Urteil vom Finanzgericht Hamburg (2. Senat) - 2 K 172/18

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Zahlung einer Konzernumlage zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führt.

2

Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in A und Ort der Geschäftsleitung in B (vormals C GmbH). Alleinige Anteilseignerin ist die D GmbH (im Folgenden Holding). Die Holding hat mehrere Tochtergesellschaften, deren beherrschende Gesellschafterin sie ist und für die sie verschiedene Dienstleistungen erbringt. Mit der Klägerin schloss sie im August 2010 einen entsprechenden Dienstleistungsvertrag ab (Anl. 3). Nach § 1 waren folgende Leistungen von der Holding zu erbringen:

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Beratungs-, Support- und sonstige Leistungen im Bereich elektronischen Datenverarbeitung einschließlich Programmierarbeiten

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Bereitstellung von Branchensoftware (E+S), Hardware, Netzwerke (LAN, WAN) und Erbringung aller damit verbundenen Tätigkeiten

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Zentrale Beschaffung aller Lieferungen und Leistungen

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Beratung und Unterstützung im Bereich Vertrieb und Marketing, z.B. durch Konjunktur- und Wettbewerbsanalysen, Konkurrenzbeobachtung, sonstige Marktstudien

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Durchführung der Finanz-, Debitoren und Kreditorenbuchhaltung bis zur Erstellung von regelmäßigen Abschlüssen,

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Sicherstellung der Finanzierung und Unterstützung bei der Finanzverwaltung

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Unterstützung und Beratung bei der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der allgemeinen Verwaltung

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Beratung und Unterstützung im Personalwesen, insbesondere in den Bereichen Personalführung, Personalbeschaffung, Personalbetreuung und der Personalentwicklung

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Durchführung der Personalverwaltung, einschließlich der Lohn- und Gehaltsabrechnung für interne und externe Mitarbeiter gemäß eines zu erstellenden Planes für administrative Abläufe

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Abwicklung der gesamten Abrechnung mit Krankenkassen, Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft, Finanzämter und anderen Behörden

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Beratung beim Forderungsmanagement

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Beratung bei der Entwicklung von Vordrucken und Formularen

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Beratung in Versicherungsangelegenheiten

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Beratung in allen Rechtsangelegenheiten, insbesondere im Arbeitsrecht einschließlich AÜG

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Planung und Durchführung interner oder externer Schulungsmaßnahmen für das interne Personal

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Beratung und Unterstützung beim Erstellen von Unternehmensrichtlinien, bei Erstellung von Betriebsnormen wie z. B. Betriebsordnung, Beteiligungsricht-linien, Reisekostenrichtlinien usw.

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Erstellung und Bereitstellung von Kunden- und Mitarbeiterstatistiken und sämtlichen AÜG-Statistiken

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Abwicklung des gesamten Zahlungsverkehrs

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Beratung und Mitwirkung bei der Eröffnung und Schließung von Niederlassungen, einschl. der Beantragung und Verwaltung von Erlaubnissen

3

Die Dienstleistungen waren mit monatlich pauschal 6 % vom Umsatz zu honorieren. Ab 1. Januar 2012 wurde die Umlage auf 5,5 % reduziert. Eine regelmäßige Abrechnung der für die erbrachten Dienstleistungen tatsächlich angefallenen Kosten war weder vereinbart, noch wurde sie vorgenommen.

4

Im Rahmen einer Konzernprüfung bei der Holding für die Jahre 2009 bis 2012 gingen die Prüfer zunächst davon aus, dass die vereinbarte Konzernumlage eine vGA bewirke und das Einkommen der Holding entsprechend zu erhöhen sei. Auf Ebene der jeweiligen Tochtergesellschaft sei keine Einlage zu berücksichtigen, weil Nutzungen und Leistungen nicht einlagefähig seien (Prüfungsnotiz Nr. 4, Anl. 4). Die Klägerin hatte in den Streitjahren 2010 bis 2013 folgende Umlagen gezahlt, die nur in 2011 die von den Prüfern errechneten Kosten deckte:

2010

  1.950,00 €

(Umsatz32.500 €,

Gewinn ./.78.750 €)

2011

12.901,80 €

(Umsatz 215.030 €,

Gewinn ./. 131.653 €)

2012

  9.373,31 €

(Umsatz 170.423 €,

Gewinn 39.871 €)

2013

  2.506,00 €

  

Gewinn./. 75.576 €)

