Beschluss vom Landgericht Aachen - 3 T 133/03
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird die Mitteilung des Amtsgerichts B vom 18.12.2002 aufgehoben. Die Sache wird zur abschließenden Entscheidung über den Insolvenzantrag des Schuldners vom 30.09.2002 an das Amtsgericht B zurückgegeben.
1
G r ü n d e
2I.
3Mit Antrag vom 30.09.2002 stellte der Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 305 InsO. Als Anlage zum Eröffnungsantrag fügte der Schuldner eine Bescheinigung des Rechtsanwaltes Dr. L in S auf dem Vordruck "Eigenantrag Verbraucherinsolvenz: Bescheinigung (Anlage 2)" bei. Unter der Rubrik "Außergerichtlicher Einigungsversuch" ist dort angegeben, dass der außergerichtliche Plan vom 10.09.2002 beigefügt sei. Dem Insolvenzantrag ist als weitere Anlage ein Schreiben der Bevollmächtigten des Schuldners von diesem Tage (10.09.2002) an eine der Gläubigerinnen beigefügt, in dem dieser Gläubigerin ein Vorschlag zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung gemacht wird. Diesem Schreiben wiederum ist eine Aufstellung der Gläubiger sowie ein Ratenzahlungsplan für eine Laufzeit von fünf Jahren beigefügt (Bl. 23-25 d.A). Des weiteren hat der Schuldner unter der Rubrik "Außergerichtlicher Einigungsversuch" angegeben, dass von neun Gläubigern keiner dem Plan zugestimmt hat und dass von neun Gläubigern acht keine Rückäußerung abgegeben haben. Unter der Rubrik "Wesentliche Gründe für das Scheitern des Einigungsversuchs" hat der Schuldner die Formulierung "Nicht alle Gläubiger haben dem ihnen übersandten Plan zugestimmt. Als maßgebliche Gründe wurden genannt:" angekreuzt und zur näheren Konkretisierung auf die Anlage verwiesen, in der sich die Schreiben zweier Gläubiger befinden, die den Plan ohne weitere Begründung abgelehnt haben.
4Mit am 09.10.2002 zu Zustellungszwecken zur Post aufgegebenen Schreiben vom 02.10.2002 hat das Amtsgericht den Schuldner zur Ergänzung der vorgelegten Unterlagen nach Maßgabe des § 305 InsO n.F. aufgefordert. Die vorgelegte Bescheinigung über den erfolglosen Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern sei zu allgemein gehalten. Diese müsse insbesondere den zeitlichen Ablauf, den zu Grunde liegenden Plan, die Angebote des Schuldners, die Antworten der Gläubiger sowie die Gründe für das Scheitern des Planes darstellen. Zugleich wurde der Schuldner darauf hingewiesen, dass der Eröffnungsantrag gemäß § 305 Abs. 3 InsO als zurückgenommen gelte, sofern das Fehlende nicht binnen eines Monats seit Zustellung ergänzt werde.
5Mit Schriftsatz vom 21.10.2002 teilte der Schuldner mit, er wisse nicht, "was an der Bescheinigung auszusetzen" sei. Er habe schließlich mit dem Insolvenzantrag das Anschreiben an die Gläubiger, den Schuldenbereinigungsplan und Kopien der Antworten der Gläubiger übersandt. Er wisse nicht, wie er den Ablauf des Einigungsversuchs detaillierter darstellen könne und bitte um einen klärenden Hinweis des Gerichts. Auf das Schreiben hin verfügte der Abteilungsrichter eine dreiwöchige Wiedervorlagesfrist, ohne zuvor gegenüber dem Schuldner die Anforderungen an eine Ergänzung der vorgelegten Bescheinigung zu konkretisieren.
