Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 75/19 (Kart)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zur Vollstreckung gestellten Betrages vorläufig vollstreckbar.
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T a t b e s t a n d:
2Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche auf Grund von durch die Klägerin behaupteten Wettbewerbsverstößen der Beklagten und weiterer Unternehmen aus der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche. Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen, welches seit Jahrzehnten sanitäre Anlagen und Heizungsanlagen baut sowie Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen ausrüstet. Die Beklagte ist Teil der „L1-Unternehmensgruppe“ und als solches ein Fachgroßhandelsunternehmen der Sanitär-, Heizung-Klimabranche in Deutschland.
3Das Bundeskartellamt hat gegen 10 Unternehmen und einen persönlich Betroffenen aus der Sanitär-, Heizungs- und Klimabranche Bußgelder in einer Gesamthöhe von rund 23 Mio. Euro verhängt.
4Adressatin des Bußgeldbescheides war u.a. auch die L1 GmbH & Co. KG, C1; im Hinblick auf die übrigen Adressaten wird auf Blatt 24 d.A. Bezug genommen. Diese Bußgeldbescheide wurden zwischen Dezember 0000 und März 0000 erlassen, ein letzter Bußgeldbescheid wurde gegen ein T1 Unternehmen am 00. Februar 0000 erlassen.
5Die konkurrierenden Sanitärgroßhändler haben im Tatzeitraum von Dezember 2005 bis März 2013 die jeweiligen Empfehlungen für Bruttolistenpreise in ihren Verkaufskatalogen gegenüber den einkaufenden Handwerkern im Gebiet von Nordrhein-Westfalen und weiterer, vor allem angrenzender Bundesländer, ausgewiesen werden, unter Nutzung interner Daten wie Betriebskosten, Gängigkeit und Mindestrabatten gemeinsam kalkuliert.
6Die bebußten Unternehmen waren Mitglieder des Kalkulationsausschusses des P1 NRW („P1 NRW“). Der P1 NRW war bereits in den 1970er Jahren gegründet worden, wobei seine Tätigkeit in den 1970er und 1980er Jahren von der Landeskartellbehörde Nordrhein-Westfalen und später vom Bundeskartellamt nicht beanstandet worden ist. Derartige Kalkulationsempfehlungen waren als sogenannte „Mittelstandsempfehlung“ in der seinerzeit gültigen Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen noch Gegenstand eines speziellen Regelungsrahmens. Damals trugen die P1 NRW zusammengeschlossenen Unternehmen vor, nicht in der Lage zu sein, für die Vielzahl von Sanitärprodukten das Personal und das Know-how vorzuhalten, um Verkaufspreise für diese Sanitärprodukte zu kalkulieren. Zudem seien sie auch technisch und finanziell nicht in der Lage, aufwändige Kataloge mit dieser Vielzahl von Produkten selbst zu drucken, wie dies die Großen der Branche täten. Diese Forderungen waren vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine technische Ausstattung in Form von Computern und entsprechender Software zum damaligen Zeitpunkt in den Unternehmen nicht vorhanden war. Eine elektronische Artikelverwaltung mit Preiskalkulationsmöglichkeiten war im Gegensatz zu heute nicht in dieser Form möglich.
7Mit der 7. GWB-Novelle, die am 01. Juli 2005 in Kraft trat, entfiel der Ausnahmetatbestand der Mittelstandsempfehlung, dennoch setzten die bebußten Unternehmen die gemeinsame Kalkulation bis zum 06. März 2013 – dem Tag der Durchsuchung - fort.
8Die Beteiligten kooperierten im Rahmen der Aufklärung des Kartells mit dem Bundeskartellamt; der im Wege eines Settlement gegenüber der L1 GmbH & Co. KG, C1; ergangene Bußgeldbescheid erwuchs in Rechtskraft.
9Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass auf Grund der in ihrer Replik näher dargelegten Anhaltspunkte vieles dafür spreche, dass das Kartell den grenzüberschreitenden Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet war, weshalb ein Verstoß nicht nur gegen den vom Bundeskartellamt angewendeten § 1 GWB, sondern auch gegen Art. 101 AEUV vorliege. Vor diesem Hintergrund seien die Grundsätze der Konzernhaftung, wie der EuGH sie im Urteil in der Rechtssache Skanska dargelegt habe, vorliegend anwendbar.
