Urteil vom Niedersächsisches Finanzgericht (9. Senat) - 9 K 399/10

Tatbestand

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Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Strafbefreiungsabgabe nach „strafbefreiender Erklärung“ von Einkünften aus ehrenamtlicher Betreuungstätigkeit.

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Der Kläger war in dem von 1996 bis 2002 andauernden Streitzeitraum verheiratet und wurde zur Einkommensteuer (ESt.) zusammenveranlagt. Er erzielte neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Ruhestandssoldat.

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Am 21.10.2004 reichte er beim Beklagten (das Finanzamt -FA-) eine "Strafbefreiende Erklärung vom 20.10.2004" ein und erklärte „in den Jahren 1996 - 2002 zu Unrecht nicht besteuerte Einnahmen i.S.des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) aus selbständiger Tätigkeit (Betreuung) von (43.477,67 EUR x 60 %=) 26.086,60 EUR" mit einer -nach- „zu entrichtenden Abgabe von (25 % =) 6.521,65 EUR“. Dem folgte das FA und stellte den Betrag zum Soll. Mit Schreiben vom 19.11.2004 reduzierte der Kläger die insgesamt nach zu erklärende Aufwandsentschädigung auf (22.298,22 EUR Entschädigungen des Amtsgerichts und der Region ... + 8.316,01 EUR "Weitere Einnahmen" =) 30.614,23 EUR mit einer nach zu entrichtenden Abgabe von (30.614,23 EUR x 60 % = 18.368,54 EUR x 25 % Steuer =) 4.592,14 EUR, dem das FA gleichfalls folgte.

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Mit Schreiben vom 16.11.2004 „legte der Kläger gegen die Strafbefreiende Erklärung vom 20.10.2004 Einspruch ein". Bei den Zahlungen handele es sich um Einkünfte aus der Tätigkeit als vom Amtsgericht ... bestellter ehrenamtlicher Betreuer i.S.des § 1897 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Konkret habe es sich bei den Leistungen des Amtsgerichts ... um von diesem gemäß § 1908 BGB i.V.mit § 1835a BGB direkt geleistete "gesetzlich geregelte pauschale Aufwandsentschädigungen" und bei den Zahlungen der Region ... um von dieser zusätzlich geleistete freiwillige Erstattungen von Mehraufwendungen, die nicht in allen Amtsgerichtsbezirken gezahlt würden, gehandelt. Diese seien deutlich niedriger als die berufsmäßigen Betreuern gewährten Entschädigungen und -gar- nicht steuerpflichtig, da es sich nur um Ersatz von -sonst als Werbungskosten abziehbaren- Aufwand handele und es an einer Besteuerungsnorm fehle. Dafür sprächen auch und insbesondere die allein im Hinblick auf die den Betreuern entstehenden großen Betreuungsaufwendungen freiwillig zusätzlich gewährten Leistungen der Region .... Insofern seien die Entschädigungen gleich den steuerfreien Aufwandsentschädigungen von Bundestagsabgeordneten als steuerfrei zu behandeln. In jedem Fall sei die Steuerpflicht der Entschädigungen rechtlich zweifelhaft. So habe auch am 25.08.2004 bei einer Veranstaltung der Betreuungsvereine im Niedersächsischen Landtag ein Richter am Amtsgericht ... sich sinngemäß dahingehend geäußert, dass auch er Schwierigkeiten habe zu erkennen, dass für die pauschale Kostenerstattung eine Steuerpflicht bestünde. Eine mögliche Steuerpflicht sei von den Behörden auch nicht durchgesetzt worden. So dürften das Amtsgericht ... keine Kontrollmitteilungen an die Finanzbehörden verschickt noch diese solche angefordert haben und dürften diese Zahlungen noch nicht einmal bei den Auftraggebern der Betreuer zentral summarisch erfasst worden sein, so dass es den einzelnen Betreuern überlassen blieb, die -vermeintliche- Steuerpflicht zu erkennen oder auch nicht und die Entschädigungen steuerlich zu erklären oder auch nicht. Die Finanzverwaltung behandele (nach ihren koordinierten Ländererlassen) die Entschädigungen zwar seit Jahren als sonstige Einkünfte i.S.des § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und die Finanzgerichtsbarkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.des § 18 EStG oder -gegebenenfalls ausnahmsweise- als gewerbliche Einkünfte i.S.des § 15 EStG. Es sei von den Finanzbehörden in den Jahren 1996 bis 2003 aber zu keiner Zeit eine für ihn, den Kläger, wahrnehmbare wirkliche Prüfung und konsequente Durchsetzung einer angeblichen Steuerpflicht erfolgt. Danach seien alle anderen Betreuer, die gleichartige Einnahmen (ehrenamtliche Aufwandsentschädigungen) wie er bezogen hätten, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Versteuerung herangezogen worden. Aufgrund dieses Erhebungs- bzw. Vollzugsdefizits (Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot tatsächlich gleicher Steuerbelastung durch gleichen Gesetzesvollzug) seien (entsprechend dem zu Spekulationsgewinnen ergangenen Bundesverfassungsgerichts -BVerfG-Urteil vom 09.03.2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94) gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auch seine Entschädigungen nicht der Besteuerung zu unterwerfen.