6Mit Schreiben vom 18.12.2002 teilte das Amtsgericht dem Schuldner mit, dass sein Eröffnungsantrag vom 30.09.2002 kraft Gesetzes als zurückgenommen gelte, weil er unvollständig gewesen und trotz gerichtlicher Aufforderung nicht fristgerecht ergänzt worden sei (§ 305 Abs. 3 InsO). Gegen diese Mitteilung hat der Schuldner mit Schriftsatz vom 06.01.2003 "Beschwerde" eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die von ihm vorgelegten Unterlagen den Anforderungen des § 305 InsO genügen. Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 24.03.2003 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
7Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
8II.
91. Die vom Schuldner eingelegte "Beschwerde" gegen die gerichtliche Mitteilung vom 18.12.2002 ist als sofortige Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 InsO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
10a) Allerdings ist nach verbreiteter Auffassung (vgl. etwa OLG L3, ZIP 2000, S. 1379 ff.; OLG L3, ZIP 2000, S. 1149 f.; OLG Naumburg, ZInsO 2000, 218; LG L3, ZVI 2002, 464 ff.; LG L2, ZInsO 2002, S. 841; LG C2, ZInsO 2000, S. 349; HK-Landfermann, InsO § 305 Rn. 34a), der sich auch die Kammer bereits angeschlossen hat (Beschlüsse vom 30.04.2002 - 3 T 112/02 - und vom 31.05.2002 - 3 T 146/02) die Mitteilung des Insolvenzgerichts über den Eintritt der gesetzlichen Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO unanfechtbar. Begründet wird dies einerseits damit, dass die Rücknahmefiktion kraft Gesetzes eintrete und deshalb schon keine Entscheidung des Insolvenzgerichtes darstelle (so etwa OLG L3, ZIP 2000, S. 1397, 1398 und ZIP 2000, S. 1149, 1450). Zum anderen wird darauf verwiesen, dass gemäß § 6 InsO die sofortige Beschwerde nur in den ausdrücklich vorgesehenen Fällen zulässig ist und eine derartige Regelung für § 305 Abs. 3 S. 2 InsO fehlt (OLG L3, a.a.O., BayObLG ZIP 1999, S. 1767 ff. und ZIP 2000, S. 320 ff.; nach Ansicht des BayObLG soll allenfalls die vorangegangene Ergänzungsaufforderung der sofortigen Beschwerde unterliegen, und zwar dann wenn das Insolvenzgericht an die vom Schuldner vorzulegenden Unterlagen inhaltlich in qualitativer Hinsicht bestimmte Anforderungen gestellt hat, deren Unerfüllbarkeit von vornherein eindeutig erkennbar ist und sich die Aufforderung deshalb in ihren materiellen Auswirkungen als endgültige Ablehnung des Eröffnungsantrags darstellt). Der Grundsatz der Unanfechtbarbarkeit gelte insbesondere auch dann, wenn der Schuldner - wie hier - nach der gerichtlichen Ergänzungsaufforderung ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er an seinem Eröffnungsantrag festhalten will (so etwa OLG L3, ZIP 2000, S. 1397, 1398 und ZIP 2000, S. 1449, 1450).
11b) Nach der in unterschiedlichen Varianten vertretenen Gegenauffassung kann hingegen in Ausnahmefällen auch die Feststellung des Insolvenzgerichtes über den Eintritt der Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden:
12Nach einer vereinzelt vertretenen Auffassung soll zwar die Mitteilung des Insolvenzgerichts über den Eintritt der Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO selbst keine beschwerdefähige Entscheidung darstellen. In den Fällen, in denen der Schuldner die Rechtsfolge der Antragsrücknahme für ungerechtfertigt halte, könne er aber entsprechend der §§ 4 InsO, 269 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 ZPO verlangen, dass das Gericht die Wirkung der Antragsrücknahme durch Beschluss ausspricht. Dieser Beschluss unterliege dann gemäß § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO der sofortigen Beschwerde (so etwa LG Q, ZinsO 2002, 1052; weitere Nachweise bei HK-Landfermann, § 305 Rdn. 34a).