10Sie behauptet, dass ihr auf Grund der im Zeitraum von Dezember 2005 bis zum 06.03.2013 erworbenen zahlreichen Produkte, welche unter die Kartellabsprache zu subsummieren seien, unter Zugrundelegung der aus der sogenannten Oxera-Studie folgenden kartellbedingten Preiserhöhungseffektes in Höhe von 18 % auf Grundlage eines Gesamtumsatzes von 1.154.775,34 € netto der mit der Klage geltend gemachte Schaden als Mindestschaden zustehe. Zu einer ähnlichen Höhe des durchschnittlichen Kartellaufschlags komme auch die Studie von Connor.
11Zur Darlegung der streitgegenständlichen Erwerbsvorgänge legt die Klägerin umfangreiche Anlagenkonvolute (vgl. Anlagen K 14 – K 24) mit einer tabellarischen Übersicht der von ihr geltend gemachten Kaufvorgänge vor.
12Die Klägerin vertritt ferner die Auffassung, dass über den eigentlichen Kartellzeitraum hinaus auch auf Grund von Nachlaufeffekten für eine gewisse Zeit weitere Erwerbsvorgänge durch das Kartell beeinflusst waren.
13Die Klägerin beantragt wie folgt:
14- 15
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Schadensersatzzahlung zu leisten, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von EUR 207.859,40 zuzüglich Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2006 nach folgender Maßgabe:
- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 20.215,58 seit dem 01.01.2006;
17- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 19.899,64 seit dem 01.01.2007
18- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 22.751,17 seit dem 01.01.2008
19- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 23.611,58 seit dem 01.01.2009
20- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 24.746,40 seit dem 01.01.2010
21- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 26.589,51 seit dem 01.01.2011
22- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 23.053,93 seit dem 01.01.2012
23- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 24.177,98 seit dem 01.01.2013
24- aus einem Beitrag in Höhe von EUR 22.813,61 seit dem 01.01.2014
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 4.751,30 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie weist zunächst darauf hin, aus ihrer Sicht nicht passivlegitimiert zu sein. Die Klage richte sich gegen die L2 GmbH & Co. KG, nicht aber gegen die im Bescheid genannte L1 GmbH & Co. KG C1. Die Beklagte sei an dem Kartell nicht beteiligt gewesen.
30Sie vertritt die Auffassung, dass es sich zwischen ihr und der bebußten Gesellschaft nicht um eine wirtschaftliche Einheit handele, zumal nicht nur das gesellschaftsrechtliche Trennungsprinzip gelte, sondern auch dem streitgegenständlichen Kartell jeglicher Europabezug fehle. Der durch die Klägerin vorgelegte Fallbericht (insoweit wird auf Anlage K 2 Bezug genommen) spreche auch von keinerlei Auswirkungen im Ausland oder Lieferungen ins Ausland und zudem habe sich das Bundeskartellamt nur auf § 1 GWB gestützt, während das Kartellamt bei europarechtlichem Bezug zwingend auf Art. 101 AEUV hätte abstellen müssen.
31Sie sei ferner nicht in der Lage und zudem auch nicht verpflichtet, der Klägerin den Bußgeldbescheid zu verschaffen. Dieser liege ihr nicht vor, zumal sie nicht Adressatin sei.
32Ein Akteneinsichtsrecht der Klägerin bestehe auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
33Die Beklagte bestreitet ihr - aus ihrer Sicht durch die Klägerin ohnehin nicht schlüssig vorgetragenes - Verschulden.
34Die Beklagte bestreitet ferner ein kartellbedingtes überhöhtes Preisniveau, für das auch nicht etwa eine tatsächliche Vermutung o.ä. eingreife. Zudem seien auch keine Nachlaufeffekte gegeben.
35Die Beklagte rügt darüber hinaus den Sachvortrag zur Schadenshöhe als unzureichend, da ein lapidarer Bezug auf allgemeine Gutachten nicht hinreichend sei.
