Beschluss vom Landesarbeitsgericht Köln - 7 Ta 231/13
Tenor
Die Streitwertbeschwerde des Betriebsrats/Beteiligten zu 1) gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21.06.2013 wird als unzulässig verworfen.
1
G r ü n d e :
2I. In der Hauptsache stritten der Betriebsrat als Antragsteller und Beteiligter zu 1) sowie die Arbeitgeberin als Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) über Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern. Im vorliegenden Verfahren nahm der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf der Grundlage des § 101 BetrVG darauf in Anspruch, die Einstellung des Leiharbeitnehmers M aufzuheben. Ebenfalls mit Antragsschrift vom 25.10.2012 ließ der Betriebsrat u. a. drei weitere Beschlussverfahren nach § 101 BetrVG einleiten, betreffend die Leiharbeitnehmer D (Arbeitsgericht Köln, 2 BV 275/12), K (Arbeitsgericht Köln, 19 BV 272/12) sowie Leiharbeitnehmer K (Arbeitsgericht Köln, 2 BV 288/12). Diese drei Verfahren sind Gegenstand der parallelen Beschwerdesachen mit den Aktenzeichen 7 Ta 248/13, 7 Ta 249/13 und 7 Ta 276/13. Insgesamt gingen in der Zeit vom 26.10. bis 30.10.2012 36 entsprechende Verfahren des Betriebsrats nach § 101 BetrVG beim Arbeitsgericht Köln ein.
3Nachdem sich das vorliegende Verfahren in der Hauptsache erledigt hatte, setzte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.06.2013 den Gegenstandswert auf 1.000,00 €. Hiergegen legte der ausdrücklich als „Beschwerdeführer“ bezeichnete Betriebsrat durch seinen anwaltlichen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 01.07.2013 „Beschwerde nach § 68 GKG“ ein, mit dem Ziel, den Streitwert auf 4.000,00 € festsetzen zu lassen. Mit Beschluss vom 19.07.2013, ergänzt durch einen weiteren Beschluss vom 15.08.2013, versagte das Arbeitsgericht der Streitwertbeschwerde die Abhilfe. In seinem Beschluss vom 19.07.2013 führt das Arbeitsgericht u. a. aus, dass die Beschwerde bereits unzulässig sei, da der Betriebsrat durch eine vermeintlich zu niedrige Streitwertfestsetzung nicht beschwert sei.
4Hiergegen macht der Beschwerdeführer geltend, er, der Betriebsrat, sei nach § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG antragsberechtigt und damit auch beschwerdebefugt. Zudem habe er, der Betriebsrat, auch ein eigenes Interesse an der Höhe des festgesetzten Gegenstandswertes bzw. der sich daraus ergebenden Rechtsanwaltsgebühren. § 40 BetrVG begründe lediglich einen Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber hinsichtlich der Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts, Kostenschuldner, da Auftraggeber, ist und bleibe aber der Betriebsrat, was insbesondere im Ausnahmefall der mangelnden Erstattungsfähigkeit nach § 40 BetrVG relevant werden könne.
5Jedenfalls habe das Arbeitsgericht keinen Hinweis auf die fehlende Beschwerdebefugnis des Betriebsrats gegeben und damit das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt.
6Die Arbeitgeberin hält die Streitwertfestsetzung durch das Arbeitsgericht für zutreffend.
7II. Die Streitwertbeschwerde des Betriebsrats ist bereits unzulässig.
81. Die Unzulässigkeit der Beschwerde folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Beschwerdeführer sie, obwohl anwaltlich vertreten, fälschlich als eine „Beschwerde nach § 68 GKG“ bezeichnet hat. Im Hinblick auf die unzweideutige Zielsetzung der Beschwerde, die mit Beschluss vom 21.06.2013 erfolgte Festsetzung des Gegenstandswertes korrigieren zu lassen, erscheint die falsche rechtliche Einordnung der Beschwerde als eine solche nach § 68 GKG unschädlich. Die Beschwerde kann ohne weiteres als eine solche nach § 33 RVG ausgelegt werden.
92. Die Streitwertbeschwerde des Betriebsrats erweist sich jedoch als unzulässig, weil der Betriebsrat durch eine vermeintlich zu niedrige Festsetzung des Streitwerts durch den Beschluss vom 21.06.2013 nicht beschwert ist.
10a. Wie dies bei jedem Rechtsmittel der Fall ist, setzt auch die Zulässigkeit einer Streitwertbeschwerde voraus, dass der Beschwerdeführer durch die vermeintlich falsche Streitwertfestsetzung belastet wird. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG bestätigt nicht nur die Notwendigkeit einer Beschwer bei der Streitwertbeschwerde, sondern setzt hierfür sogar eine wirtschaftliche Untergrenze von 200,00 €.
