Urteil vom Finanzgericht München - 6 K 1754/18

Tenor

1. Dem Finanzamt wird aufgegeben, den Einkommensteuerbescheid 2010 vom … und den Einkommensteuerbescheid 2011 vom …, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, dergestalt abzuändern, dass – im Jahr 2010 anstelle der Kapitaleinkünfte – folgende sonstige Einkünfte ausgewiesen werden:

2010: 0 €

2011: - 44.672 €

2. …

5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Der Kläger wurde in den Streitjahren 2010 und 2011 einzeln vom Beklagten, dem Finanzamt (FA), zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger war in den Streitjahren freiberuflich tätig. Daneben verkaufte er Nahrungsergänzungsmittel und Gesundheitspräparate an Kunden. Die Erlöse behandelte der Kläger als Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit. Ferner hatte der Kläger eine Photovoltaikanlage gekauft, die auf einem fremden Grundstück installiert wurde. Der Grundstückseigentümer in Ostdeutschland erhielt eine Pacht, den produzierten Strom verkaufte der Kläger an EON. Die Investition in die Photovoltaikanlage hatte Herr D dem Kläger vermittelt.

Zusammen mit Herrn D entstand dann der Plan des Klägers, eine weitere Investition zu tätigen und anstelle einer zweiten Photovoltaikanlage in Blockheizkraftwerke zu investieren. Dabei prüfte der Kläger den Kauf und Betrieb einer größeren Zahl von Blockheizkraftwerken zusammen mit Herrn D und ggf. einem weiteren Investor.

Der Kläger schloss sodann einen (im Verfahren nicht vorgelegten) ersten Kaufvertrag über ein Blockheizkraftwerk in der Größenordnung von etwa 150.000 € mit einer GmbH der X-Gruppe. Sodann prüfte er den Ankauf eines Grundstücks, auf dem das Blockheizkraft betrieben werden konnte. Die Ankaufpläne in einem Gewerbegebiet einer Stadt in Norden Deutschlands scheiterten an den Kosten und weiteren Problemen, z.B. mit behördlichen Genehmigungen. Ein vom Arzt Dr. A angebotenes Grundstück erwies sich als nicht geeignet. Letztlich riet der Bankangestellte B sodann dem Kläger, das Projekt in der Größenordnung von 150.000 € zu unterlassen und nur ein kleineres und billigeres Blockheizkraftwerk anzuschaffen. Eine Bankfinanzierung eines Großprojekts sagte der Bankangestellte unter der Voraussetzung zu, dass der Kläger ein kleines Projekt realisiert und sich diese Investition in der Praxis als erfolgreich erweist. Daraufhin stornierte der Kläger den ersten Kaufvertrag über ein Blockheizkraftwerk mit dem Kaufpreis von etwa 150.000 €.

Im Anschluss hieran bestellte der Kläger am 11. August 2010 (Vertragsnummer: 303830) ein Blockheizkraftwerk (Artikelnummer K6) bei der X AG für einen Kaufpreis von brutto 44.625 €. Zeitgleich mit der zweiten Bestellung eines Blockheizkraftwerks erteilte der Kläger mit dem Datum 11. August 2010 der Firma Y den Auftrag, einen Stellplatz zur Verfügung zu stellen und das Blockheizkraftwerk für ihn zu verwalten.

Die mehrere inländische und ausländische Körperschaften umfassende „X Gruppe“ bot im Jahr 2010 Kapitalanlegern die Investition in Blockheizkraftwerke an. Das sogenannte „Verwaltungsvertragsmodell“ sah vor, dass die Anleger von einer Firma der X Gruppe ein Blockheizkraftwerk kaufen, eine weitere Firma der X Gruppe einen Stellplatz zur Verfügung stellt und auf diesem Stellplatz das Blockheizkraftwerk nach Abschluss eines Verwaltungs- und Servicevertrags für die Kapitalanleger betreibt. Das „Verpachtungsmodell“ sah ebenfalls den Kauf eines Blockheizkraftwerks durch den Investor vor. Anschließend sollte ein Pachtvertrag mit einer anderen Firma der X Gruppe geschlossen werden. Die X Gruppe fand eine erhebliche Zahl an Investoren (ca. 1.000), lieferte die verkauften Blockheizkraftwerke tatsächlich aber nicht. Vielmehr betrieben die Hintermänner der Körperschaften betrügerisch eine Art Schneeballsystem.

