Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (4. Senat) - 4 K 1702/16


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Eheleute. Der Ehemann bezieht Arbeitslohn aus einem nichtselbständigen Dienstverhältnis als Obergerichtsvollzieher. Zur Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beantragte er die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von insgesamt 13.642 €. Darin enthalten waren Personalkosten in Höhe von 12.852 €. Der Kläger beschäftigte hiernach drei Büroangestellte (Ehefrau, Tochter und eine Fremdkraft) für seinen Geschäftsbetrieb auf eigene Kosten.

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Bei der Veranlagung wurden die Lohnkosten im Hinblick auf ein beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz anhängiges Klageverfahren betreffend das Jahr 2012 (Az.: 4 K 1584/14) nicht berücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid 2014 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und wurde am 18. Dezember 2015 mit einfachem Brief zur Post aufgegeben.

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Mit dem Einspruch wandten sich die Kläger u.a. gegen die Nichtberücksichtigung der Lohnkosten.

4

Betreffend die Arbeitszeiten der Klägerin seien diese nunmehr ab April 2014 festgehalten worden. Dazu legten die Kläger Kopien der Dokumentation vor (Bl. 114 ff. ESt-A 2014). Hiernach könne nicht davon ausgegangen werden, dass die erbrachten erheblichen Tätigkeiten im Rahmen der unter Ehegatten üblichen familienrechtlichen Hilfeleistung erfolgt seien. Lediglich bei den Kernaufgaben des Klägers handle es sich um nicht delegierbare hoheitliche Tätigkeiten (z.B. Vollstreckungshandlungen vor Ort). Alle anderen Tätigkeiten könnten hingegen delegiert werden. Die Arbeitszeitnachweise seien von der Klägerin erstellt und vom Kläger auf deren Richtigkeit geprüft worden. Ergänzend fügten die Kläger Kopien der Schreiben des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz vom 05. Februar 2016 und des Hessischen Ministeriums der Justiz vom 19. Januar 2016 vor, in denen auf die Notwendigkeit der Beschäftigung von Büro- und Schreibhilfen seitens von Gerichtsvollziehern hingewiesen wurde.

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Der Beklagte erließ aus anderen Gründen einen Teilabhilfebescheid mit Datum vom 27. April 2016 und wies im Übrigen mit Entscheidung vom 10. Mai 2016 den Einspruch als unbegründet zurück.

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Er führte hierzu im Wesentlichen aus:

7

Grundsätzlich stehe es Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig seien. Die steuerrechtliche Anerkennung des Vereinbarten setze jedoch voraus, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen seien, inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprächen und so auch durchgeführt würden. Sie müssten demnach dem sog. Fremdvergleich standhalten.

8

Dieser Fremdvergleich müsse durchführt werden, da es in der Regel innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem natürlichen Interessengegensatz mangele, so dass zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden könnten. Durch die gleichgelagerten Interessen beider Vertragsparteien sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Vertragsgestaltung aus rein steuerrechtlichem Interesse vorgenommen werde. Im Hinblick auf eine solche Gestaltung und Durchführung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen würden deshalb besondere und strenge Anforderungen gestellt. Grundsätzlich würden Verträge zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt, wenn sie der Erzielung von Einkünften dienten, ernsthaft vereinbart seien und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt würden, wobei Gestaltung und Durchführung des Vereinbartem dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen müsse. Dabei könnten einzelnen Beweisanzeichen der Vertragsgestaltung je nach Lage des Falles unterschiedliche Bedeutungen zukommen. Dementsprechend schließe nicht jede Abweichung vom Üblichen notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des gesamten Vertragsverhältnisses aus. Allerdings seien an den Nachweis, dass es sich um ein ernsthaftes Vertragsverhältnis handele, um so strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuteten.

9

Um Verträge mit nahen Angehörigen nicht kategorisch abzulehnen und Vertragsverhältnisse zwischen diesen Personen damit schlechter zu stellen, als Vertragsverhältnisse zwischen fremden Dritten, müsse ein sog. Fremdvergleich durchgeführt werden, um zu entscheiden, ob der jeweilige Vertrag anzuerkennen sei oder nicht. Dieser Fremdvergleich diene der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich oder dem Bereich der Einkünfteerzielung zuzuordnen sei.