36Schließlich seien die vermeintlich relevanten Erwerbsvorgänge entgegen des in mündlicher Verhandlung erteilten gerichtlichen Hinweises auch weiterhin nicht schlüssig vorgetragen, da zum einen die Bezüge ausweislich den Rechnungsunterlagen bei der „M1 GmbH“ und nicht etwa bei der Beklagten oder bei der bebußten Gesellschaft vorgenommen worden seien und darüber hinaus auch erkennbar in vielen Punkten Produkte beträfen, die vom Kartell keinesfalls erfasst gewesen seien.
37Die Beklagte ist schließlich der Ansicht, dass ein Schaden jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung ausgeschlossen sei, da typischerweise davon ausgegangen werden müsse, dass ein Fachhandwerker den Einkaufspreis auf seine Marge aufschlägt.
38Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich sowohl der Mahnbescheid als auch die später mit Klageschrift überschriebene Anspruchsbegründung gegen die L2 GmbH richten sollte und es sich auch lediglich um eine Anspruchsbegründung und nicht um eine neue Klageschrift handeln sollte.
39Die Klägerin hat die Klage ursprünglich vor dem Landgericht Münster anhängig gemacht. Dieses hat mit Beschluss vom 00.00.0000 den Rechtsstreit an die Kartellzivilkammer des Landgerichts Dortmund verwiesen.
40Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Anlagen Bezug genommen.
41Entscheidungsgründe:
42Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Dortmund ist auf Grund der bindenden und im Übrigen auch zu Recht erfolgten Verweisung durch das Landgericht Münster nach § 281 ZPO örtlich und sachlich zuständig.
43Die Klage ist hingegen unbegründet.
44Der Klägerin stehen keine Ansprüche nach § 33 GWB a.F. und auch nicht, worauf sie sich im Rahmen ihrer Klageschrift ebenfalls stützt, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Art. 81 EGV bzw. Art. 101 AEUV zu.
45Dabei kann, da die Klage aus anderen Gründen unbegründet ist, hier offenbleiben, ob die Beklagte überhaupt passivlegitimiert ist.
46Die Klägerin hat – von den Parteien unbestritten – vorliegend eine Beklagte gewählt, die nicht als Adressatin im Bußgeldbescheid genannt ist, sondern mit dieser Adressatin lediglich konzerntechnisch verbunden ist, wobei die Klägerin ferner nicht dargelegt hat, wie die Konzernstruktur genau verfasst ist, d.h. ob es sich also bei den hier in Rede stehenden Gesellschaften um Mutter und Tochter oder womöglich nur um zwei Tochtergesellschaften einer nicht näher genannten Konzernmutter handelt. Damit ist ebenfalls nicht erkennbar, zwischen welchen Rechtssubjekten und in welche Richtung etwa ein bestimmender Einfluss im Sinne des EuGH in der Rs. Akzo (EuGH, Urt. v. 10.9.2009, Rs. C-97/08 P, Slg. 2009, I-8237, Rn. 54 = WuW/E EU-R 1639 – Akzo Nobel) hier ausgeübt werden kann bzw. werden konnte.
47Zwar geht die Kammer, anders als offenbar die bislang überwiegende erstinstanzliche Rechtsprechung in Deutschland (vgl. etwa LG München I, 37 O 6039/18 bzw. LG Mannheim, 14 O 117/18 Kart.) auf Grundlage der Entscheidung des EuGH in Sachen Skanska (Urteil vom 14. März 2019, C-724/17 = NZKart 2019, 217) davon aus, dass die kartellrechtliche Zuwiderhandlung einer einzelnen Konzerngesellschaft vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Einheit auch für alle anderen Unternehmensteile ein Eigenverhalten im haftungsrechtlichen Sinne darstellt und so als unmittelbarem Ausfluss aus Art. 101 die Zugehörigkeit zum kartellbeteiligten Unternehmen, eben der handelnden wirtschaftlichen Einheit, ausreichend ist, die Haftungsverantwortlichkeit jedes einzelnen Rechtsträgers zu begründen (vgl. so schon Kersting, WuW 2014, 1156; Kersting-Preuß, WuW 2016, 394, 395 f; in diese Richtung auch bereits Klumpe/Thiede, BB 2016, 3011, ferner Thiede, NZKart 2018, 411, ders. NJW 2019, 1200, Wagener, NZKart 2019, 535, 537).