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Den Einspruch wies das FA durch Bescheid vom 15.03.2005 als unbegründet zurück.

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Hiergegen richtet sich die Klage. Dazu wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Ergänzend teilt der Kläger mit, dass die „weiteren Einnahmen aus der selbständigen Betreuungstätigkeit in den Jahren 1998, 1999, 2001 und 2002 in Höhe von insgesamt 8.316,01 EUR aus Betreuungen resultierten, bei denen ohne zusätzliche Zahlungen vom Amtsgericht oder von der Region ... die Vergütung allein aus dem Vermögen der zu Betreuenden gezahlt worden sei. Für die vom Amtsgericht ... und von der Region ... erhaltenen Zahlungen habe er in den Streitjahren etwa 1(1996), 6 (1997), 9 (1998), 11 (1999), 15 (2000), 12 (2001) und 12 (2002) Personen betreut. Dann sei darauf hinzuweisen, dass im Bewilligungsbescheid der Region ... vom 20.04.2005 von einer Steuerpflicht für die Entschädigung noch keine Rede sei, während in der Bewilligung vom 10.05.2005 erstmals darauf hingewiesen werde, dass die Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB sowie die freiwillige Leistung der Region ... der Besteuerungspflicht unterliegen könnten. Dann habe auch der Bundesrechnungshof (BRH) in seinem Bericht 2006 zur Haushaltsführung des Bundes in 2005 bezüglich der Entschädigungen ein erhebliches Überwachungs- und Vollziehungsdefizit festgestellt. Es dürfe davon auszugehen sein, dass auch das FA entgegen der seit 1994 geltenden Verordnung über die Mitteilung an die Finanzbehörden durch andere Behörden und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (Mitteilungsverordnung -MV-) keine Mitteilungen vom Amtsgericht und der Region ... erhalten und auch nicht selbst auf die Übersendung entsprechender Aufstellungen gedrungen habe. Mit Schreiben vom 03.02.2012 legt der Kläger ergänzend allgemein dar, dass die Betreuungstätigkeit -heute nicht mehr beziffer- und belegbare- Aufwendungen (Fahrtkosten, Kosten des Arbeitsraums und der Arbeitsplatzausstattung, Porto- und Telefonkosten, Büromaterial, etc.) in etwa der Höhe der Entschädigungen verursache. Da nicht damit zu rechnen war, dass das FA so geschätzte Werbungskosten berücksichtigen würde, sei von der Selbstanzeige seinerzeit Abstand genommen worden. Im Übrigen habe er, der Kläger, sehr wohl pädagogische als auch pflegerische Tätigkeiten in nicht untergeordnetem Maße i.S.des § 3 Nr. 26 EStG ausgeführt. „Diese Feststellung zu dem vom FA wohl rein vorsorglich zusätzlich angezogenen § 3 Nr. 26 EStG werde aber nur gemacht, um allgemeinen Missverständnissen über die Betreuungstätigkeit entgegenzutreten. Für ihn, den Kläger, sei die Steuervorschrift für die Frage der generellen Steuerpflicht und die Verfassungswidrigkeit des Erhebungsverfahrens höchstens am Rande bedeutsam“.