5

Nachdem die klägerischen Bevollmächtigten dieser Rechtsauffassung unter Hinweis darauf widersprochen hatten, dass es bereits an der Vorteilsgewährung zu Gunsten der Gesellschafterin, der Holding, und an einer Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung auf Ebene der Tochtergesellschaften fehle, da diese in den Prüfungsjahren nach Auffassung der Außenprüfung gerade zu wenig Entgelt für die Dienstleistungen gezahlt hätten, änderten die Prüfer ihre Rechtsauffassung und gingen nunmehr davon aus, dass die Zahlungen der Tochtergesellschaften als vGA zu qualifizieren seien und deren Einkommen außerbilanziell zu erhöhen sei. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte einen derartigen Umlagevertrag nicht abgeschlossen, weil die Berechnung nach Umlage ungünstiger sei als nach Aufwand der vergleichbaren Einzelleistungen. Die Konzernumlage entspreche nicht dem, was unter Fremden üblich sei, der Betrag müsse auf den tatsächlich angefallenen Kosten und nicht auf einer pauschalen Umlage beruhen.

6

Nach Maßgabe dieser rechtlichen Beurteilung erließ der Beklagte für die Holding und ihre Tochtergesellschaften, u.a. die Klägerin, am 20. Mai 2016 geänderte Bescheide für die Prüfungsjahre und am 1. August 2016 für 2013 über Körperschaftsteuer, Gewerbesteuermessbeträge und entsprechende Verlustfeststellungen; die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge betrugen jeweils 0 €. Den hiergegen gerichteten Sprungklagen vom 22. Juni 2016 stimmte der Beklagte nicht zu.

7

Im Rechtsbehelfsverfahren änderte der Beklagte erneut seine Rechtsauffassung und ging nunmehr davon aus, dass es sich bei den nicht kostendeckenden Umlagen um verdeckte Einlagen handele. In Höhe der Unterdeckung sei ein Verzicht auf die Geltendmachung einer Nachforderung zu sehen. Nach einem Sachbearbeiterwechsel kehrte der Beklagte zu seiner rechtlichen Beurteilung zurück, dass eine vGA in Höhe der an die Holding gezahlten Umlage vorliege und wies die Einsprüche unter dem 27. August 2018 zurück. Am 26. September 2018 hat die Klägerin Klage erhoben.

8

Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen einer vGA nicht erfüllt seien. Die Konzernumlage halte einem Fremdvergleich in formeller und materieller Hinsicht stand. Weil es sich um rein innerstaatliche Vertragsparteien handele, seien weder Doppelbesteuerungsregelungen noch das Außensteuergesetz zu berücksichtigen.

9

Die Regelungen des Dienstleistungsvertrags seien klar und eindeutig formuliert und auch tatsächlich durchgeführt worden. Die Vertragsfreiheit gewährleiste, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter wählen könne, ob er Dienstleistungen im Wege der Einzelabrechnung oder durch ein Konzernumlageverfahren, d.h. im indirekten Weg, abrechne. Im Regelfall sei eine Einzelabrechnung bei einer Vielzahl von Dienstleistungen nur bei einer gut funktionierenden Zeiterfassung der Mitarbeiter der leistungserbringenden Mitarbeiter möglich. Ein derartiger Verwaltungsaufwand sei für ein Konzernunternehmen in der Regel nicht zumutbar. Eine Konzernumlage diene dagegen der Vereinfachung der Ermittlung und Zurechnung der Kosten und entspreche dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters.

10

Die Konzernumlage halte auch den Anforderungen an den materiellen Fremdvergleich stand. Mit der Vereinbarung eines umsatzabhängigen Entgelts könne dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die in Anspruch genommenen Dienstleistungen mit steigenden Umsätzen der Tochtergesellschaft anstiegen. Branchenbedingt bedeute ein höherer Umsatz zwangsläufig einen höheren administrativen Aufwand, dies gelte besonders für das Personalwesen. Die Abrechnung unter Berücksichtigung des Umsatzes des Leistungsempfängers sei in derartigen Fällen üblich, weil sich die Abrechnung möglichst nahe an den tatsächlichen Verhältnissen orientiere. Soweit in der Literatur vertreten werde, dass bei der Kostenverrechnung grundsätzlich auf die tatsächlich angefallenen Kosten und nicht auf pauschale Kostenansätze abzustellen sei, betreffe dies vornehmlich Fälle überhöhter Umlagen oder Einbeziehung von Kosten für die Verwaltung der Beteiligung, schließe aber nicht generell die Abrechnung pauschaler Kostenansätze dem Grunde nach aus.