48Eine Entscheidung dieses Aspektes kann jedoch ebenso dahinstehen wie die Entscheidung der Frage, ob der vorliegende Fall überhaupt unter Art. 101 AEUV fällt oder ob nicht vielmehr wegen des rein regionalen Charakters des Kartells allein - wie auch das Bundeskartellamt dies gesehen hat - eine Anwendung des § 1 GWB in Betracht kam. In letzterem Fall hätte das Urteil des EuGH nämlich ohnehin keine unmittelbare Bedeutung, so dass hier eine Übertragung der soeben angedeuteten Grundsätze weiterhin fraglich erscheint (vgl. zur Problematik Kersting, WuW 2019, 290, 298, der die Übertragbarkeit bejaht). Auch ist eine Vorlage nach Art. 267 AEUV hier nicht erforderlich, da zum einen die nämliche Rechtsfrage dem EuGH bereits durch Vorlagebeschluss des Audiencia Provoncial de Barceloa, Beschluss vom 24. Oktober 2019, APB SEC 15 a, 775/2019 – 2 a) zur Entscheidung unterbreitet wurde und der Umstand, wie bereits oben angedeutet und im Folgenden noch näher auszuführen ist, ohnehin nicht entscheidungserheblich ist, weil die Klage aus anderen Gründen unschlüssig bzw. der für die übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs unterbreitete Sachvortrag unsubstantiiert ist.
49Die Klägerin hat nämlich, trotz entsprechender Hinweise der Kammer, die maßgeblichen Erwerbsvorgänge, auf die sie ihren Schadensersatzanspruch stützt, nicht im Ansatz substantiiert vorgetragen. Die Feststellung der Kartellbefangenheit, mithin also der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen Rechtsverletzung und einem möglichen Schaden (vgl. BGH, Urt. v. 28.01.2020, KZR 24/17– Schienenkartell II = NZKart 2020, 136, Tz 27) würde voraussetzen, dass die Erwerbsvorgänge im Einzelnen im Hinblick auf den Veräußerer, den Preis und den genauen Kaufgegenstand individualisiert und substantiiert werden. An all dem fehlt es hier.
50Die Klägerin hat im Wesentlichen Rechnungen und Excel-Tabellen vorgelegt, die schon prima vista jedenfalls auch Waren bzw. Leistungen ausweisen, die nicht ansatzweise mit dem Sanitärkartell in Verbindung gebracht werden können, zumal ohnehin nicht ersichtlich bzw. durch die Klägerin vorgetragen ist, welche Waren und Leistungen überhaupt im Einzelnen Gegenstand der Kartellrechtverletzung waren. Die Beklagte hat in ihrer Duplik (S. 37 ff.) bereits auf den ersten Blick ersichtliche Warengruppen herausgestellt, die einem Sanitärkartell schwerlich zuzuordnen sind.
51Hinzu kommt, dass die Waren und Leistungen ausweislich dieser Anlagen fast überwiegend bei der „M1 GmbH“ erworben wurden (s. Rechnungen K 1, K25 und passim), ohne dass sich die Klägerin hier eines näheren Vortrags befleißigen würde, inwieweit diese ebenfalls mit der bebußten Kartellteilnehmerin verbunden ist (dies lässt sich allenfalls angesichts des Screenshots Bl. 127 d.A. erahnen, ohne dass dies auch nur im Ansatz einen substantiierten Vortrag darstellen würde) oder ob sie hier die Rolle einer mittelbaren Erwerberin einnahm oder ob gar ein Preisschirmschaden geltend gemacht wird. Vielmehr trägt sie in ihrer Replik vor, sämtliche Erwerbsvorgänge seien „mit der Kartellantin C1 GmbH & Co abgewickelt“ worden (Bl. 138 d.A.), was nun erkennbar nicht mit den vorgelegten Rechnungen in Einklang zu bringen ist.
52Ein solcher Vortrag ist für die hiesige Beklagte schon gar nicht einlassungsfähig, da ihr so die Möglichkeit genommen wird, zu den relevanten Fragen von Kartellbefangenheit und Schadenseintritt in substantiierter Weise Stellung zu nehmen.
