- und tiergerechten Tätigkeit als Hufbeschlagschmied notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln - unter Beachtung der Anforderungen und Belange der Tiergesundheit und des Tierschutzes. Das bedeutet aber, dass in erster Linie nicht eine therapeutische Tätigkeit i.S. eines Heil- oder Heilhilfsberufes ausgeübt wird, sondern anlässlich der eigentlichen hufschmiedlichen Arbeit dem Tierschutz und der Tiergesundheit Rechnung zu tragen ist. Dass Behörden des Landes Berlin den Hufbeschlagschmied als nichtakademischen Beruf im Gesundheitswesen einordnen, ändert an der steuerrechtlichen Beurteilung nichts.
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dd) Ob der Beruf des Hufbeschlagschmieds demjenigen eines Podologen ähnlich ist, kann dahinstehen. Eine etwaige Ähnlichkeit zum Berufsbild der Podologen führt nicht dazu, dass die Tätigkeit des Klägers als freiberuflich zu qualifizieren wäre. Bei dem Beruf des Podologen handelt es sich nicht um einen Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Bei diesem Berufsbild soll es sich jedoch nach Ansicht der Finanzverwaltung um einen ähnlichen Beruf im Sinne der Vorschrift handeln (vgl. BMF-Schreiben vom 22. Oktober 2004 IV B 2 - S 2246 - 03/04, BStBl I 2004, 1030). Nach Wortlaut und Systematik des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG muss sich die Ähnlichkeit des zu beurteilenden Berufes indes auf einen der genannten Katalogberufe beziehen. Die Vergleichbarkeit mit einem anderen nach Auffassung der Finanzverwaltung ähnlichen Beruf im Sinne der Vorschrift ist demnach nicht ausreichend für die Qualifikation der Tätigkeit eines Hufbeschlagschmiedes als freiberufliche Tätigkeit.
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ee) Der Kläger kann schließlich auch nichts daraus herleiten, dass möglicherweise in einzelnen Fällen Hufbeschlagschmiede von den zuständigen Finanzbehörden unbeanstandet freiberufliche Einkünfte erklären. Denn eine aus Sicht des Senats nicht rechtmäßige Behandlung gewährt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.
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- FGO § 100 1x
- 1967 IV 246/63 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 VIII R 18/11 1x (nicht zugeordnet)
- 2017 VIII R 24/14 1x (nicht zugeordnet)
- 2009 VIII R 63/06 1x (nicht zugeordnet)
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