Nach dem Abschluss der Verträge vom 11. August 2010 erfuhr der Kläger von Herrn D, dass es Lieferschwierigkeiten gebe. Dieses Problem mit der X Gruppe führte dazu, dass der Kläger die abgeschlossenen Verträge erneut änderte.

Mit Vertrag vom 7. September 2010 kaufte der Kläger von der Firma X AG ein Blockheizkraftwerk (Artikelnummer K3). Der Bestellschein enthält den Zusatz: „Ersatz für Vertragsnummer 303830 wie mit Herrn C abgesprochen.“ Der Kaufpreis betrug 44.625 € (netto 37.500 €; Umsatzsteuer 7.125 €). Ferner schloss der Kläger einen Pachtvertrag mit der Y-GmbH. Auf den Pachtvertrag, den der Kläger als Verpächter am 24. September 2010 und die Y-GmbH als Pächter am 8. Oktober 2010 unterschrieb, wird verwiesen.

Der Kläger bezahlte den Kaufpreis im Jahr 2010, erhielt das Blockheizkraftwerk aber nicht. Das Finanzamt erstattete die im Kaufpreis ausgewiesene Vorsteuer in Höhe von 7.125 € noch im Jahr 2010 an den Kläger. Mit Bescheid vom … 2011 forderte das Finanzamt die Vorsteuer zurück und erhielt den Geldbetrag durch Verrechnung.

Im Jahr 2010 erhielt der Kläger Pachtzahlungen in Höhe von brutto 3.570 €. Im Jahr 2011 zahlte die Y-Gesellschaft zur Förderung erneuerbarer Energien nicht mehr. Das Amtsgericht Nürnberg eröffnete das Insolvenzverfahren

– betreffend die Y-GmbH mit Beschluss vom 1. März 2011 und

– betreffend die X AG mit Beschluss vom 16. August 2011.

Der Kläger reichte die Einkommensteuererklärung 2010 am 19. Dezember 2011 beim FA ein. Bei der Einkommensteuererklärung befindet sich ein einzelnes Blatt „Kontennachweis zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vom 1.1.2010 bis 31.12.2010“. Bei den Einnahmen erklärte der Kläger neben Erlösen aus dem Handel mit Nahrungsergänzungsmitteln und den Erlösen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage die Pachtzahlungen mit netto 3.000 € (brutto: 3.570 €).

Mit Bescheid vom … veranlagte das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung aufgrund des Pachtvertrags sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt:

„Erhaltene Pachtzahlungen brutto: 3.570 €

Abschreibung des Blockheizkraftwerks ./. 1.488 €

Einkünfte + 2.082 €

Nach einer bundeseinheitlichen Abklärung, wie das Verpachtungsmodell zu beurteilen ist, vertrat das FA die Ansicht, es lägen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Dementsprechend strich es im Einkommensteuerbescheid 2010 vom … die sonstigen Einkünfte und setzte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 3.570 € an, die es mit der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastete.“

Mit der Einkommensteuererklärung 2011, die am 18. Januar 2013 beim FA einging, erklärte der Kläger – neben dem Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und dem Betrieb einer Photovoltaikanlage – einen weiteren Gewerbebetrieb Blockheizkraftwerk. Für diesen Betrieb machte er einen Verlust in Höhe von 44.067 € geltend, den er mit dem Abgang des Restbuchwerts des Blockheizkraftwerks begründete.

Das FA erkannte im Jahr 2011 den Verlust nicht an und wies die Einsprüche mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger macht geltend, die gezahlten Pachteinnahmen 2010 (3.570 €) und der Buchwertverlust des Blockheizkraftwerks seien einem Gewerbebetrieb zuzuordnen.

Das Klageverfahren ruhte bis der Bundesfinanzhof die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11. März 2016, EFG 2016, 807, BFH-Az. X R 10/16, entschieden hat. Das Finanzgericht Münster hatte abweichend von der Verwaltungsansicht entschieden, dass das Verwaltungsvertragsmodell zu gewerblichen Einkünften führt, während beim Verpachtungsmodell keine Kapitaleinkünfte sondern sonstige Einkünfte vorliegen.

