Beschluss vom Finanzgericht Münster - 8 V 2578/15 E
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Gründe
2I.
3Zu entscheiden ist, ob ein Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen von der Vollziehung auszusetzen ist.
4Nachdem ein Rechtsbehelfsverfahren des Klägers wegen Einkommensteuer 2007 in der Hauptsache zunächst gemäß § 363 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) geruht hatte, wurde der Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.03.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger erhob keine Klage. Die streitigen (zunächst durch Vor- auszahlungsbescheid, dann mit Einkommensteuerbescheid vom 11.09.2009 festgesetzten) Steuerbeträge hatte der Antragsgegner mit Verfügungen vom 29.09.2008, vom 22.06.2009 und vom 11.09.2009 ab dem 08.09.2008 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch ausgesetzt. Im letzten Satz der Aussetzungsverfügungen heißt es jeweils: „Soweit der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren endgültig keinen Erfolg hat, sind die Beträge, für die Vollziehungsaussetzung bewilligt worden ist, zu verzinsen (§ 237 AO)“. Die Verfügungen waren den damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers, ..., als Empfangsbevollmächtigte bekannt gegeben worden. Diese teilten im Jahr 2012 mit, dass sie nicht mehr für den Antragsteller tätig seien. Aufgrund der im Zusammenhang mit dem anhängigen Rechtsbehelfsverfahren gewährten Aussetzung der Vollziehung setzte der Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2015 Aussetzungszinsen und Nebenleistungen für den Aussetzungszeitraum 08.09.2008 bis 10.03.2014 in Höhe von insgesamt 63.987 EUR fest. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Steuerakten und insbesondere auf den Schriftverkehr zwischen den ehemaligen Bevollmächtigten des Antragstellers und dem Antragsgegner ergänzend Bezug genommen.
5Auf den Einspruch des Antragstellers gegen den Zinsbescheid teilte der Antragsgegner mit, dass er den Einspruch hinsichtlich der strittigen Rechtsfrage „Zinssatz nach § 238 AO“ aufgrund des anhängigen Musterprozesses beim Finanzgericht Düsseldorf mit dem Aktenzeichen 6 K 2497/12 AO aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO ruhend stelle. Den darüber hinaus gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Zinsbescheides lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 12.06.2015 ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 22.07.2015 als unbegründet zurück. Seiner Auffassung nach lägen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zinsbescheides vor. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber die Höhe von Zinsen zu Gunsten des Fiskus ohne Verstoß gegen das Übermaßverbot im Rahmen einer zulässigen Typisierung im Interesse der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung auf 0,5 % pro Monat festsetzen dürfe. Auch der BFH habe den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % pro Monat – zuletzt für die Zeiträume bis März 2011 – für nicht verfassungswidrig erklärt. Allein die Anhängigkeit eines Klageverfahrens (FG Düsseldorf 6 K 2497/12 AO) sei nicht geeignet, materiell-rechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit im Sinne des § 361 AO aufkommen zu lassen.
6Mit dem am 14.08.2015 bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung trägt der Antragsteller vor, er sei nicht ausreichend von dem Antragsgegner über die Verzinsung der ausgesetzten Beträge informiert worden. Allein aus dem Umstand, dass sich das Hauptverfahren sehr in die Länge gezogen habe, ergebe sich die Verpflichtung des Antragsgegners, regelmäßig über entstandene Zinsforderungen zu informieren. Auch aus der Höhe des „Stundungsbetrags“ und den daraus entstehenden Zinsansprüchen ergebe sich diese Informationspflicht. Er sei kein Steuerexperte und müsse sich auf die Beratung der Mitarbeiter des Antragsgegners verlassen können. Er habe immer persönlich mit dem Antragsgegner gesprochen und verhandelt. Die Ergebnisse seien dann jedoch nicht ihm, sondern seinen Bevollmächtigten, den Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ... mitgeteilt worden. Diese hätten das Mandat jedoch nach kurzer Zeit beendet. Darüber hinaus bezweifle er - der Antragsteller - die Rechtmäßigkeit der Höhe der Zinsen in Höhe von 6 %. Eine solche Verzinsung sei bei keiner Bank zu erzielen.
7In Anbetracht dessen, dass bereits ein Einkommensteuerguthaben aus dem Jahr 2014 in Höhe von 5.089,94 EUR mit aufgelaufenen Zinsen verrechnet worden sei, beantrage er eine Erstattung des verrechneten Betrags.
8Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
9die Vollziehung des Zinsfestsetzungsbescheides vom 13.05.2015 in Höhe von 58.897 EUR auszusetzen;
10die Vollziehung des Zinsfestsetzungsbescheides vom 13.05.2015 in Höhe von 5.090 EUR aufzuheben.
11Der Antragsgegner beantragt,
12den Antrag abzulehnen.
13Zur Begründung trägt er vor, dass in den Aussetzungsverfügungen zur Einkommensteuer 2007 darauf hingewiesen worden sei, dass, soweit der Rechtsbehelf in der Hauptsache endgültig keinen Erfolg haben würde, die Beträge, für die Vollziehungsaussetzung bewilligt worden sei, zu verzinsen seien (§ 237 AO). Er – der Antragsgegner – gehe davon aus, dass der Antragsteller von seinem steuerlichen Vertreter (Steuerbüro ...) informiert worden sei. Aus einem Vermerk über ein Gespräch mit dem steuerlichen Berater vom 18.06.2009 ergebe sich, dass der Antragsteller die offenen Steuerbeträge wegen langfristiger Geldanlagen zunächst nicht habe zahlen wollen. Daher sei ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt worden. Jedoch sei beabsichtigt, die Steuerbeträge später zu zahlen.
14In der Sache rechtfertigten die geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Höhe des gesetzlich angeordneten Zinssatzes keine Aussetzung der Vollziehung. Ein mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer der angefochtenen Steuerfestsetzung zu Grunde liegenden Gesetzesvorschrift begründeter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukomme. Einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bedürfe es in diesen Fällen grundsätzlich nicht. Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes sei dann der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung der Vollziehung eines Abgabenbescheides im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung des Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheides im Einzelfalls eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen seien und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen habe. Aus diesem Grund komme eine Aussetzung der Vollziehung des Zinsfestsetzungsbescheides nicht in Betracht. Sie würde im Ergebnis zu einer vorläufigen Nichtanwendung des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO führen.
15II.
16Der Antrag ist unbegründet.
17Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 und Satz 7 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen bzw. aufheben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
18Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei der gebotenen summarischen Prüfung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung im Einzelfall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluss vom 23.08.2007 VI B 42/07, BStBl. II 2007, 799). Es muss die ernsthafte Möglichkeit bestehen, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren mit seinem Begehren obsiegt. Andererseits ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 23.08.2007 VI B 42/07, a.a.O.). Im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Behörde und andere präsente Beweismittel. Das Gericht muss den Sachverhalt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht weiter aufklären (vgl. BFH-Beschluss vom 14.02.1989 IV B 33/88, BStBl. II 1989, 516).
19Nach der hier gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich keine Anhaltspunkte für ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Bescheids über die Festsetzung von Aussetzungszinsen.
20Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch (u.a.) gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Zinsen werden erhoben vom Tag des Eingangs des außergerichtlichen Rechtsbehelfs bei der Behörde, deren Verwaltungsakt angefochten wird, oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollzeihung endet (§ 237 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5 % (§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO). Sie sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO).
21Sinn und Zweck der in § 237 AO enthaltenen gesetzlichen Regelung der Verzinsungspflicht ist es, den Nutzungsvorteil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Aussetzung über eine Geldsumme verfügen kann, die nach dem im angefochtenen Steuerbescheid konkretisierten materiellen Recht "an sich" dem Steuergläubiger zusteht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2014 IX R 31/13, BStBl. II 2014, 925).
22Die Aussetzung der Vollziehung eines Zinsbescheids wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die ihm zu Grunde liegenden Vorschriften (§§ 237, 238 AO) setzt zusätzlich voraus, dass nach den Umständen des Einzelfalles ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besteht, dem der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt (vgl. BFH-Beschluss vom 21.11.2013 II B 46/13, BStBl. II 2014, 263). Bei der Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen an der Aussetzung der Vollziehung eines Zinsbescheids vorliegt, ist das individuelle Interesse des Steuerpflichtigen mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Hierbei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung der Vollziehung auf den Gesetzesvollzug und das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung an (vgl. BFH-Beschluss vom 15.04.2014 II B 71/13, BFH/NV 2015, 7).
