Urteil vom Finanzgericht Hamburg (3. Senat) - 3 K 227/17
Tatbestand
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Streitig ist das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht bei einer ausländischen Familienstiftung.
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Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2006 zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr einen Gewinn aus der Veräußerung von Aktien der A AG in Höhe von ... €. Am 26. Oktober 2006 wandte sich der Kläger an den in der Kanzlei B tätigen Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. C und beauftragte ihn nach mehreren Beratungsgesprächen mit der Gründung einer ausländischen Familienstiftung und einer Kapitalanlage in Form des Erwerbs einer kreditfinanzierten Schuldverschreibung durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft.
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Mit Gründungsurkunde vom ... Dezember 2006 errichtete der Kläger die D Stiftung (im Folgenden: die Stiftung) mit Sitz in E, F. Das Stiftungskapital belief sich auf ... CHF. Mitglieder des Stiftungsrates waren zwei ... Rechtsanwälte, zum Protektor wurde Herr G, der Schwiegersohn der Kläger, bestellt. Nach Art. 3 der Statuten bezweckte die Stiftung die Verwaltung des Stiftungsvermögens einschließlich der Beteiligung an in- und ausländischen Personengesellschaften, sowie die Ausrichtung von Zuwendungen an den Stifter bzw. Familienmitglieder des Stifters sowie an gemeinnützige Einrichtungen. Bezugs- und Anfallberechtigte waren der Kläger zu 90 %, im Falle seines Todes die Klägerin, und gemeinnützige Einrichtungen zu 10 %.
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Mit Vertrag vom ... Dezember 2006 gewährte der Kläger der Stiftung ein Darlehen über ... € mit einer - endfälligen - Verzinsung von 4,05 % zum Zweck des Erwerbs einer Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft, die eine fremdfinanzierte, speziell entwickelte Schuldverschreibung erwerben sollte. Das Darlehen war bis zum 31. Dezember 2007 befristet und verlängerte sich danach automatisch um jeweils ein halbes Jahr, wenn es nicht gekündigt wurde.
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Mit Vertrag vom ... Januar 2007 gewährte der Kläger der Stiftung einen Abrufkredit von bis zu ... € mit einer ebenfalls endfälligen Verzinsung von 6,05 % zur Deckung sämtlicher Kosten im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Kommanditgesellschaft.
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Die Stiftung beteiligte sich am ... Dezember 2006 als Kommanditistin mit einem Kapital von ... € an der als Vorratsgesellschaft gegründeten H GmbH & Co. KG, die gleichzeitig umfirmierte in J GmbH & Co. KG (im Folgenden: die KG) und ihren Sitz nach K verlegte. Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung wurde die L GmbH, weitere Kommanditisten Herr M und Herr G mit Kapitalanteilen von je ... €. Die Geschäftsführungsbefugnis stand ausschließlich Herrn M zu.
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Mit Vertrag vom ... Dezember 2006 erwarb die KG eine Schuldverschreibung der N-Bank mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einem Nominalbetrag von ... €. Die Schuldverschreibung wurde mit einem festen Zinssatz von 4,1 % verzinst. Die festen Zinsen in Höhe von ... € jährlich waren nachschüssig am 22. Dezember eines Jahres fällig. Bei Ablauf der Schuldverschreibung am 22. Dezember 2016 war ein fester Zins in Höhe von ... € zu zahlen sowie zusätzlich ein endfälliger, an den xxx gekoppelter und damit variabler Bonuszins.
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Zur Finanzierung nahm die KG mit Vertrag vom ... Dezember 2006 bei der O (...) ein Darlehen über nominal ... € auf, das auf zehn Jahre befristet war und nach Abzug eines Disagios von 5 % (... €) am ... Dezember 2006 in Höhe von ... € unmittelbar an die N-Bank ausgezahlt wurde. Zinsen waren erstmalig vorschüssig am ... Dezember 2006 in Höhe von ... € zu zahlen sowie in der Folgezeit in Höhe von ... € p.a. Die Darlehensrückzahlung in Höhe des Nominalbetrages war am 22. Dezember 2016 fällig.
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In einer auf den 15. Januar 2007 datierten Prognoseberechnung (...) wurden die steuerlichen Ergebnisse des Investments in die Schuldverschreibung für die KG, die Stiftung und den Kläger berechnet. Zu den für 2016 prognostizierten Zinseinnahmen in Höhe von insgesamt ... € (einschließlich eines prognostizierten Bonuszinses von ... €) hieß es dort:
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Ergebniszuweisung an D-Familienstiftung von KG (ab 2012 über zwischengeschaltetes Offshore-SPV = Special Purpose Vehicle): ... €
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Im Rahmen des steuerlichen Ergebnisses der Stiftung wurden für 2016 folgende Positionen aufgeführt:
Ausschüttung von Offshore-SPV:
... €
§ 8b (1) KStG Kürzung um erhaltene Dividenden:
... €
§ 8b (5) KStG 5 % der Dividenden gelten
als nicht abziehbare Betriebsausgaben:
… €
Steuerliches Ergebnis der D-Familienstiftung
(gem. § 15 (1) AStG dem Stifter zuzurechnen): ./.
... €
(...)
