Urteil vom Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Kammer) - 2 Sa 270/11
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Abschluss einer Vorruhestandsvereinbarung nach dem Lehrerpersonalkonzept in Form der Maßnahme "Vorruhestandsgeld 2". Hinsichtlich des Sachverhaltes heißt es in dem Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichtes Stralsund vom 18.05.2011 – 4 Ca 57/10 – :
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Die 59-jährige Klägerin ist seit dem 01.08.1974 bei dem beklagten Land bzw. zuvor dem damaligen Rat des Kreises A-Stadt als angestellte Lehrkraft mit der Lehrbefähigung für die Fächer "Russisch/Körpererziehung" für das Lehramt an Realschulen beschäftigt.
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Die Klägerin ist Teilnehmerin am LPK. Im Rahmen der Durchführung des LPK schlossen die Parteien verschiedene Änderungsverträge, mit denen die Arbeitszeit und damit im Zusammenhang die Vergütung dem jeweiligen Unterrichtsbedarf angepasst wurden. Im Weiteren erfolgten verschiedene Versetzungen und Abordnungen der Klägerin zur Abdeckung des Unterrichtsbedarfs außerhalb der Stammdienststelle der Klägerin, so auch im Bereich der Schulartgruppe (SAG) 3 (Förderschule). Die Klägerin verfügt nicht über förderpädagogische Abschlüsse.
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Nach Auflösung der letzten Stammdienststelle der Klägerin in der SAG 2 wechselte die Klägerin mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 vollständig in die SAG 3 an die Allgemeine Förderschule "Johann Heinrich Pestalozzi" in A-Stadt, seither Stammdienststelle der Klägerin. Dort unterrichtet die Klägerin in den Fächern Sport, Hauswirtschaft und Ersatzunterricht. Diese Tätigkeit vergütete das beklagte Land zuletzt mit monatlich 3.342,96 € brutto bei Leistung von 27 Wochenunterrichtsstunden.
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Die Klägerin beantragte im September 2009 auf der Grundlage der Anlage 8 zum LPK die Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.V.m. dem Abschluss eines Auflösungsvertrages gem. Anlage 8 LPK in der Alternative "Vorruhestandsgeld 2" zum 31.07.2010, d.h. zum Ende des Schuljahres 2009/2010. Diesen Antrag hat das Staatliche Schulamt A-Stadt für das beklagte Land mit Schreiben vom 04.01.2010 und vom 03.02.2010 abgelehnt. Die Beteiligten des Lehrerpersonalkonzepts haben am 09.03.2010 in Ergänzung des Lehrerpersonalkonzeptes vom 08.12.1995 eine gemeinsame "Erklärung über die Voraussetzungen und zum Zeitpunkt einer Rückkehr zur Vollbeschäftigung in der Schulartgruppe 2" abgegeben, deren Inhalt sich aus der unter Bl. 51 ff. der Akte vorliegenden Kopie ergibt.
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Dort haben sie unter Ziffer 1. den Ausstieg aus dem LPK in den Schulartgruppen 1 und 3 (Grundschule und Förderschule) ohne weitere Maßnahme des LPK zum Schuljahr 2010/2011 bestimmt und unter Ziffer 4. die Begrenzung der Maßnahmen des LPK (Vorruhestand 1 und 2. Abfindung) auf landesweit insgesamt 100 Maßnahmen für die Schulartgruppe 2 unter Anrechnung der mit Erlass vom 16./17.12.09 kontingentierten Maßnahmen bestimmt.
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Mit der vorgenannten Entscheidung hat das Arbeitsgericht für Recht erkannt:
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1. Das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses i.V.m. dem Abschluss eines Auflösungsvertrages auf Grundlage der Anlage 8 zum "Lehrerpersonalkonzept" (sog. Vorruhestandsgeld 2") mit Wirkung zum 31.07.2010 (Schuljahresende 2009/2010) anzunehmen.
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2. Die Kosten des Rechtsstreites hat das beklagte Land zu tragen.
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3. Der Streitwert wird auf 10.028,88 € festgesetzt.
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In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Klägerin erfülle unstreitig die persönlichen Voraussetzungen. Die Ablehnung der Maßnahme durch das beklagte Land entspreche nicht billigem Ermessen. Die Beteiligten des LPK hätten die Schulartgruppen 1 und 3 nicht von der Maßnahme ausschließen dürfen. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Eine rückwirkende Aufhebung des Arbeitsverhältnisses sei nicht möglich. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Maßnahme. Sie sei Lehrkraft der Schulartgruppe 3. Eine Maßnahme nach Anlage 8 des LPK "Vorruhestandsgeld 2" sei nur möglich, wenn mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Stelle oder ein entsprechender Stellenanteil dauerhaft eingespart werde. Dies sei im vorliegenden Fall nicht der Fall. In der Schulartengruppe 3 bestehe ab dem Schuljahr 2010/2011 Vollbeschäftigung. Dies sei von der erweiterten Begleitgruppe am 10.12.2009 beschlossen worden.
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Das beklagte Land beantragt:
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1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund zum Aktenzeichen 4 Ca 57/10 vom 18.05.2011, dem beklagten Land zugestellt am 28.09.2011, wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
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2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das am 18.05.2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichtes Stralsund, Az.: 4 Ca 57/10, zurückzuweisen, mit der Maßgabe, dass der Abschluss eines Auflösungsvertrages zum nächst möglichen Zeitpunkt nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung erfolgen soll.
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Sie tritt der angefochtenen Entscheidung bei. Die Klägerin sei grundsätzlich nach der Schulartengruppe 2 zu behandeln. Sie sei aus dienstlicher Aufforderung heraus an die Schulartengruppe 3 versetzt worden. Die in der Vergangenheit praktizierte Umsetzung der Treuepflichten zum beklagten Land würden ihr ansonsten jetzt zum Nachteil gereichen. Auch würden die Förderschulen künftig in andere Schulartgruppen integriert werden. Daraus dürfte sich ebenfalls eine Stellenersparung ergeben.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Vorruhestandsgeld 2.
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Ein möglicher Anspruch könnte sich allein aus den Regeln des Lehrerpersonalkonzeptes ergeben, das die Parteien durch vertragliche Inbezugnahme rechtsgeschäftlich vereinbart haben. Aus der Anlage 8 zum Lehrerpersonalkonzept (Vorruhestandsgeld 2) ergibt sich ein derartiger Anspruch nicht. Nach § 1 Abs. 2 dieser Anlage ist Voraussetzung, dass eine Stelle oder ein entsprechender Stellenanteil dauerhaft eingespart wird. Die Klägerin würde unstreitig im Mai 2017 in Rente gehen. Somit bedeute dies im vorliegenden Fall, dass eine Maßnahme nach dem Vorruhestandsgeld 2 erst in Betracht kommt, wenn vom Ausscheiden der Klägerin bis Mai 2017 eine Stelle dauerhaft eingespart wird. Hiervon ist nach dem beidseitigen Vortrag der Parteien nicht auszugehen. Dies ergibt sich im vorliegenden Fall schon aus dem Umstand, dass in der Schulartengruppe 3, in der die Klägerin tätig ist, zurzeit Vollbeschäftigung praktiziert wird. Die Klägerin selbst wird mit ihrer vollen Stundenzahl beschäftigt. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Regelungen, die in der Schulartengruppe 2 gelten würden, auf sie anzuwenden seien. Aus welchen Gründen sie in die Schulartengruppe 3 gewechselt hat, ist unerheblich. Es reicht aus, dass die Klägerin sich in der Schulartengruppe 3 befinde. Dies ergibt sich schon aus Gründen der Praktikabilität. Selbstverständlich kann man es als ungerecht empfinden, dass Lehrer bei Vorruhestandsmaßnahmen unterschiedlich behandelt werden, je nach dem in welcher Schulartengruppe sie eingesetzt werden. Diese Entscheidung ist jedoch an Sachgründen orientiert. Eine Berücksichtigung von früheren Wechseln von Schulartengruppen - auch noch abhängig nach der Begründung von diesen Wechseln - würde ein vernünftiges Verwaltungshandeln unmöglich machen. Zudem ist die Klägerin in die Schulartengruppe 3 ausweislich des Tatbestandes gewechselt, nachdem ihre letzte Stammdienststelle aufgelöst worden ist.
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Es ist auch unerheblich, dass an der Schule, an der die Klägerin eingesetzt wird, ab dem Schuljahr 2010/2011 ein Lehrerüberhang bestand. Ein derartiger Lehrerüberhang kann durch Umsetzungen von Lehrkräften abgebaut werden. Entscheidend für das Merkmal der dauerhaften Einsparung einer Stelle ist nicht der Lehrerüberhang am Beschäftigungsort. Es müsste mindestens ein dauerhafter Lehrerüberhang an der Dienststelle, sprich dem Schulamt, bestehen. Hierfür ist von der Klägerin nichts dargetan worden. Unerheblich ist auch, dass die allgemeinen Förderschulen künftig in anderen Schulartgruppen integriert werden sollen. Es besteht unstreitig ein stetig steigender Personalbedarf in der Schulartengruppe 1 beginnend ab dem Schuljahr 2014/2015. Angesichts des regulären Ausscheidens der Klägerin zum Mai 2017 ist dies ausreichend.
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Auch der Zeitpunkt der Antragstellung durch die Klägerin ist im vorliegenden Fall unerheblich. Die Klägerin hat im September 2009 einen Antrag gestellt, zum 31.07.2010 (Ende des Schuljahres 2009/2010) auszuscheiden. Nach den Erläuterungen zur Anlage 8 des LPK – Maßnahme Vorruhestandsgeld 2 – soll der Antrag auf Vorruhestandsgeld 2 mindestens drei Monate vor Inanspruchnahme der Maßnahme gestellt werden. Dies kann man so verstehen, dass etwa drei Monate vor Beginn der Maßnahme eine Entscheidung getroffen werden soll. Aus dieser Regelung könnte nur etwas zugunsten der Klägerin abgeleitet werden, wenn man davon ausgehen würde, dass im April 2010 aufgrund des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Zahlenmaterials davon auszugehen wäre, dass bei einem Ausscheiden der Klägerin zum beabsichtigten Zeitpunkt ihre Stelle dauerhaft eingespart werde. Hiervon kann jedoch angesichts der vorgelegten Bedarfszahlen nicht die Rede sein.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO.
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Gründe für ein Zulassen der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht ersichtlich.
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Referenzen
- 4 Ca 57/10 3x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- ArbGG § 64 Grundsatz 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x