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Die im Einspruchsverfahren vorgelegten Arbeitszeitdokumentationen der Klägerin entsprächen objektiv nicht den Anforderungen eines Fremdvergleiches. Auf den Nachweisen seien lediglich der Name der Klägerin und die Tage mit Arbeitszeit vermerkt, an denen sie gearbeitet habe. Eine Angabe über die Tätigkeit, wann die Dokumentation erstellt oder dass sie geprüft worden sei, sei auf dem Nachweis nicht vorhanden. Diesbezüglich werde auf das obige Urteil des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz wegen der Einkommensteuer 2012 und die dortigen Ausführungen zur Dokumentation der Arbeitsleistung der Klägerin verwiesen.

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Zudem sei es unter Fremden nicht üblich, lediglich eine regelmäßig monatlich zu erbringende Arbeitszeit festzulegen, ohne das bestimmt werde, wann diese Arbeitszeit zu leisten sei bzw. wem die Bestimmung überlassen sei. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag nicht, wer das Bestimmungsrecht habe. Denn in § 5 des Arbeitsvertrages sei ausdrücklich festgehalten, dass eine feste Dienstzeit nicht festgelegt werde. Lediglich bezüglich des Telefondienstes und der Abwicklung des Publikumsverkehrs sei insofern eine Festlegung enthalten. Im Übrigen habe der Beklagte die Arbeitsverhältnisse mit der Tochter und einer Fremdkraft anerkannt und damit der vorgetragenen Arbeitsbelastung des Klägers als Gerichtsvollzieher und der einhergehenden Einstellung von Bürohilfen Rechnung getragen.

12

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage.

13

Hierzu führen die Kläger weiter vertiefend aus:

14

Der Kläger sei seit 1986 als Gerichtsvollzieher tätig. Von Beginn seiner Tätigkeit an beschäftige der Kläger Bürogehilfen. Die Aufwendungen, die dem Kläger für seine Bürokräfte entstanden seien, seien vom Kläger fortlaufend als Werbungskosten abgerechnet und vom Beklagten im erklärten Umfang ohne Beanstandung in der Vergangenheit anerkannt worden. Erstmals im Besteuerungsjahr 2012 sei der Abzug der Aufwendungen für die Bürokräfte in Frage gestellt worden. Soweit der Aufwand für das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht anerkannt worden sei, seien die Kläger beschwert.

15

Für das Veranlagungsjahr 2012 sei beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz ein Klageverfahren (4 K 1584/14) anhängig gewesen. Der Werbungskostenabzug für die Beschäftigung der Klägerin sei in diesem Verfahren nicht anerkannt worden, im Wesentlichen mit der Begründung, es sei nicht hinreichend plausibel, dass der Kläger Arbeiten habe delegieren können, die die Beschäftigung von insgesamt drei Teilzeitmitarbeitern rechtfertige. Auf diese Begründung habe sich der Beklagte für den Veranlagungszeitraum 2014 im Wesentlichen zurückgezogen und ergänzend ausgeführt, der Kläger habe im Verfahren zwar Stundennachweise über die Tätigkeiten, die die Klägerin erbracht habe, vorgelegt, hieraus würden sich aber die jeweiligen Tätigkeiten der Klägerin nicht ergeben.

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In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass Ehegatten ein Arbeitsverhältnis bzw. Unterarbeitsverhältnis untereinander eingehen könnten und die hierfür notwendigen Aufwendungen steuermindernd zu berücksichtigen seien. Auch der Kläger habe Büroarbeiten zu erledigen, die nicht mit einer Hoheitstätigkeit verbunden seien und für deren Erledigung er sich nach der Gerichtsvollzieherverordnung -GVO- explizit Bürokräften bedienen könne, wenn dies sein Geschäftsbetrieb erfordere. Nach der GVO des Landes Rheinland-Pfalz, hier § 33 Abs. 1 GVO, habe der Gerichtsvollzieher Büroangestellte auf eigene Kosten zu beschäftigen, soweit dies sein Geschäftsbetrieb erfordere. Aus der gesetzlichen Regelung sei bereits zu erkennen, dass es für das Berufsbild des Gerichtsvollziehers üblich sei, dass er Teile seiner Tätigkeit auf Büroangestellte auslagere. Der Gerichtsvollzieher sei für das Beschäftigungsverhältnis verantwortlich, d.h. er habe die Einstellung und die Auswahl der Büroangestellten vorzunehmen, sie zu entlohnen und die Tätigkeiten zu überwachen.