Zinserträge aus Darlehensgewährung an
D-Familienstiftung (...):
... €
Steuerliches Ergebnis des Stifters (...):
... €
- 12
Als steuerliches Gesamtergebnis des Klägers bis einschließlich 2017 wurde der Betrag von ./. ... € angegeben. Auf den weiteren Inhalt der Prognoseberechnung wird Bezug genommen.
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Mit Vertrag vom ... Oktober 2008 brachte die Stiftung ihren Kommanditanteil an der KG im Wege einer verdeckten Einlage mit Wirkung auf den 31. Dezember 2008 in die am ... Oktober 2008 gegründete P (...) ein, deren alleinige Gesellschafterin sie war. Die P hatte ihren Sitz zunächst auf den Q und später auf R.
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Wegen der in 2016 nach Ablauf der Schuldverschreibung vorgenommenen Zahlungen und Aufrechnungen wird auf die von den Klägern eingereichte Übersicht Bezug genommen (...).
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Die KG reichte beim Finanzamt K für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften ein und erklärte hierin die in 2006 vorschüssig an die O (...) zu zahlenden Darlehenszinsen in Höhe von ... € sowie das Disagio in Höhe von ... € (insgesamt ... €) als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen. Hiervon sollte ein Anteil von ... € auf die Stiftung bzw. den Kläger entfallen.
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Das Finanzamt K erließ gegenüber der KG am 5. Februar 2008 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006, in dem es lediglich Werbungskosten in Höhe von ... € feststellte und diese Herrn G und Herrn M zurechnete. Hiergegen legte die KG Einspruch ein und beantragte, den Kläger in den Feststellungsbescheid aufzunehmen und ihm das auf die Stiftung entfallende negative Einkommen zuzurechnen. Ferner beantragte die KG die Aussetzung der Vollziehung (AdV), die das Finanzamt K ablehnte. Nachdem das FG Baden-Württemberg die AdV des Feststellungsbescheides mit Beschluss vom 24. November 2008 (Az. 13 V 4605/08) zunächst gewährt hatte, hob der BFH in einem Parallelverfahren die dort vom FG Baden-Württemberg ebenfalls gewährte AdV (Beschluss vom 19. November 2008, 13 V 3428/08) mit Beschluss vom 8. April 2009 (Az. I B 223/08) auf und gewährte die AdV nur in Bezug auf die Einbeziehung der dortigen Stiftung in den Feststellungsbescheid.
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In der am 27. Dezember 2007 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb u.a. einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € sowie negative Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen aus der Stiftungsbeteiligung in Höhe von insgesamt ... €.
- 18
Mit Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 7. April 2008 setzte der Beklagte die Einkommensteuer gegenüber den Klägern unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ... € fest, ohne die erklärten negativen Kapitaleinkünfte aus der Stiftung zu berücksichtigen.
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Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 24. April 2008 Einspruch ein. Im Anschluss wurde der angefochtene Einkommensteuerbescheid mehrfach in anderen Punkten geändert, zuletzt mit Bescheid vom 30. März 2016, in dem die Einkommensteuer auf ... € festgesetzt wurde. Bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb setzte der Beklagte u.a. den erklärten Veräußerungsgewinn in Höhe von ... € an.
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Die Kläger reichten mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 die Gründungsunterlagen für die Stiftung, die Darlehensverträge mit dem Kläger, den Einbringungsvertrag mit der P und eine Liquiditäts- und Ergebnisprognose für die Jahre 2006 bis 2016 ein, in der als "Steuerliches Ergebnis der KG (der D-Familienstiftung bzw. ab 2012 zwischengeschalteten Offshore-SPV zuzuweisen)" für 2006 der Betrag von ./. ... €, für die darauffolgenden Jahre jeweils ./. ...€ und für 2016 der Betrag von ... € ausgewiesen wurde (...). Das Finanzamt S übersandte dem Beklagten im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 1. März 2010 anonymisierte Unterlagen in einem parallel gelagerten Fall, nämlich das Anschreiben des dort ebenfalls beauftragten Steuerberaters Dr. C vom 21. Januar 2010 nebst Anlagen betreffend die dort gegründete GmbH & Co. KG, die Gründung einer ausländischen Familienstiftung, die Gewährung von Darlehen an die Stiftung, die spätere Einbringung der KG-Beteiligung in eine Kapitalgesellschaft mit Sitz auf den Q und eine Liquiditäts- und Ergebnisprognose für die Jahre 2006 bis 2016; die Abfassung dieser Vereinbarungen und die Prognose (...) sind weitgehend wortgleich mit den Vereinbarungen und der Prognose des Streitfalls.
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Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst bis zur Entscheidung des BFH vom 13. Mai 2013 im Verfahren I R 39/11. Die vom Beklagten angeregte weitere Verfahrensruhe bis zur Entscheidung des BFH im Verfahren I R 2/16 betreffend das beim Finanzamt S anhängige Verfahren lehnten die Kläger ab.