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Der Kläger beantragt,

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unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 15.03.2005 die Strafbefreiungsabgabe auf 1.247,40 EUR herabzusetzen.

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Das FA beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Aufwandsentschädigungen gehörten zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG und seien einkommensteuerpflichtig, sofern sie die Freigrenze von 256 EUR überstiegen. § 3 Nr. 12 EStG finde keine Anwendung, weil die Aufwandsentschädigungen nicht im Haushaltsplan ausgewiesen würden und § 3 Nr. 26 EStG nicht, weil mangels einer pädagogischen Ausrichtung keine Betreuungstätigkeit i.S.dieser Vorschrift vorliege. Die durch den ehrenamtlichen Betreuer zu erbringende Betreuungstätigkeit könne auch nicht als Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen i.S.des § 3 Nr. 26 EStG angesehen werden, weil es sich um einen staatlichen Beistand in Form von Rechtsfürsorge handele und eine persönliche Betreuung i.S.von Pflege nicht stattfinde oder nur nachrangig sei. Über die pauschale Abgeltung aller Abzüge (z.B. auch Werbungskosten) in Höhe von 40 % hinaus komme keine weitere Berücksichtigung von Werbungskosten in Betracht. Bei der Besteuerung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuungstätigkeit gäbe es kein verfassungsrechtlich bedeutsames strukturelles Vollzugsdefizit.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist (zumindest) unbegründet.

