Urteil vom Landgericht Detmold - 1 O 220/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Zur Ablösung eines Darlehens bei der X-bank D schlossen die Kläger mit der Beklagten im Oktober 2007 den Darlehensvertrag vom 18.10.2007 über eine Darlehensvaluta von 55.000,00 € zu der Darlehensnummer #####/#### ab. Der Vertragsschluss gestaltete sich dergestalt, dass ein Vermittler der Beklagten den Klägern zwei Exemplare eines bereits von der Beklagten unterschriebenen Darlehensvertrages nebst Widerrufserklärung vorlegte, wobei die Kläger nur ein Exemplar unterschrieben, welches der Vermittler der Beklagten zukommen lies. Das weitere Exemplar des Darlehensvertrages nebst Widerrufserklärung (Anlage K1) verblieb bei den Klägern.
2Die Widerrufserklärung zum Vertrag sah wie folgt aus:
3Nach vorangehendem Schriftwechsel zwischen den Parteien, widerriefen die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 11.05.2015 den streitgegenständlichen Darlehensvertrag und forderten die Beklagte zur Rückabwicklung des Vertrages auf. Die Beklagte lehnte hingegen mit Schreiben vom 26.05.2015 eine Rückabwicklung des Darlehensvertrages ab.
6Sodann haben die Kläger mit Klageschrift vom 20.08.2015 die vorliegende Klage erhoben.
7Die Kläger sind der Auffassung, dass sie den streitgegenständlichen Darlehensvertrag wirksam, d.h. fristgerecht, widerrufen haben, da die Widerrufserklärung der Beklagten zum einen nicht den Anforderungen des § 355 BGB a.F. entspreche, so dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei. Zum anderen sei den Klägern entgegen § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. weder eine Vertragsurkunde, ihr schriftlicher Antrag noch eine Abschrift einer dieser Urkunden zur Verfügung gestellt worden, so dass die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen habe. Überdies könne sich die Beklagte nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, da die von ihr verwendete Belehrung nicht dem Muster in der vom 08.12.2004 bis 11.03.2008 gültigen Fassung (Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F.) entsprochen habe. So habe die Beklagte über der eigentlichen Widerrufserklärung neben einer zusätzlichen Überschrift („Widerrufsbelehrung“) einen Abschnitt „Verbraucher" aufgenommen. Ferner habe die Beklagte am Kopf der eigentlichen Widerrufsbelehrung den Zusatz „zu Darlehensvertrag vom 18.10.2007“ nebst Fußnote 1 „Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom…“ eingefügt, obwohl die Musterwiderrufsbelehrung dies nicht vorsehe. Weiter habe die Beklagte die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ aufgenommen, die die Musterbelehrung auch nicht vorgebe. Gleiches gelte auch für den Klammerzusatz „Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet-Adresse).“. Überdies sei die Widerrufsbelehrung abweichend von den Gestaltungshinweisen Nr. 9 und Nr. 10 zum Muster gestaltet worden.
8Die Kläger beantragen,
91.) die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 20.465,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 14,82 € seit dem 30.11.2007, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.12.2007, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.02.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.03.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.05.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.08.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.10.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.11.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2008, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 27.02.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.03.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.05.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.08.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.10.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.11.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2009, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.01.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 26.02.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.03.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 26.04.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.05.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.08.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.10.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.11.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2010, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.01.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.02.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.03.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.04.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.05.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.07.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.08.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.10.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.11.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2011, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.02.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.03.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.05.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.06.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.08.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.09.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.10.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.11.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.12.2012, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.02.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.03.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.05.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 28.06.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.08.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.10.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 03.12.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2013, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 03.03.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.03.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.05.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.07.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 01.09.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.09.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.10.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 01.12.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.12.2014, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.01.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 27.02.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.03.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.04.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 29.05.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 30.06.2015, aus einem Betrag von 222,29 € seit dem 31.07.2015, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Betrages in Höhe von 55.000,00 € (zzgl. Zinsen in Höhe von 4,85 Prozent) zu zahlen.
102.) die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtsschutzversicherung der Kläger, die ÖRAG Rechtsschutzversicherung, I-Allee, 40549 Düsseldorf, unter der Schadensnummer: #####/####, vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.436,57 € zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kläger die Darlehensverträge nicht fristgerecht widerrufen haben. Sie ist der Meinung, dass sie das Muster in der bis zum 11.03.2008 gültigen Fassung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in zulässiger Weise verwendet habe. Die Beklagte ist daher der Auffassung, dass sie sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen könne.
14Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze einschließlich der beigefügten Anlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Die zulässige Klage ist unbegründet.
17I. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Darlehensvertrages, da sie diesen mit Schreiben vom 11.05.2015 nicht wirksam widerrufen haben.
