Beschluss vom Finanzgericht Münster - 12 V 572/22 AO
Tenor
Die Vollziehung des Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für April 2021 wird rückwirkend ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens in voller Höhe aufgehoben.
Die Vollziehung des Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für Juli 2021, August 2021 und September 2021 wird rückwirkend ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des Einspruchsverfahrens in voller Höhe ausgesetzt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
1I.
2Zu entscheiden ist, ob die Vollziehung eines Abrechnungsbescheides über die Entstehung von Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer April 2021, Juli 2021, August 2021 und September 2021 in voller Höhe auszusetzen bzw. aufzuheben ist.
3In der Sache streiten die Beteiligten über die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der in dem Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge.
4Am 21.12.2021 beantragte der Antragsteller die Erteilung eines Abrechnungsbescheides für alle ab dem 01.01.2010 angefallenen Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer.
5Daraufhin erteilte der Antragsgegner am 10.01.2022 nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) den begehrten Abrechnungsbescheid, in dem die Säumniszuschläge wie folgt ausgewiesen:
6Steuerart und Zeitraum |
Entstandene Säumniszuschläge Stand: 04.01.2022 |
Zahlung |
Offen |
Umsatzsteuer April 2021 |
X € |
X € |
0,00 € |
Umsatzsteuer Juli 2021 |
X € |
0,00 € |
X € |
Umsatzsteuer August 2021 |
X € |
0,00 € |
X € |
Umsatzsteuer September 2021 |
X € |
0,00 € |
X € |
Sämtliche, im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge sind nach dem 31.12.2018 entstanden.
8Gegen den Abrechnungsbescheid legte der Antragsteller am 11.02.2022 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Abrechnungsbescheides.
9Der Antragsgegner lehnte die begehrte Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des Abrechnungsbescheides vom 10.11.2022 mit Verfügung vom 04.03.2022 ab und teilte dem Antragsteller zudem mit, der gegen den Abrechnungsbescheid erhobene Einspruch ruhe gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO wegen des beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahrens zu dem Aktenzeichen (Az.) VII R 55/20.
10Mit seinem daraufhin am 09.03.2022 bei Gericht gestellten Aussetzungsantrag macht der Antragsteller geltend, die Vollziehung der im Abrechnungsbescheid ausgewiesenen Säumniszuschläge sei nach dem Beschluss des BFH vom 31.08.2021 in dem Verfahren VII B 69/21, unter Berücksichtigung der bisherigen Spruchpraxis des Finanzgerichts Münster in diversen gleichgelagerten Verfahren sowie vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.07.2021 (Az: 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) in voller Höhe auszusetzen bzw. aufzuheben.
11Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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1. die Vollziehung des Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für April 2021 vom 10.01.2022 in voller Höhe aufzuheben,
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2. die Vollziehung des Abrechnungsbescheides über Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer für Juli 2021, August 2021 und September 2021 vom 10.01.2022 in voller Höhe auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
16den Antrag abzulehnen.
17Dem Antragsteller fehle das notwendige besondere Aussetzungsinteresse. Soweit ein Aussetzungsantrag mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm begründet werde, müsse der Antragsteller ein besonderes Aussetzungsinteresse darlegen, da ansonsten dem Interesse der Allgemeinheit am Vollzug des Gesetzes Vorrang einzuräumen sei. Dies fuße auf dem Geltungsanspruch jedes formell zustande gekommenen Gesetzes. Das Interesse der Antragstellerin gehe nicht über das reine Zahlungssuspensorium hinaus. Demgegenüber würde die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung mit Rücksicht auf die Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen zur faktischen Nichtanwendung des § 240 AO führen.
18Im Übrigen bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 240 AO.
19Die Ausführungen des BVerfG in seinem Beschluss vom 08.07.2021 (Az.: 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Zinsen nach § 233a in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO könnten auf die verfassungsrechtliche Bewertung der Höhe der Säumniszuschlage gemäß § 240 AO nicht übertragen werden. Der Normzweck und der Regelungsinhalt des § 240 AO unterschieden sich deutlich von § 233a AO. Bei den Säumniszuschlägen handele es sich nicht um Zinsen, sondern um ein Sanktionsmittel eigener Art. Säumniszuschläge stellten nicht nur eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern und einen Ausgleich für den dadurch entstehenden zusätzlichen Verwaltungsaufwand dar, sondern seien vorwiegend ein Druckmittel eigener Art zur Durchsetzung von titulierten Zahlungsansprüchen. In erster Linie dienten Säumniszuschläge als Druckmittel dazu, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu veranlassen. Hierdurch würden Säumniszuschläge – als höherem Zweck – zugleich zur Funktionsfähigkeit der Verwaltung beitragen und somit dem Allgemeinwohl zu Gute kommen.
