Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht (5. Senat) - 5 KO 101/11

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Tatbestand

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I. Mit seiner am 13. Dezember 2010 beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht eingegangenen Klage (Az: 5 K 265/10) wandte sich der Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2007, den Umsatzsteuerbescheid 2007 und den Gewerbesteuermessbetragsbescheid für 2007. Nach Abtrennung des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2007 aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts und einem Wechsel des Prozessbevollmächtigten nahm der Kläger durch Schriftsatz seines neuen Prozessbevollmächtigten vom 04. April 2011 hinsichtlich des Gewerbesteuermessbetrages für das Jahr 2007 die Klage zurück. Zugleich wurde eine bis dahin nicht vorliegende Klagbegründung für die hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2007 aufrechterhaltene Klage angekündigt. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass weiterhin Bemühungen bestünden, mit dem Finanzamt eine einvernehmliche Regelung herbeizuführen. Mit Beschluss des Berichterstatters vom 06. April 2011 wurde daraufhin das Verfahren betreffend den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007 von dem Verfahren 5 K 265/10 abgetrennt und unter dem Az. 5 K 67/11 eingestellt. Nach einer einvernehmlichen Regelung zwischen dem Kläger und dem Finanzamt nahm der Kläger schließlich auch die aufrechterhaltene Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 in der Sache 5 K 265/10 mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 zurück.

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Mit Kostenrechnung vom 29. April 2011 wurden dem Kläger - ausgehend von dem Mindeststreitwert von 1.000 € - in dem abgetrennten Verfahren 5 K 67/11 Gerichtsgebühren in Höhe von 110 € in Rechnung gestellt.

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Hiergegen hat der Kläger am 12. Mai 2011 die vorliegende Erinnerung eingelegt.

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Er macht geltend, dass in dem abgetrennten Verfahren keine Gerichtskosten erhoben werden könnten. Jedenfalls liege ein Fall der unrichtigen Sachbehandlung nach § 21 GKG vor. Eine Abtrennung sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Dies könne nicht in der Weise zu Lasten des Klägers gehen, dass diesem durch die Abtrennung Mehrkosten entstünden. Eine Verfahrenstrennung dürfe mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht willkürlich sein. Eine Willkür sei insbesondere dann nicht gegeben, wenn die Verfahrenstrennung dazu diene, den Prozessstoff zu ordnen und übersichtlicher zu gestalten. Eine derartige Rechtfertigung sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Klage sei zum Zeitpunkt der Abtrennung noch nicht begründet gewesen. Es habe daher noch keinen zu ordnenden Prozessstoff gegeben. Das zukünftige Vorbringen hätte sich nur noch auf die streitige Einkommensteuer 2007 bezogen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sei eine Verfahrenstrennung nicht erforderlich gewesen. Im Übrigen sei dem Gericht auch damals bereits mitgeteilt worden, dass zwischen den Beteiligten weiterhin Einigungsversuche unternommen würden. Ein sachlicher Grund für die Verfahrenstrennung sei daher nicht ersichtlich.

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Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Erinnerung ist nach § 66 Abs. 1 GKG statthaft. Sie ist jedoch unbegründet.

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1. Die kostenrechtlich getrennte Behandlung der Verfahren 5 K 67/11 und 5 K 265/10 ist nicht zu beanstanden. Kommt es zu einer Abtrennung von Verfahrensteilen (§ 73 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), ist für jeden Verfahrensteil rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung ein Einzelstreitwert anzusetzen (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 139 FGO Rz. 234; Gräber/Koch, FGO, 7. Aufl., § 73 Rz. 29; BFH, Beschluss vom 22. September 2008 II E 14/07 zitiert nach juris). Für die Verfahrensgebühr ist in diesem Fall ebenfalls nicht von einem Gesamtstreitwert, sondern jeweils von Einzelstreitwerten auszugehen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO-FGO, vor § 135 FGO Rz. 106; BFH, Beschluss vom 22. September 2008 II E 14/07 zitiert nach juris). Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz des - von dem Kläger auch der Höhe nach nicht beanstandeten - Mindeststreitwerts von 1.000,00 € nach § 52 Abs. 1 und Abs. 4 GKG sowie der Ansatz von 2,0 Gerichtsgebühren gemäß KV Nr. 6111 zum GKG für das abgetrennte Verfahren grundsätzlich nicht zu beanstanden.

