Urteil vom Finanzgericht Münster - 10 K 1145/18 F
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin im Jahr 2008 geltend gemachten Verluste aus gewerblicher Tätigkeit dem Abzugsverbot gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG unterliegen.
3Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH und Co. KG, deren Gesellschaftskapital durch die Beteiligung der Kommanditisten gebildet wird. Gesellschaftszweck ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages der Ankauf von …fohlen des Jahrgangs … deren Aufzucht, Ausbildung und bestmögliche Verwertung bis zum Ende des … Lebensjahres der Fohlen.
4Für das Streitjahr erklärte die Klägerin im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom … einen Verlust von … €. Auch in den Folgejahren wurden Verluste erwirtschaftet. Für … weitere Jahrgänge von Pferden existieren Gesellschaften, die das gleiche Geschäftsmodell verfolgen. Da die Veräußerung der Fohlen bei der Klägerin nicht in der von den Beteiligten erhofften Weise abgeschlossen werden konnte, wurden weitere Parallelgesellschaften nicht mehr aufgelegt.
5Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Feststellungsbescheid vom … stellte der Beklagte negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von … € fest.
6Aufgrund einer Anordnung vom 14.04.2014 führte das beklagte Finanzamt bei der Klägerin einer Außenprüfung durch. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass die erklärten Verluste solche aus gewerblicher Tierzucht nach § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG darstellten. Diese Feststellung machte sich der Beklagte zu Eigen und erließ unter dem 12.08.2015 einen Änderungsbescheid, mit dem er die erklärten Verluste i.H.v. … € als solche aus gewerblicher Tierzucht gemäß § 15 Abs. 4 EStG feststellte.
7Gegen diesen Bescheid legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter dem 10.09.2015 fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus: Es handele sich bei der Klägerin um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft. Eine solche könne gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nur gewerbliche Einkünfte erzielen. Die Abgrenzung zwischen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und gewerblicher Tierhaltung sei daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
8Außerdem habe die Klägerin Pferde mit dem Ziel der Ausbildung erworben. Alle erforderlichen Leistungen seien eingekauft worden. Die Klägerin selber verfüge auch über keinerlei Möglichkeiten, Pferde in eigenen Ställen unterzubringen, weshalb die Pferde bei Pensionswirten untergebracht worden seien. Ebenso seien auch Futter und alle Leistungen für die Ausbildung zugekauft worden. Es liege daher keine landwirtschaftliche Erzeugung vor, sondern quasi eine Produktion von ausgebildeten Pferden vor, die am Markt verkauft werden sollten. Bereits deshalb sei § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG, der dem Schutz der Land- und Forstwirtschaft diene, nicht anwendbar. Im Rahmen der Landwirtschaft würden überwiegend eigene Produkte eingesetzt, was bei der Klägerin weder geplant, noch möglich gewesen sei. Daher unterhalte die Klägerin einen Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 EStG.
9Den Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 15.03.2018 zurück. Zur Begründung führte er aus: Zwar sei unstreitig, dass die Klägerin gewerbliche Einkünfte erziele. Diese unterfielen jedoch dem Abzugsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG. Diese Regelung sei als agrarpolitische Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsstellung landwirtschaftlicher Betriebe eingeführt worden. Steuersystematisch habe sie daher wirtschaftslenkenden Charakter, da sie den Schutz der traditionellen Landwirtschaft bezwecke. Ihr Eingreifen setze voraus, dass Tierzucht oder Tierhaltung in gewerblicher Form betrieben werde. Gewerblichkeit im Sinne der Vorschrift sei gegeben, wenn Tierzucht oder Tierhaltung betrieben werde, der keine nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ausreichende landwirtschaftlich genutzte Fläche als Futtergrundlage zur Verfügung stehe. Da die Klägerin selber keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen unterhalte, greife die Vorschrift hier ein. Dementsprechend sei der ursprüngliche Feststellungsbescheid auch zu korrigieren gewesen.
10Mit der fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiter die Qualifizierung ihrer Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 1 EStG. Zur Begründung vertieft und ergänzt sie ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend weist sie darauf hin, dass Gegenstand der Produktion von ausgebildeten Pferden nur die Ausbildung von zugekauften Fohlen gewesen sei und der Klägerin jegliche landwirtschaftliche Infrastruktur fehle. Daher könne die Ausbildung und Aufbewahrung der Fohlen weder als Tierhaltung noch als Tierzucht angesehen werden.
11Die Klägerin beantragt,
12den Änderungsbescheid vom 12.08.2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.03.2018 dahingehend abzuändern, dass die erklärten Verluste als solche aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 1 EStG festgestellt werden.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung führte aus, dass § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG immer dann eingreife, wenn Einkünfte aus Tierzucht oder Haltung dem Grunde nach Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft darstellten, aber aufgrund der betrieblichen Ausgestaltung im konkreten Fall (z.B. wegen fehlender Flächendeckung) nicht als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft angesehen werden könnten.