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Im Zusammenhang mit der Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2016 teilten die Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2018 mit, dass in 2016 hinsichtlich der Stiftung keine dem Kläger unmittelbar zuzurechnenden Einkünfte angefallen und Auszahlungen aus der als intransparent i.S. des § 15 Abs. 6 des Außensteuergesetzes (AStG) anzusehenden Stiftung ebenfalls nicht vorgenommen worden seien. Die Stiftung habe ihre Beteiligung an der P in 2016 veräußert und sei in 2017 aufgelöst worden. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 reichten die Kläger die Einkommensteuererklärung für 2017 ein und wiesen darauf hin, dass die Stiftung auch in 2017 keine Zahlungen an den Kläger geleistet habe. Wesentlicher Grund für die wider Erwarten ausgebliebenen Zahlungen sei, dass das von der Stiftung im Streitjahr eingegangene Investment in die Schuldverschreibung wirtschaftlich nicht so erfolgreich gewesen sei wie erwartet.
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Die Kläger haben am 27. September 2017 (Untätigkeits-) Klage erhoben. Mit Beschluss vom 31. Januar 2018 hat das Gericht das Verfahren zunächst bis zum 31. Mai 2018 ausgesetzt und die Aussetzung mit weiterem Beschluss vom 15. Mai 2018 bis zum 31. August 2018 verlängert.
- 24
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. August 2018 hat der Beklagte die Einkommensteuer für 2003 auf ... € aus anderen Gründen herabgesetzt und den Einspruch der Kläger im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die erklärten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen seien mangels Einkünfteerzielungsabsicht auf der Ebene der Stiftung nicht zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass bereits im Zeitpunkt des Erwerbs der Schuldverschreibung durch die KG die spätere Übertragung des KG-Anteils auf eine in einem Niedrigsteuerland ansässige Kapitalgesellschaft geplant gewesen sei. Die ergebe sich aus der im Einspruchsverfahren eingereichten Ergebnisprognose und der dort vorgesehenen Zuweisung des steuerlichen Ergebnisses an ein zwischengeschaltetes "Offshore-SPV". Die Erträge aus der Schuldverschreibung hätten der P zugewiesen werden sollen mit der Folge, dass sie bei Ausschüttung an die Stiftung gemäß § 8b Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) steuerfrei wären, während die im Erstjahr entstehenden hohen ausgleichsfähigen Verluste durch die Stiftung erzielt und dem Kläger über § 15 AStG zugerechnet worden wären, um seine positiven Einkünfte auszugleichen. Der für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht relevante Prognosezeitraum ende daher in 2012 mit der in diesem Jahr geplanten Übertragung der KG-Anteile auf die Gesellschaft im Niedrigsteuerland. Unabhängig davon komme die Hinzurechnung eines negativen Einkommens auf Stiftungsebene beim Kläger nach der gemäß § 21 Abs. 18 Satz 2 AStG auch im Streitjahr anwendbaren Regelung des § 15 Abs. 7 Satz 1 AStG nicht in Betracht. Diese Regelung beinhalte keine verfassungswidrige Rückwirkung, weil sie die zuvor bestehende Rechtslage lediglich klarstelle.
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Die Kläger tragen zur Begründung der Klage vor:
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Da es sich bei der Stiftung um eine ausländische Familienstiftung handele, sei deren Einkommen dem Kläger gemäß § 15 Abs. 1 AStG in der Fassung vom 8. September 1972 (a.F.; geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2013, BGBl I 2013, 1809, mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013) zuzurechnen. Die Zurechnung erfasse nach herrschender Meinung auch ein negatives Einkommen.
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Die einschränkende Regelung des § 15 Abs. 7 Satz 2 AStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. Dezember 2008 (n.F.) finde im Streitjahr keine Anwendung, weil die in § 21 Abs. 18 Satz 1 AStG n.F. angeordnete Rückwirkung für alle offenen Fälle verfassungswidrig sei. In Bezug auf das Streitjahr handele es sich um eine sog. echte Rückwirkung, die verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig sei. Die Neuregelung beinhalte nicht lediglich eine Klarstellung, die ausnahmsweise zulässig wäre, sondern eine konstitutiv wirkende Gesetzesänderung (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 14. November 2012, 10 K 625/08; FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. November 2008, 13 V 3428/08).
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Die Zurechnung scheitere ebenso wenig an der Vorschrift des § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG), die bereits nach ihrem Wortlaut keine Anwendung finde, weil sie sich auf negative Einkünfte des Steuerpflichtigen beziehe und nicht auf ein ihm zugerechnetes negatives Einkommen (vgl. FG Bremen, Urteil vom 11. November 2015, 1 K 91/13 (5)). Im Übrigen liege auch kein vorgefertigtes Konzept i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vor. Der Kläger habe unmittelbaren Einfluss sowohl auf die konkrete Ausgestaltung der Verträge als auch auf einzelne Parameter der Investition nehmen können, wie z.B. hinsichtlich des Referenzindexes für den Bonuszins.
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Im Zeitpunkt der Investition in die Schuldverschreibung habe die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht vorgelegen. Die Ergebnisprognose sei insgesamt positiv. Eine Verkürzung des Prognosezeitraums auf die Zeit bis zur Einlage der Beteiligung an der KG in die P käme selbst dann nicht in Frage, wenn diese von Anfang an beabsichtigt gewesen wäre. Dabei komme es nicht darauf an, ob sie, die Kläger, bei Auslaufen des Investments tatsächlich positive Erträge zu versteuern gehabt hätten; diese Frage hänge davon ab, ob § 15 AStG im Lichte des mit F getroffenen Auskunftsabkommens anwendbar sei oder nicht. Dieses erst deutlich später in Kraft getretene Abkommen spiele für das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht im Streitjahr jedoch keine Rolle. Nach damaliger Rechtslage wären die Erträge bei Ablauf der Schuldverschreibung durch sie, die Kläger, zu versteuern gewesen.
