Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hamm - 7 Ta 73/14
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss desArbeitsgerichts Dortmund vom 06.01.2014 – 2 BV 132/13 – wird als unzulässig verworfen; die seines Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
1
G r ü n d e
2I.
3Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Regelung eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans, die Einsetzung des durch ihn benannten Vorsitzenden sowie die Festlegung der Anzahl der Beisitzer für jede Seite auf drei begehrt. Die Arbeitgeberin hatte gemeint, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig, ein Beisitzer für jeden Betriebspartner reiche aus und der Person des Vorsitzenden werde widersprochen.
4Das Beschlussverfahren endete durch Vergleich vor dem Arbeitsgericht Dortmund vom 25.11.2013. Die Einigungsstelle wurde eingerichtet, die Anzahl der Beisitzer auf je zwei festgelegt und die Auswahl des Vorsitzenden der Einigungsstelle demVorsitzenden des Streitverfahrens übertragen. Auf den Vergleich Bl. 43 d.A. wird Bezug genommen.
5Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 06.01.2014 den Gegenstandswert auf 7.500,00 € festgesetzt und sich dabei auf den von der Streitwertkommission erarbeiteten Streitwertkatalog (vgl. Bader/Jörchel, NZA 2013, 809 ff.) berufen.
6Dagegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats mit seiner Beschwerde, die er ausdrücklich auch namens des Betriebsrats eingelegt hat. Er ist der Ansicht, dass an der bisherigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm festzuhalten sei, wonach neben dem Streit über die Zuständigkeit der Einigungsstelle der Streit über die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer mit jeweils einem weiteren halben Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG zu bemessen sei. Auch die Besonderheiten des Falles würden es rechtfertigen, allein wegen der Frage der Zuständigkeit der Einigungsstelle nur hierfür von einem Wert von 7.500,00 € auszugehen.
7Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 21.01.2014 nicht abgeholfen.
8II.
9Die im eigenen Namen eingelegte Beschwerde des Betriebsrates war als unzulässig zu verwerfen.
101.
11a.
12Die Unzulässigkeit folgt bereits daraus, dass der Betriebsrat selbst keinen eigenen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes gestellt hatte; vielmehr hatte nur der Verfahrensbevollmächtigte ‚um Streitwertmitteilung gebeten‘; im Zweifel ist dabei nur von eigenem Antrag des Bevollmächtigten auszugehen, da das Beschlussverfahren gerichtskostenfrei ist (§ 2 Abs. 2 GKG) und die Wertfestsetzung gem. § 33 GKG damit allein im Interesse des Bevollmächtigten liegt. Ohne eigenen Antrag fehlt indessen die Beschwerdebefugnis (ständige Rspr.; vgl. nur LAG Hamm, Beschluss vom 23.01.2006, 13 TaBV 168/05 bei juris).
13b.
14Der Beschwerde ist aber auch deswegen unzulässig, weil sie mit dem Ziel einer Streitwerterhöhung eingelegt wurde; es fehlt an der Beschwer für den Betriebsrat (Sächsisches LAG, Beschluss vom 24.04.2007, 4 Ta 41/07 (5) bei juris m.w.N.). Denn der Betriebsrat als Beschwerdeführer ist durch einen vermeintlich zu niedrig angesetzten Streitwert nicht belastet, was aber über § 33 Abs. 3 S. 1 RVG ausdrücklich verlangt wird, indem dort ein Mindestbeschwerdewert von 200 Euro angesetzt ist (so auch LAG Köln, Beschluss vom 21.10.2013, 7 Ta 231/13, NZA-RR 2014, 153).
15c.
16Soweit in der Rechtsmittelbelehrung der angegriffenen Entscheidung (nicht übereinstimmend mit § 33 Abs. 3 RVG) formuliert ist, jede Partei könne sofortige Beschwerde einlegen, führt dies nicht zur Zulässigkeit des vom Betriebsrat eingelegten Rechtsmittels. Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Rechtsmittelbelehrung, die mit den gesetzlich geregelten Erfordernissen des Rechtsmittels nicht im Einklang steht, die Anfechtbarkeit der ergangenen Entscheidung für sich allein nicht begründen (vgl. BAG vom 20.09.2000, 2 AZR 345/00 bei juris; BAG 10. Dezember 1986 - 4 AZR 384/86 - BAGE 53, 396, 401 f.; BAG 24. Februar 1988 - 4 AZR 614/87 - BAGE 57, 334, 338 m.w.N; BAG 10. März 1955 - 2 AZR 508/54 - BAGE 1, 289, 291).