Mit Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFH/NV 2018, 754, hat der BFH über die Revision entschieden, so dass das Verfahren fortzusetzen war. Mit Beschluss ordnete der Berichterstatter die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens an.

Mangels Entscheidungserheblichkeit hat der BFH im o.g. Urteil offengelassen, ob das Verpachtungsmodell zu Einkünften aus Kapitalvermögen oder zu sonstigen Einkünften führt. Auf den richterlichen Hinweis zu den möglichen Auswirkungen auf den Streitfall wird verwiesen. Der Kläger hat hierzu mit Schreiben vom …, auf das verwiesen wird, Stellung genommen.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1. Das Verpachtungsmodell führt weder zu Einkünften aus Gewerbebetrieb noch zu Einkünften aus Kapitalvermögen sondern zu sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

aa) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung mit dem Kaufvertrag eines Blockheizkraftwerks über ca. 150.000 € einen Sachverhalt geschildert, der im Falle seiner Verwirklichung zu gewerblichen Einkünften geführt hätte. Indes hat der Kläger diesen Plan auf Anraten der Bank, die ein Großprojekt hätte finanzieren sollen, wieder aufgegeben. Der geltend gemachte Verlust des Klägers ist damit nicht aus den Vorbereitungshandlungen zur Umsetzung des geplanten Großprojekts „Betrieb eines oder mehrerer Blockheizkraftwerke auf eigenem oder selbst angemieteten Grundstück“ entstanden. Beim eingetretenen Verlust handelt es sich daher nicht um vorweggenommen Betriebsausgaben dieses aufgegebenen Vorhabens. Die maßgebliche Veranlassung des Verlusts ergibt sich vielmehr aus den späteren Neuplanungen des Klägers, die bezüglich der Einkünftequalifikation unter Berücksichtigung der vom Kläger abgeschlossenen Verträge nach den im Urteil des BFH vom 7. November 2018 X R 10/16, BFH/NV 2018 753, dargestellten allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu beurteilen sind.

Im Rahmen dieser Neuplanungen hat der Kläger anfänglich den Vertrag nach dem Verwaltungsvertragsmodell geschlossen. Er hat indes nur kurze Zeit später diesen Vertrag storniert und – mit Zustimmung seiner Vertragspartner – den Pachtvertrag abgeschlossen. Die erhaltenen Pachtzahlungen im Jahr 2010 basieren auf dem Pachtvertrag. Damit ist auch die Vertragsgestaltung des Verwaltungsvertragsmodells für die steuerliche Beurteilung der Einkunftsart nicht maßgeblich. Denn der Schaden des Klägers ist nicht durch die Vertragsabschlüsse des Verwaltungsvertragsmodells verursacht worden. Vielmehr ergibt sich die maßgebliche Verursachung des Schadens des Klägers aus dem Verpachtungsmodell. Dieses Modell ist daher für die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu einer Einkunftsart ausschlaggebend.

bb) Das Verpachtungsmodell führt zu sonstigen Einkünften.

Für die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zu einer Einkunftsart ist entscheidend, dass die Vermietung von Maschinen nach ständiger Rechtsprechung des BFH in der Regel zu sonstigen Einkünften führt (vgl. Schmidt/Weber-Grellet § 22 EStG Rz. 150 Stichwort „Vermietung beweglicher Gegenstände“). Eine Tätigkeit im Rahmen eines Gewerbebetriebs kann nur dann angenommen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Vermieterleistung als Ganzes das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen, vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gibt (z.B. BFH vom 12. November 1997 XI R 44/95, BStBl II 1998, 774). Daran scheitert der Hauptantrag des Klägers. Der Pachtvertrag sieht keine weiteren besonderen Tätigkeiten des Klägers neben der Überlassung des Blockheizkraftwerks vor. Er hat gegenüber seinem Vertragspartner keine weiteren Leistungen zu erbringen. Letztlich ist der Pächter vertraglich verpflichtet, alle im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blockheizkraftwerks stehenden Arbeiten selbst zu erbringen. Allein die Anmeldung eines Gewerbebetriebs bei der Gemeinde und dem FA führt nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit (ebenso: FG Münster vom 11. März 2016, EFG 2016, 807).

cc) Der verlorene Anspruch des Klägers auf Lieferung eines Blockheizkraftwerks oder auf Rückzahlung des Kaufpreises kann auch nicht dem Betriebsvermögen eines Betriebs „Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln“ oder einem Photovoltaikbetrieb oder einem Gesamtbetrieb „Nahrungsergänzungsmittel/Photovoltaik“ zugeordnet werden.

