Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hamburg (2. Kammer) - 2 Ta 2/14

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Januar 2014 – 21 Ca 451/13 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Im Ausgangsverfahren machte der Kläger die Unwirksamkeit einer Kündigung und einen allgemeinen Feststellungsantrag geltend und verlangte mit einem uneigentlichen Hilfsantrag seine Weiterbeschäftigung.

2

Das Verfahren endete mit einem durch gerichtlichen Beschluss vom 2. Dezember 2013 festgestellten Vergleich, in dem u.a. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2013, eine einmonatige Freistellung, ordnungsgemäße Abrechnung, die Erteilung eines Zwischen- bzw. Endzeugnisses, eine Regelung über die Folgen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens, die Erteilung von Arbeitspapieren und eine Generalquittung vereinbart wurden.

3

Der Kläger erhielt im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ein Bruttomonatseinkommen von € 3.763,30.

4

Mit dem Beschluss vom 13. Januar 2014 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für die Klage auf € 11.289,90 (3 Gehälter für den Kündigungsschutzantrag) festgesetzt. Der Vergleichswert wurde mit überschreitenden € 8.776,60 festgesetzt (Freistellung mit einem Gehalt, Zeugnisanträge mit insgesamt einem Gehalt, Ordnungswidrigkeitsverfahren mit € 500,00 und Erteilung Arbeitspapiere mit € 750,00).

5

Der Beschluss wurde am 17. Januar 2014 zugestellt, die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ging ein am 30. Januar 2014. Sie wird darauf gestützt, dass ein unechter Hilfsantrag auf Weiterbeschäftigung auch dann werterhöhend zu berücksichtigen sei, wenn darüber nicht gerichtlich entschieden werde. Denn § 45 Abs. 1 S. 2 GKG gelte nur für den gerichtlichen Streitwert, nicht aber für den Gebührenwert des Rechtsanwalts. Im Übrigen habe das Gericht auch über den Antrag entschieden, da die Angelegenheit gemäß Vergleichsbeschluss vom 2. Dezember 2013 erledigt worden sei. Auch die Festsetzung hinsichtlich der Arbeitspapiere sei fehlerhaft, da nach der Auffassung der Streitwertkommission der Landesarbeitsgerichtspräsidenten 10 % vom Bruttoeinkommen je Papier zugrunde zu legen seien, nicht aber insgesamt nur € 750,00 wie vom Arbeitsgericht entschieden.

6

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 31. Januar 2014 der Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass über den Weiterbeschäftigungsantrag nicht entschieden worden sei. Auch der Vergleich enthalte keine Regelung über eine Weiterbeschäftigung des Klägers. Auch für unechte Hilfsanträge sei § 45 Abs. 1 S. 2 GKG maßgeblich. Auch der Wortlaut der §§ 33 Abs. 1, 32 Abs. 1 RVG und die Entstehungsgeschichte der Norm sprächen für die vom Arbeitsgericht vertretene Auffassung.

7

Mit Schriftsatz vom 25. Februar 2014 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu dem Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Stellung genommen.

II.

8

1. Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Der Wert der Beschwer übersteigt € 200,-. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG antragsbefugt und hat seine Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt.

9

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert mit Beschluss vom 13. Januar 2014 zutreffend festgesetzt.

10

a) Nicht begründet ist die Beschwerde hinsichtlich des als uneigentlicher Hilfsantrag gestellten Weiterbeschäftigungsantrages. Wird mit der Kündigungsschutzklage der unbedingte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch als Hauptantrag geltend gemacht, wirkt sich dieser Streitwert erhöhend aus (LAG Rheinland-Pfalz 20.01.2009, MDR 2009, 454; LAG Hamburg 02.09.2002, MDR 2002, 178; LAG Niedersachsen 03.01.1989, NZA 1989, 862). Wird der Anspruch jedoch nur als unechter Hilfsantrag, also für den Fall des Obsiegens mit der Klage nach § 4 KSchG geltend gemacht, ist er für die Anwaltsgebühren nur zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden wird (vgl. LAG Hamburg 23.12.2013, 5 Ta 19/13; LAG Schleswig-Holstein 11.01.2010, 3 Ta 196/09; LAG Niedersachsen 09.03.2009, 15 Ta 53/09; LAG Düsseldorf 27.07.2000, NZA-RR 2000, 613; 14.03.2012, 2 Ta 83/12; LAG Hessen 23.04.1999, NZA-RR 1999, 434; LAG Baden-Württemberg 22.02.2011, 5 Ta 214/10 sowie die weiteren Nachweise in der angegriffenen Entscheidung des ArbG; a. A.: LAG Hamburg 12.08.2011, 4 Ta 17/11; LAG München 30.10.1990, NZA 1992, 140f.; LAG Köln 04.07.1995, MDR 1995, 1150; Sächsisches LAG 04.04.1996, NZA-RR 1997, 150f.; LAG Hamm 28.06.2002, 9 Ta 283/02; LAG Berlin 09.03.2004, 17 Ta 1610/04; LAG Nürnberg 13.03.2008, 6 Ta 58/08).

