Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 K 2186/14


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Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid 2011 in der Fassung des Bescheides vom 23. Januar 2013 und der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 2.347.00 € gemindert werden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Teilwertberichtigung für ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück.

2

Die steuerlich beratenen Kläger werden gemäß §§ 26, 26 b EStG veranlagt. Sie sind Inhaber eines Ehegatten-Weinbaubetriebes. Ihre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ermittelten sie durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG. Daneben erzielen sie Einkünfte aus Renten und sonstige Einkünfte.

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Mit ihrer am 23. Oktober 2012 eingereichten Einkommensteuererklärung 2011 machten sie unter anderem für ein im Eigentum der Klägerin befindliches weinbaulich genutztes Grundstück in V, Flurstück Nummer …4 zu 602 qm in der Bilanz zum 30. Juni 2012 eine Abschreibung auf 3.371,70 € (602 qm x 5,60 € einschließlich Pflanzrechte von 1,20 € je Quadratmeter; mit Rebsorte Dornfelder bepflanzt) gewinnmindernd geltend. Das Grundstück war bis dahin als Anlagevermögen in Höhe eines Buchwertes von 8.066,54 € bilanziert gewesen. Die Klägerin hatte es als Abfindungsgrundstück im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens V zu Beginn des Jahres 1986 im Wege des Tausches erhalten. Hingegeben hatte sie hierfür ein mit notariellem Kaufvertrag vom 30. März 1984 für 14.640 DM erworbenes Grundstück in E mit der Flurstücknummer …2 zu 610 qm.

4

Die Bodenrichtwerte für die betroffene Gemarkung betrugen zum 31. Dezember 1987 und 1988 jeweils 14 DM pro Quadratmeter (7,16 € pro Quadratmeter), zum 31. Dezember 2003 2,80 € pro Quadratmeter, zum 1. Januar 2012 4,20 € pro Quadratmeter und zum 1. Januar 2014 4,70 € pro Quadratmeter.

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Der Beklagte erkannte die vorgenommene Abschreibung nicht an und erhöhte den Gewinn im Wirtschaftsjahr 2011/2012 um 4694,84 € auf 42.781,51 €. Die Einkommensteuer 2011 wurde mit Bescheid vom 5. Dezember 2012 auf 1294 € festgesetzt.

6

Hiergegen erhoben die Kläger fristgerecht Einspruch und begründeten diesen, nachdem mit zwei Bescheiden, zuletzt vom 23. Januar 2013 die Einkommensteuer aus anderen Gründen auf 574 € herabgesetzt wurde, damit, dass bezüglich des Grundstücks eine voraussichtlich dauernde Wertminderung eingetreten sei. Sein Teilwert sei nachhaltig unter den Buchwert gesunken. Aus Sicht des Bilanzstichtages sei aufgrund objektiver Anzeichen mit einer langfristigen Wertminderung zu rechnen gewesen. Die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft stehe einer Abschreibung nach § 6 Abs. 1 Nummer 2 Satz 2 EStG nicht im Wege. Anhand des dem Beklagten vorgelegten Gutachtens eines landwirtschaftlichen Sachverständigen (Blatt 23-60 der Prozessakten) sei ersichtlich, dass mehr Gründe für eine dauernde Minderung als dagegen sprächen. Damit würde den Anforderungen eines Urteils des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Oktober 2010 (2 K 1877/07) entsprochen. Für das Grundstück sei detailliert nachgewiesen, dass es zu einer dauernden Wertminderung gekommen sei. Darin werde auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung des Weinmarktes berücksichtigt, worin die Ursache des Preisverfalls begründet liege.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte verwies auf das zitierte Urteil, wonach bei einer Betrachtung über 20 Jahre aus einem Preisrückgang nicht abgeleitet werden könne, dass mehr Gründe für eine dauernde Wertminderung als dagegen vorhanden seien. Landwirtschaftliche Grundstücke würden aus Sicht eines objektiven Dritten dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unbegrenzt oder zumindest über Jahrzehnte zu dienen bestimmt sein. Auch von verschiedenen Faktoren abhängige Ertragsschwankungen könnten sich auf die Grundstückspreise auswirken, dauerhaft negative Auswirkungen seien damit nicht verbunden. Im Rahmen der noch bestehenden Nutzungsdauer und unter Berücksichtigung der Eigenart des Wirtschaftsgutes, seiner nicht unbegrenzten Reproduzier- und Verfügbarkeit sei von einer Erholung vor Ablauf der Hälfte einer mutmaßlichen Restnutzungsdauer auszugehen. Ausgehend hiervon sei eine Abschreibung ausgeschlossen, sofern die Wertminderung im Wesentlichen auf einen gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen Richt- oder Vergleichswert gestützt werde. Dies gelte auch, wenn es sich bei den Anschaffungskosten um einen gegebenenfalls erheblichen Überpreis gehandelt habe. Im Streitfall setze sich die Wertminderung überdies nicht aktuell fort. Die Grundstückspreise seien seit dem 1. Januar 2006 kontinuierlich nach oben gegangen. Der Bodenrichtwert für die betreffende Gemarkung weise ausweislich des Gutachtens zum 1. Januar 2006 mit 3 €/qm und zum 1. Januar 2014 mit 4,70 €/qm eine Wertsteigerung in den letzten 8 Jahren von mehr als 56 % aus.