11b. Der Beschwerdeführer reklamiert, das Arbeitsgericht hätte den Streitwert richtigerweise nicht auf 1.000,00 € festsetzen dürfen, sondern auf 4.000,00 € festsetzen müssen.
12aa. Wie der Beschwerdeführer selber vorrechnet, betragen die anwaltlichen Gebühren bei einem Streitwert von 1.000,00 € 276,68 €, bei einem Streitwert von 4.000,00 € jedoch 752,68 €. Daraus folgt zwingend: Angenommen, der Beschwerdeführer hätte Recht, so wäre er durch den falschen Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts nicht belastet, sondern im Gegenteil erheblich begünstigt.
13bb. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst zu Recht als Auftraggeber der anwaltlichen Dienstleistung. Jeder Auftraggeber hat ein natürliches Interesse daran, die von ihm beauftragte Dienstleistung möglichst kostengünstig zu erhalten. Warum es im Interesse des Betriebsrats als Auftraggeber liegen soll, eine Abänderung der Streitwertfestsetzung zu erreichen, die dazu führt, dass die von ihm beauftragte anwaltliche Dienstleistung statt 276,68 € mehr als das 2 ½-fache kostet, erschließt sich dem Beschwerdegericht nicht.
14cc. Dies gilt umso mehr, wenn man den zutreffenden Hinweis des Beschwerdeführers auf § 40 BetrVG beachtet. § 40 BetrVG gibt dem Betriebsrat hinsichtlich der von ihm in Anspruch genommenen Anwaltsdienstleistungen einen Freistellungsanspruch gegen die Arbeitgeberin, ändert aber nichts daran, dass er selbst bzw. die Gesamtheit seiner Mitglieder im Außenverhältnis der eigentliche Kostenschuldner bleibt. Dies kann erhebliche nachteilige wirtschaftliche Folgen für den Betriebsrat bzw. seine Mitglieder haben, wenn es der Arbeitgeberin im Einzelfall gelänge, sich gegen eine Inanspruchnahme aus § 40 BetrVG erfolgreich zur Wehr zu setzen, z. B. mit der Begründung, der Betriebsrat habe Kosten verursacht, die in dieser Höhe objektiv nicht erforderlich gewesen seien. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Betriebsrat seine Rechte mit prozessualen Gestaltungsmitteln verfolgt, die höhere Gebühren verursachen als gleichwertige andere Gestaltungen.
15c. Der Betriebsrat stellt seine Rolle als Beschwerdeführer in dem vorliegenden Streitwertbeschwerdeverfahren auch nicht in Abrede. Dies wäre auch nicht möglich, lässt er sich doch nicht nur im Beschwerdeschriftsatz vom 01.07.2013, sondern auch in dem weiteren Anwaltsschriftsatz vom 09.08.2013 ausdrücklich und nicht anders auslegbar als Beschwerdeführer bezeichnen und macht er des weiteren ausführliche Ausführungen dazu, warum er sich als Beschwerdeführer für beschwerdebefugt hält.
16d. Schließlich kann auch die hilfsweise erfolgte Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
17aa. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das Arbeitsgericht ihn nicht auf seine fehlende Beschwerdebefugnis hingewiesen habe. Der Beschwerdeführer bleibt aber jede Ausführung dazu schuldig, was er auf den von ihm vermissten Hinweis des Gerichts hin vorgetragen oder sonst unternommen hätte, um seine Beschwerde erfolgreich zu gestalten.
18bb. Im Gegenteil: Das Arbeitsgericht hat tatsächlich bereits in seinem Nichtabhilfe-Beschluss vom 19.07.2013 auf den Gesichtspunkt der Unzulässigkeit der Beschwerde wegen fehlender Beschwer hingewiesen. Dies hat den Beschwerdeführer jedoch nur dazu veranlasst, mit Schriftsatz vom 09.08.2013 die entsprechende Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts in Zweifel zu ziehen.
19III. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 7 Ta 248/13 1x (nicht zugeordnet)
- 7 Ta 249/13 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BV 275/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 68 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- 7 Ta 276/13 1x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 40 Kosten und Sachaufwand des Betriebsrats 5x
- 2 BV 288/12 1x (nicht zugeordnet)
- 19 BV 272/12 1x (nicht zugeordnet)
- BetrVG § 101 Zwangsgeld 3x
- RVG § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren 3x