In Betracht käme – unabhängig davon, ob der Kläger zwei Gewerbebetriebe oder einen Gesamtbetrieb führt – allenfalls gewillkürtes Betriebsvermögen. Indes fehlt es an einer klaren und eindeutigen Einlagehandlung des Klägers in einen von ihm geführten Betrieb. Weder aus den abgeschlossenen Verträgen mit den Gesellschaften der X Gruppe noch aus irgendwelchen sonstigen Umständen wird ersichtlich, dass der Kläger die mit der X Gruppe vereinbarte Tätigkeit dem Betrieb „Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln“ oder dem Betrieb Photovoltaikanlage oder einem Gesamtbetrieb zuordnen wollte. Das erste und das einzigste konkrete Indiz für eine solche Zuordnung bzw. die Planung einer solchen Zuordnung ist die Steuererklärung 2010 vom 19. Dezember 2011. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung des Klägers auf Lieferung eines Blockheizkraftwerks oder Rückzahlung des Kaufpreises indes bereits wertlos, so dass eine Einlage – wenn überhaupt – nur noch mit dem Wert Null möglich gewesen wäre. Im Übrigen sind die Steuererklärungen des Klägers zum Nachweis einer Einlage nicht ausreichend, da sie widersprüchlich sind. So geht der Kläger in der Einkommensteuererklärung 2011 selbst von drei eigenständigen Betrieben (Nahrungsergänzungsmittelverkauf; Photovoltaik; Blockheizkraftwerk) aus.

dd) Der abgeschlossene Pachtvertrag führt auch nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Regelmäßige wiederkehrende Zahlungen aus einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis können daher Kapitalerträge enthalten (z.B. BFH vom 8. August 2014 VIII B 115/13, BFH/NV 2015, 200: Aufteilung der Zahlung eines langfristig gestundeten Kaufpreises in einen Zufluss von Kapitaleinkünften und einen Zufluss des Kaufpreises).

Kapitalforderung in diesem Sinne ist jede auf Geldleistung gerichtete Forderung ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund des Anspruchs. Erforderlich ist aber in jedem Fall die Überlassung von privatem Geldvermögen an Dritte (z.B. Großer Senat des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Dabei kann die Kapitalüberlassung in unterschiedlicher Art und Weise erfolgen, etwa durch Hingabe als (endfälliges oder in Raten zu tilgendes) Darlehen (auch in Gestalt von Anleihen), durch Novation eines bestehenden Zahlungsanspruchs in ein Darlehen oder durch zeitliche Streckung eines Zahlungsanspruchs mittels Verrentung (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2010 VIII R 43/06, BStBl II 2010, 818).

Im Streitfall hat der Kläger mit der pachtenden GmbH vereinbart, dass er ein Blockheizkraftwerk zur Verfügung stellt und dafür Pachtzahlungen erhält. Damit hat der Kläger mit der pachtenden GmbH nicht vereinbart, ihr Geldvermögen zur Verfügung zu stellen. Die vereinbarten Gegenleistungen der pachtenden GmbH sollten nicht Zahlungen für die Überlassung von Kapitalvermögen sondern Zahlungen für die Überlassung des beweglichen Wirtschaftsguts Blockheizkraftwerks sein:

Mit dem Kaufvertrag und dem Pachtvertrag hat der Kläger mehrere Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern abgeschlossen. Es ist nicht gerechtfertigt, dieses Vertragsbündel steuerrechtlich als Einheit zu betrachten und als Rechtsfolge die dem Kläger zustehenden Pachtzahlungen – abweichend vom Zivilrecht – als Gegenleistung für die Kaufpreiszahlung in Geld anzusehen. Nur bei einer solchen Einheitsbetrachtung hätte der Kläger indes eine Gegenleistung für die Überlassung von Geldvermögen erhalten.

