Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (1. Kammer) - 1 Ta 77/12
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 02.04.2012 abgeändert:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird für das Verfahren auf 19.500,-- EUR und den Vergleich auf 104.800,-- EUR festgesetzt.
Das Verfahren ergeht gerichtsgebührenfrei.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Gründe
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen eine nach seiner Auffassung zu niedrige Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes.
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Mit Klageschrift vom 29.02.2012 wandte sich der Kläger gegen eine vorläufige Dienstenthebung und eine Kürzung der Bezüge um 1/3. Der Kläger war Abteilungsleiter im Dienste der Beklagten und als solcher Dienstordnungs-Angestellter. Am 17.11.2011 hat die Beklagte gegen den Kläger ein Dienstordnungsverfahren gemäß §§ 23, 24 der Dienstordnung eingeleitet. Vorangegangen waren gegenüber dem Kläger ausgesprochene Kündigungen.
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Der Rechtsstreit endete durch Vergleich. Danach wurde der Kläger mit Wirkung zum 01.03.2012 unter Wahrung seiner ungekürzten Versorgungsansprüche in den Ruhestand versetzt. Bis Eintritt in den Ruhestand hat der Kläger Anspruch auf seine vollen Bezüge. Weiter ist geregelt, dass der Kläger seine persönlichen Gegenstände abholen darf und die Parteien über den Vergleich Stillschweigen bewahren. Ausdrücklich ist geregelt:
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"Das mit Verfügung vom 17.11.2011 eingeleitete Dienstordnungsverfahren wird eingestellt."
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Auf Antrag hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Verfahren auf 19.500,-- (vorläufige Dienstenthebung 1 Monatsgehalt, Gehaltskürzung 2 Monatsgehälter festgesetzt, als Vergleichsmehrwert für die Vereinbarung des Ruhestandes 3 Monatsgehälter und die Kfz-Nutzung 800,-- EUR angesetzt, also insgesamt 39.800,-- EUR).
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Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 03.04.2012 zugestellt. Hiergegen hat er am 11.04.2012 Beschwerde eingelegt, soweit hinsichtlich des Dienstordnungsverfahrens kein Mehrwert festgesetzt wurde und zur Begründung ausgeführt, die Ruhestandsversetzung, die vorläufige Dienstenthebung und die Gehaltskürzung seien nicht wirtschaftlich identisch mit dem Dienstordnungsverfahren. Dies sei unabhängig von der Kündigung eingeleitet worden. Es finde mit der Ruhestandsversetzung nicht sein Ende. Auch beim Ruhestandsbeamten könne eine Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehalts erfolgen. Damit seien die Rechtswirkungen weiter. Der Kläger nimmt insofern Bezug auch auf die Bestimmung des § 52 GKG.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, diese Bestimmung fände im arbeitsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Beschwerdeverfahren wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
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II. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist auch sonst zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch den Wert von 200,-- EUR.
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In der Sache hat die Beschwerde Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die Vereinbarung über den Abschluss des Dienstordnungsverfahrens als mit einem sonst bewerteten Anspruch wirtschaftlich identisch angesehen und ihm keine gesonderte Bewertung zugemessen. Die Kammer folgt nicht der Auffassung, dass § 53 GKG zur Wertbemessung nicht herangezogen werden könnte.
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Grundsätzlich werden in demselben Verfahren und in demselben Rechtszug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.
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Für die Behandlung eines Dienstordnungsverfahrens ist im Gerichtskostengesetz nichts bestimmt, insbesondere umfasst § 42 Abs. 3 S. 1 ArbGG mit der Höchstgrenze bei Streitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses von 3 Monatsgehältern nicht ein Dienstordnungsverfahren, welches nach anderen verwaltungsrechtlichen Vorgaben zu behandeln ist.
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Das Dienstordnungsverfahren hat, hierauf weist der Beschwerdeführer zutreffend hin, auch weitere Auswirkungen auf die Rechtsposition des Klägers als der Bestand eines Anstellungsverhältnisses oder einer Entfernung aus dem Dienst. Mit dem Dienstordnungsverfahren verbunden sein können weitergehende Folgen, wie z. B. Kürzung oder Entzug der Ruhestandsbezüge.