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Der Kläger sei, um seiner originären Tätigkeit als Gerichtsvollzieher nachgehen zu können, auf die Beschäftigung von Personal angewiesen. Er könne dabei nichthoheitliche Aufgaben delegieren, die er natürlich entsprechend zu überwachen habe. Das Personal unterstütze ihn bei diesen Aufgaben, die er nicht zwingend selbst zu erledigen habe, denn  hierfür fehle dem Kläger schlichtweg die Zeit. Im Jahr 2014 habe der Kläger 2.364 Zwangsvollstreckungs- und 340 Zustellungsaufträge zu bearbeiten gehabt. Diese Vorgänge müssten im Büro erfasst werden, Akten müssten an- und abgelegt werden, Korrespondenz sei zu führen, etc. Bei diesen aufgezählten Tätigkeiten handele es sich nicht um hoheitliche Aufgaben, die der Kläger selbst und höchstpersönlich zu erledigen habe. Es seien im Streitjahr 2.991 Buchungen getätigt worden. Zudem hätten ca. 850 Termine in dem Büro des Klägers stattgefunden. Es seien monatlich in ca. 130 laufenden Verfahren die seitens der Schuldner monatlich zu zahlenden Raten zu überwachen gewesen. In Erledigung des Geschäftsanfalls des Jahres 2014 seien folgende Arbeiten angefallen:

        

die eingegangenen Vollstreckungs- und Zustellungsaufträge seien registermäßig erfasst worden, diese seien nach Erledigung registermäßig ausgetragen und weggelegt worden, ca. 1.100 Einsichtnahmen beim Vollstreckungsportal seien getätigt worden, ca. 900 Eintragungen seien beim Zentralen Vollstreckungsgericht vollzogen worden, ca. 500 Auskünfte seien bei den Einwohnermeldeämtern eingeholt worden, 536 Abschriften von Vermögensverzeichnissen seien gefertigt und an die Gläubiger übersandt worden, ca. 1.700 Kopien seien gefertigt worden, ca. 2.500 Seiten seien ausgedruckt und zu sortierten gewesen und ca. 6.000 Schreiben (davon ca. 1.300 Postzustellungsaufträge) seien gefertigt und versandt worden.

18

Von diesen Aufgaben seien folgende Aufgaben delegiert worden:

        

die eingegangenen Vollstreckungs- und Zustellungsaufträge seien registermäßig erfasst worden, nach Überprüfung durch den Kläger auf Richtig- und Vollständigkeit der Erfassung seien Aktenhüllen sowie die entsprechenden Einlegeblätter ausgedruckt worden, ca. 1.000 Einsichtnahmen seien beim Vollstreckungsportal vorgenommen worden, ca. 500 Auskünfte seien bei den Einwohnermeldeämtern eingeholt worden, 536 Abschriften von Vermögensverzeichnissen seien ausgedruckt und an die Gläubiger übersandt worden, ca. 1.500 Kopien seien gefertigt worden, ca. 23.000 Seiten seien ausgedruckt und sortiert worden, ca. 5.000 Schreiben (davon ca. 1.100 Postzustellungsaufträge) seien verfasst worden, ca. 6.000 Briefsendungen seien kuvertiert und frankiert worden, die erledigten Verfahren seien registermäßig ausgetragen und weggelegt worden, Fristen seien überwacht und Akten vorgelegt worden, die Eingangspost sei zu den jeweiligen Sachakten beigefügt worden, ob die Zustellungsurkunden der Postzustellungsaufträge zurückgelangten, sei überwacht worden und sodann diese ebenfalls zu den jeweiligen Sachakten zugeordnet worden.