Entscheidend gegen die Einheitsbetrachtung des Vertragsbündels spricht, dass die Vertragsabschlüsse des Klägers mit beiden verschiedenen juristischen Personen zivilrechtlich zwei Rechtsgeschäfte sind und die zivilrechtliche Gestaltung steuerrechtlich bei der Qualifizierung der Einkunftsart zu beachten ist, wenn – wie hier – keine missbräuchliche Gestaltung vorliegt. Das Trennungsprinzip gilt uneingeschränkt, d.h. der Kläger hat zwei Rechtsgeschäfte (Kauf und Pacht) mit zwei verschiedenen Vertragspartnern vereinbart. Seine Geldleistungspflicht besteht gegenüber der Verkäuferin des Blockheizkraftwerks und nicht gegenüber der pachtenden GmbH. Die Zahlungen der pachtenden GmbH sollten keine Gegenleistung für eine Geldzahlung sein sondern Gegenleistung für die Nutzung des Blockheizkraftwerks.

Der Umstand, dass die liefernde AG und die pachtende GmbH möglicherweise von denselben Hintermännern gesteuert werden, beeinflusst die Tätigkeit des Klägers, mit der er den Tatbestand der Einkunftserzielung erfüllt, nicht. Es macht für die Tätigkeit des Klägers keinen Unterschied, wer Gesellschafter seiner Vertragspartner ist und ob bzw. wie diese – im Hintergrund für den Kläger nicht erkennbar – zusammenarbeiten. Der Lebensvorgang ist so zu beurteilen, wie dies ohne weiteres bei einer geplanten Anschaffung des Blockheizkraftwerkes von einer fremden Drittfirma zu geschehen hätte.

2. Aus den vorstehenden Ausführungen ergeben sich für die Tenorierung des Urteils folgende Konsequenzen:

Da keine Kapitaleinkünfte vorliegen, sind diese im Einkommensteuerbescheid 2010 zu streichen. Im Übrigen sind die Hauptanträge des Klägers unbegründet, da keine gewerblichen Einkünfte vorliegen. Den Hilfsanträgen ist dagegen stattzugeben, da sonstige Einkünfte vorliegen. Der Kläger ist durch die Nichtberücksichtigung der sonstigen Einkünfte beschwert, da er außergerichtlich (hilfsweise) einen Verlustvortragsbescheid zum 31.12.2011 begehrt.

Aus der Verweisung des § 22 Nr. 3 Satz 4 EStG auf § 10d Abs. 4 EStG ergibt sich, dass Einkommensteuerbescheide für die Feststellung vortragsfähiger Verluste aus sonstigen Einkünften in der Art von Grundlagenbescheiden Bindungswirkung entfalten. Auch negative sonstige Einkünfte, die nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden, müssen daher in einem Einkommensteuerbescheid ausgewiesen werden. Es ist daher geboten, dem Finanzamt die Änderung der Einkommensteuerbescheide dahingehend aufzugeben, dass die sonstigen Einkünfte – wie allgemein üblich – ausgewiesen werden. Denn andernfalls könnte der Kläger die Verlustfeststellungen, die er außerhalb des Gerichtsverfahrens hilfsweise geltend macht, nicht erhalten.

Der Höhe nach sind im Einkommensteuerbescheid 2010 sonstige Einkünfte in Höhe der zugeflossenen Pachtzahlung mit 3.570 € auszuweisen, die im Wege des Verlustrücktrags auf Null zu reduzieren sind. Die im Jahr 2010 bezahlte Vorsteuer kann der Kläger gemäß § 9b Abs. 1 EStG als Werbungskosten abziehen (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, § 9b EStG Rz. 3; Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 31. Mai 2018 C-660/16 und C-661/16, DStR 2018 1171 oder juris), die Erstattung des Finanzamts noch im gleichen Jahr ist als Betriebseinnahme anzusetzen.

Die verlorene Nettoanzahlung auf das Blockheizkraftwerk (37.500 €) ist im Jahr der Insolvenz der verkaufenden AG als Betriebsausgabe abzuziehen (vgl. Beschluss des Großen Senat des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BStBl II 1990, 830). Ferner ist im Jahr 2011 die Rückzahlung der Vorsteuer als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (7.125 €). Die Verrechnung des Verlusts 2011 in Höhe von 44.625 € mit dem Verlustrücktrag in das Jahr 2010 in Höhe von 3.570 € hat im Verlustfeststellungsbescheid zum 31.12.2011 zu erfolgen.

Die Zulassung der Revision erfolgt wegen der Abweichung von einer bundesweit abgestimmten Verwaltungsansicht.

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