53Dies muss insbesondere schon vor dem Hintergrund der in der Rechtsprechung zugunsten von Kartellklägern anerkannten Beweiserleichterungen (s. dazu etwa Zwade/Konrad, NJW 2020, 807) gelten. Denn will sich zB die Klägerin zunächst für das „Ob“ des Schadens und danach etwa für die Feststellung der Schadenshöhe auf eine Abwägung von Indizien im Einzelfall stützen (vgl. zu diesem Aspekt bei der Schadenshöhe zuletzt Kühnen, NZKart 2019, 515), so muss die Klägerin nach ständiger Rechtsprechung der Kammer die Erwerbsvorgänge so substantiiert vortragen, dass die Beklagte die Möglichkeit hat, zu den einzelnen Erwerbsvorgängen und den Umständen der Transaktion ihrerseits substantiiert Stellung nehmen zu können, andernfalls ihr die Möglichkeiten eines angemessenen Verteidigungsvorbringens abgeschnitten würde (vgl. LG Dortmund 8 O 21/18 Kart., Rn. 33 und 34 Juris, ähnlich LG Dortmund, 8 O 24/18 Kart., bestätigt durch OLG Düsseldorf VI-U Kart. 15/18). Gilt dies schon dann, wenn vom Kartellanten selber erworben wird, muss dies erst recht gelten, wenn eine andere Konzerngesellschaft in Anspruch genommen wird bzw. unklar ist, wie der streitgegenständliche Erwerb im Marktgefüge einzuordnen ist.
54Die notwendigen Informationen waren somit im Ergebnis – trotz vorangegangenen Hinweises – weder dem schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin noch den von ihr vorgelegten Anlagenkonvoluten zu entnehmen, wobei zu beachten ist, dass Gerichte ohnehin nicht verpflichtet sind, umfangreiche Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche ohne eine entsprechend konkrete Inbezugnahme bzw. schriftsätzliche Erläuterung zu konkretisieren (vgl. BGH, Urt. v. 17. Juli 2003, I ZR 295/00 = NJW-RR 2004, 639, 640, ferner BGH, B. v. 02.10.2018 VI ZR 213/17 – Juris).
55Damit ist die Klage mangels substantiierten Vortrages zu den Erwerbsvorgängen im Einzelnen unsubstantiiert und im Hinblick auf die Fragen nach dem „Ob“ des Schadens und der Kartellbefangenheit unschlüssig.
56Sie ist es ferner auch im Hinblick auf den geltend gemachten Schaden der Höhe nach. Die Klägerin stützt sich insoweit auf die bekannte „Oxera-Studie“ und ergänzend auf die Studien von „Connor“. Das Abstellen auf die Oxera-Studie wie auf die Studien von Connor allein ist nach der Rechtsprechung des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf sowie nach Auffassung der Kammer schon deshalb unzulänglich, da es – ganz offensichtlich – an einer Vergleichbarkeit der Einzelpreise der von den streitbefangenen Beschaffungsvorgängen betroffenen Produkte mit den in den Studien ermittelten Werten fehlt (vgl. zum Ganzen OLG Düsseldorf VI U Kart. 1/17, Rn. 131 Juris).
57Auch kommt hier eine „freihändige Schätzung“ (vgl. dazu Kühnen, NZKart 2019, 515) nicht in Betracht. Dafür wären zahlreiche Anknüpfungstatsachen erforderlich, zumal ausweislich des Fallberichts des Bundeskartellamtes das Kartell sich hier in einer speziellen Lage befand, weil es in erster Linie gleichsam dazu diente, sich gegenüber den großen Unternehmen am Markt zu behaupten, so dass es ein umso komplexerer Vorgang wäre, hier eine Preisüberhöhung festzustellen.
58Auf alle diese Punkte ist in der mündlichen Verhandlung und in dem auf die mündliche Verhandlung folgenden Hinweisbeschluss explizit hingewiesen worden; es bestand ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme für die Klägerin, ohne dass hier ein umfänglicher weiterer Vortrag zu den fraglichen Punkten – und im Übrigen auch zu diversen weiteren, hier gar nicht erwähnten offenen Aspekten des Haftungstatbestandes - erfolgt ist. Daher ist die Klage bereits mangels substantiierten Vortrags zum Schaden und zur haftungsausfüllenden Kausalität sowie zu den in dem Zusammenhang durch das Gericht festzustellenden Erwerbsvorgängen abzuweisen.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 Satz 1 ZPO.
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