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Mit ihrer Klage hiergegen tragen die Kläger vor, dass der Bodenrichtwert bei Weingärten die Pflanzrechte beinhalte, demgemäß sei in der Bilanz ein Wert von 8.066,59 € (13,40 € je Quadratmeter) ausgewiesen gewesen. Zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung im Oktober 2012 habe das Grundstück einen Bodenwert von 4,40 € je Quadratmeter bzw. insgesamt 2.648,80 € gehabt. Begehrt werde eine Abschreibung auf einen Teilwert von 3371,95 €.  Es werde eine Abschreibung von ca. 58 % geltend gemacht, obwohl der Bodenrichtwert um 67 % gesunken sei. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liege dann vor, wenn der Steuerpflichtige aus der Sicht am Bilanzstichtag aufgrund objektiver Anzeichen damit rechnen könne. Es müssten mehr Gründe dafür als dagegen sprechen (BMF-Schreiben vom 16. Juli 2014). Die Eigenart des Wirtschaftsgutes spiele eine besondere Rolle. Aus Vereinfachungsgründen habe die OFD mit einer Verfügung vom 10. Juli 2000 die Finanzämter angewiesen, dass ein angemessener Beobachtungszeitraum von mindestens 5 Jahren unbedenklich sei. Diese Verfügung widerspreche nicht dem zitierten BMF-Schreiben und die Finanzämter seien nicht befugt, hiervon abzuweichen. Es bleibe bei der Anwendung der OFD-Verfügung.

9

Aus dem vorgelegten Gutachten der Kläger sei keine Tendenz zu erkennen, dass bei der Entwicklung des Bodenpreises die Anschaffungskosten je wieder erreicht würden. Der Gutachter habe den Zeitraum 1987-2012 einbezogen und sei auf die marktbeeinflussenden, bewertungsrelevanten Besonderheiten des Bewertungsobjektes detailliert eingegangen. Die Herleitung des Teilwerts sei schlüssig dargelegt. Der Zeitraum der Prognose richte sich allein nach den prognostischen Möglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Wirtschaftsgut und des auslösenden Momentes für die Wertminderung unterschiedlich sein könnten (BFH-Urteil vom 24. April 2009 IV R 62/06). Das Gutachten berücksichtige alle wertbeeinflussenden Merkmale und genüge für die Annahme einer voraussichtlichen dauernden Wertminderung. Der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nummer 2 EStG spreche dafür, eine dauernde Wertminderung nur dann anzunehmen, wenn der Teilwert des Wirtschaftsgutes während seiner mutmaßlichen Nutzungsdauer im Betrieb überwiegend unter seinem Buchwert liege. Andernfalls liege eine bloße Wertschwankung vor (so BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 22/05). Im Streitfall seien die Werte um 65 % gesunken und nur um einige Euro pro Jahr gestiegen und nach ca. 3 Jahren wieder gefallen. Auf die Entwicklung der Bodenrichtwerte sei zu verweisen (Blatt 12 der Prozessakten). Die Bodenpreise seien nur bis zu einem Höchstbetrag von 4,20 €/qm in 2012 geschwankt. Hierin liege nur eine kleine Schwankung, jedoch nicht im Ausmaß des bisherigen Preisverfalls. Auch wenn bei Weingärten die Nutzungsdauer unbegrenzt sei, sei festzustellen, dass in 28 Jahren der ursprüngliche Wert von 13,40 €/qm nicht einmal zur Hälfte wieder erreicht worden sei. Im Jahr 2013 sei ungewiss gewesen, ob Pflanzrechte für Reben nach dem Auslaufen zum 31. Dezember 2015 verlängert werden würden. Das europäische Parlament habe eine Verlängerung bis mindestens 2030 beschlossen. Danach sei wieder ein Anbaustopp zu befürchten. Durch eine Aufhebung des Anbaustopps sei eine Überproduktion ab 2030 möglich. Dies werde eine weitere Steigerung auf 13,40 €/qm vermeiden. Die Bewirtschaftung sei nicht durch dauerhafte gewährte Rechte sichergestellt. Ebenso sei die Weinbaupolitik zu berücksichtigen, welche die Steil- und Einzellagen stärken wolle. Demgegenüber habe das Grundstück der Kläger zu 2/3 eine Flachlage. Auch die Klimaerwärmung sei zu beachten. Eine Verlagerung des Weinbaus werde eintreten. Dies lasse eine Verdoppelung des Wertes nicht mehr erwarten. Wegen einer unbegrenzten Nutzungsdauer könne keine mit an Sicherheit grenzende Aussage getroffen werden, die gesetzliche Vorschrift würde ins Leere laufen. Dies führe zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung in der Besteuerung. Der Steuerpflichtige habe eine jährliche Nachweispflicht für die Beibehaltung des niedrigeren Teilwerts, es sei sichergestellt, dass bei einer Erholung die erhöhten Werte wieder zu bilanzieren seien. Daher werde eine Abschreibung auf einen Wert von 5,60 € je Quadratmeter angestrebt. Zum Streitpunkt werde auf eine Entscheidung des FG München vom 12. November 2012 (7 K 1667/09) verwiesen.

10

Zur Frage eines in 1984 gezahlten Überpreises sei auf den vom Finanzamt … für 1984 für die Berechnung der Grunderwerbsteuer maßgeblichen Wert von 20,00 DM/qm (10,22 €/qm) abzustellen.

11

Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2011 in der Fassung des Bescheides vom 23. Januar 2013 und der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2014 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft um 2347,42 € gemindert werden,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

12

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

13

Ergänzend zu den Gründen in der Einspruchsentscheidung trägt er vor, die OFD- Verfügung vom 10. Juli 2000 sei für alle offenen Fälle nicht mehr anwendbar, da das ihr zu Grunde liegende BMF-Schreiben vom 25. Februar 2000 durch das Schreiben vom 16. Juli 2014 aufgehoben worden sei.

14

Aus dem Gutachten ergebe sich eine Wertsteigerung vom 1. Januar 2008 von 3 €/qm auf 4,70 €/qm zum 1. Januar 2014. Dies bedeute eine Wertsteigerung in den letzten 6 Jahren von mehr als 56 %. Die Tendenz in der Zukunft gehe zu eindeutig steigenden Preisen. Nach den Feststellungen der Katasterverwaltung ergäben sich im Jahr 2010 Verkäufe benachbarter Grundstücke in der gleichen Gewanne für 4 €/qm, in benachbarten Gewannen in 2012 von 6 €/qm und im Jahr 2014 von bis zu 7,50 €/qm. Die Aussage, dass Preise nach einer gewissen Steigerung nach ca. 3 Jahren wieder fallen würden, sei daher nicht zutreffend. Durch die Entscheidung des EU-Parlaments seien Unsicherheiten beseitigt, so dass eine Preiserhöhung zu erwarten sei. Die Profilierung der Steillagen bedeute keineswegs einen Preisrückgang bei Weinen aus anderen Lagen. Ebenfalls weit hergeholt sei ein potentieller Preisrückgang aufgrund der drohenden Klimaerwärmung. Dies seien Spekulationen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

16

Entgegen der Ansicht des Beklagten konnten die Kläger den Nachweis führen, dass die Teilwertabschreibung nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG in der Bilanz des Wirtschaftsjahres 2011/2012 zum 30. Juni 2012 für das Weinberggrundstück mit der Flurstücknummer …4 in Höhe von 4.694,00 € (entspricht bei einem Bodenwert zum 1. Januar 2012 von 4,20 €/qm einer Abschreibung auf tatsächlich 5,60 €/qm) aufgrund einer dauerhaften Wertminderung erfolgen durfte. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Veranlagungszeitraums 2011 waren daher um 2.347,00 € zu mindern.