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Dabei sei es ohne Belang, ob der prognostizierte Überschuss im Inland oder im niedrig besteuerten Ausland anfalle und ob prognostizierte Einnahmen nach § 8b KStG steuerfrei seien.
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Zudem sei das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge rechtssubjektübergreifend zu prüfen. Das gelte nicht nur für natürliche, sondern auch für juristische Personen. Soweit der BFH im Urteil vom 18. April 2018 (I R 2/16) eine andere Auffassung vertreten habe, beruhe dies auf besonderen Umständen des Entscheidungssachverhalts, die im vorliegenden Fall nicht gegeben seien.
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Anders als in dem dort zu entscheidenden Fall sei die Einlage der KG-Beteiligung in die Offshore-Gesellschaft nicht von vornherein geplant gewesen. Die Beteiligung sei in die P eingelegt worden, um die negativen steuerlichen Folgen der ab 2009 geltenden Abgeltungsteuer, nämlich die Versagung des Werbungskostenabzuges, zu vermeiden. Der Kläger sei im Rahmen der rechtlichen Beratung vor Eingehung des Investments sowohl auf die möglichen Folgen der Einführung der Abgeltungsteuer als auch auf die Möglichkeit, den wirtschaftlichen Nachteilen durch die Implementierung einer Zwischengesellschaft zu begegnen, hingewiesen worden. Die Entscheidung, ob und in welcher Form später eine Gesellschaft zwischengeschaltet werde, sei jedoch nicht bereits bei Eingehung des Investments gefallen, sondern erst nachdem die Einführung der Abgeltungsteuer zum 1. Januar 2009 in der zweiten Hälfte des Jahres 2007 beschlossen worden sei. Die vermutlich am 15. Januar 2007 erstellte Prognoseberechnung (...) enthalte - anders als noch die auf Beispielszahlen basierende Berechnung vom 28. November 2006 (...) - die Zwischenschaltung eines Offshore-SPV, und zwar quasi als Platzhalter willkürlich für das Jahr 2012, weil noch nicht bekannt gewesen sei, ob und ggf. wann die Abgeltungsteuer eingeführt und wie sie konkret ausgestaltet werden würde.
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Wäre die Abgeltungsteuer nicht oder anders eingeführt worden, wäre die Einlage der KG-Beteiligung in eine Offshore-Kapitalgesellschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unterblieben, da bereits absehbar gewesen sei, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2013 der steuerliche Effekt, bzgl. einer Auslandsstiftung § 8b KStG anwenden zu können, wegen der Änderung des § 15 AStG nicht mehr hätte eintreten können. Allein diese Gesetzesänderung veranschauliche, dass aufgrund der erfahrungsgemäß sehr häufigen Steuergesetzänderungen im Streitjahr keine finale Entscheidung darüber getroffen worden sei bzw. habe getroffen werden können, ob und ggf. welche Anpassungen der Struktur im Laufe der Zeit erforderlich sein würden.
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Da nach damals überwiegend vertretener Rechtsauffassung die unentgeltliche Übertragung einer Kapitalanlage auf einen Rechtsnachfolger nicht zu einer Verkürzung des Prognosezeitraums für die Einkünfteerzielungsabsicht geführt habe, hätte die Offshore-Gesellschaft sogleich eingeschaltet werden können. Dass dies nicht geschehen sei, spreche gegen eine entsprechende, von Anfang an bestehende Absicht.
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Von der an sich bereits im Streitjahr möglichen Einschaltung einer Offshore-Gesellschaft sei seinerzeit daher abgesehen worden.
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Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die konkrete Entscheidung über eine Veränderung der Investitionsstruktur nicht bei den seinerzeitigen Beratern, sondern ausschließlich bei den für die Stiftung handelnden Personen bzw. bei dem Kläger als Investor gelegen habe.
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Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 30. März 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. August 2018 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ./. ... € berücksichtigt werden.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt vor, dass die rechtliche Beurteilung des BFH im Verfahren I R 2/16 auch im vorliegenden Fall gelte. So sei die beratende Kanzlei im dortigen Fall identisch mit der hiesigen gewesen. Auch seien weite Vertragsteile wortgleich verfasst worden. Vor allem seien in beiden Fällen von der Aufmachung her nahezu identische Liquiditäts- und Ergebnisprognosen eingereicht worden, aus denen hervorgehe, dass das steuerliche Ergebnis der KG ab 2009 einem zwischengeschalteten Offshore-SPV habe zugewiesen werden sollen. Im Übrigen sei die Einführung der Abgeltungsteuer bereits im Streitjahr relativ sicher gewesen.
...
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
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Die Klage ist zulässig.
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1. Dabei kann offen bleiben, ob bei Klageerhebung die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als Ausnahme zu dem nach § 44 Abs. 1 FGO für die Zulässigkeit einer Klage grundsätzlich erforderlichen Abschluss des Vorverfahrens vorgelegen haben. Denn bei letzterem handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die erst bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegeben sein muss. Wird eine Klage vor Abschluss des Vorverfahrens erhoben, ist sie auch dann zulässig, wenn die Einspruchsentscheidung während des Klageverfahrens ergeht (BFH, Urteile vom 24. Mai 2012, III R 95/08, BFH/NV 2012, 1658; vom 17. Mai 1985, III R 213/82, BStBl II 1985, 521; FG Köln, Urteil vom 22. November 2018, 4 K 2652/17, EFG 2019, 480).