172.
18Die zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht den Gegenstandswert in dem angegriffenen Beschluss zutreffend auf 7.500,00 € festgesetzt hat.
19Vorliegend haben die Beteiligten im Ausgangsverfahren um die Zuständigkeit der Einigungsstelle, die Person des Vorsitzenden wie auch um die Anzahl der Beisitzer gestritten. Hierbei handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG. Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nichtvermögensrechtlicher Natur. Um ein fallübergreifendes System zu erhalten, welches im Hinblick auf die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit im Beschlussverfahren adäquate Abstufungen zulässt und es damit erlaubt, dem Einzelfall gerecht zu werden, kann für die Ausfüllung des Ermessensrahmens des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits berücksichtigt werden, wobei der Grundtendenz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens zu entsprechen ist, Kosten zu begrenzen.
20Unter Anwendung dieser Grundsätze hält die Beschwerdekammer es unter Abänderung der bisherigen, vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zitierten Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm für falladäquat, im Verfahren über die Einsetzung der Einigungsstelle gem. § 98 ArbGG für die Frage der Zuständigkeit den Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zugrunde zu legen. Bei einem - ggf. zusätzlichen - Streit um die Person des Vorsitzenden und die Anzahl der Beisitzer ist der Gegenstandswert um je ein Viertel dieses Hilfswerts zu erhöhen.
21Die Beschwerdekammer sieht davon ab, die vom Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zutreffend angesprochenen bisherigen Entscheidungen der zuständigen Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm im Beschlussverfahren wiederzugeben. Die Abänderung dieser bisherigen Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass die einschlägige Auffangvorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG mit ihrem außerordentlich weiten Bewertungsrahmen und dem Hilfswert in Höhe von derzeit 5.000,00 € die Arbeitsgerichte vor die Aufgabe stellt, die im Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände in ein Bewertungssystem einzubinden, das adäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt; erforderlich ist die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze, um zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen (LAG Hamm, Beschluss vom 21.02.2014, 13 Ta 62/14). Maßgeblich ist allerdings dabei immer die Lage des Falles; es bedarf also einer auf die konkreten Umstände des einzelnen Verfahrens abgestimmten Wertfestsetzung.
22Nach diesen Grundsätzen war daran festzuhalten, dass mangels anderer Anhaltspunkte für die Frage des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens im Grundsatz an dem Hilfswert von derzeit 5.000,00 € gemäß §§ 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG festzuhalten ist. Allerdings ist gegenüber der Frage der offensichtlichen Zuständigkeit/offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle die Bedeutung der Frage zur Frage des Vorsitzenden und der Anzahl der Beisitzer deutlich abzustufen. Hinsichtlich der Person des Vorsitzenden gilt insbesondere, dass nach ständiger Rechtsprechung beider Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm eine Bindung an die in den jeweiligen Anträgen genannten Personen nicht besteht, weshalb eine vertiefende Auseinandersetzung hiermit in Verfahren nach § 98 ArbGG in aller Regel entbehrlich ist (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 04.10.2010, 13 TaBV 74/14 bei juris Rn. 50 ff. m.w.N.); LAG Hamm, Beschluss vom 17.12.2013, 7 TaBV 91/13 bei juris Rn. 40 m.w.N.). Legt man allerdings mit dieser Argumentation für den Streit um die Person des Vorsitzenden lediglich ein Viertel Hilfswert zugrunde, so kann für die Anzahl der Beisitzer nichts anderes gelten.
23Vor den genannten Hintergründen geht die Beschwerdekammer davon aus, dass die in dem genannten Streitwertkatalog (abgedruckt u.a. bei Bader/Jörchel, NZA 2013, S. 809) unter B. Ziffer 4 vorgeschlagenen Werte für das Verfahren nach § 98 ArbGG durchaus angemessen sind.
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