11

Auch unter der Annahme, dass der Dienstleistungsvertrag nicht dem formellen Fremdvergleich entspreche, fehle es auf ihrer, der Klägerin, Ebene an einer Vermögensminderung, bzw. verhinderten Vermögensmehrung. Sie erleide aufgrund der "verbilligten" Leistungserbringung keinen Vermögensnachteil, mithin fehle es an einer vGA. Die Leistungen aufgrund des Dienstleistungsvertrages führten als sog. Nutzungsvorteil auch nicht zu einer verdeckten Einlage der Holding, da es an einem einlagefähigen Wirtschaftsgut fehle.

12

Die Klägerin beantragt,
1. die Bescheide für 2010, 2011 und 2012 über Körperschaftsteuer, jeweils vom 20. Mai 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2018 dahin abzuändern, dass die gezahlte Umlage nicht als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet wird;
2. den Bescheid für 2013 über Körperschaftsteuer vom 1. August 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2018 dahin abzuändern, dass die gezahlte Umlage nicht als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet wird;
3. die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2010, 2011 und 2012, jeweils vom 20. Mai 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2018 dahingehend abzuändern, dass ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ohne Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung berücksichtigt wird;
4. den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 vom 1. August 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 27. August 2018 dahingehend abzuändern, dass ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ohne Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung berücksichtigt wird.

13

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

14

Der Beklagte hält daran fest, dass die pauschale Leistungsvergütung als vGA zu qualifizieren sei. Es fehle an Nachweisen, dass die behaupteten Leistungen überhaupt konkret erbracht worden seien. Dies unterstreiche die gesellschaftliche Veranlassung, weil ein ordentlicher und gewissenhafter Vertragspartner einen konkreten Nachweis eingefordert und zudem auf einer Endabrechnung der abgerechneten Leistungen bestanden hätte. Es sei ebenfalls nicht belegt, dass die Höhe der Kosten mit der Höhe des Umsatzes in kausaler Beziehung stünden. Schließlich spreche auch der Verzicht auf die Vereinbarung eines Sockelbetrages gegen die Fremdüblichkeit der Vereinbarung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift über die Senatssitzung vom 17. März 2021 Bezug genommen.

16

Die die Klägerin betreffenden Steuerakten nebst Betriebsprüfungsakten haben vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

17

Die gegen die jeweils auf null Euro lautenden Bescheide gerichtete Klage ist zulässig, weil geltend gemacht wird, dass in diesen Bescheiden Besteuerungsgrundlagen, aus denen sich die geltend gemachte Erhöhung des Verlustvortrags ergeben soll, unzutreffend berücksichtigt worden sind, § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG (s.a. Bundesfinanzhof (BFH)-Urteile vom 30. Juni 2020, IX R 3/19, BFH/NV 2021, 403 m.w.N., vom 7. Dezember 2016, I R 76/14, BStBl II 2017, 704).

II.

18

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

19

Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gezahlte Konzernumlage in den Streitjahren zu einer vGA führt und deshalb außerbilanziell hinzuzurechnen ist.

20

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich bei vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) um Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögensmehrungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, sich auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG (für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 des Gewerbesteuergesetzes ) auswirken und nicht in Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung stehen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juli 2002, I R 37/01, BStBl. II 2003, 418). Außerdem muss der Vorgang geeignet sein, bei dem begünstigten Gesellschafter einen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszulösen (st. Rspr. des BFH, vgl. z.B. Urteile vom 7. August 2002, I R 2/02, BStBl. II 2004, 131 und vom 8. September 2010, I R 6/09, BStBl. II 2013, 186).

21

Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (st. Rspr. des BFH seit Urteil vom 16. März 1967, I 261/63, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahestehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. November 2005, I R 89/04, BStBl II 2008, 523; vom 11. Oktober 2012, I R 75/11, BStBl II 2013, 1046, vom 11. November 2015, I R 26/15, BStBl II 2016, 489, jeweils m.w.N.).

22

Die Beurteilung der betrieblichen oder gesellschaftsrechtlichen Veranlassung eines Aufwands zugunsten des Gesellschafters lässt sich sicher nur aufgrund eines Fremdvergleichs entscheiden. Werden Vereinbarungen, wie sie der Vermögensminderung zugrunde liegen, auch zwischen Personen geschlossen, die nicht aufgrund gesellschaftsrechtlicher Beziehungen ganz oder teilweise gleichgerichtete Interessen haben, spricht dies grundsätzlich dafür, dass die Vereinbarung und die auf ihr beruhende Vermögensminderung nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (BFH-Urteil vom 17. Mai 1995, I R 147/93, BStBl II 1096, 204).