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2. Vorliegend hat der Beklagte während des Klageverfahrens am 29. August 2018 die Einspruchsentscheidung erlassen und den Einspruch der Klägerin hierin weitgehend als unbegründet zurückgewiesen.
II.
- 44
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die erklärten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen zu Recht nicht berücksichtigt, weil es an der hierfür erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehlt.
- 46
1. a) aa) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. wird für Zwecke der Einkommensteuer das Einkommen einer Familienstiftung i.S. des § 15 Abs. 2 AStG, die sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung im Ausland hat, dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter zugerechnet.
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bb) Die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG a.F. setzt voraus, dass die Familienstiftung ein entsprechendes Einkommen im steuerrechtlichen Sinn erzielt (BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; Urteil vom 22. Dezember 2010, I R 84/09, BStBl II 2014, 361; Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Denn die Vorschrift regelt nur die Zurechnung des Einkommens, nicht aber die - vorgelagerte - Frage der Erzielung von Einkünften. Unter Einkommen i.S. des § 15 Abs. 1 AStG a.F. ist dabei dasjenige Einkommen zu verstehen, das sich bei unterstellter unbeschränkter Steuerpflicht der Familienstiftung ergeben würde. Dies entspricht der Überlegung, dass das Einkommen der Familienstiftung dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder Bezugsberechtigten zuzurechnen ist und dieser sodann nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht besteuert wird. Demgemäß besteht das Einkommen i.S. von § 15 Abs. 1 AStG a.F. aus den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG und den in § 2 Abs. 3 und 4 EStG genannten Abzugsbeträgen; eine Einkommenszurechnung gemäß § 15 Abs. 1 AStG a.F. kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn die Familienstiftung Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 EStG erzielt (BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567).
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b) Bei der in E (F) ansässigen Stiftung im Streitfall, deren Geschäftsleitung - der Stiftungsrat - sich ebenfalls in E befindet, handelt es sich um eine ausländische Familienstiftung in diesem Sinne. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei ihr um eine sog. kontrollierte Stiftung handeln könnte (vgl. dazu BFH, Urteil vom 22. Dezember 2010, I R 84/09, BStBl II 2014, 361), ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag der Beteiligten.
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2. Im Streitfall wären die Einkünfte aus der Schuldverschreibung der N-Bank, wenn es sich dabei um steuerlich relevante Einkünfte handelte, der Stiftung als Kommanditistin der KG zuzurechnen. Denn bei der KG handelt es sich um eine vermögensverwaltende und nicht um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG, weil die Geschäftsführung allein dem weiteren Kommanditisten Herrn M oblag. Kapitalanlagen sowie die daraus erzielten Kapitaleinkünfte sind bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) aber den Gesamthändern zuzurechnen (vgl. zur sog. Bruchteilsbetrachtung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften BFH, Urteil vom 26. April 2012, IV R 44/09, BStBl II 2013, 142). Deshalb müssen die Voraussetzungen der Einkünfteerzielungsabsicht (dazu unten unter 4.) auf der Ebene der Stiftung geprüft werden (vgl. BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; Dornheim, DStZ 2013, 306, 311; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 15 AStG Rz. 201 ff.).
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3. Bei Einkünften aus einer Schuldverschreibung, wie sie vorliegend durch die KG erworben wurde, handelt es sich der Art nach um solche aus Kapitalvermögen. Aus § 8 Abs. 2 KStG ergibt sich nichts anderes, weil die Norm auf die in F ansässige Stiftung nicht anwendbar ist (BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; Dornheim, DStZ 2013, 312; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 15 AStG Rz. 203).
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4. Die Berücksichtigung des von den Klägern erklärten Verlustes aus Kapitalvermögen scheitert jedoch am Fehlen einer Überschusserzielungsabsicht.
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a) aa) Die Absicht zur Erzielung von Kapitaleinkünften setzt das Streben des Steuerpflichtigen voraus, durch die Vermögensnutzung ein positives Ergebnis, d.h. einen (Total-)Überschuss der (steuerpflichtigen) Kapitaleinnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Maßgebend ist dabei das Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung; nichtsteuerbare und steuerfreie Veräußerungsgewinne bleiben allerdings außer Betracht (Großer Senat des BFH, Beschluss vom 25. Juni 1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, m.w.N.).