16Im vorliegenden Fall handele es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit, da sie Pferde über einen Zeitraum von vier Jahren ausgebildet habe, um sie dann zu veräußern. Eine Trennung vom eigentlichen Handel und der Tierhaltung und Aufzucht und Ausbildung könne nicht vorgenommen werden. Daher sei insgesamt von einem gewerblichen Tierhandelsbetrieb auszugehen. Dieser beinhalte sowohl das Halten als auch die Aufzucht von Pferden.
17Pferdehaltung und die Pferdezucht würden in Anlage 2 zum BewG ausdrücklich genannt und den flächenabhängigen Zweigen des Tierbestands zugeordnet. Der Bundesfinanzhof (BFH) folgere daraus, dass Einkünfte aus der Pferdezucht und der Pferdehaltung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählen, wenn die Vieheinheiten-Grenze nicht überschritten wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i. v. m. § 51 Abs. 4 Satz 1 BewG und Anlagen 1 und 2 zum BewG). Dies gelte unabhängig von dem Alter oder Ausbildungsstand der Tiere, der Art der Veredelung oder der späteren Verwendung durch die Käufer. Die Regelungen böten keinen Anhaltspunkt für eine weitere Differenzierung, nach der Pferde abhängig vom Alter oder Ausbildungsstand nicht mehr als landwirtschaftliche Produkte anzusehen wären.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten.
19Die Beteiligten haben im Erörterungstermin am 19.03.2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
20Entscheidungsgründe:
21Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Einkommensteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1der Finanzgerichtsordnung – FGO).
22Der Beklagte hat die von der Klägerin erlittenen Verluste zu Recht als solche nach § 15 Abs. 4 EStG festgestellt.
23Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG dürfen Verluste "aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung“ weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung möglich. Diese Einschränkung ist gegeben, wenn eine an sich landwirtschaftliche Betätigung darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten (BFH-Urteil vom 21.09.1995 -IV R 96/94-, BFHE 179, 66, BStBl II 1996, 85). Diese Regelung soll die traditionelle, mit der Bodenwirtschaft verbundene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung, bei der regelmäßig Verluste mangels hoher außerlandwirtschaftlicher Einkünfte nicht verrechnet werden können, vor dem Wettbewerb einer industriell betriebenen Tierproduktion schützen (BFH-Urteil vom 05.02 1981 -IV R 163/77-, BFHE 132, 456; FG Nürnberg, Urteil vom 08.12.1978 –III 74/76–, EFG 1979, 186).
24Für die Frage, ob diese Vorschrift eingreift, kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin aufgrund ihrer Rechtsform nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ohnehin nur gewerbliche Einkünfte erzielen kann. Denn § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG stellt nicht die Gewerblichkeit der Tätigkeit infrage, sondern regelt nur für bestimmte gewerbliche Einkünfte deren Verrechnungsmöglichkeit. Dementsprechend führen landwirtschaftliche Einkünfte, die lediglich kraft Rechtsform des Unternehmens gewerblich geprägt sind, nicht zu dessen Anwendung (BFH, Urteil vom 04. Oktober 1984 – IV R 195/83 –, BFHE 142, 272, BStBl II 1985, 133),
25Vielmehr ist die Tätigkeit des Betriebes der Klägerin dann als gewerblich im Sinne des § 15 Abs. 4 S. 1 EStG zu bewerten, wenn es an einer ausreichenden Futtergrundlage fehlt und die Tätigkeit im Übrigen in den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 EStG fiele.
26Dies ist hier der Fall. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und 3 EStG zählen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft auch die Einkünfte aus der Tierzucht und der Tierhaltung, wenn der Betrieb für die Tiere eine ausreichende Futtergrundlage bietet. Dabei umfassen die Begriffe "Tierzucht" und "Tierhaltung" die Zucht bzw. Haltung von typischerweise in der Landwirtschaft gezogenen Tieren; dazu zählen insbesondere diejenigen, die in den Anlagen 1 und 2 zu § 51 des Bewertungsgesetzes (BewG) aufgeführt sind (Kulosa in Schmidt, EStG, 38. Aufl., § 13 Rz. 32), und damit auch Pferde.
27Eine ausreichende Futtergrundlage ist vorhanden, wenn im Wirtschaftsjahr höchstens die in § 13 Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmte Anzahl von Vieheinheiten je Hektar der landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt oder gehalten wird. Die hiernach maßgeblichen Grenzwerte sind auf der Basis des § 51 Abs. 2 bis 5 BewG zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG); sie gelten unabhängig davon, ob die Tierzucht oder Tierhaltung im Inland oder im Ausland betrieben wird. Da die Klägerin über keine eigenen Flächen verfügt, fehlt es insoweit an einer ausreichenden Futtergrundlage.