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Die Zulässigkeit der Klage ist zweifelhaft. Das Begehren und der diesbezügliche Vortrag des Klägers sind insofern widersprüchlich und „bedingt“, als der Kläger einerseits im streitigen Umfang das Vorliegen der Voraussetzungen für die Festsetzung der Strafbefreiungsabgabe und dementsprechende Wirksamkeit seiner StraBEG-Erklärung bestreitet, er aber für den Fall, dass doch eine von § 1 StraBEG vorausgesetzte Vortat, also eine auf einer Hinterziehung (§ 370 AO) oder leichtfertigem Handeln (§ 378 AO) beruhende Steuerverkürzung vorliegt, dann doch die steuerrechtliche Behandlung der nachzuversteuernden Aufwandsentschädigungen im StraBEG-Verfahren wünscht und insoweit seine StraBEG-Erklärung dann doch wirksam sein soll. Die Anfechtung seiner „vorsorglichen“ StraBEG-Erklärung ist aber nicht nur widersprüchlich und unzulässig „bedingt“, sondern dürfte auch unvereinbar mit dem Zweck und der Ausgestaltung des StraBEG-Verfahrens sein. Bei dem StraBEG-Verfahren handelt es sich um ein Sonderrecht, dass für einen begrenzten Zeitraum einem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, in der Vergangenheit unterlassene steuerrechtliche Erklärungen mit strafbefreiender Wirkung sowie steuerrechtlicher Abgeltungswirkung nachzuholen. Das StraBEG ist insbesondere damit begründet worden, dass der Gesetzesvollzug und damit die gleichmäßige Beteiligung aller Steuerpflichtigen an den allgemeinen Lasten in der Praxis an rechtliche und tatsächliche Grenzen stoße. Es solle ein attraktiver Anreiz für eine freiwillige Rückkehr in die Steuerehrlichkeit geboten werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 31.08.2010 VIII R 11/08, BStBl. II 2011,72). Für den in dem Gesetz bestimmten Zeitraum trat das StraBEG neben die Möglichkeit, herkömmlich nach § 371 AO eine Selbstanzeige zu erstatten und nach den Regeln des Einkommensteuerrechts und den allgemeinen Vorschriften über die Ermittlung der Einkünfte besteuert zu werden. Die Besonderheit der Vorschriften des StraBEG wird auch und insbesondere daran deutlich, dass die pauschale Besteuerung der erklärten Einnahmen (25 % von 60 % der Einnahmen) grundsätzlich ohne besondere Prüfung allein nach den Angaben des Erklärenden erfolgt. Danach kann nur entweder eine Besteuerung nach dem Sonderrecht des StraBEG oder den allgemeinen Vorschriften des EStG erfolgen (vgl. Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.07.2010 11 K 852/07 E, EFG 2011, 66), schließt also die jeweilige Wahl die andere Besteuerungsform aus. Ein Steuerpflichtiger muss sich also entscheiden, ob ihm entweder die hinsichtlich der anzusetzenden Einnahmen (nur 60 %) und des Pauschalsteuersatzes (25 %) steuergünstige Besteuerung nach dem StraBEG attraktiver erscheint oder die genauere aber dafür zeit- und belegaufwendigere und möglicherweise mit einem höheren Steuersatz verbundene Veranlagung. Danach dürfte das hier vom Kläger verfolgte Begehren, innerhalb des nach Effiziens- und Pauschalierungsgrundsätzen konzipierten StraBEG-Systems (vgl. Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22.12.2009 1 K 3559/06, EFG 2010, 892) -doch- eine Prüfung wie im Rahmen einer ESt.-Veranlagung zu erreichen, also sowohl den günstigen StraBEG-Einnahmenansatz und -Steuersatz als auch eine aufwendige quasi Veranlagungs-Prüfung, nicht möglich sein (a.A. für den Fall einer „vorsorglichen“ StraBEG-Erklärung, wenn „der Erklärende nicht in eigener Person Täter der zweifelhaften Vortat war“: Urteil des Finanzgericht München vom 18.11.2009 1 K 3804/07, juris, vgl. auch Beschluss des BFH vom 15.07.2010 VIII B 103/09, BFH/NV 2010, 1785). Diese Frage ist hier aber nicht abschließend zu entscheiden, weil die Klage -zumindest- unbegründet ist.

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Die Strafbefreiungsabgabe ist nicht im streitigen Umfang herabzusetzen. Die (nach § 10 Abs. 2 Satz 1 StraBEG ohne Vorbehalt der Nachprüfung erfolgte) Steuerfestsetzung durch die StraBEG-Erklärungen vom 21.10.und 19.11.2004 ist im streitigen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Steuerfestsetzung war aufgrund des Einspruchs des Klägers nicht nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StraBEG aufzuheben. Durch die StraBEG-Erklärungen trat gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 StraBEG i.V.mit § 1 Abs. 1 und 2 Nr. 1 StraBEG Straffreiheit (auch) bezüglich der nacherklärten streitigen (dem Kläger in den Jahren 1996 bis 2002 vom Amtsgericht ... und der Region ... gezahlten) Aufwandsentschädigungen von 22.298,22 EUR ein. Der Kläger hat pflichtwidrig die Finanzbehörden über die steuerlich erhebliche Tatsache des langjährigen Bezugs von einkommensteuerpflichtigen Aufwandsentschädigungen in Unkenntnis gelassen und dadurch Einkommensteuer nach dem EStG verkürzt, hat dann aber in der Zeit zwischen dem 31.12.2003 und dem 01.01.2005 die aufgrund seiner unterlassenen Angaben zu Unrecht nicht besteuerten streitigen Aufwandsentschädigungen gegenüber der Finanzbehörde i.S.des § 3 Abs. 1 Satz 3 StraBEG ausreichend konkret (nach-)erklärt (strafbefreiende Erklärung) und schließlich spätestens bis zum 31.12.2004 25 % der (um 40 % reduzierten nach-) erklärten Einnahmen (nach-)entrichtet.