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bb) Ob der Steuerpflichtige eine Überschusserzielungsabsicht hatte, lässt sich als innere Tatsache nicht anhand seiner Erklärungen, sondern nur aufgrund äußerer Umstände feststellen (BFH, Urteile vom 30. Oktober 2014, IV R 34/11, BStBl II 2015, 380; vom 2. Juli 2008, XI R 60/06, BStBl II 2009, 167; vom 31. Juli 2002, X R 48/99, BStBl II 2003, 282). Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, ob die Betätigung bei objektiver Betrachtung nach ihrer Art, ihrer Gestaltung und den gegebenen Ertragsaussichten einen Totalüberschuss erwarten lässt (BFH, Urteile vom 2. Juli 2008, XI R 59/06, HFR 2009, 390; vom 27. Januar 2000, IV R 33/99, BStBl II 2000, 227). Maßgebend ist insoweit die unter Heranziehung aller objektiven Umstände zu treffende Prognose über erstens die voraussichtliche Dauer der Vermögensnutzung, d.h. die mutmaßliche Zeitspanne des Haltens der (konkreten) Kapitalanlage, zweitens die in dieser Zeitspanne voraussichtlich erzielten steuerpflichtigen Erträge und drittens die in dieser Zeitspanne voraussichtlich anfallenden Erwerbsaufwendungen (BFH, Urteil vom 28. Oktober 1999, VIII R 7/97, BFH/NV 2000, 564). Dabei ist die Einkünfteerzielungsabsicht für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu beurteilen (BFH, Urteil vom 19. November 2014, VIII R 23/11, juris; Beschluss vom 14. Mai 2014, VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883). Ist aufgrund einer solchen Prognose nicht zu erwarten, dass der Steuerpflichtige das Anlageobjekt längerfristig nutzen wird und auf die Dauer der Vermögensnutzung gesehen ein - wenn auch bescheidenes - positives Gesamtergebnis erzielen kann, so ist die Überschusserzielungsabsicht zu verneinen (BFH, Urteil vom 14. September 1994, IX R 71/93, BStBl II 1995, 116). Der Steuerpflichtige trägt die Feststellungslast für das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht (FG Hamburg, Urteile vom 8. Dezember 2015, 6 K 184/12, EFG 2016, 367; vom 25. April 2013, 2 K 142/12, juris).
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cc) Nach dem Grundsatz der Individualbesteuerung hat sich die Überschussprognose auch bei unentgeltlicher Übertragung einer Einkunftsquelle regelmäßig an der Nutzung des Vermögensgegenstandes durch den Steuerpflichtigen zu orientieren (BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; Dornheim, DStZ 2013, 306; kritisch Stöber, FR 2017, 801). Die Einkommensteuer ist eine Personensteuer. Sie erfasst die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person und wird daher vom Grundsatz der Individualbesteuerung sowie demjenigen der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht. Die personale Anknüpfung der Einkommensteuer garantiert die Verwirklichung des verfassungsrechtlich fundierten Gebots der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; demgemäß ist grundsätzlich die einzelne natürliche Person Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG; Großer Senat des BFH, Beschluss vom 17. Dezember 2007, GrS 2/04, BStBl II 2008, 608; BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567).
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dd) Soweit die Rechtsprechung den Grundsatz der Individualbesteuerung durchbrochen und bei der Prognose ausnahmsweise auch die Nutzung durch einen (unentgeltlichen) Rechtsnachfolger berücksichtigt hat, handelt es sich um begrenzte Ausnahmefälle (z.B. bei Generationenbetrieben in der Land- und Forstwirtschaft, BFH, Urteil vom 23. Oktober 2018, VI R 5/17, BFH/NV 2019, 225; zu weiteren Ausnahmen BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567), die auf die Konstellation im Streitfall nicht zu übertragen sind (vgl. BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567).
- 56
ee) Ist daher bereits bei Eingehung des Investments in eine Kapitalanlage geplant, die Einkunftsquelle vor dem Eintreten positiver Einkünfte unentgeltlich auf eine - im niedrig besteuerten Ausland ansässige - Kapitalgesellschaft zu übertragen, ist der Prognosezeitraum auf die Zeit bis zu der geplanten Übertragung zu begrenzen mit der Folge, dass eine Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen ist (BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; vgl. zu ähnlichen Konstellationen Niedersächsisches FG, Urteil vom 9. November 2004, 12 K 383/98, EFG 2005, 770; FG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2007, 7 K 2177/04 F, EFG 2008, 377).
- 57
ff) Nichts anderes folgt aus den Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG. Denn die Hinzurechnungsbesteuerung kann bezogen auf die Einkünfte der P auf der Ebene der im Inland nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Stiftung nicht zu steuerpflichtigen Einkünften führen. Außerdem würde die Anwendung der genannten Normen im Verhältnis der P zum Kläger nichts daran ändern, dass die Stiftung selbst Subjekt der Einkünfteerzielung und Einkommensermittlung nach § 15 AStG a.F. ist (vgl. BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567; Dornheim, DStZ 2013, 306). Hieraus folgt des Weiteren: Selbst wenn bei der sog. Schattenveranlagung der Stiftung nach § 15 Abs. 1 AStG a.F. ab 2008 - dem Jahr der Übertragung der KG-Anteile - der Stiftung die Einkünfte der P zuzurechnen gewesen sein sollten, wäre insoweit der Prognosezeitraum für die Prüfung der Absicht der Stiftung, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nicht zu verlängern. Die Hinzurechnung dient insoweit lediglich der Kompensation der Abschirmwirkung einer ausländischen Zwischengesellschaft, sie kann aber nicht dazu führen, bei der unentgeltlichen Übertragung einer Einkunftsquelle auf eine ausländische Zwischengesellschaft den Prognosezeitraum auf den Zeitraum der Nutzung der Einkunftsquelle durch den Rechtsnachfolger auszudehnen (vgl. BFH, Beschluss vom 18. April 2018, I R 2/16, BStBl II 2018, 567).