18Der von den Klägern erklärte Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen ist unwirksam, weil die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB) zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen war. Die Frist hat gemäß § 355 Abs. 2 BGB a.F. mit der Zurverfügungstellung eines Exemplars des Darlehensvertrages und der Widerrufsbelehrung im Oktober 2007 begonnen.
191. Entgegen der Auffassung der Kläger genügt das ihnen von der Beklagten übergebene Exemplar des Darlehensvertrages (vgl. Anlage K 1) den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.. Zunächst ist es zutreffend, dass der Lauf der Widerrufsfrist bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon abhängt, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F.) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener Antrag im Original oder eine der Urkunden als Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.). § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht deutlich zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2009 – XI ZR 33/08). Hierzu ist nach dem Sinn und Zweck der genannten Norm erforderlich, dem Verbraucher den Inhalt des zu widerrufenden Vertrages vor Augen zu führen (vgl. Staudinger/Kaiser, Buch 2 – Recht der Schuldverhältnisse §§ 346-351, Neubearbeitung 2012, § 355 Rn. 67). Sodann genügt der den Klägern von der Beklagtem zur Verfügung gestellte Vertragstext (Anlage K 1), der alle Vertragsbedingungen enthält und von der Beklagten unterzeichnet wurde, den eben genannten Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F.. Dies gilt umso mehr, als nach § 492 Abs. 1 S. 3 BGB in der Fassung vom 01.08.2002 bis 18.08.2008 der Abschluss eines Verbrauchervertrages nicht voraussetzt, dass die Parteien auf derselben Urkunde zu unterschreiben haben und § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. nicht das Erfordernis konstatiert, dass für den Fristbeginn beide Vertragsurkunden dem Verbraucher vorgelegt werden. Ein solches Erfordernis kann auch nicht der Gesetzeshistorie entnommen werden (BT-Drucksache 14/2658, S. 47 zu § 361a BGB). Ferner kann gegen die genannte Auffassung nicht das Urteil des BGH vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08 - mit Erfolg angeführt werden. Dies folgt daraus, da sich der BGH mit einer anderen Fragestellung beschäftigte. Der BGH setzte sich vielmehr mit der Frage auseinander, ob die von der dortigen Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. genügt. Dies hat der BGH mit den von den Klägern zitierten Gründen verneint, da die Belehrung („[…]. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensvertrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des schriftlichen Darlehensantrages oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde. […]“) das unrichtige Verständnis nahelegt, dass die Widerrufsfrist bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der dortigen Beklagten beim Verbraucher zu laufen beginnt, ohne das es auf eine Erklärung des Verbrauchers ankommt.
202. Zwar ist die vorliegende Belehrung fehlerhaft, da ein Verbraucher durch die in der Widerrufsbelehrung verwendete Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist belehrt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15.08.2012 – VIII ZR 378/11). Allerdings kann sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung i.V.m. der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV a.F. berufen. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. gilt die Belehrung als den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. genügend, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in Textform verwandt wird. Die Gesetzlichkeitsfunktion greift auch dann ein, wenn das Muster fehlerhaft ist und den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht genügt (BGH, Urteil vom 18.03.2014 – II ZR 109/13). Sodann kann dahinstehen, inwieweit ein weiterer Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB a.F. gegeben ist.
21a) Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. besteht nur dann, wenn ein Formular verwendet wird, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2015 – II ZR 163/14). Greift der Unternehmer in den Mustertext selbst ein, kann er sich schon deshalb unabhängig vom konkreten Umfang der Änderung auf eine mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht mehr berufen (BGH, Urteil vom 01.03.2012 – III ZR 83/11). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veränderungen wesentlich sind oder sich negativ auf die Verständlichkeit der Belehrung auswirken. Maßgeblich ist allein, ob der Unternehmer den Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (BGH, Urteil vom 10.02.2015 – II ZR 163/14); wobei Zusätze (wie die Firma, ein Kennzeichen oder ähnliches) nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. statthaft sind. Demgemäß kann sich ein Verwender auf die Schutzwirkung des Musters berufen, wenn er an dem Muster keine inhaltlichen, d.h. sachlichen Änderungen vorgenommen und keine den Verbraucher verwirrenden Zusätze hinzugefügt hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015 – 22 U 17/15).
22b) Nach dem eben Genannten kann sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. berufen, da sie die Musterbelehrung inhaltlich (sachlich) unverändert ließ, die Gestaltungshinweise entsprechend verwendet und keine verwirrende Zusätze in das Muster aufgenommen hat.