13Nach anderer Auffassung kommt eine Beschwerde dann in Betracht, wenn die zugrundeliegende gerichtliche Entscheidung einen offenkundigen schwerwiegenden Fehler in der Rechtsanwendung aufweist, etwa dann, wenn das Insolvenzgericht bei seiner Entscheidung den Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör verletzt hat (so etwa LG H ZInsO, 2000, S. 650), wenn das Gericht ihm auf eine Antragsablehnung hinauslaufende, unerfüllbare Auflagen erteilt hat (vgl. OLG D, ZIP 2000, 802) oder wenn das Gericht inhaltliche Auflagen gemacht hat, die durch das Gesetz nicht gedeckt sind (OLG D, ZIP 2001, S. 340, 341; Braun/Buck, InsO, § 305 Rdn. 23). Dies soll insbesondere dann gelten, wenn der vorgelegte Schuldenbereinigungspplan einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen worden ist (vgl. dazu etwa Uhlenbruck/Vallender, die dort zitierten Entscheidungen des OLG L3 [ZIP 1999, 1929] und des BayOGLG [ZInsO 1999, 645, u. ZIP 2000, 320] betreffen allerdings Fälle, in denen entweder eine ausdrückliche Zurückweisung des Insolvenzantrages als unzulässig erfolgte oder es um die Anfechtung der vorangegangenen Ergänzungsaufforderung ging).
14c) Weitergehend wird eine Anfechtungsmöglichkeit immer dann bejaht, wenn der Schuldner auf die Ergänzungsaufforderung hin fristgerecht reagiert hat, indem er entweder - aus Sicht des Insolvenzgerichts unzureichende - Ergänzungen nachgereicht oder aber den vom Insolvenzgericht gestellten Anforderungen widersprochen hat. Für die Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO sei dann insgesamt kein Raum, diese gelte vielmehr nur dann, wenn der Schuldner innerhalb der Monatsfrist des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO gänzlich untätig geblieben sei. Reagiere der Schuldner fristgerecht, bestehe sein Insolvenzantrag fort; sofern das Gericht die eingereichten Unterlagen weiterhin für unzulänglich halte, müsse es den Antrag als unzulässig zurückweisen. Hiergegen sei dann in - unmittelbarer - Anwendung des § 34 Abs. 1 InsO die sofortige Beschwerde statthaft (OLG G, ZVI 2002, 165, 168, ebenso Kübler/Prütting/Wenzel, InsO, § 305 Rdn. 30).
15d) Der letztgenannten Auffassung schließt sich die Kammer unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung an.
16aa) Die in § 305 Abs. 3 InsO enthaltene Regelung dient insgesamt der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung. Es soll auf ein zügiges Handeln des Schuldners hingewirkt werden (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, BT Drucks. 12/7302, S. 192). Kommt der Schuldner der Aufforderung des Insolvenzgerichts, seinen - unvollständigen - Antrag nachzubessern, nicht innerhalb eines Monats nach, so gilt sein Antrag deshalb gemäß § 305 Abs. 3 S. 2 InsO als zurückgenommen.
17Der Eintritt dieser Rücknahmefiktion ist allerdings nur dann unproblematisch, wenn der Schuldner innerhalb der genannten Frist völlig untätig bleibt. In diesem Fall hat nämlich der Schuldner sein mangelndes Interesse an dem zunächst beantragten Insolvenzverfahren hinreichend dokumentiert, so dass es ohne weiteres gerechtfertigt ist, denn ursprünglich gestellten Antrag als zurückgenommen zu betrachten. Es wäre eine überflüssige und vom Gesetzgeber eben nicht gewollte Beanspruchung des Gerichts, wenn der ursprüngliche Antrag noch ausdrücklich zurückgewiesen werden müsste.