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Nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist.

18

Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Von einem "nachhaltigen" Sinken des Teilwerts oder der Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtages aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose. Allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft, die bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens regelmäßig nie ausgeschlossen werden kann, steht einer Teilwertabschreibung nicht entgegen; andernfalls liefe § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG ins Leere. Ob eine Wertminderung voraussichtlich andauern wird, richtet sich vielmehr danach, ob aus Sicht des Bilanzstichtages mehr Gründe für ein Andauern der Wertminderung sprechen als dagegen. Die Glaubhaftmachung der überwiegend für eine Minderung sprechenden Gründe hat der Steuerpflichtige darzulegen. Welcher Prognosezeitraum hierbei zu Grunde zu legen ist, kann nicht generell beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Beurteilungsmöglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Art des Wirtschaftsgutes und des auslösenden Momentes für die Wertminderung unterschiedlich sein können (BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, Bundessteuerblatt II 2009, 778, BFHE-Beschluss vom 29. Juli 2014 I B 188/13, BFHE/NV 2014, 1742).

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Hiervon ausgehend kommt eine dauernde Wertminderung auch dann grundsätzlich in Betracht, wenn der niedrigere Teilwert auf einen nachweislichen Preisrückgang zurückgeht. Dies ist abzugrenzen von der Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Größenordnung Veränderungen, die sich innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen, als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen sind.

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Ob eine unstreitig eingetretene Minderung des Teilwertes eines Wirtschaftsgutes voraussichtlich langfristig andauert, ist an Hand einfacher und leicht nachprüfbar Kriterien zu beurteilen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Abschreibungen bei einem Anstieg des Teilwerts zu nachfolgenden Bilanzstichtagen gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz  3 in Verbindung mit Nummer 1 Satz 4 EStG rückgängig zu machen sind (BFH Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06 Bundessteuerblatt II 2009, 294).

21

Ergibt diese Prognose, dass mehr Gründe für ein Anhalten der Wertminderung sprechen als dagegen, ist eine Teilwertabschreibung zulässig. Dies ist im Streitfall gegeben.

22

Der Prognoseentscheidung lag ein nachweislicher Preisrückgang zugrunde, der Rahmen bloßer Wertschwankungen war überschritten. Es war aus Sicht der Kläger zum 30. Juni 2012 keine nachhaltige -über Wertschwankungen um den angesetzten Wert von 5,60 €/qm hinausgehende- Wertsteigerung zu erwarten. Das von ihnen vorgelegte Gutachten macht dies deutlich.

23

Danach lag der für die Bestimmung des Teilwertes bedeutsame Bodenrichtwert (vgl. BFH-Urteil vom 8. September 1994 IV R 16/94, Bundessteuerblatt II 1995, 309) bei 4,20 €/qm; zum 7. Juli 2013 ermittelte der Gutachter auf der Grundlage des Bodenrichtwertes einen Verkehrswert von 4,82 €/qm. Dies entsprach für das zunächst angeschaffte Grundstück etwa einem Drittel der ursprünglichen Anschaffungskosten von 12,27 €/qm im Jahre 1984. Bezogen auf die geringere Grundfläche des eingetauschten Grundstücks mit der Flurstücknummer …4 ergab sich ein damaliger rechnerischer Anschaffungswert von 12,43 €/qm. Zu berücksichtigen ist dabei, dass einschließlich der (in den Bodenrichtwerten berücksichtigten) Pflanzrechte der damalige Wert bei 13,40 €/qm lag. Der geminderte Teilwert lag daher zum Bilanzstichtag 30. Juni 2012 in einer Größenordnung, bei der nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass eine nur vorübergehende marktbedingte Schwankung vorlag. So schwankte für einen Zeitrahmen von annähernd 25 Jahren der Wert zwischen dem Stichtag 1. Januar 1988 mit 7,16 €/qm, einem Tiefpunkt zum 1. Januar 2004 mit 2,80 €/qm und dem für den Streitfall maßgeblichen Stichtag 1. Januar 2012 mit 4,20 €/qm, ohne dass sich eine nachhaltige Erholung auf den ursprünglichen Wert der Anschaffungskosten abgezeichnet hätte.