19

Bisher sei das Pensum eines Gerichtsvollziehers nach dem "Bad Nauheimer Schlüssel" ermittelt worden, der Aussagen über die Geschäftsbelastung und das Pensum eines Gerichtsvollziehers getroffen habe. Diese Empfehlungen könnten nach der Reform der Sachaufklärungsbestimmungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung und entsprechenden Änderungen der Zivilprozessordnung –ZPO- durch die zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Änderungen des Zwangsvollstreckungsrechts und der damit verbundenen geänderten Verfahrensabläufe nur noch bedingt angewandt werden. Daher werde derzeit ein neues bundesweites Modell zur Ermittlung der Geschäftsbelastung und der sich hieraus resultierenden Pensums eines Gerichtsvollziehers erarbeitet. Hierzu habe federführend das Bayerische Staatsministerium der Justiz im Januar 2015 eine Erhebung vorgelegt mit dem Ergebnis, dass für die Erledigung eines Vollstreckungsverfahrens 108 Minuten zu veranschlagen seien. Im Zuge der Erhebungen durch das Bayerische Staatsministerium sei auch ermittelt worden, welche Arbeiten durch den Gerichtsvollzieher an Mitarbeiter delegiert werden könnten und welcher zeitliche Aufwand hier zu veranschlagen sei.

20

Der Geschäftsanfall in dem Büro des Klägers habe im Jahr 2014 im Einzelnen wie folgt ausgesehen:

1.736 Zwangsvollstreckungsverfahren + 241 Zustellungsverfahren = 1.950 Verfahren insgesamt.

Somit ergebe sich folgende Berechnung:

1.950 Verfahren x 108 Minuten = 210.600 Minuten ./. durch 60 Minuten = 3.510 Stunden Diese 3.510 Stunden, wiederum durch 52 Wochen geteilt, ergäben eine Arbeitszeit von 67,5 Stunden in der Woche. Der Kläger habe als Beamter eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Ohne Einsatz von zusätzlichen Arbeitskräften hätte er andernfalls wöchentlich 27,5 Stunden an Überstunden zu leisten.

21

Vor diesem Hintergrund sei das Ehegattenarbeitsverhältnis anzuerkennen. Unter Hinweis auf den geänderten Arbeitsvertrag führen die Kläger aus, dass die einzelnen von der Klägerin zu erbringenden Leistungen konkretisiert seien, zudem seien die Arbeitsstunden dokumentiert, die auch vom Kläger kontrolliert würden.

22

Im Einzelnen gliederten sich die an die Klägerin delegierten Tätigkeiten, die sie innerhalb der in den Aufzeichnungen festgehaltenen Arbeitszeit erledige, wie folgt auf:

        

Austragen und Weglegen der erledigten Verfahren, Fristenüberwachung und entsprechende Vorlage der Akten, Vorbereitung der Terminsakten, Beifügen eingehender Post, insbesondere Beifügen der zurückgelangten Postzustellungsurkunden zu den jeweiligen Verfahrensakten, Fertigen von Kopien, Einholen von EMA-Auskünften, einfaches Schreibwerk und Postausgang, Abwicklung der Telefonate und des Publikumsverkehrs während der Abwesenheit des Klägers.

23

Bei diesen Arbeiten handele es sich um täglich wiederkehrende Arbeiten. Soweit der Beklagte die Aufzeichnungen mit der Begründung nicht anerkenne, aus den Aufzeichnungen ergebe sich nicht, welche Arbeitsleistungen die Klägerin im Einzelnen an ihrem jeweiligen Arbeitstag erbracht habe, entspreche es nicht der Praxis, dass Angestellte Aufzeichnungen über ihre während der Arbeitszeit im Einzelnen geleisteten Tätigkeiten fertigten. Es sei überzogen und auch nicht mit der allgemeinen Praxis in Einklang zu bringen, von dem Kläger und der Klägerin zu verlangen, dass die Klägerin im Einzelnen Aufzeichnungen tätige über die von ihr pro Arbeitstag geleisteten Arbeiten. Der Kläger könne anhand der EDV, der Unterschriftenmappe und der Sichtung der eingehenden Post nachvollziehen, ob die Angaben der Klägerin über ihre Arbeitsleistungen plausibel seien. Weitere Überwachungsmöglichkeiten stünden dem Kläger auch hinsichtlich der beiden weiteren Beschäftigten nicht zur Verfügung, regelmäßig aber auch keinem Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern. Durch die vorgelegten Arbeitsverträge und Aufzeichnungen sei nachgewiesen, dass das zwischen dem Kläger und der Klägerin begründete Arbeitsverhältnis ernstlich gewollt und gelebt werde, es habe einen klaren und eindeutig geregelten Inhalt und halte einem Fremdvergleich stand.