18Reagiert der Schuldner hingegen innerhalb der Monatsfrist des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO auf die gerichtliche Aufforderung, so dokumentiert er damit im Regelfall sein Interesse an der weiteren Verfahrensdurchführung und macht deutlich, dass er bereit ist, hieran aktiv mitzuwirken. Die gesetzliche Rücknahmefiktion hat dann keine Entsprechung im Tatsächlichen, weil der Schuldner gerade seinen einer Antragsrücknahme zuwiderlaufenden Willen deutlich macht. Dies würde für sich gesehen natürlich nicht verbieten, auch an ein solches Verhalten die Rücknahmefiktion zu knüpfen, es kommen aber weitere Gesichtspunkte hinzu, die eine Anwendung des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO in diesen Fällen unangemessen erscheinen lassen.
19aa) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber auch bei einer Reaktion des Schuldners § 305 Abs. 3 S. 2 InsO angewendet wissen wollte. Im Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, auf den § 305 Abs. 3 InsO zurückgeht, heißt es insoweit, mit der Fristbestimmung solle "auf ein zügiges Handeln des Schuldners hingewirkt" werden (BT-Drucks. 12/7302, S. 191). Dem lässt sich nur entnehmen, dass der Schuldner durch die drohende Rücknahmefiktion überhaupt zur Nachbesserung bewegt werden soll, an die inhaltliche Qualität der Reaktion werden indes keine Anforderungen gestellt.
20Auch kann der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 305 Abs. 3 InsO beabsichtigte Vereinfachungseffekt in den Fällen der genannten Art tatsächlich nur in geringem Umfang erzielt werden kann. Wenn nämlich der Schuldner auf die Ergänzungsaufforderung reagiert hat, so hat das Insolvenzgericht zur Klärung des weiteren Verfahrens, wenn schon nicht durch ausdrücklichen Beschluss, so doch zumindest gedanklich zu prüfen, ob die eingereichten Unterlagen nunmehr den gesetzlichen Anforderungen genügen. Unbeschadet des Umstandes, dass die Rücknahmefiktion kraft Gesetzes eintritt, ist also eine rechtliche Bewertung erforderlich, von deren Ausgang die weitere Verfahrensweise abhängig ist. Der Vereinfachungseffekt würde sich als darauf beschränken, dass das Insolvenzgericht sein weiteres Vorgehen nicht begründen muss und die zugrunde liegende Wertung nicht im Rechtsmittelwege überprüft werden kann.
21bb) Aus dem Vorgenannten folgt zugleich, dass es sich bei der Beurteilung der Frage, ob nach erfolgter Reaktion des Schuldners die der Ergänzungsaufforderung zu Grunde liegenden Bedenken ausgeräumt sind, durchaus um eine "Entscheidung" handelt, und zwar unabhängig davon, ob diese Beurteilung im Wege eines förmlichen Beschluss oder durch formlose Mitteilung erfolgt. Allerdings dürfte aus dem Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör folgen, dass die Entscheidung durch einen begründeten Beschluss zu treffen ist. Denn der Schuldner, der auf die Ergänzungsaufforderung reagiert hat, kann erwarten zu erfahren, aus welchen Gründen das Insolvenzgericht trotz seiner Antwort die eingereichten Unterlagen für unzulänglich hält. Gerade der vorliegende Fall zeigt dies deutlich: Der Schuldner hat als Anlage zu seinem Eröffnungsantrag eine Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs vorgelegt. Er hatte dabei den entsprechenden Vordruck weitgehend ausgefüllt und lediglich hinsichtlich der Rubrik "wesentliche Gründe für das Scheitern des Einigungsversuchs" auf die Anlage verwiesen, aus der sich die vorgerichtlichen Einigungsbemühungen und die Reaktion der Gläubiger mit einiger Deutlichkeit ergaben. Gleichwohl hat das Amtsgericht dem Schuldner mit seiner Ergänzungsaufforderung vom 02.10.2002 zur Nachbesserung aufgefordert. Dieser Aufforderung ist der Schuldner zumindest insoweit nachgekommen, als er mit seinem Schreiben vom 21.10.2002 um Präzisierung gebeten hat, welche weiteren Unterlagen er vorlegen solle. Das Insolvenzgericht hat diesen auch aus Sicht der Kammer gebotenen Hinweis hingegen nicht erteilt, sondern lediglich eine Wiedervorlagefrist bestimmt und sodann nach Ablauf der Frist mitgeteilt, den Insolvenzantrag gelte kraft Gesetzes als zurückgenommen. Durch diese Verfahrensweise ist dem Schuldner faktisch der Zugang zu dem von ihm beantragten Insolvenzverfahren verwehrt worden, ohne dass für ihn überhaupt erkennbar geworden wäre, welche weiteren Unterlagen seinem Antrag konkret hätten beigefügt werden müssen.