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Die streitigen Aufwandsentschädigungen sind einkommensteuerpflichtige Einnahmen aus einer sonstigen selbständigen Arbeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, weil die ehrenamtliche Betreuungstätigkeit ebenso wie die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG bezeichneten Regelbeispiele -berufsbildtypisch- durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt ist Das Gericht schließt sich insoweit der im Urteil des BFH vom 15.06.2010 VIII R 10/09, BStBl. II 2010, 906, dargelegten –bezüglich Berufsbetreuern geänderten- Rechtsansicht an. Zudem entgelten die Betreuern gezahlten Aufwandsentschädigungen auch entstandenen Zeitaufwand (ebenso Urteile des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 24.09.2009 3 K 1350/08, EFG 2010, 120, und des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 21.08.2003 2 K 179/02, EFG 2003, 1595) , sollen also nicht nur durch die Betreuung entstehende Kosten ersetzen. Die Einkommensteuerpflichtigkeit von Aufwands-entschädigungen für eine ehrenamtliche Betreuungstätigkeit wurde -soweit ersichtlich- in der Rechtsprechung und von der Steuerverwaltung auch noch niemals angezweifelt. Fraglich war allein, ob die Einkünfte wie hier als Einkünfte aus -sonstiger- selbständiger Arbeit i.S.des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG beziehungsweise –ausnahmsweise- aus gewerblicher Tätigkeit i.S.des § 15 Abs. 2 EStG (vgl. Urteile des Finanzgerichts-Baden-Württemberg 3 K 1350/08, a.a.O., des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts 2 K 179/02, a.a.O., und des Finanzgerichts München vom 16.10.2001 6 K 5805/00, juris) oder als sonstige Einkünfte i.S.des § 22 Nr. 3 EStG (Steuerverwaltung, vgl. Erlass der Oberfinanzdirektion Hannover vom 21.07.2003 S 2337-121-StO 211, S 2337-200-StH 211, juris) anzusehen sind.

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Die streitigen Aufwandsentschädigungen sind nicht steuerbefreit (so im Ergebnis auch die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts 2 K 179/02, a.a.O., und des Finanzgerichts Baden-Württemberg 3 K 1350/08, a.a.O.) So scheidet die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 EStG aus, weil die Aufwandsentschädigungen weder im Haushaltsplan als Aufwandsentschädigung ausgewiesen werden (§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG) noch ehrenamtliche Betreuer öffentliche Dienste leisten (§ 3 Nr. 12 Satz 2 EStG) und nach § 3 Nr. 26 EStG, weil mangels einer pädagogischen Ausrichtung keine Betreuungstätigkeit i.S.der Vorschrift vorliegt und die Betreuungstätigkeiten nach § 1835a BGB auch nicht als Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen i.S.der Vorschrift angesehen werden können, da es sich um einen staatlichen Beistand in Form von Rechtsfürsorge handelt und eine persönliche Betreuung i.S.von Pflege nicht stattfindet oder nur nachrangig ist.