24

In dem Geschäftsbetrieb des Klägers arbeiteten seine Mitarbeiterin, Frau M. F., donnerstags in der Zeit von 16:00 Uhr bis 18:30 Uhr, also 2 ½ Stunden, seine Tochter N. M., montags und donnerstags jeweils in der Zeit von 8:30 Uhr bis 11:30 Uhr, also in Summe 6 Arbeitsstunden pro Woche und die Klägerin zu 10 Wochenstunden. In Summe beschäftige der Kläger also weniger als eine halbe Arbeitskraft und das, obwohl er mehr Pensen zu erledigen habe, als in dem Bericht des Bayerischen Staatsministeriums zu Grunde gelegt werde. Des Weiteren sieht sich der Kläger aufgrund einer Organisationsuntersuchung zur Personalsituation der Gerichtsvollzieher in Baden-Württemberg bestätigt.

25

Angesichts eines Arbeitsvolumens von ca. 67,5 Wochenstunden liege es auf der Hand, dass der Kläger sich der Unterstützung von Mitarbeitern bedienen müsse. Im Jahr 1997 sei der Bürokostenbetrag bei einer Belastung von 100% (ein Pensum) mit 38.000 DM jährlich - 26.000 DM Personalkosten und 12.000 DM Sachkostenanteil – ermittelt worden. Wegen der Auswirkung der zweiten ZPO Novelle im Jahr 1999 seien die Kosten zunächst vorläufig pauschal um weitere 8.000 DM erhöht worden. Hinzu kämen jährliche Fortschreibungen für Lohnerhöhungen. Wie sich aus dem Kostenkatalog ergebe, gehe selbst die Justizverwaltung nicht davon aus, dass eine Arbeitskraft mit lediglich fünfeinhalb Stunden pro Woche bzw. 22 Stunden pro Monat zur Bewältigung der delegierbaren Arbeiten ausreichend sei.

26

Dass der Kläger der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt habe, flexibel zu arbeiten, habe in erster Linie mit seinem eigenen Bedarf zu tun. Der Kläger habe im Voraus seine eigene Arbeitswoche geplant und dann mit der Klägerin abgestimmt, an welchen Tagen sie arbeite. Auch das Finanzgericht Baden-Württemberg habe im Urteil vom 09. Mai 2012 (Az.: 4 K 3278/11) für einen Dienstleistungsvertrag innerhalb der Familie entschieden, dass es einem Fremdvergleich standhalte, wenn der genaue zeitliche Rahmen, wann Dienstleistungen zu erbringen seien, nicht im schriftlichen Vertrag fixiert sei, sondern wöchentlich abgestimmt werde.

27

Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2014 vom 18. Dezember 2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 27. April 2016 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2016 bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 6.130,44 € steuermindernd zu berücksichtigen.

28

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen

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Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und führt aus, dass die Arbeitszeit der zwei anderen Mitarbeiterinnen arbeitsvertraglich festgelegt sei. Die Arbeitszeit der Klägerin hingegen sei nicht festgelegt. Die Arbeitszeit sei nach Weisung des Arbeitgebers zu erbringen. Im Fall der Kläger liege kein steuerlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis vor, da weder Arbeitszeiten vereinbart seien noch Regelungen zur Einhaltung der vereinbarten Arbeitsstunden bestanden hätten. Die vorgelegten empirischen Daten seien für die steuerliche Beurteilung unmaßgeblich.