23aa) Die Kammer sieht es als unschädlich an, dass die Überschrift „Widerrufsbelehrung“, der Abschnitt „Verbraucher“ und der Zusatz „zu Darlehensvertrag vom …“ in die Widerrufsbelehrung aufgenommen wurden. Diese stellen lediglich zusätzliche und nicht irreführende Zusatzinformationen zu Gunsten des Verbrauchers dar, die es ihm ermöglichen die Widerrufsbelehrung umgehend aufzufinden und dem jeweiligen Darlehnsvertrag zuzuordnen.
24bb) Die Fußnote 2 „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ beinhaltet erkennbar keinen Text, der an den Verbraucher adressiert ist, sondern eine Handlungsaufforderung an den jeweiligen Kundenberater der Beklagten. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass in jedem Fall die richtige Widerrufsfrist eingetragen wird. Damit stellt die Fußnote ein zusätzliches Instrument zur Sicherung der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung zugunsten des Verbrauchers dar. Auch Genanntes kann nicht zu einer Irreführung des Verbrauchers führen.
25cc) Auch der streitgegenständliche Klammerzusatz stellt keine erhebliche Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung dar. In diesem Klammerzusatz wird lediglich aufgeführt, was im Folgenden für wesentliche Informationen an den Verbraucher weitergegeben werden müssen, damit dieser in die Lage versetzt wird, sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß auszuüben. Zu einer Verwirrung des Verbrauchers vermag dieser Klammerzusatz nicht erkennbar beizutragen. Er soll lediglich sicherstellen, dass alle für den Verbraucher wesentlichen Daten in dem frei auszufüllenden Feld entsprechend vermerkt werden, damit die Rechte des Verbrauchers geschützt und von diesem gewahrt werden können.
26dd) Ferner stellt die sprachliche Abweichung des 3. Satzes zum Gestaltungshinweis Nr. 9 keine inhaltliche, d.h. sachliche Änderung der Musterbelehrung dar. Soweit die Beklagte dort Umformulierungen vorgenommen hat, sind diese unschädlich, da es sich hierbei ausschließlich um redaktionelle, nicht aber inhaltliche bzw. sachliche Änderungen handelt, die bei einem objektiv verständigen Verbraucher als Empfänger dieser Belehrung kein vom Muster abweichendes Verständnis aufkommen lassen können. Vielmehr handelt es sich lediglich um einen „Perspektivwechsel“ bei der Darstellung eines inhaltlich bzw. sachlich identischen Sachverhalts (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015 – 22 U 17/15 m.w.N).
27Weiter ist unschädlich, dass der Satz 2 des Musters zum Gestaltungshinweis Nr. 9 (d.h. der dortigen Musterbelehrung zu finanzierten Geschäften) für den Darlehensvertrag nicht durch den vom Muster vorgesehenen Satz für den finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts ersetzt wird, sondern beide Sätze zugleich, d.h. kumulativ verwendet wurden. Dass der Satz nicht gestrichen wurde, führt zu keiner inhaltlichen Änderung, d.h. sachlichen Änderung des Musters. Es führt lediglich dazu, dass ein allgemeiner Satz durch einen weiteren Satz konkretisiert wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015 – 22 U 17/15 m.w.N.). Eine inhaltliche Veränderung der Belehrung erfolgt hierdurch nicht.
28Unerheblich ist zudem, dass nach dem Gestaltungshinweis Nr.9, die genannten Hinweise für finanzierte Geschäfte entfallen „können“, soweit kein verbundenes Geschäft vorliegt. Wie bereits aus der sprachlichen Gestaltung ersichtlich „können“ die Hinweise bei der Gestaltung der Widerrufsbelehrung außer Betracht gelassen werden. Eine Verpflichtung hierzu besteht nicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015 – 22 U 17/15 m.w.N.).
29ee) Auch ist unschädlich, dass die Beklagte neben den Angaben „Ort, Datum“ und „Unterschrift des Verbrauchers“ auch den Zusatz „Ihre Sparkasse Detmold, Q-Straße, 32756 Detmold“ in die Widerrufsbelehrung eingefügt hat. Der Gestaltungshinweis Nr. 10 sieht lediglich vor, dass die Angaben „Ort, Datum und Unterschriftenleiste“ entfallen „können“. In diesem Fall sind diese Angaben entweder durch die Wörter „Ende der Widerrufsbelehrung“ oder durch die Wörter „Ihr(e) (einsetzen: Firma des Unternehmers)“ zu ersetzen.“ Entgegen der Auffassung der Kläger kann aus diesem Gestaltungshinweis nicht der Schluss gezogen werden, dass nur eine der benannten Formulierung verwendet werden darf bzw. muss. Der Zusatz ist vielmehr nach § 14 Abs. 3 BGB-InfoV a.F. zulässig.
30III. Nach den vorbenannten Ausführungen sind auch der Antrag zu 2) nebst den Zinsanträgen unbegründet.
31IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
32V. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 709 ZPO.
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Referenzen
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