23Im Streitfall hat der Senat bereits keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Zinsbescheids. Insbesondere ist die Festsetzung von Aussetzungszinsen für den Zeitraum September 2008 bis März 2014 nicht verfassungswidrig. Die typisierende Festlegung des Zinssatzes durch den Gesetzgeber ist mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen vereinbar (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2009 1 BvR 2539/07, BFH/NV 2009, 2115; BFH-Urteil vom 20.04.2011 I R 80/10, BFH/NV 2011, 1654). Nach der Absicht des Gesetzgebers soll der konkrete Zinsvorteil oder -nachteil im Interesse der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung für den Einzelfall nicht ermittelt werden müssen (vgl. Bundestagsdrucksache (BT-Drucks.) 8/1410, S. 13 und 11/2157, S. 194). Die Verzinsung selbst knüpft allein an die objektive Möglichkeit an, dass Zins- oder Liquiditätsvorteile entstehen, ohne dass diese konkretisiert oder nachgewiesen werden müssten. Eine Anpassung an den jeweiligen Marktzinssatz oder an den Basiszinssatz nach § 247 BGB wurde seitens des Gesetzgebers und auch in der Folgezeit bereits deshalb nicht in Betracht gezogen, weil die Schwankungen des Marktzinses zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führten, da unter anderem im einzelnen für die Vergangenheit festgestellt werden müsste, welche Zinssätze für den jeweiligen Zinszeitraum zu Grunde zu legen wären (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2009 1 BvR 2539/07, a.a.O. unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 8/1410, S. 13).
24Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Zinssatz des § 238 AO im Rahmen des § 233a AO sowohl für Steuernachforderung als auch für Steuererstattungen und damit gleichermaßen zu Gunsten wie zu Lasten des Steuerpflichtigen wirkt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 03.09.2009 1 BvR 2539/07, a.a.O.) mit der Folge, dass auch Erstattungsansprüche unabhängig davon, ob und in welcher Höhe dem Berechtigten tatsächlich Zinsen entgangen sind, mit monatlich 0,5 % verzinst werden. Aus der allgemeinen Zinsentwicklung folgt auch keine Verpflichtung des Gesetzgebers zu einer allgemeinen Anpassung der in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO festgesetzten Zinshöhe oder zu einer Anpassung beschränkt auf die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen gemäß § 233a AO. Eine solche Verpflichtung würde voraussetzen, dass der gesetzlichen Regelung durch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse - hier im Hinblick auf die allgemeine Zinsentwicklung - die für ihren Erlass, also für die Festsetzung auf 0,5 % für jeden Monat, maßgebliche Grundlage entzogen wäre, mithin der durchschnittliche Marktzins und die gesetzlich festgesetzte Höhe dauerhaft völlig auseinanderfielen.
25Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH zu der Höhe von Festsetzungszinsen für den Verzinsungszeitraum 03.06.2008 bis 05.12.2011 (vgl. BFH-Urteil vom 14.04.2015 IX R 5/14, BFH/NV 2015, 1329) führt nach Auffassung des beschließenden Senats auch die Zinsentwicklung der jüngsten Zeit nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Höhe der Aussetzungszinsen. Zwar sind die Zinsen - nachdem sie bereits seit 2009 erheblich gefallen waren – nach 2012 erneut der Höhe nach rückläufig gewesen. Hieraus lässt sich jedoch (noch) keine dauerhafte Entwicklung herleiten, die der gesetzlichen Regelung ihre Grundlage entziehen würde. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die im Rahmen des § 233a AO abzuschöpfenden Liquiditätsvorteile nicht nur in Gestalt von Zinsen bestehen (vgl. zur Beschaffenheit von Liquiditätsvorteilen BFH-Urteil vom 12.04.2000 XI R 21/97, BFH/NV 2000, 1178). Darüber hinaus ist in die Vergleichsbetrachtung nicht nur der Anlagezinssatz, sondern auch der Darlehenszinssatz mit einzubeziehen (vgl. BFH-Beschluss vom 29.05.2013 X B 233/12 X B 233/12, a.a.O.). Dieser beträgt für Konsumkredite und sonstige Kredite an private Haushalte für Kredite bis 1 Jahr Laufzeit 7,72 %, für eine Laufzeit von über 1 Jahr bis 5 Jahre immerhin 4,86 % (Stand August 2014, vgl. Deutsche Bundesbank, Zinsstatistik 30.09.2015). Demgegenüber ist der Zinssatz für Aussetzungszinsen in Höhe von 6 % im Streitzeitraum (noch) als laufzeitabhängiges Entgelt für den Gebrauch eines auf Zeit überlassenen Geldbetrags zu erachten.
26Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, er habe von der Verzinsung der ausgesetzten Beträge keine Kenntnis gehabt. Seine Bevollmächtigten hatten bereits im Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, dem mit Verfügung vom 29.09.2008 entsprochen wurde. Nachdem der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung zum 18.06.2009 aufgehoben hatte, beantragten die Bevollmächtigten erneut die Aussetzung der Vollziehung und regten eine Verlängerung bis zur Einkommensteuerveranlagung an. Im Rahmen des am 18.06.2009 geführten Telefonats mit dem Beklagten teilten Sie zudem mit, dass der Antragsteller die offenen Beträge begleichen wolle, das Geld jedoch langfristig angelegt habe, so dass er nicht direkt zahlen könne. Er beabsichtige jedoch, später zu zahlen, da die offenen Beträge mit 6 % verzinst würden. Die Aussetzung der Vollziehung wurde weiter gewährt (Verfügung vom 22.06.2009). Nach Erlass des Einkommensteuerbescheids 2007 baten die Bevollmächtigten „die Aussetzung der Vollziehung auf den Einkommensteuerbescheid 2007 zu übertragen“. Der Antragsgegner entsprach dem (Verfügung vom 11.09.2009). Vor diesem Hintergrund – insbesondere unter Berücksichtigung des Telefonats vom 18.06.2009 – drängt sich die Annahme auf, dass nicht nur seine Bevollmächtigten, sondern auch der Antragsteller selbst über die Höhe der Aussetzungszinsen informiert war. Darüber hinaus war in allen Aussetzungsverfügungen ausdrücklich auf die Verzinsung der ausgesetzten Beträge nach § 237 AO hingewiesen worden. Selbst wenn diese Verfügungen durch seine Bevollmächtigten nicht an den Antragsteller weitergeleitet worden sein sollten, muss sich der Antragsteller deren Kenntnis zurechnen lassen.
27Entgegen der Auffassung des Antragstellers war der Antragsgegner auch nicht verpflichtet – wie eine Bank – regelmäßig über die Höhe der bereits entstandenen Zinsforderungen zu informieren. Den Hinweis auf § 237 AO sieht der Senat als notwendig aber auch ausreichend an, um den Steuerpflichtigen über die Verzinsung der ausgesetzten Steuerbeträge in Kenntnis zu setzen. Dieser ist sodann gehalten, sich selbst über den Inhalt der Vorschrift zu informieren oder sich einen fachkundigen Rat einzuholen.
28Umstände, die dafür sprechen, dass eine Vollziehung der angefochtenen Bescheide für die nicht ausgesetzten Beträge eine unbillige, nicht durch überwiegendes öffentliches Interesse gebotene Härte im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO für den Antragsteller zur Folge hätte, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Solche Umstände sind für den Senat auch nicht erkennbar.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- § 237 Abs. 2 Satz 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
- § 238 AO 1x (nicht zugeordnet)
- 2013 II B 46/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 237 Abs. 1 Satz 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 II B 71/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2013 X B 233/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 363 Abs. 2 Satz 1 AO 1x (nicht zugeordnet)
- 13 und 11/21 1x (nicht zugeordnet)
- 2014 IX R 31/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2011 I R 80/10 1x (nicht zugeordnet)
- 6 K 2497/12 2x (nicht zugeordnet)
- 1 BvR 2539/07 3x (nicht zugeordnet)
- FGO § 69 1x
- § 238 Abs. 1 Satz 1 AO 3x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Bundesfinanzhof (10. Senat) - X B 233/12 1x
- § 361 AO 1x (nicht zugeordnet)
- § 238 Abs. 1 Satz 2 AO 1x (nicht zugeordnet)
- § 233a AO 3x (nicht zugeordnet)
- 2007 VI B 42/07 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 247 Basiszinssatz 1x
- 1989 IV B 33/88 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 135 1x
- 2000 XI R 21/97 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 237, 238 AO 2x (nicht zugeordnet)
- 2015 IX R 5/14 1x (nicht zugeordnet)
- § 237 AO 5x (nicht zugeordnet)