23

Zur Konkretisierung dieses Fremdvergleichs stellt die Rechtsprechung (seit der Entscheidung vom 16. März 1967, I 261/63, BStBl III 1967, 626) im Regelfall auf die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ab (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 2. Februar 1994, I R 78/92, BStBl II 1994, 479 m.w.N.). Dieser Maßstab ist jedoch nicht für alle Fälle als Beurteilungsmaßstab geeignet. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass der gebotene Fremdvergleich nur aus der Sicht der Kapitalgesellschaft gesehen wird. Der ordentliche und gewissenhafte Gesellschafter wird grundsätzlich jeder Vereinbarung zustimmen, die für die Kapitalgesellschaft vorteilhaft ist. Der Fremdvergleich erfordert jedoch auch die Einbeziehung des Vertragspartners. Auch wenn ein Dritter einer für die Gesellschaft vorteilhaften Vereinbarung nicht zugestimmt hätte, kann deren Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis liegen. So gesehen ist der Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nur ein Teilaspekt des Fremdvergleichs. Deshalb bejaht die Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1989, I R 99/87, BStBl II 1990, 454) eine vGA beispielsweise auch dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer Gehalt nur beanspruchen konnte, "sobald die Firma dazu in der Lage war". Ein fremder Dritter würde sich auf eine solche, einseitig die Kapitalgesellschaft begünstigende Vereinbarung nicht einlassen. In diesem Fall ist eine Veranlassung der gesamten Gehaltsvereinbarung und des auf ihr beruhenden Aufwands durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst (BFH-Urteil vom 17. Mai 1995, I R 147/93, BStBl II 1996, 204 m.w.N.).

24

2. Nach diesen Maßstäben ist die Zahlung der Konzernumlage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

25

Der zugrundeliegende Dienstleistungsvertrag ist zwar klar, eindeutig und im Voraus getroffen worden und erfüllt damit die Kriterien, die für Verträge zwischen dem beherrschenden Gesellschafter und seiner Gesellschaft gelten. Ob er auch vollumfänglich tatsächlich durchgeführt worden ist, will der Beklagte im Klageverfahren jetzt offenbar anzweifeln. Hierzu hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Dienstleistungsvertrag einem Rahmenvertrag vergleichbar sei, nachdem die einzelnen Leistungen abgerufen werden konnten, aber nicht in jedem Monat gleichermaßen abgerufen wurden. Inwieweit der Vertrag im Einzelnen tatsächlich durchgeführt wurde, kann aber auf sich beruhen, weil der Vertrag im Übrigen einem Fremdvergleich nicht standhält.

26

Grundsätzlich sind Kostenumlagen für die Erbringung von Dienstleistungen in Konzernzusammenhängen nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel zivilrechtlich wirksam und steuerrechtlich anzuerkennen. Voraussetzung ist aber, dass der Verteilungsschlüssel und auch der umzulegende Betrag einem Fremdvergleich entsprechen. Dabei ist grundsätzlich auf die tatsächlich angefallenen Kosten abzustellen und nicht auf pauschale Wertansätze (Gosch in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl. 2020, § 8 Rn. 945; ebenso Schallmoser/Eisgruber/Janetzko in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 KStG, Rn. 418; s.a. Greil/Greil, ISR 2015, 67).

27

Hiervon abweichend hat die Klägerin für die von der Holding zu erbringenden Dienstleistungen als Gegenleistung 6 % und ab dem Streitjahr 2012 5,5 % ihres Umsatzes zu zahlen. Diese Pauschalvereinbarung hält einem Fremdvergleich nicht stand. Fremde Dritte hätten sich auf eine derartige Absprache nicht eingelassen, weil sie gänzlich von dem tatsächlichen Aufwand für die erbrachten Dienstleistungen abgekoppelt und der Umsatz keine geeignete Bezugsgröße ist. Angesichts des umfänglichen Katalogs der von der Holding zu erbringenden Dienstleitungen ist nicht nachvollziehbar, wieso die Honorierung dieser Leistungen vom jeweils erwirtschafteten Umsatz abhängen sollte. Auch wenn die Holding mit ihren Gesellschaften in der Zeitarbeitsbranche tätig ist, dürften die meisten Dienstleistungen ohne Bezug zum Umsatz durchgehend in gleicher Weise zu erbringen sein. So ist beispielsweise nicht erkennbar, wieso Beratung im EDV-Bereich, die Sicherstellung der Finanzierung oder die Unterstützung und Beratung bei Aufbau- und Ablauforganisation einen höheren Aufwand und damit ein höheres Entgelt erfordern, wenn der Umsatz steigt. Eine Ausnahme mag allenfalls für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Übernahme von Lohn- und Gehaltsbuchungen gelten, die mit steigendem Umsatz umfänglicher werden dürften, die aber allein die Berechnung nach Umsätzen nicht plausibel macht. Für einzelne Dienstleistungen dürfte bei geringeren Umsätzen sogar ein höherer Bedarf bestehen, etwa in Form der Beratung und Unterstützung im Bereich Vertrieb und Marketing.