20§ 238 AO und § 240 AO seien eigenständige, voneinander unabhängige Regelungen, die die Höhe der Zinsen und der Säumniszuschläge zwar jeweils typisierend, aber mit unterschiedlichen Bedingungen (z.B. für volle und angefangene Monate oder die Schonfrist) gesetzlich festlegten. Daher griffen die verfassungsrechtlichen Zweifel des BFH am Zinssatz des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO selbst in den Fällen, in denen die Säumniszuschläge wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen aus sachlichen Gründen bereits zur Hälfte erlassen seien, nicht unmittelbar auch auf die verbliebenen Säumniszuschläge durch.
21Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.
22II.
23Der Antrag ist zulässig und begründet.
241. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung (§ 69 Abs. 2 Satz 7 FGO).
25Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei der Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der notwendigen Abwägung im Einzelfall sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Für eine Aussetzung der Vollziehung ist jedoch nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg (BFH-Beschluss vom 23.08.2007 – VI B 42/07, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2007, 799). Dagegen begründet eine vage Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (BFH-Beschluss vom 11.06.1968 – VI B 94/67, BStBl II 1968, 657). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen. Das gilt auch dann, wenn ernstliche Zweifel daran bestehen, ob die maßgebliche gesetzliche Regelung verfassungsgemäß ist. An die Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit sind keine strengeren Anforderungen zu stellen als beim Einwand fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschlüsse vom 19.02.2010 – II B 122/09, BFH/NV 2010, 1144 und vom 04.07.2019 – VIII B 128/18, BFH/NV 2019, 1060).
26Die Prüfung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorliegen, erfolgt im Rahmen einer lediglich summarischen Prüfung. Dabei beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und andere präsente Beweismittel. Weitere Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts muss das Gericht nicht ergreifen (BFH-Beschluss vom 14.02.1989 – IV B 33/88, BStBl II 1989, 516).
272. Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die begehrte Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung zu gewähren.
28a) Bei dem angefochtenen Abrechnungsbescheid vom 10.01.2022 handelt es sich, da darin unstreitig erstmalig Säumniszuschläge ausgewiesen werden, um einen vollziehbaren Verwaltungsakt im Sinne von § 69 FGO (BFH-Urteil vom 15.06.1999 – VII R 3/97, BStBl II 2000, 46; BFH-Beschlüsse vom 08.11.2004 – VII B 137/04, BFH/NV 2005, 492 und vom 06.07.2015 – III B 168/14, BFH/NV 2015, 1344).
29b) Nach summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Feststellung des Antragsgegners, dass die in dem Abrechnungsbescheid aufgeführten Säumniszuschläge in ausgewiesener Höhe nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO in Ansatz zu bringen sind. Dies beruht darauf, dass aus der Sicht des erkennenden Senats die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge zweifelhaft erscheint, soweit die Säumniszuschläge – wie im Streitfall – nach dem 31.12.2018 entstanden sind (vgl. Finanzgericht -FG- Münster, Beschlüsse vom 16.12.2021 – 12 V 2684/21, juris, vom 11.01.2022 – 12 V 1805/21, juris und vom 17.03.2022 – 12 V 32/22, juris).
30Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf eines Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1% des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten (§ 240 Abs. 1 Satz 1 AO).
31Säumniszuschläge sind ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung der festgesetzten und kraft Gesetzes sofort zu leistenden Steuerschuld anhalten soll, so dass sie insoweit eine Art Zwangsmittel darstellen (BFH-Urteil vom 26.01.1988 – VIII R 151/84, BFH/NV 1988, 695). Darüber hinaus verfolgt § 240 AO den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten. Durch Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die bei den verwaltenden Körperschaften dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgemäß zahlen (BFH-Urteil vom 30.03.2006 – V R 2/04, BStBl II 2006, 612; BFH-Beschluss vom 02.03.2017 – II B 33/16, BStBl II 2017, 646).