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Die vom Kläger beanspruchte Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigungen ist auch nicht aus Verfassungsgrundsätzen und -rechtsnormen herzuleiten. So können die für parlamentarische Mandatsträger geltenden steuerlichen Regelungen dafür nicht herangezogen werden, weil -dort- andere Besteuerungssachverhalte vorliegen (vgl. Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26.07.2010 2 BvR 2227/08, 2 BvR 2228/08). Ist aber die begehrte Steuerfreiheit nicht unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 19 Abs. 4 GG im Wege verfassungskonformer Auslegung einer -anderen- Steuerbefreiungsvorschrift herleitbar, könnte das Gericht eine etwa durch § 18 Abs. 1 Nr.3 EStG gegebene Grundrechtsverletzung aufgrund der ausschließlichen Verwerfungskompetenz des BVerfG allein in Form einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG berücksichtigen. Die Voraussetzungen dafür liegen aber nicht vor. Ein Gericht kann die Entscheidung des BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit einer Norm nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Regelung überzeugt ist. Eine solche Überzeugung vermochte sich das Gericht im Streitfall nicht zu bilden. So besteht bezüglich der Besteuerung der Aufwandsentschädigungen von Betreuern kein zur Verfassungswidrigkeit des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG führendes strukturelles Vollzugsdefizit, dass durch Erhebungsregeln gekennzeichnet ist, welche die Durchsetzung der materiellen Steuernorm verhindern oder erschweren (vgl. Urteil des BFH vom 31.08.2010 VIII R 11/08, BStBl. II 2011, 72). Insoweit wurden vom Kläger wenn überhaupt nur im Besteuerungsvollzug fast unvermeidbare -übliche- Vollzugsmängel oder eine empirische Ineffizienz der Besteuerungsnorm und kein normatives Defizit dargelegt und wird daher durch die behauptete rechtliche und tatsächliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens die Gleichheit im Belastungserfolg nicht prinzipiell verfehlt und ist auch ansonsten ein solches strukturelles Erhebungsdefizit (vgl. Urteil des BVerfG 2 BvL 17/02, a.a.O.) bezüglich der Besteuerung der Betreuungsentschädigungen nicht ersichtlich. Schon die diversen Ländererlasse belegen, dass die Steuerverwaltung Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuung besteuern will und im Verwaltungsverfahren auch besteuert. Dass wie auch auf anderen Besteuerungsfeldern bei der Besteuerung von Betreuungsentschädigungen Vollzugsdefizite auftreten, kann i.S.des vom Kläger angeführten Berichts des BRH 2006 angenommen werden. Daraus lässt sich aber kein strukturelles Vollzugsdefizit im vorstehend beschriebenen Ausmaß herleiten. Davon abgesehen betrifft der Bericht des BRH 2006 die Haushaltsführung des Bundes in 2005 und damit gar nicht die Streitjahre. Im Übrigen zeigen auch und gerade die vom Kläger angeführten Diskussionen auf Tagungen und in Kreisen der Betreuer, dass den Betreuern die mögliche Steuerpflichtigkeit der Aufwandsentschädigungen bekannt war. Dass Aufwands-entschädigungen von Betreuern auch tatsächlich beim Finanzamt erklärt und dann besteuert wurden, belegt der vom Finanzgericht München (vgl. Urteil vom 16.10.2001 6 K 5805/00, a.a.O.) entschiedene Fall, wo der dort klagende Steuerpflichtige seine Betreuungsvergütung in der ESt.-Erklärung für 1998 angegeben hat.

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Danach hat der Kläger auch pflichtwidrig die Finanzbehörden über Jahre über die steuerlich erhebliche Tatsache des langjährigen Bezugs von einkommensteuerpflichtigen Aufwandsentschädigungen in Unkenntnis gelassen und dadurch Einkommensteuer nach dem EStG verkürzt. Gerade bei seinem Wissensstand musste der Kläger von der Möglichkeit ausgehen, dass eine Steuerpflicht bestand. Wenn in einem solche Fall -nur- zur Vermeidung der -dann- möglichen Besteuerung keine sachkundige Auskunft z.B. bei den Finanzbehörden eingeholt wird, werden vorsätzlich Steuern hinterzogen (§ 370 AO). Diesbezüglich konnte daher durch die streitige StraBEG-Erklärung Straffreiheit eintreten.

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Die Strafbefreiungsabgabe wurde auch der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Über den nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 StraBEG vorzunehmenden pauschalen Abzug von 40 % der Einnahmen hinaus sind keine weiteren Ausgaben abziehbar. Mit dem pauschalen Abzug von 40 % sind alle bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigungsfähigen Aufwendungen abgegolten (vgl. Urteile des Finanzgerichts Münster 11 K 852/07 E, a.aO., und des Finanzgerichts Köln 1 K 3559/06 m.w.N., a.a.O.).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

 


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