Urteil vom Landgericht Dortmund - 4 O 309/21
Tenor
Der Antrag vom 30.09.2021 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Verfügungsklägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Verfügungsklägerin begehrt von der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung einer vermeintlich unlauteren Werbung.
3Beide Parteien handeln mit gebrauchter Software.
4Im Rahmen einer Newsletter Werbung im Mai 2021 warb die Verfügungsbeklagte mit folgender streitgegenständlicher Werbeaussage:
5„[…] wir sind seit jeher auch der erste und einzige namhafte Anbieter mit einem professionellen Onlineshop […]“.
6Die Verfügungsklägerin wendet sich gegen den folgenden Teil der Werbeaussage:
7„[…] einzige namhafte Anbieter mit einem professionelle Onlineshop […]“.
8Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, die Werbung sei unlauter.
9Sie behauptet dazu, mit einer derartigen Behauptung verbinde der Verkehr, d. h. der angesprochene Adressatenkreis, regelmäßig die Erwartung, dass die Verfügungsbeklagte im Bereich des Handels mit gebrauchter Software der alleinige/einzige namhafte Anbieter mit einem professionellen (gewerbsmäßigen bzw. professionierten) Onlineshop sei. Dabei erwarte der angesprochene Adressatenkreis, dass es neben der Verfügungsbeklagten keinen großen, nennenswerten bzw. bekannten Mitbewerber mit einem „professionellen Onlineshop“ gebe. Dies sei aber nicht richtig.
10Sie selbst betreibe ebenfalls ein namhaftes Unternehmen, das mit gebrauchter Software handele. Sie habe mittlerweile deutlich über 100.000 Kunden, davon mehrere 1.000 Geschäftskunden. Ihr Umsatz liege im Millionenbereich. Sie nehme eine erhebliche Rolle bei der Wahrnehmung der Kunden im Internet ein. Es gebe aber auch noch andere namhafte Anbieter mit professionellen Onlineshops, wie z.B. die A1 oder die A2. Deren Jahresabschlüsse zeigten einen Umsatz, der belege, dass die Verfügungsbeklagte keinen Vorsprung gegenüber diesen Wettbewerbern habe.
11Sie selbst betreibe auch einen professionellen Onlineshop unter dem Link:
12www.-01
13Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher verstehe unter der Angabe „professioneller Onlineshop“ nicht einen automatisierten Bestellprozess, sondern vielmehr, dass es sich um einen gewerbsmäßigen, professionierten oder berufsmäßigen Onlineshop handele. Gegebenenfalls könnte - bei äußerst weiter Auslegung des Begriffes - der verständige Verbraucher ebenfalls darunter verstehen, dass es sich um einen „serösen“ Onlineshop handelt. Die Angabe könne keinesfalls mit einem „automatisierten Bestellprozess“ gleichgesetzt werden. Davon abgesehen betreibe sie sogar - auch im B2B-Bereich - einen Onlineshop mit einem vollautomatisierten Bestellprozess.
14Von dem Newsletter habe sie erst am 09.09.2021 erfahren, als der Mitarbeiter, Herr B1, diesen in seinem Spamfilter entdeckt und dem Teamleiter mitgeteilt habe, der wiederum die Geschäftsleitung informiert habe.
15Mit Schreiben vom 15.09.2021 ließ die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte durch ihre Prozessbevollmächtigen abmahnen. Die Verfügungsbeklagte wies das Ansinnen zurück. Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgt die Verfügungsklägerin ihr Begehren weiter.
16Die Verfügungsklägerin beantragt,
17der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung einer vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsstrafe in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise einer am Geschäftsführer zu vollstreckenden Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr mit der Aussage
18„[…] einzige namhafte Anbieter mit einem professionelle Onlineshop […]“
19zu werben und/oder werben zu lassen,
20wie in Anlage A1 erkennbar.
21A 1
22Klicken, kaufen, fertig.
23Sehr geehrte Damen und Herren,
24C1 gilt nicht nur als Wegbereiter des europäischen Gebrauchtsoftware-Handels – wir sind seit jeher auch der erste und einzige namhafte Anbieter mit einem professionellen Onlineshop. Damit Sie schnell, einfach und sicher einkaufen können!