30

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die von der Klägerin gefertigten Dokumentationen hinsichtlich der von ihr geleisteten Arbeitszeiten (Bl. 114 ff. ESt-A 2014) in Augenschein genommen.

Entscheidungsgründe

31

Die Klage ist unbegründet.

32

I. Denn der Einkommensteuerbescheid 2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 27. April 2016 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2016 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-). Der Beklagte hat nämlich zu Recht den weiteren Werbungskostenabzug versagt und das Ehegattenarbeitsverhältnis der Kläger nicht anerkannt. Bezüglich dieses Vertrages ist jedenfalls die tatsächliche Durchführung nicht nachgewiesen.

33

1. Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen motiviert sind, ist die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten unter Würdigung aller Umstände (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Oktober 1997 X B 59/97, BFH/NV 1998, 448, und vom 23. Dezember 2013 III B 84/12, BFH/NV 2014, 533). Unter anderem ist hierbei Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen (vgl. BFH-Urteile vom 16. Dezember 1998 X R 139/95, BFH/NV 1999, 780; vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, BStBl II 2000, 386, und vom 17. Juli 2013 X R 31/12, BStBl II 2013, 1015). Maßgebend sind die äußerlich erkennbaren Merkmale (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 VIII R 69/98, BStBl II 2002, 353). Die Frage der ausreichenden Arbeitszeitnachweise betrifft dabei in der Regel nicht die Frage der Fremdüblichkeit der Arbeitsbedingungen, sondern hat vorrangig Bedeutung für den dem Steuerpflichtigen obliegenden Nachweis, dass der Angehörige tatsächlich Arbeitsleistungen jedenfalls in dem vertraglich vereinbarten Umfang erbracht hat (BFH-Urteil vom 17. Juli 2013 X R 31/12, BStBl II 2013, 1015).

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2. Hiernach ist es unter Fremden gerade nicht üblich, lediglich eine „regelmäßige“ monatlich zu erbringende Arbeitszeit festzulegen, ohne dass bestimmt wird, wann diese Arbeitszeit zu leisten ist (vgl. auch Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 06. November 2012, 9 K 2351/12 E, juris; Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 24. September 2014, 3 K 1014/13, EFG 2014, 2123). Zwar enthält der Änderungsvertrag vom 4. April 2014 die Klausel, wonach die Arbeitszeit nach Weisung des Arbeitsgebers zu erbringen ist und die geleisteten Arbeitsstunden zu dokumentieren sind. Gleichwohl enthalten die in der mündlichen Verhandlung eingesehen „Stundenzettel“ eine derartige Bandbreite von einerseits nur 0,75 Stunden an einem Tag bis hin zu 5 Stunden an einem Tag, ohne dass der unterschiedliche Zeitumfang plausibilisiert und leicht für jedermann überprüfbar wäre. Denn dem jeweiligen Zeitumfang wurde kein bestimmtes Arbeitsergebnis gegenübergestellt. Insoweit handelt es sich auch nicht um für die Anerkennung des Arbeitsverhältnisses objektivierbare Aufzeichnungen, sondern lediglich um Eigenbelege der Steuerpflichtigen ohne weitere Aussagekraft. Soweit angeführt wird, der Kläger habe anhand der erstellten Arbeitsergebnisse der Klägerin die Angaben über die geleistete Arbeitszeit auf ihre Schlüssigkeit hin überprüft, ist dieser Vortrag nicht weiter glaubhaft gemacht. Mangels hierzu verwertbarer Angaben in den Arbeitszeitdokumentationen hätte eine solche Schlüssigkeitsprüfung nur durch zeitnahe Heranziehung der in 2014 zu bearbeitenden Zwangsvollstreckungs- und Zustellungsaufträge erfolgen können. Hierzu haben die Kläger jedoch gerade nichts weiter vorgetragen.

35

3. Wie bei sonstigen Eigenbelegen des Steuerpflichtigen auch müssen solche Aufzeichnungen gerade für steuerliche Zwecke – wie hier für die steuerliche Berücksichtigung weiterer Werbungskosten - eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein. Da es mangels weiterer Angaben hieran fehlt, scheidet auch ihre Verwertbarkeit im Steuerverfahren aus.