28Ferner ist ihre Tätigkeit im Ergebnis auf die Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG gerichtet. Die Klägerin will ihren Gewinn mit der Veräußerung von zugekauften Jungtieren erzielen, deren Ausbildung und Haltung sie bei Dritten beauftragt. Diese Tätigkeit würde bei Vorhaltung einer ausreichenden Fläche zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führen.
29Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Ausbildung von (angekauften) Pferden zu Renn- und Turnierpferden unabhängig vom Alter und Ausbildungsstand sowie von einem späteren Weiterverkauf der Tiere an Dritte (selbst zu außerlandwirtschaftlichen Zwecken) grundsätzlich dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, wenn nur der Betrieb seiner Größe nach eine ausreichende Futtergrundlage bietet und die Pferde nicht nur ganz kurzfristig dort verbleiben (vgl. dazu Urteile vom 16.11.1978, -IV R 191/74-, BFHE 126, 220; vom 31.03.2004, -I R 71/03-, BFHE 206, 42; und vom 17.12.2008, -IV R 34/06-, BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453). Dabei müssen die Merkmale Tierzucht und Tierhaltung nicht kumulativ vorliegen. Vielmehr unterfällt der Vorschrift auch die nicht mit einer Zucht verbundene Tierhaltung (BFH-Urteil vom 23.09.1988 -III R 182/84-, BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111).
30Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt die Tätigkeit der Klägerin wenigstens eine Tierhaltung dar. Deren Geschäftsmodell ist nicht auf lediglich einen kurzfristigen Verbleib der Tiere im Geschäftsbereich angelegt. Vielmehr sollten die Tiere ausgebildet werden, was naturgemäß einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt. Außerdem war bereits nach dem vertraglichen Gesellschaftszweck der Klägerin eine Verweildauer der Pferde von bis zu vier Jahren geplant, was deutlich über den Zeitraum hinausgeht, der z. B. bei einem reinen Handelsgeschäften mit Tieren in der Regel vorliegt. Bei einem gewerblichen Pferdehandel ist Ziel, der schnelle Umschlag des Produkts, um so laufenden An- und Verkauf zu finanzieren und Gewinne erzielen zu können.
31Dass die Klägerin die Pferde nicht selber beherbergt, sondern in eine Pensionshaltung gibt, steht der Annahme einer Tierhaltung nicht im Wege. Denn auch der Pensionsnehmer, also derjenige der das Tier in Pension gibt, ist Halter eines Tieres, der lediglich die manuelle Tätigkeit auf einen Dritten überträgt. Denn in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Pensionsnehmer das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung/Tierproduktion trägt, ist die Haltung dem Pensionsgeber nicht als eigene zuzurechnen, sondern dem Auftraggeber (Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte Kap. 6 Rz. 21; FG Münster, Urteil vom 13.01.2015 – 1 K 2332/12 F –, EFG 2015, 907).
32Diese Tierhaltung ist als gewerblich anzusehen (Stalbold in Leingärtner, Besteuerung der Landwirte Kap. 6 Rz. 21; FG Münster, Urteil vom 13.01.2015 – 1 K 2332/12 F –, EFG 2015, 907), da es an eigenen Flächen zur Futtererzeugung mangelt. Die aus diesem Gewerbebetrieb entstehenden Verluste unterliegen als gewerbliche Tierhaltung der Abzugsbeschränkung nach § 15 Abs. 4 Satz 1EStG (s. Kulosa in Schmidt, EStG, 38.Aufl., § 13 Rz. 31).
33Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BFH eine Tierhaltung unter bestimmten Umständen von vornherein nicht mehr der landwirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen und deshalb rein gewerblich geprägt sein kann (vgl.: BFH-Urteil vom 24. Januar 1989 -VIII R 91/83-, BFHE 156, 121, BStBl II 1989, 416). Das ist dann der Fall, wenn entweder zusätzlich zu der Versorgung der Tiere wesentliche Leistungen gegenüber Dritten angeboten werden (BFH-Urteile vom 16.11.1978 -IV R 191/74-, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246: Reitunterricht; vom 13.08.1996 -II R 41/94-, BFH/NV 1997, 169: Polospielanlage) oder wenn die Tierhaltung lediglich der Unterstützung oder Vorbereitung einer anderweitigen gewerblichen Tätigkeit dient (BFH-Urteile vom 02.02.1989 -IV R 109/87-, BFH/NV 1989, 692; vom 19.07.1990 -IV R 82/89-, BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333: Teilnahme an Pferderennen). Schließlich kann eine Tätigkeit, bei der Tiere angekauft und sodann --mit oder ohne Verarbeitung-- alsbald weiterveräußert werden, nicht als "Haltung" der Tiere angesehen werden; in einem solchen Fall liegt vielmehr ein als gewerblich einzustufender Tierhandel vor (vgl.: BFH, Urteil vom 31.03. 2004 – I R 71/03 –, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742).