32aa) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 08.07.2021 in den Verfahren 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17 entschieden, dass § 233a AO in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt und daher verfassungswidrig ist, soweit er auf Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 zur Anwendung gelangt, und dass zwar eine Fortgeltung der genannten Regelung für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 geboten ist, dass es aber für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume bei der Unanwendbarkeit als Regelfolge des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG bleibt.
33Im Weiteren hat das BVerfG in dem vorgenannten Beschluss vom 08.07.2021 (Az.: 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17) darauf hingewiesen, dass andere Verzinsungstatbestände nach der AO einer eigenständigen verfassungsrechtlichen Wertung bedürfen. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass Steuerpflichtige im Bereich der Teilverzinsungstatbestände – anders als bei der Vollverzinsung – grundsätzlich die Wahl hätten, ob sie den Zinstatbestand verwirklichen und den in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO geregelten Zinssatz hinnehmen oder ob sie die Steuerschuld tilgen und sich im Bedarfsfall die erforderlichen Geldmittel zur Begleichung der Steuerschuld anderweitig zu zinsgünstigeren Konditionen beschaffen.
34bb) Demgegenüber hat der BFH in verschiedenen Entscheidungen bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO geäußert. Insoweit verweist der Senat auf das Urteil des BFH vom 30.06.2020 – VII R 63/18, BStBl II 2021, 191 sowie die Beschlüsse des BFH vom 14.04.2020 – VII B 53/19, BFH/NV 2021, 177 und vom 31.08.2021 – VII B 69/21.
35In seiner Entscheidung vom 31.08.2021 (Az.: VII B 69/21) führt der BFH aus, die verfassungsrechtlichen Zweifel gelten aus seiner Sicht jedenfalls insoweit, als Säumniszuschläge nicht die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion.
36Diese einschränkende Äußerung dürfte nach Ansicht des erkennenden Gerichts darauf beruhen, dass sich das Aussetzungsbegehren in dem dort zugrunde liegenden Verfahren auf die Hälfte der Säumniszuschläge, und zwar den in den Säumniszuschlägen enthaltenen Zinsanteil, beschränkt hat, so dass der BFH keine Entscheidung über eine darüber hinausgehende Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung zu treffen hatte.
37cc) Die einheitliche Regelung zur unteilbar gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge kann nur insgesamt verfassungsgemäß oder verfassungswidrig sein. Für eine Aussetzung der Vollziehung genügen dabei bereits bestehende und vom BFH aufgezeigte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm und die hieraus folgende unklare Rechtslage. Für das Eilverfahren muss die Verfassungswidrigkeit noch nicht abschließend festgestellt und vom BVerfG bestätigt worden sein.
38Dies trifft auf die in dem Abrechnungsbescheid vom 10.01.2022 ausgewiesenen Säumniszuschläge, die insgesamt nach dem 31.12.2018 entstanden sind, zu.
39Nach Auffassung des Senats bestehen daher ernstliche Zweifel an den im Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer April 2021, Juli 2021, August 2021 und September 2021 aufgeführten Säumniszuschlägen.
40dd) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung der nach dem 31.12.2018 entstandenen Säumniszuschläge nicht bereits deshalb abzulehnen, weil dem Antragsteller ein (besonderes) berechtigtes Aussetzungsinteresse fehlt.
41Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts hat das FG die Vollziehung des Verwaltungsakts in der Regel auszusetzen. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt werden.
42Ein solcher atypischer Fall kommt zwar in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen. Jedoch wird auch in diesen Fällen dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen der Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt, wenn das BVerfG eine ähnliche Vorschrift für nichtig erklärt hat (BFH-Beschlüsse vom 15.12.2000 – IX B 128/99, BStBl II 2000, 411 und vom 01.04.2010 – II B 168/09, BStBl II 2010, 558).
43Dies ist nach Ansicht des Gerichts vorliegend gegeben, da das BVerfG § 233a AO in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO für mit dem GG unvereinbar erklärt hat und es sich bei den Zinsen und den Säumniszuschlägen jeweils um steuerliche Nebenleistungen handelt.
44Im Übrigen hat auch der BFH in seiner Entscheidung vom 31.08.2021 (Az.: VII B 69/21) eine Aussetzung der Vollziehung bejaht, ohne das Vorliegen eines (besonderen) berechtigten Aussetzungsinteresses zu prüfen.
453. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
464. Die Beschwerde war gemäß § 128 Abs. 1, 3 FGO in Verbindung mit § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Die Frage, ob die gesetzlich festgelegte Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß ist, bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.
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