Beschluss vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (1. Kammer) - 1 Ta 89/16

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 24.07.2015 - 3 Ca 466/15 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beklagte wendet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts für die in einem Vergleich übernommene Verpflichtung zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit bestimmten Formulierungen.

2

Der Kläger hat am 13.05.2015 Kündigungsschutzklage erhoben. Das Verfahren ist durch Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO mit Beschluss vom 24.06.2015 abgeschlossen. Im Vergleich ist neben einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2015 unter anderem auch eine Freistellung für wenige Tage sowie folgende Regelung enthalten:

3

5. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis, in dem Verhalten und Leistung mit der Note „gut“ bewertet werden.

4

Die Kernbeurteilung des Zeugnisses wird lauten:

5

„Herr K. hat seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“

6

Weiter wird das Zeugnis die Formulierung enthalten:

7

„Sein Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und unseren Kunden war stets einwandfrei.“

8

Die Schlusssätze des Zeugnisses werden wie folgt lauten:

9

„Ausschließlich aus betriebsbedingten Gründen sahen wir uns veranlasst, das langjährig bestehende Arbeitsverhältnis zu Herrn K. zu kündigen. Wir bedauern außerordentlich, diesen hervorragenden Mitarbeiter zu verlieren und können ihn jederzeit bestens empfehlen. Für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir ihm alles Gute.“

10

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht den Streitwert für das Verfahren auf drei Bruttomonatsgehälter (14.157,75 €) sowie den Mehrwert des Vergleichs auf 4.955,21 € festgesetzt. In diesem Mehrwert ist die Verpflichtung der Beklagten aus Ziff. 5. des Vergleichs mit einem Bruttomonatsgehalt (4.719,25 €) bemessen worden. Der restliche Mehrwert entfällt auf die Freistellung. Der Beschluss ist ausweislich der Akte den beteiligten Prozessbevollmächtigten formlos mitgeteilt worden.

11

Mit am 27.07.2016 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, der Vergleich weise keinen Mehrwert auf, da es sich beim Anspruch auf ein Zeugnis lediglich um eine weitergehende Folge der Regelung über die Beendigung handele. Das Zeugnis sei an sich nicht streitig gewesen. Nur unter Aushandlung und Vereinbarung des konkret vereinbarten Zeugnisses sei der Kläger bereit gewesen, eine gütliche Einigung über die einseitige Beendigung zu treffen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

13

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

II.

14

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

15

1. Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft.

16

Die Beklagte hat auch die Beschwerdefrist gewahrt. Gemäß § 33 Abs. 3 S. 3 RVG ist eine Beschwerde zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Das Arbeitsgericht hat den Beschluss über die Wertfestsetzung den Parteien nicht zugestellt, so dass die Beschwerdefrist nach § 33 Abs. 3 S. 3 RVG auch noch nicht begonnen hat zu laufen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 5 ArbGG. Auch die in dieser Vorschrift in S. 4 genannte Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Ausgangsentscheidung den Parteien förmlich zugestellt ist.

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Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Beschwerde keine Bedenken.

18

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat bei der Festsetzung des Mehrwerts des Vergleichs das ihm zustehende Ermessen bei der Wertfestsetzung nicht überschritten.

19

a) Das gilt zunächst, soweit das Arbeitsgericht den Mehrwert des Vergleichs im Hinblick auf die Freistellungsregelung mit 25 % der auf den Freistellungszeitraum entfallenden Vergütung festgesetzt hat. Die Festsetzung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts (u. a. Beschlüsse v. 11.09.2014 - 3 Ta 119/14 - Juris; v. 11.12.2013 - 3 Ta 197/13 - Juris; v. 18.06.2007 - 2 Ta 180/07 oder v. 25.06.2004 - 1 Ta 149/03 -).

20

Gegen diese Festsetzung wendete sich die Beschwerdeführerin auch ersichtlich nicht.

21

b) Die Festsetzung des Mehrwerts des Vergleichs auf ein Bruttomonatsgehalt ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

22

aa) Bereits das Arbeitsgericht hat in seiner Nichtabhilfeentscheidung, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, darauf hingewiesen, dass für die Verpflichtung zur Erteilung des Zeugnisses im Vergleich ein Mehrwert anzusetzen ist. Es handelt sich um eine eigenständige Verpflichtung der Beklagten, die unabhängig von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.

23

Nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein gelten insoweit folgende Grundsätze: Hat die Frage des Zeugnisinhalts keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt, darf dieses berücksichtigt werden. Steht hinter dem Antrag vorrangig lediglich ein Titulierungsinteresse, ist nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein die Bewertung dieses Streitgegenstands mit 200,-- bis 300,-- € vorzunehmen. Wird eine Führungs- und Leistungsbeurteilung festgelegt, über den weiteren Zeugnisinhalt aber nicht gestritten und dieser auch nicht geregelt, ist die Festsetzung eines Betrags von ca. einem halben Bruttomonatsgehalt ausreichend angemessen. Die Festsetzung eines Bruttomonatsgehalts für ein Zeugnisstreit kommt regelmäßig in Betracht, wenn die Parteien qualifiziert über den Inhalt des Zeugnisses streiten (Beschl. v. 20.07.2014 - 3 Ta 104/14 - Juris).

24

Vorliegend ging es dem Kläger ersichtlich nicht bloß um die Titulierung der Verpflichtung der Beklagten zur Zeugniserteilung. Die Beklagte hat in ihrer Beschwerde selbst vorgetragen, der Kläger sei nur nach Aushandlung und Vereinbarung des konkret vereinbarten Zeugnisses bereit gewesen, eine gütliche Einigung über die Beendigung zu treffen. Darüber hinaus haben die Parteien auch nicht lediglich die Führungs- und Leistungsbeurteilung im Zeugnistext festgelegt, sondern auch geregelt, wie die Schlusssätze des Zeugnisses zu lauten haben. Die Bemessung des Inhalts dieser Vergleichsregelung mit einem Bruttomonatsgehalt bewegt sich damit noch im Rahmen des Ermessens des Arbeitsgerichts.

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3. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde. Eine weitere Beschwerde gegen diese Entscheidung findet nicht statt, § 33 Abs. 4 S. 3 RVG.


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