24

Dabei ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kläger bei Erwerb des damaligen Grundstücks einen Überpreis gezahlt haben. Zumindest bewegte sich der Anschaffungspreis nicht in einem Umfange über den damals üblichen Bodenwerten vergleichbarer Grundstücke, der in Anbetracht der eingetretenen Wertminderung zu berücksichtigen wäre. Bodenrichtwerte für den für den Erwerbszeitpunkt in 1984 maßgeblichen Stichtag konnten weder der Kläger mit seinem Gutachten noch der Beklagte anführen. Im klägerischen Gutachten wird jedoch auf Blatt 10 (Blatt 32 der Prozessakte) angeführt, dass die Finanzverwaltung für Weinberggelände in 1984 zum Zwecke der Berechnung der Grunderwerbsteuer 20 DM/qm (10,22 €/qm) zu Grunde gelegt hat. Dieser Wert rechtfertigt für den Streitfall nicht die Annahme, dass bei 24 DM/qm ein Überpreis gezahlt worden wäre.

25

Nach Auffassung des Gerichts hat der Gutachter die bestehenden Prognosemöglichkeiten unter Berücksichtigung des Geschehens vor dem Stichtag und der absehbaren Marktentwicklung ausreichend ausgeschöpft. Die getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der Eigenart des Wirtschaftsgutes lassen einen hinreichend sicheren Schluss zu, dass zum Bilanzstichtag langfristig mit einem Anhalten der Wertminderung zu rechnen war. Bei seiner Prognose orientierte sich der Gutachter an dem für den Teilwert des betrieblichen Wirtschaftsguts maßgeblichen Faktor, nämlich der Entwicklung des Weinmarktes. An einer optimistischen, die Bodenpreise beeinflussenden Einschätzung des Weinmarktes vor Bekanntwerden des Weinskandals im Jahre 1985 orientierten sich dabei wohl auch die Anschaffungskosten des hier streitigen Grundstücks. Mit Bekanntwerden des Glykolskandals im Jahr 1985 erkannte der Gutachter deutlich geringere Erlöse im Fassweinverkauf in den Jahren 1986-1988. Die damit verbundenen geringeren Einnahmen führten zu abnehmenden Investitionsmöglichkeiten, welche nach Auffassung des Gutachters zur Reduzierung der Bodenpreise beitrugen. In der Folge beschäftigt er sich auch nachvollziehbar mit der Auswirkung einer Mengenregulierung in 1989. Gleichwohl seien Belastungen durch die nach wie vor bestehende übergroße Weinmenge sowie die Abstufung der Qualitäten vorhanden gewesen. Der Sachverständige schildert weiterhin, dass zwischen den Jahren 1992 bis 1994 sich diese Bedingungen auch auf eine weitere Reduzierung des Bodenwertes um rund 57 % seit 1987 auswirkten. Für die Jahre bis 1998/1999 stellte der Sachverständige sodann wieder eine bessere Vermarktungsstruktur und eine Besserung in der Finanzsituation der Weinbaubetriebe fest. Soweit sich dies preissteigernd im Bodenrichtwert widerspiegelte, kam es zu einer Erholung zum 31. Dezember 1999 auf 4,09 €/qm. In den Jahren bis 2004 kam es wieder zu einem Preisverfall, ab 2007 wieder zu einem Preisanstieg, der aber wiederum im oben beschriebenen Rahmen blieb und mit 4,20 € für den hier maßgeblichen Stichtag seinen Höchstwert erreichte. Gründe hierfür sieht der Sachverständige in der derzeit guten Nachfrage und Absatzmöglichkeit von Wein sowie dem Willen der Winzerbetriebe zu expandieren und eine für die Zukunft existenzgesicherte Grundlage für nachfolgende Betriebsleitergenerationen zu schaffen.

26

Trotz dieser (sich in einer Erholung des Bodenrichtwertes auf 6,50 €/qm zum 1. Januar 2016 dokumentierenden) Erholung am Markt für Fassweinproduzenten erkennt der Sachverständige gleichwohl zur Zeit keine Tendenz dahingehend, dass der ursprüngliche Kaufpreis von 12,27 €/qm wieder erreicht werden könnte. Damit zeigt sich deutlich, dass es derzeit auch eine Verbesserung der weinwirtschaftlichen Rahmenbedingungen absehbar nicht erwarten lässt, dass Werte jenseits der seit nunmehr annähernd 30 Jahre geltenden Schwankungsbreite erreicht werden könnten.