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Die Bestimmungen des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG und § 52 Abs. 5 GKG haben nicht den Zweck, nur für die jeweiligen Verfahren besondere Regelungen festzusetzen. Sie sind einzig aus dem Sinn entstanden, bei den dort bezeichneten Klageverfahren, die an sich nach allgemeiner Festsetzung anfallenden Wertgebühren deutlich zu senken. Dies ist im Falle eines Arbeitsverhältnisses mit der Begrenzung auf 3 Monatsverdienste vom Gesetzgeber formuliert, im Falle eines öffentlich rechtlichen Dienstverhältnisses auf einen Jahresbezug incl. Sondervergütung, also mit 13 Monatsbezügen. Damit soll nicht der Gegenstandswert erhöht werden, sondern vielmehr eine Begrenzung für die Rechtsstreitigkeiten erreicht werden, für die ohne diese Begrenzung ein weitaus höherer Gegenstandswert anzusetzen wäre.
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Ist somit der Wert des miterledigten Dienstordnungsverfahrens nach freiem Ermessen zu bestimmen, kann in diesem Zusammenhang die gesetzgeberische Wertentscheidung des § 52 Abs. 5 GKG herangezogen werden und der Wert dieses miterledigten Dienstordnungsverfahrens, welches die Beendigung eines besoldeten öffentlich rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betrifft, bei einem Lebenszeit-Beamten mit 13 Monatsgehältern angesetzt werden.
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Allerdings führt diese dem Grunde nach vorzunehmende Berücksichtigung nicht dazu, dass weitere 13 Monatsgehälter zu dem Vergleichswert hinzuzusetzen wären. Das Arbeitsgericht hat bereits die Beendigung des Dienstverhältnisses mit 3 Monatsgehältern bewertet. Hinsichtlich dieses Teiles besteht eine wirtschaftliche Identität mit der Folge, dass der jeweils höhere Betrag wertbestimmend ist.
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Wirtschaftlich betreffen beide Streitigkeiten zum Teil den identischen Streitgegen-stand, nämlich einmal den Fortbestand bzw. die Beendigung des Dienstordnungs-Angestelltenverhältnisses, zum anderen bei dem Dienstordnungsverfahren die Beendigung des Dienstordnungs-Angestelltenverhältnisses und zusätzlich evtl. Fragen der Ruhestandsvergütung. Wo trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, darf auch keine Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG erfolgen (vgl. etwa BGH 29.01.1987 NJW RR 1987, 1148). Es kommt deshalb streitwertrechtlich nicht darauf an, welche prozessualen Streitgegenstände zur Entscheidung gestellt werden, sondern ob durch einen weiteren prozessualen Gegenstand ein weiterer wirtschaftlicher Wert in den Rechtsstreit eingeführt wird. Dies ist aber in Bezug auf Streitigkeiten, die den Bestand des gleichen Rechtsverhältnisses betreffen, nicht der Fall, wenn und soweit sich die Zielrichtung der Anträge unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten deckt. Somit besteht nur eine Teilidentität mit dem vom Arbeitsgericht im Vergleichsmehrwert für die Bestandsstreitigkeit eingesetzten 3 Monatsgehältern. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Vergleichsmehrwert ist daher um insgesamt 10 Monatsgehälter (13 minus 3) mithin um 65.000,-- EUR zu erhöhen. Dies ergibt den nunmehr von der Beschwerdekammer festgesetzten Vergleichswert.
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Der Beschwerdeführer hat keinen bestimmten Beschwerdeantrag gestellt. Es ist davon auszugehen, dass mit der Erhöhung um 10 Monatsgehälter seinem Beschwerdebegehren entsprochen wurde. Daher ist die Beschwerde auch nicht teilweise zurückzuweisen. Hieraus ergibt sich die Gebührenfreiheit für das Beschwerdeverfahren.
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Diese Entscheidung ist gemäß § 33 Abs. 4, S. 3 RVG nicht anfechtbar.
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Referenzen
- ArbGG § 42 Bundesrichter 1x
- § 39 Abs. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- RVG § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren 2x
- § 52 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 52 Abs. 5 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- § 53 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- § 42 Abs. 3 S. 1 GKG 1x (nicht zugeordnet)