- 58
b) Im Streitfall ist dem Beklagten darin zu folgen, dass sich wegen der von Anfang an geplanten Übertragung der KG-Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft im niedrig besteuerten Ausland der Prognosezeitraum lediglich auf die Zeit bis maximal 2012 erstreckt mit der Folge, dass die erst in 2016 zu erwartenden Zinseinkünfte in die Prognose nicht einzubeziehen sind und vom Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht nicht ausgegangen werden kann.
- 59
aa) Dass die Zwischenschaltung einer Offshore-Gesellschaft vor 2016 von Anfang an geplant gewesen wäre, hat die durchgeführte Beweisaufnahme zwar nicht ergeben. Jedoch ist auch das Gegenteil nicht erwiesen worden.
- 60
(1) So hat der Zeuge G, der als Kommanditist mit einem Zwerganteil an der KG beteiligt und für die Stiftung als Protektor tätig war, in seiner Vernehmung ausgesagt, dass er im Streitjahr noch nichts von einer Abgeltungsteuer und einer zwischenzuschaltenden Gesellschaft gehört habe. Da er aber ebenfalls ausgesagt hat, dass er in die anfänglichen Überlegungen bei der Planung des Investments nicht involviert gewesen sei, ist seine Aussage insoweit nicht ergiebig.
- 61
(2) Die Aussage des Zeugen M war in Bezug auf das Beweisthema, ob die Zwischenschaltung einer Offshore-Gesellschaft im Streitjahr bereits geplant war, ebenso wenig ergiebig. Zum einen war der Zeuge nicht auf der Ebene der Stiftung tätig und zum anderen war er nach eigenem Bekunden in die Erstellung der Prognoseberechnungen nicht eingebunden.
- 62
(3) Der Zeuge T war bei einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Berater Dr. C im Vorfeld des Investments Ende 2006 zwar zugegen, hatte aber keine konkrete Erinnerung daran, ob und ggf. mit welchem Inhalt dabei über spätere Anpassungen der Struktur und über die Folgen einer Abgeltungsteuer gesprochen wurde.
- 63
bb) Dass die Übertragung bereits bei Eingehung des Investments im Streitjahr geplant war, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aber aus den vorliegenden Indizien, insbesondere aus den von den Klägern im Einspruchs- und im Klageverfahren eingereichten "Liquiditäts- und Ergebnisprognosen" (...). So wird in der im Klageverfahren eingereichten Prognose gleich an mehreren Stellen das "Offshore-SPV" aufgeführt, das ab 2012 zwischengeschaltet werden und dem die erstmalig in 2016 zu erwartenden positiven Einkünfte zugewiesen werden sollten. Dass die Planung bzgl. der Einschaltung einer Offshore-Gesellschaft im Streitjahr schon weit gediehen war, zeigt sich daran, dass in der Prognoseberechnung gemäß Anlage K 3b u.a. folgende Positionen aufgeführt sind: "Darlehensgewährung durch Stifter zwecks Finanzierung Kosten des Offshore-SPV", "Einlagen in Offshore-SPV zur Deckung der laufenden (nicht abziehbaren) Kosten, geschätzt" und "Zinsaufwendungen i. Z. m. Finanzierung Einlagen in Offshore-SPV, fällig am Ende der Laufzeit". Hätte es sich lediglich um eine mögliche Absicherung für den Fall der seinerzeit noch ungewissen Einführung der Abgeltungsteuer gehandelt, hätte keine Notwendigkeit bestanden, die in dem "Offshore-SPV" anfallenden Aufwendungen und deren Finanzierung bereits konkret zu kalkulieren.
- 64
Zwar weist die im Einspruchsverfahren eingereichte Übersicht als Datum den 15. Dezember 2009 aus und die Anlage K 3b den 15. Januar 2007. Der Senat geht aber davon aus, dass die Dateien bereits vor Erwerb der Kapitalanlage in 2006 erstellt und zu den angegebenen Daten lediglich aufgerufen, bearbeitet, nochmals gespeichert oder ausgedruckt wurden. Dafür spricht, dass Ergebnisprognosen sinnvollerweise als Grundlagen für eine Investmententscheidung erstellt werden und nicht erst, nachdem die Entscheidung bereits endgültig getroffen wurde. Vor allem aber wäre nicht erklärlich, aus welchem Grunde in 2009 eine weitere Prognose hätte erstellt werden sollen, nachdem sämtliche Verträge geschlossen und die KG-Beteiligung sogar bereits auf die P übertragen worden war. Dementsprechend tragen auch die Kläger vor, dass die Prognosen zu den genannten Daten ggf. erst abgespeichert bzw. verändert worden seien.