11

Der erstgenannten Auffassung schließt sich die erkennende Kammer an. Echte Hilfsanträge führen nur dann zu einer Streitwerterhöhung, wenn über sie entschieden wird, § 45 Abs. 1 S. 2 GKG. Entsprechendes gilt auch für unechte Hilfsanträge. Nur dann wenn in dem Vergleich eine Regelung über die Weiterbeschäftigung erfolgt, erhöht sich der Vergleichswert.

12

Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass einer Streitwertaddition sowohl der Wortlaut des Gesetzes als auch die Entstehungsgeschichte der einschlägigen Kostennormen entgegenstehen. Denn die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG setzt voraus, dass sich die Gebühren für die anwaltliche Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder dass es an einem solchen Wert fehlt. Ein solcher ist hier aber gegeben. § 32 Abs. 1 RVG bestimmt, dass dann, wenn der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt wird, die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgeblich ist. Daraus ist zu folgern, dass § 32 RVG hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die Wertvorschriften verweist, die für die Gerichtsgebühren gelten, also auch auf § 45 Abs. 1 S. 2 GKG.

13

Der Zweck des § 45 Abs. 1 S. 2 GKG besteht offensichtlich darin, dass für Anträge, mit denen sich das Gericht nicht befasst hat – wie hier -, Gebühren nicht erhoben werden sollen. Zudem hat der Gesetzgeber bei der Neufassung des Kostenrechts - obwohl ihm der Streit um die Bewertung des unechten Hilfsantrages bekannt war - diesen nicht ausdrücklich aus dem Geltungsbereich des § 45 Abs. 1 GKG herausgenommen (LAG Niedersachsen 09.03.2009, 15 Ta 53/09). Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber die einzelnen Arten des Hilfsantrages kostenrechtlich nicht unterschiedlich behandeln wollte. All dies spricht für die hier vertretene Auffassung.

14

Auch der Gesichtspunkt des Arbeitsgerichts, dass obwohl Kündigungsschutzantrag und Weiterbeschäftigungsantrag wirtschaftlich zwei Streitgegenstände darstellen und der Rechtsanwalt im Zeitpunkt der Klageeinreichung mit beiden befasst ist, deshalb nicht zwangsläufig eine gesonderte Berücksichtigung geboten ist, überzeugt. Denn eine solche Situation ist im Arbeitsrecht keineswegs unüblich, wie der Auflösungsantrag nach §§ 9,10 KSchG zeigt, der regelmäßig gleichfalls nicht zu einer Werterhöhung führt.

15

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf abstellt, dass über den Weiterbeschäftigungsantrag im Vergleich "entschieden" worden sei, ist dem nicht zu folgen. Denn in dem Vergleich vom 2. Dezember 2013 ist ja gerade eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2013 mit vorheriger Freistellung vereinbart worden, nicht aber eine Form von Weiterbeschäftigung des Klägers.

16

Soweit der Beschwerdeführer auf eine ältere Entscheidung der erkennenden Kammer des LAG Hamburg verweist (Beschluss vom 07.09.2007, 2 Ta 6/06) wird darauf hingewiesen, dass der Vorsitz personell zwischenzeitlich gewechselt hat und die Beschwerdekammer diese Auffassung - wie dargelegt - nicht mehr vertritt.

17

b) Auch hinsichtlich der Festsetzung des Arbeitsgerichts bezüglich Ziffer 12 des Vergleichs (Arbeitspapiere) mit € 750,00 bestehen keine rechtlichen Bedenken.

18

Im Vergleich vom 2. Dezember 2013 sind in Ziff. 12 drei Arbeitspapiere (Lohnsteuerbescheinigung, Sozialversicherungsnachweise und Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III) geregelt worden. Insoweit eine Bewertung mit € 250,00 je Papier vorzunehmen, ist nicht fehlerhaft und entspricht der langjährigen Gegenstandswertfestsetzungspraxis des LAG Hamburg (s. nur Beschluss 11.01.2008, 8 Ta 13/07). Auch wenn im Streitwertkatalog der Landesarbeitsgerichtspräsidenten eine Bewertung mit 10 % vom Bruttomonatseinkommen des Klägers vorgeschlagen wird, ergibt sich daraus nicht, dass dem zwangsläufig zu folgen wäre. Der Streitwertkatalog stellt nur eine Anregung oder Leitlinie dar.

19

Hinsichtlich der übrigen Festsetzungen des Arbeitsgerichts besteht keine abweichende Auffassung des Beschwerdeführers.

20

Nach allem war die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen