Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 192/08
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 25.09.2008 - 8 Ca 1008/08 teilweise wie folgt abgeändert:
Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für den Vergleich auf 4.414,06 EUR festgesetzt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 83 %.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Gründe
I.
- 1
Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswerts im Zusammenhang mit einem Kündigungsschutzrechtsstreit.
- 2
Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 01.07.1997 als Vertriebsrepräsentant mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.344,47 EUR beschäftigt. Mit seiner Klage vom 21.07.2008 machte er die Unwirksamkeit einer ihm von der Beklagten unter dem 07.07.2008 mit Wirkung zum 30.09.2008 ausgesprochenen Änderungskündigung geltend. Das Verfahren endete am 08.08.2008 vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich. Darin vereinbarten die Parteien unter anderem die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund der ausgesprochenen Kündigung zum 31.12.2008 (Ziffer 1) sowie die widerrufliche Freistellung des Klägers für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 bei Zahlung einer monatlichen Bruttovergütung von 1.268,82 EUR.
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Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 25.09.2008 den Gegenstandswert ihrer anwaltlichen Tätigkeit auf 4.033,41 EUR festgesetzt. Dabei hat es den Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttomonatsgehältern zu je 1.344,47 EUR bewertet und für den Vergleich keinen Mehrwert angenommen.
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Gegen diesen Beschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 06.10.2008 form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert für den Vergleich auf (mindestens) 7.839,87 EUR festzusetzen. Zur Begründung führen sie im wesentlichen an, ein Mehrwert des Vergleichs sei mindestens in Höhe von 3 x 1.268,82 EUR = 3.806,46 EUR anzunehmen, da der Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2008 vorsehe, wohingegen die Kündigung das Arbeitsverhältnis schon zum 30.09.2008 habe beenden sollen. Des Weiteren sei der unter Ziffer 3 des Vergleichs vereinbarten Freistellung ein eigenständiger Wert zuzumessen.
- 5
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegenstands von 200,00 EUR und ist auch sonst zulässig.
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In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.
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1. Den Kündigungsschutzantrag hat das Arbeitsgericht in Anbetracht der mehr als einjährigen Beschäftigungsdauer des Klägers bei der Beklagten zutreffend mit drei Bruttomonatsgehältern bewertet. Diese Bewertung haben die Beschwerdeführer auch nicht angegriffen.
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2. Darüber hinaus war für den Vergleich im Hinblick auf die unter dessen Ziffer 3 vereinbarte widerrufliche Freistellung des Klägers ein Mehrwert in Höhe von 10 Prozent der auf den Freistellungszeitraum entfallenden Vergütung festzusetzen.
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung der für Streitwert- und Gegenstandswertbeschwerden ausschließlich zuständigen erkennenden Kammer des LAG Rheinland-Pfalz kommt eine Freistellungsvereinbarung, durch die der Arbeitnehmer von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit wird, in der Regel ein eigener Wert zu (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 Ta 81/07; Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07; Beschluss vom 07.05.2008 - 1 Ta 63/08). Dabei ist die Höhe des Wertes im Regelfall mit 10 Prozent des auf den Freistellungszeitraum entfallenden Bruttoentgelts zu bemessen (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.06.2007 - 1 Ta 156/07; Beschluss vom 07.05.2008 - 1 Ta 63/08), sofern nicht im Einzelfall besondere Gründe für eine Abweichung vorliegen wie etwa eine besondere Bedeutung der tatsächlichen Weiterbeschäftigung für den Arbeitnehmer (etwa zur Erhaltung seiner Qualifikation oder seines Bekanntheitsgrades) oder eine Vereinbarung der Parteien, während des Freistellungszeitraumes etwaigen anderweitigen vom Arbeitnehmer zu erzielenden Verdienst auf die vom Arbeitgeber fortzuzahlende Vergütung entgegen der Regelung des § 615 S. 2 BGB nicht anzurechnen (vgl. dazu LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.05.2008 - 1 Ta 63/08; Beschluss vom 08.05.2008 - 1 Ta 49/08).
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Danach war hier zunächst von dem genannten Regelsatz in Höhe von 10 Prozent des auf den Freistellungszeitraum entfallenden Entgelts auszugehen. Dies waren ca. fünf Monate (08.08.2008 bis 31.12.2008), wobei für die Monate August und September ein Bruttomonatsgehalt von 1.344,47 EUR zugrunde zulegen war und für die Monate Oktober bis Dezember 2008 gemäß Ziffer 3 des Vergleichs eine monatliche Vergütung von 1.268,82 EUR. Damit beläuft sich die Bruttovergütung für den Freistellungszeitraum insgesamt auf (2 x 1.344,47 EUR + 3 x 1.268,82 EUR =) 6.495,40 EUR. 10 Prozent hiervon betragen dementsprechend 649,54 EUR.
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Besondere Anhaltspunkte für eine vom Regelsatz abweichende Bewertung sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere kann entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ein eigenständiger Wert für die Freistellung nicht mit der Begründung gänzlich versagt werden, diese sei lediglich widerruflich vereinbart gewesen. Auch einer solchen Vereinbarung kommt ein eigenständiger Wert zu, da der Arbeitnehmer, wenngleich widerruflich, von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung entbunden wird, obwohl er seine regelmäßige Vergütung weiter bezieht. So hat das LAG Rheinland-Pfalz in der Vergangenheit auch eine widerrufliche Freistellungsvereinbarung mit dem Regelsatz von 10 Prozent bewertet (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.05.2008 - 1 Ta 63/08).
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Auf der anderen Seite war entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer auch kein höherer Satz als der Regelsatz zu veranschlagen, obwohl der Vergleich einen Endtermin für das Arbeitsverhältnis festlegt, welcher drei Monate später als der in der ursprünglichen Kündigung vorgesehene Endtermin liegt. Auch in diesem Fall beinhaltet der Vergleich eine abschließende Regelung über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 42 Abs. 4 S.1 GKG, der als Gegenstandswert insoweit höchstens ein Vierteljahresentgelt vorsieht. Dass diese Regelung im vorliegenden Fall eingreift, resultiert neben ihrem sozialen Schutzzweck auch aus der Formulierung der Ziffer 1 des zwischen den Parteien vereinbarten Vergleichs, wonach das Arbeitsverhältnis ausdrücklich "aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung vom 07.07.2008 … sein Ende finden wird". Insoweit stellt die vergleichsweise Regelung also selbst den Endtermin 31.12.2008 in unmittelbaren Bezug zu der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung. So hat die erkennende Kammer denn auch in der Vergangenheit eine weitere Erhöhung der oben genannten Bewertungsgrundsätze in Fällen, in denen der Vergleich einen späteren Endtermin als die ausgesprochene Kündigung vorsah, nicht angenommen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07; Beschluss vom 07.05.2008 - 1 Ta 63/08).
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Aus den genannten Gründen war der Beschluss des Arbeitsgerichts wie geschehen abzuändern.
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Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren berechnet sich nach Nr. 8614 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Das Beschwerdeverfahren nach § 33 Abs. 3 RVG ist anders als das Verfahren nach § 33 Abs. 9 RVG nicht gebührenfrei.
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Die Gerichtsgebühr haben die Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 ZPO zu 83 % zu tragen.
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Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.
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Referenzen
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