- 65
cc) Soweit die Kläger vortragen, der Streitfall unterscheide sich von dem dem BFH-Beschluss vom 18. April 2018 (I R 2/16, BStBl II 2018, 567) zugrunde liegenden Sachverhalt, weil die Übertragung auf die Offshore-Gesellschaft vorliegend nicht von Anfang an beabsichtigt, sondern nur für den - seinerzeit noch nicht absehbaren - Fall der Einführung der Abgeltungsteuer erwogen worden sei, ist dem nicht zu folgen. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass die Übertragung auf eine Offshore-Gesellschaft, die das FG Bremen in der ersten Instanz (mit Urteil vom 11. November 2015, 1 K 91/13 (5), EFG 2016, 182) als von vornherein beabsichtigt angesehen hat, auch im Streitfall bereits von Anfang an geplant war. Denn der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass im dortigen Fall derselbe Berater tätig war, der die gesamte Gestaltung geplant hatte, und dass diese Gestaltung mit der vorliegenden - lediglich mit Ausnahme der konkreten Schuldverschreibung und der konkreten Vertragspartner - bis hin zur Abfassung der jeweiligen Verträge und der optischen und inhaltlichen Ausgestaltung der Ergebnisprognose nahezu identisch war. Es wäre unrealistisch anzunehmen, dass die Übertragung im dortigen Fall beabsichtigt bzw. geplant war und im hiesigen lediglich erwogen wurde. Auch wenn es maßgeblich auf die auf Ebene der Stiftung bestehenden Planungen und Absichten ankommt (s. oben unter 2.), ist davon auszugehen, dass die Planung des Beraters vom Kläger insgesamt übernommen wurde, der als Stifter sowie über den Protektor der Stiftung, seinen Schwiegersohn, maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung auf Ebene der Stiftung hatte.
- 66
dd) Gegen den Vortrag des Klägers, Zweck der Einschaltung der Offshore-Gesellschaft sei allein die Vermeidung der negativen steuerlichen Folgen der Abgeltungsteuer gewesen, spricht zudem, dass nach seinem Vortrag über andere und deutlich weniger aufwändige Gestaltungsmöglichkeiten wie etwa die gewerbliche Prägung der KG nicht gesprochen wurde.
- 67
ee) Vor allem aber liegt es eher fern anzunehmen, dass der Kläger, der den Berater Dr. C offensichtlich eigens zwecks Gestaltungsberatung hinsichtlich des von ihm im Streitjahr erzielten, erheblichen Veräußerungsgewinns aufgesucht hat, sich mit dem durch das Disagio und die vorschüssig zu zahlenden Darlehenszinsen einerseits und die nachschüssige Verzinsung und den endfälligen Bonuszins bei der Schuldverschreibung andererseits eintretenden Steuerstundungseffekt hätte zufrieden geben sollen, obwohl bei ihm nach der Prognose gemäß Anlage K 3b bei Zwischenschaltung einer Offshore-Gesellschaft ein endgültiger, (nur) steuerlicher Gesamtverlust in Höhe von ... € mit der Folge einer Kompensation entsprechend hoher positiver Einkünfte entstehen sollte (...).
- 68
ff) Zur Erzielung eines reinen Stundungseffekts hätte der Kläger die Schuldverschreibung auch selbst erwerben und den erheblichen, mit der gewählten Konstruktion verbundenen (Kosten-) Aufwand vermeiden können. Die Einschaltung sowohl der ausländischen Familienstiftung als auch der Offshore-Gesellschaft spricht vielmehr dafür, dass die Steuerfreiheit der späteren Ausschüttung nach § 8b KStG erstrebt wurde. Dass die Stiftung nicht der Versorgung der Familie der Kläger dienen sollte, wie im Erörterungstermin vorgetragen, wird daran deutlich, dass sie nach Auslaufen der Schuldverschreibung aufgelöst wurde.
- 69
gg) Auch wenn sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen lässt, ob die Zwischenschaltung eines "Offshore-SPV" nur für den Fall der Einführung der Abgeltungsteuer vorgesehen oder in jedem Fall konkret geplant war, genügen die genannten Indizien für die hinreichende Überzeugung des Senats davon, dass eine entsprechende konkrete Planung vorlag und lediglich der Zeitpunkt der Übertragung auf die Zwischengesellschaft von der Einführung der Abgeltungsteuer abhängig gemacht werden sollte. Soweit die Kläger sich darauf berufen, dass die P dann auch sogleich hätte zwischengeschaltet werden können, steht dem entgegen, dass die Anerkennung einer Überschusserzielungsabsicht seitens des zuständigen Finanzamtes dann noch unwahrscheinlicher gewesen wäre.
- 70
hh) Im Übrigen gingen verbleibende Unsicherheiten zulasten der Kläger, die die Feststellungslast für das Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht auf Ebene der Stiftung und damit auch dafür tragen, dass sich der Prognosezeitraum bis einschließlich 2016 erstreckt.
- 71
3. Einer Auseinandersetzung mit den von den Klägern aufgeworfenen Fragen, ob steuerfreie Einnahmen bei der Totalüberschussprognose zu berücksichtigen sind, ob der Ausschluss der Zurechnung eines negativen Einkommens nach § 15 Abs. 7 Satz 2 AStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2009 (vom 19. Dezember 2008, BGBl I 2008, 2794, BStBl I 2009, 74), der gemäß § 21 Abs. 18 Satz 2 AStG i.d.F. des JStG 2009 in allen noch offenen Fällen anzuwenden ist, wegen eines Verbotes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist bzw. ob im Streitfall eine modellhafte Gestaltung i.S. von § 15b Abs. 2 EStG vorliegt, bedarf es wegen der bereits fehlenden Überschusserzielungsabsicht nicht.
III.
- 72
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
- 73
2. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.
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