22cc) Soweit vereinzelt die Auffassung vertreten wird, für einen ausdrücklichen Beschluss über die Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens in den Fällen der hier vorliegenden Art fehle eine Grundlage, weil aufgrund der Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO überhaupt kein Antrag mehr vorliege (so etwa Vallender, ZIP 1999, S. 125, 128 f.), steht dies der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Denn die Rücktrittsfiktion greift nach richtiger Ansicht von vornherein nur dann ein, wenn der Schuldner innerhalb der Monatsfrist überhaupt nicht reagiert hat. Andernfalls besteht der Insolvenzantrag des Schuldners fort, über diesen kann und muss dann auch entschieden werden.
23dd) Für die Beschränkung der Rücknahmefiktion auf die Fälle, in denen der Schuldner auf die Ergänzungsaufforderung hin gänzlich untätig geblieben ist (und die daraus folgende Anfechtbarkeit der nachfolgenden gerichtlichen Entscheidung in allen anderen Fällen) sprechen auch praktische Erwägungen.
24Bereits die Vielzahl der Entscheidungen, in denen in jeweils unterschiedlichen Fallkonstellationen mit verschiedenen Begründungen ausnahmsweise auch im Rahmen des § 305 Abs. 3 InsO die sofortige Beschwerde zugelassen worden ist, macht deutlich, dass die Unanfechtbarkeit jeglicher Entscheidung zum Eingreifen des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO vielfach als unangemessen empfunden wird - wohl nicht zuletzt deshalb, weil andernfalls die Möglichkeit geschaffen würde, in nicht überprüfbarer Weise dem Schuldner faktisch der Zugang zum Insvolvenzverfahren zu verwehren.
25Hinzu kommt, dass die Anforderungen an die nach § 305 Abs. 1 Nr. 1. - 4. vorzulegenden Unterlagen ebenso wie der Anwendungsbereich der Vorschrift selbst keineswegs so eindeutig geregelt sind, dass jegliche obergerichtliche Klärung verzichtbar erscheint (so ausdrücklich auch Vallender, ZIP 1999, S. 125, 129). Beispielhaft sei hier etwa die Frage genannt, ob auch ein sogenannter "Null-Plan" den Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 4 InsO genügt (vgl. zur Problematik etwa HK-Landfermann, § 305 Rdn. 27 f.). Auch die Frage, welchen Anforderungen die Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO genügen muss, ist konkretisierungsbedürftig, zumal dem Insolvenzgericht insoweit über eine rein formalen Kontrolle hinaus auch die Prüfung obliegen soll, ob die Bescheinigung hinsichtlich der materiellen Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 1. - 4. insgesamt schlüssige Erklärungen enthält (vgl. hierzu etwa BayObLG ZIP 1999, S. 1767 ff.; OLG C, DZWiR 2001, S. 467 f.).
26ee) Schließlich erscheinen sämtliche in der Rechtsprechung erwogenen Lösungsmöglichkeiten zur beschränkten Eröffnung des Beschwerderechtszuges nur in Ausnahmefällen der Kammer nicht praktikabel.