36

Damit ist es den Klägern auch weiterhin nicht gelungen, die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses zur Überzeugung des Senates nachzuweisen. Dem Steuerpflichtigen obliegt nämlich der Nachweis, dass der Angehörige tatsächlich Arbeitsleistungen jedenfalls in dem vertraglich vereinbarten Umfang erbracht hat (BFH-Urteil vom 17. Juli 2013 X R 31/12, a.a.O.). Die angeblich geleisteten Arbeitsstunden konnten in keiner Weise verifiziert werden. Hierzu hätte es einer auf die jeweiligen Tage bezogenen substantiierte Auflistung von durch die Klägerin geleistete Arbeiten bedurft, die insoweit auch gesicherte Rückschlüsse auf die damit geleisteten Arbeitszeiten hätten erlauben können. Dadurch, dass die Klägerin die Arbeit zu Hause leisten konnte, war ohne tätigkeitsbezogene Auflistung für den jeweiligen Tag eine Kontrolle, ob sie tatsächlich 10 Stunden pro Woche arbeitete, nicht möglich. Hieran fehlt es jedoch auch weiterhin, so dass auf die zwischen den Beteiligten ergangene Entscheidung des Senats für das Kalenderjahr 2012 (Az. 4 K 1584/14) Bezug genommen werden kann.

37

4. Soweit ein Beweis durch Zeugenvernehmung angeboten wurde, war dem nicht zu entsprechen, da die benannten Zeugen hierzu allenfalls nur Angaben im Hinblick auf zeitlich nur punktuelle eigene Wahrnehmungen hätten machen können, zumal die Klägerin nach eigenem Vortag in diesen Zeitabschnitten, in denen die benannten Zeuginnen vor Ort waren, gerade keine Arbeiten zu verrichten hatte. Insoweit war der Beweisantrag nicht ausreichend. Das Finanzgericht ist nicht verpflichtet, unsubstantiierten Beweisanträgen nachzugehen (BFH-Beschlüsse vom 07. November 2012 I B 172/11, BFH/NV 2013, 561; vom 18. November 2013 III B 45/12, BFH/NV 2014, 342; Thüringer Finanzgericht, Urteil vom 24. September 2014, 3 K 1014/13, a.a.O.). In welchem Maße eine solche Substantiierung zu fordern ist, hängt von der im Einzelfall bestehenden Mitwirkungspflicht des Beteiligten ab. Dabei stehen der zumutbare Inhalt und die Intensität der richterlichen Ermittlungen notwendigerweise im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beteiligten, die gemäß § 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO eine Pflicht zur Förderung des finanzgerichtlichen Verfahrens haben. Zu berücksichtigen ist deshalb auch, ob die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, dem Wissens- und Einflussbereich des Beteiligten (Beweisführers) zuzurechnen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2006 V B 199/05, BFH/NV 2006, 2098; vom 03. April 2008 I B 77/07, BFH/NV 2008, 1445), und ob diese auch konkret genug benannt werden, dass ihre Erheblichkeit beurteilt werden kann (vgl. BFH-Beschlüsse vom 03. August 2005 I B 9/05, BFH/NV 2005, 2227; vom 21. April 2004 XI B 229/02, BFH/NV 2004, 980, vom 1. Februar 2007 VI B 118/04, BStBl II 2007, 538 , und vom 12. Dezember 2007 I B 134/07, BFH/NV 2008, 736). Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträgen muss das Gericht nicht nachgehen (vgl. BFH-Beschluss vom 02. März 2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006, 1132). Im vorliegenden Fall hätte es vielmehr der konkreten Darstellung bedurft, wann genau welche Tätigkeiten von der Klägerin ausgeübt worden sind und welcher Zeuge dies konkret hätte bestätigen sollen.

38

5. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab; er folgt den insoweit zutreffenden Gründen der Einspruchsentscheidung (§ 105 Abs. 5 FGO).

39

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

40

III. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 115 Abs. 2 FGO). Die Grundsätze für die Anerkennung von Ehegattenarbeitsverhältnissen sind bereits mehrfach höchstrichterlich konkretisiert.

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