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2. Entgegen der Auffassung des Klägers kann im Streitfall aber auch nicht von einer Erhebung der Kosten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abgesehen werden. Nach dieser Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die von dem Erinnerungsführer als unberechtigt angesehene Trennung des Verfahrens nach Teilrücknahme, die einen selbständigen und abgrenzbaren Teil der Klage, nämlich den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2007, betraf, begründet keine unrichtige Sachbehandlung. Die Berufung eines Erinnerungsführers auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG kann nicht dazu führen, rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen - hier die Verfahrenstrennung nach § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO -, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH, Beschlüsse vom 03. Juni 1997 VIII E 2/97, BFH/NV 1997, 891; vom 23. Februar 2006 II E 7/05, BFH/NV 2006, 1311, vom 22. September 2008 II E 14/07, zitiert nach juris). Ausnahmen hiervon kommen daher nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht (BFH, Beschluss vom 22. September 2008 II E 14/07, zit. nach juris; Hartmann in: Kostengesetze, 41. Aufl., § 21 GKG Rn. 8). Ein solcher Verstoß ist im Streitfall allerdings nicht ersichtlich. Die Entscheidung über die Trennung mehrerer in einem Verfahren zusammengefasster Klaggegenstände nach § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO steht im Ermessen des Gerichts. Anhaltspunkte für eine offensichtliche Ermessensfehlerhaftigkeit bestehen hier entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht. Nimmt ein Kläger - wie im Streitfall - die Klage wegen einer von mehreren streitigen Steuerfestsetzungen oder Steuerarten zurück oder erledigt sich insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsche, hält der Kläger die Klage jedoch wegen anderer Zeiträume oder Steuerarten aufrecht, so ist - jedenfalls dann, wenn eine zeitnahe Erledigung des Restverfahrens nicht zu erwarten ist - eine Trennung der unterschiedlichen Klaggegenstände auch nach der Kommentarliteratur sachgerecht (vgl. Brandis in Tipke/Kruse AO/FGO § 73 FGO Rn. 10; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 73 FGO Rz. 33). Eine Trennung der Verfahren erscheint bei einer derartigen Konstellation im Hinblick auf eine aufgrund des unterschiedlichen Verfahrenslaufs übersichtlichere Ordnung des Streitgegenstandes - auch wenn im Streitfall eine Klagbegründung noch nicht erfolgt war - sowie aufgrund der einfacheren Gestaltung bei der Kostenentscheidung sinnvoll. Eine willkürliche Handhabung der Trennung, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluss vom 10. Juli 1996 (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Juli 1996, 2 BvR 65/95 u. a., NJW 1997, 649) angenommen hat, kann dagegen nicht angenommen werden. Denn anders als in dem Sachverhalt, der dem oben genannten Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts zugrunde lag, bestanden im Streitfall durchaus die oben genannten sachlichen Gründe für eine Verfahrenstrennung; auch in der Kommentarliteratur wird bei der vorliegenden Grundkonstellation die hier getroffene Ermessensentscheidung als sachgerecht eingestuft. Darüber hinaus konnte der Berichterstatter auch nicht davon ausgehen, dass eine zeitnahe Erledigung des Restverfahrens zum Zeitpunkt der Teilrücknahme zu erwarten war. Denn die Angabe des Klägervertreters, dass weiterhin Bemühungen mit dem Finanzamt im Hinblick auf eine einvernehmliche Regelung unternommen würden, sagte nicht darüber aus, wann diese Bemühungen abgeschlossen sein könnten und wie wahrscheinlich eine kurzfristige, das Restverfahren erledigende Einigung mit dem Beklagten in diesem Fall ist. Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls kein offensichtlicher Verstoß gegen eindeutige Vorschriften, der allein eine Nichterhebung von Kosten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG rechtfertigte, angenommen werden.

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Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).

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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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