27Eine Abgrenzung danach, ob das Gericht dem Schuldner eine auf eine Antragsablehnung hinauslaufende, unerfüllbare Auflage erteilt hat (vgl. OLG D, ZIP 2000, 802) oder inhaltliche Auflagen gemacht hat, die durch das Gesetz nicht gedeckt sind (OLG D, ZIP 2001, 340 ff.), ist rechtsdogmatisch kaum begründbar. Denn ob die dem Schuldner erteilten Auflagen erfüllbar oder vom Gesetz gedeckt sind, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit einer etwaigen Beschwerde. Zudem führt diese Auffassung zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten: So darf zwar der Schuldenbereinigungsplan (§ 305 Abs. 1 Nr. 4 InsO) vom Insolvenzgericht keiner inhaltlichen Überprüfung unterzogen werden (OLG D, a.a.O.; BayObLG, ZIP 2000, S. 320, 322; OLG L3, ZIP 1999, S. 1929, 1930), das Insolvenzgerichtes soll aber andererseits prüfen dürfen, ob die Bescheinigung gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO hinsichtlich der materiellen Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 1. - 4. insgesamt schlüssige Erklärungen enthält (BayObLG ZIP 1999, S. 1767 ff.; OLG C, DZWiR 2001, S. 467 f.). Obwohl es sich auch im letztgenannten Fall um eine Prüfung handelt, die über die bloße formale Vollständigkeit hinausgeht, wäre in diesem Rahmen sowohl die Ergänzungsaufforderung als auch die nachfolgende Entscheidung über den Eintritt der Rücknahmefiktion unanfechtbar, weil sich die Auflage im Rahmen der gerichtlichen Prüfungskompetenz hält. Diese Differenzierung leuchtet nicht ein.
28Auch die vom BayObLG erwogene Anfechtbarkeit der Ergänzungsaufforderung in den Fällen, in denen das Insolvenzgericht an die vom Schuldner vorzulegenden Unterlagen inhaltlich in qualitativer Hinsicht bestimmte Anforderungen gestellt hat, deren Unerfüllbarkeit von vornherein eindeutig erkennbar ist (BayObLG ZIP 1999, S. 1767 ff. und ZIP 2000, S. 320 ff.), ist nicht praktikabel. Denn zum einen besteht ein Bedürfnis für die Zulassung der sofortigen Beschwerde auch dann, wenn dem Schuldner erfüllbare Auflagen gemacht werden, die keine gesetzliche Grundlage haben. Vor allem aber würden dadurch die Rechtsschutzmöglichkeiten des Schuldners erheblich verkürzt. Dieser wird nämlich auf die Ergänzungsaufforderung hin zunächst versuchen, die angeforderten Unterlagen beizubringen oder das Gericht davon zu überzeugen, dass weitere Unterlagen nicht erforderlich sind. Er wird auch auf seine Antwort hin nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass gleichwohl die Rechtsfolgen des § 305 Abs. 3 S. 2 InsO eintreten, insbesondere dann nicht, wenn - wie hier - keine weitere Reaktion des Gerichts erfolgt. Erst dann, wenn er nach Ablauf der Monatsfrist die Mitteilung erhält, sein Antrag gelte gleichwohl als zurückgenommen, entsteht aus Schuldnersicht die Notwendigkeit, den Instanzenweg zu beschreiten. Eine Anfechtung der Ergänzungsanforderung würde dann aber am zwischenzeitlichen Ablauf der Beschwerdefrist scheitern.
292. Die aus den dargelegten Gründen zulässige sofortige Beschwerde des Schuldners ist auch begründet. Das Amtsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Insolvenzantrag des Schuldners gem. § 305 Abs. 3 S. 2 InsO als zurückgenommen gilt. Dies gilt vorliegend jedenfalls deshalb, weil der Schuldner auf die gerichtliche Aufforderung vom 02.10.2002 reagiert und hierbei ausdrücklich seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht hat, weitere (allerdings konkret zu benennende Unterlagen) einzureichen.
30Das Insolvenzgericht wird deshalb nunmehr - ggf. nach weiterer Konkretisierung nachzureichender Unterlagen - zu entscheiden haben, ob der Insolvenzantrag zulässig ist.
31Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
32- XX Dr. I
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