27

Auch mit seiner Entscheidung vom 27. Oktober 2010 (2 K 1877/07, nicht veröffentlicht) ging der erkennende Senat von dem Grundsatz aus, dass am Bilanzstichtag mehr Gründe für eine dauernde Wertminderung als dagegen vorliegen müssten. Im Rahmen einer typisierenden Betrachtung ist er damals zu der Auffassung gelangt, dass bei den land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in Anbetracht einer über Jahrzehnte und generationenübergreifenden Nutzung und der Nichtreproduzierbarkeit des Wirtschaftsgutes eine Erholung auf ursprüngliche Anschaffungskosten zu erwarten ist. Deshalb sah er im damaligen Streitfall keine Gründe für die Annahme einer dauernden Wertminderung.

28

Dieser grundsätzlichen Annahme einer theoretisch bestehenden Möglichkeit der Preiserholung folgt der Senat nicht mehr. Andererseits sieht er keine Möglichkeit einer an einer typisierenden Betrachtung orientierten Prognoseentscheidung.

29

In einem Urteil des Finanzgerichts München vom 12. November 2012 (7 K 1667/09, nicht veröffentlicht) wird hierzu ausgeführt, dass ein Verzicht auf eine an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose zu Gunsten einer typisierenden Herangehensweise nicht deswegen in Betracht komme, weil landwirtschaftliche Grundstücke als Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens häufig zeitlich unbeschränkt, teilweise über Generationen hinweg, im Betrieb genutzt werden. Die Rechtsprechung zu abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Denn bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern werde ein anhaltender Wertverlust nur dann angenommen, wenn die Wertminderung mindestens während der halben Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts andauere, wobei die Restnutzungsdauer anhand der amtlichen AfA-Tabellen bestimmt werden könne. Andernfalls liege eine bloße Wertschwankung vor. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofes gebiete das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip hier nicht die Annahme eines kürzeren Prognosezeitraums. Das Vorsichtsprinzip wiege bei Gegenständen, die der Abnutzung unterlägen, auch deswegen weniger schwer, weil Wertminderungen durch die AfA allmählich wieder aufgeholt würden (BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 22/05, Bundessteuerblatt II 2006, 680).

30

Diese Argumentation ist jedoch nach Auffassung des Finanzgerichts München nicht auf nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter wie Grund und Boden übertragbar. So lasse sich aufgrund der grundsätzlich unbefristeten Existenz dieses Wirtschaftsguts bzw. der langfristigen Nutzung im landwirtschaftlichen Betrieb, gegebenenfalls über Generationen hinweg, die Dauer der (Rest-) Nutzung nur schwer bestimmen bzw. diese sei zeitlich unbegrenzt. Dadurch würde das Abstellen auf die zum Stichtag verbleibende Dauer der Nutzung im Betrieb regelmäßig dazu führen, dass aufgrund der unbestimmt langen Restnutzung faktisch keine Teilwertabschreibungen zu belegen wären. Während bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern Wertverluste bis zu ihrem wirtschaftlichen Verbrauch im Betriebsvermögen nur vorübergehend nicht berücksichtigt würden und spätestens dann ausgeglichen würden, wenn sie abgeschrieben seien, sei dies bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern nicht der Fall. Bei Wirtschaftsgütern wie Grund und Boden wiege das handelsrechtliche Vorsichtsprinzip daher schwerer als bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern, weil die Differenz zwischen Teilwert und Buchwert durch planmäßige Abschreibungen nicht ausgeglichen werde. Dies spreche für eine individuelle an der Eigenart des Wirtschaftsguts ausgerichtete Prognose, die gegebenenfalls auch zu einem kürzeren Prognosezeitraum führen könne.

31

Einer derartigen, auf die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles abstellende Betrachtung folgt die vorliegende Entscheidung.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.

33

Für eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) bestand kein Grund. Im Streitfall handelt es sich um eine Einzelfallwürdigung, bezüglich derer die anzuwendenden Rechtsfragen geklärt sind (BFH-Beschluss vom 29. Juli 2014 I B 188/13, BFH/NV 2014, 371).

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