28

Bestätigt wird dies auch durch die stark schwankenden Pauschalen in den Streitjahren von 1.950,00 € in 2010, 12.901,80 € in 2011, 9.373,31 € in 2012 und 2.506,00 € in 2013 bei gleichbleibender Dienstleistungsverpflichtung. Dass die Beteiligten sich mit der an den Umsatz gekoppelten Umlage von den tatsächlichen Kosten komplett losgelöst haben, wird auch daran deutlich, dass sie die Umlage ab 2012 absenkten, obwohl sie in 2009 und 2010 nicht einmal kostdeckend gewesen war, geschweige denn einen Gewinnaufschlag ermöglichte. Dass die Umlage in den vier geprüften Jahren nur in einem Jahr, 2012, zu einem kleinen "Überschuss" für die Holding führte, scheint vor diesem Hintergrund eher zufällig und gerade nicht zielgerichtet.

29

Fremde Dritte hätten eine derartige Absprache nicht getroffen, dies gilt für beide Vertragsparteien. Ein fremder Dritter als Dienstleister hätte kein Entgelt vereinbart, das vollständig an den Umsatz des Dienstleistungsempfängers anknüpft, der von ihm nicht beeinflusst werden kann und das in keiner Weise gewährleistet, dass die Kosten gedeckt werden, geschweige denn ein angemessener Gewinnaufschlag ermöglicht wird. Auch wenn mit steigendem Umsatz in bestimmten Bereichen erfahrungsgemäß auch Verwaltungskosten ansteigen mögen, gilt dies jedenfalls nicht in toto für den umfangreichen Katalog der im Einzelnen zu erbringenden Dienstleistungen.

30

Ein fremder Dritter als Dienstleistungsempfänger hätte sich in dieser Form ebenfalls nicht vertraglich eingelassen. Auch wenn die Regelung für die Klägerin jedenfalls in den Streitjahren 2010 und 2012 und 2013 und auch im Vorjahr 2009 günstig gewesen und zu einem verbilligten Leistungsbezug geführt haben mag, bot sie aber das Risiko, dass das Entgelt bei im wesentlichen gleichbleibendem Leistungsumfang unangemessen ansteigt, sobald ein höherer Umsatz erzielt wird, ohne dass damit zwingend eine höhere Liquidität bzw. ein höherer Gewinn einhergehen muss. Der Verzicht auf jegliche Überprüfung der Angemessenheit des Entgelts durch Evaluierung und Darlegung der tatsächlichen Kosten wäre unter fremden Dritten aus Sicht beider Vertragsparteien nicht denkbar und zeigt, dass Kosten und Aufwand den Vertragsparteien egal waren, weil sie im Konzern verbunden waren. Dies wird bestätigt durch die Erläuterung in der mündlichen Verhandlung, dass angesichts der überwiegend defizitär wirtschaftenden Tochtergesellschaften es letztlich nicht so entscheidend war, auf welcher Grundlage die Abrechnung erfolgte.

31

Fremde Dritte hätten jedenfalls aus Sicht des Dienstleisters einen Sockelbetrag für eine jedenfalls anteilige Deckung der voraussichtlichen Kosten und aus Sicht des Leistungsempfängers eine Deckelung der Höhe nach verabredet.

32

Dass die an den Umsatz gekoppelte Umlage nicht Fremdvergleichsgrundsätzen entspricht, wird auch durch die Verrechnungspreisrichtlinien der OECD betätigt. Auch wenn diese im Streitfall mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht unmittelbar Anwendung finden, enthalten sie doch allgemeingültige Grundsätze zur Fremdüblichkeit konzerninterner Absprachen. Auch dort wird verlangt, dass für derartige Kostenumlagen zunächst auf die budgetierten Kosten abzustellen ist (Kap. VIII, 8.29 f. der Verrechnungspreisrichtlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen der OECD 2017).

33

Da weder aus Sicht eines fremden Dienstleisters noch der eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters der Klägerin als Leistungsempfängerin eine ausschließlich umsatzbezogene Umlage vertraglich vereinbart worden wäre, sind sämtliche Zahlungen der Klägerin in voller Höhe - die zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - als vGA in den Streitjahren außerbilanziell hinzurechnen.

34

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen.

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