34Diese Fallgruppen liegen hier jedoch nicht vor. Die Klägerin hat keine Leistungen gegenüber Dritten erbracht, sondern die Pferde unter Zuhilfenahme Dritter auf ihr eigenes Risiko aufziehen und ausbilden lassen, um das fertige Produkt zu verkaufen. Ebenso stand bei ihr nicht die eigene sportliche Betätigung im Vordergrund. Vielmehr wurden die Pferde zu Springpferden ausgebildet, um sie möglichst gewinnbringend an einen Dritten, der das ausgebildete Tier verwenden wollte, veräußern zu können. Wie bereits dargestellt, stand bei der langen Haltedauer auch nicht der gewerbliche Tierhandel im Vordergrund. Vielmehr sollte der Gewinn gerade nicht aus dem raschen Umschlag des Produktes erfolgen, sondern aus der gezielten Schaffung eines speziell ausgebildeten Tieres.
35Ferner ist im vorliegenden Fall auch keine weitere teleologische Reduktion der dem Wortlaut nach uneingeschränkten Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG auf alle Verluste aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung geboten. Eine solche wird für die Fälle vertreten, in denen keine Wettbewerbssituation zur traditionellen Landwirtschaft besteht. Diese besteht aber im Tätigkeitsfeld der Klägerin. Die Aufzucht und Ausbildung von Pferden als sogenannte Pferdeveredelung gehört zu den Kernbereichen der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit. Die Konkurrenzsituation wird hier nicht dadurch beseitigt, dass es der Klägerin an jeglicher landwirtschaftlichen Infrastruktur fehlt. Denn § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG soll dem Umstand Rechnung tragen, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe klassischer Prägung aufgrund der Bindung des Betriebs an den zu bewirtschaftenden Boden, regelmäßig keine oder wenig Einkünfte außerhalb von § 13 EStG erzielen. Diesen Betrieben stehen daher meist keine weiteren Einkünfte zur Verfügung, mit denen sie Verluste aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit ausgleichen können. Daher sollen sie vor einem Wirtschaftsmodell geschützt werden, in denen gewerblich tätige Unternehmer Verluste aus Land- und Forstwirtschaft verrechnen können und somit am Ende günstiger wirtschaften können als rein landwirtschaftliche Betriebe (BFH-Urteil vom 05.02 1981 -IV R 163/77-, BFHE 132, 456; FG Nürnberg, Urteil vom 08.12.1978 –III 74/76–, EFG 1979, 186).
36Sofern das Finanzgericht Münster die Tätigkeit eines Pferdeveredelungsbetriebes, der im Wesentlichen auf Pensionstierhaltung und die Nutzung der Stallungen, der Reitanlagen und des Inventars und des Personal eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes angewiesen war, zumindest in den hilfsweise angeführten Gründen der Entscheidung, als gewerblich qualifiziert hat (FG Münster, Urteil vom 13.01.2015 – 1 K 2332/12 F –, EFG 2015, 907), legt dies keine andere Beurteilung nahe. Das Gericht folgt damit der bereits zitierten Ansicht, wonach der Pensionsnehmer stets gewerbliche Einkünfte erzielt. Auch hatte das Gericht nicht über die Anwendbarkeit von § 15 Abs. 4 S. 1 EStG zu entscheiden, sondern über die Frage, ob ein Unternehmen, dass Pferdeveredelung und Pferdehandel betrieb und Flächen gepachtet hatte, die nach Feststellung des Gerichtes in keinem betrieblichen Zusammenhang mit der Pferdeveredelung und dem Pferdehandel standen, den Gewinn nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG ermitteln konnte. Daher ging es in dem Rechtsstreit nicht um die Behandlung von Verlusten sondern um die von Gewinnen und damit auch nicht um die Anwendung von § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG.
37Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 135 Abs. 1 FGO.
38Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zum Zwecke der Rechtsfortbildung zugelassen. Sie dient der Klärung der Frage, inwieweit § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG auf Betriebe anzuwenden ist, die zur Tierhaltung auf die Infrastruktur Dritter zurückgreifen und über keine eigenen Flächen verfügen.
39… … …
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Referenzen
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- IV R 163/77 2x (nicht zugeordnet)
- EStG § 13a Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen 1x
- IV R 34/06 1x (nicht zugeordnet)
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