25Über unseren Webshop und Pioniergeist sprach erst kürzlich das renommierte Handelsmagazin „F1“ mit dem C1-Gründer D1. Das Interview können Sie auf unserer Website lesen. Und falls Sie sich bei der Gelegenheit noch einmal selbst von unserem Shop überzeugen wollen, ist vielleicht dieses Schnäppchen etwas für Sie:
26Windows Server User CAL 2012 für nur 4,15 €*
27Gültig vom 11.5. bis 24.5.2021 und solange der Vorrat reicht. Alle Preise zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Es handelt sich um Volumenlizenzen.
28Mit freundlichen Grüßen
29Ihr C1-Team …@C1
30*Der reduzierte Preis wird Ihnen angezeigt, sobald Sie sich als Behördenkunde im Shop eingeloggt haben.
31Die Verfügungsbeklagte beantragt,
32den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
33Die Verfügungsbeklagte behauptet, bei der beanstandeten Werbeaussage handele es sich nicht um eine unwahre Behauptung.
34Sie betreibe als Kerngeschäft den Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen. Dabei habe sie sich ausschließlich auf den Handel im B2B-Bereich spezialisiert und bediene gezielt den Bedarf von Unternehmen und Behörden. Sie belieferte keine Verbraucher. Die Aussage, dass sie ein „namhafter Anbieter“ sei, sei richtig. Sie sei ein führender Anbieter gebrauchter Softwarelizenzen und insoweit bestens bekannt. Sie habe eine langjährige Präsenz im Markt und im Rahmen der Legalisierung des Handels mit gebrauchter Software besondere Verdienste erworben. In dem Segment, das sie bediene, setze sie sich von den anderen, auf den B2B-Handel spezialisierten Marktteilnehmer deutlich ab.
35Dabei sei sie auch der einzige Anbieter mit einem „professionellen Onlineshop“. Unter einem „Onlineshop“ verstehe der Verkehr die Möglichkeit, im Internet in der Art eines virtuellen Ladengeschäftes eine bestimmte Ware direkt und ohne Zwischenschritte zu einem vorher festgelegten Preis kaufen zu können. Diese Möglichkeit sei nicht eröffnet, wenn der Anbieter lediglich eine Anfrage über den Kauf eines Produktes stellen könne. Die A1 GmbH und die A2 AG stellten tatsächlich kein Verkaufsportal zur Verfügung. Man könne auf ihrer Internetseite kein Produkt direkt und verbindlich erwerben.
36Auch die Verfügungsklägerin selbst unterhalte keinen Onlineshop. Das Impressum der Internetseite weise aus, dass der Shop von der G1 AG betrieben werde. Im Übrigen habe die Verfügungsklägerin einen so kleinen Kundenstamm aus dem B2B-Bereich, dass es sich bei ihr nicht um eine namhafte Anbieterin in dem Bereich handele.
37Die Werbeaussage stamme zudem aus einem Newsletter vom 11.05.2021. Die Verfügungsklägerin habe schon nicht glaubhaft gemacht, dass dem Geschäftsführer dieser erst am 09.09.2021 bekannt geworden sei. Es fehle damit auch an der erforderlichen Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
38Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
39Zur Glaubhaftmachung beziehen sich die Parteien auf eingereichte eidesstattliche Versicherungen des K1 (A3), des B1 (A10) und des K3 (AG4).
40Entscheidungsgründe
41Der zulässige Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Es fehlt an einem zu schützenden Verfügungsanspruch.
42Die Verfügungsklägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Verfügungsbeklagte gemäß §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 1. Alt. oder 2. Alt. Nr. 1 und Nr. 2 UWG ein Unterlassungsanspruch zusteht, weil die Verfügungsbeklagte mit unwahren Behauptungen wirbt und sie, die Verfügungsklägerin, dadurch als Mitbewerberin beeinträchtigt ist.
43Zwar ist nach der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft der Verfügungsklägerin zunächst davon auszugehen, dass die Verfügungsklägerin ebenso wie die Verfügungsbeklagte im Bereich des Handels mit gebrauchter Software tätig ist, und zwar auch in dem Bereich der B2B-Kunden. Im Rahmen des Unterlassungsbegehrens ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Werbeaussage
44„[…] einzige namhafte Anbieter mit einem professionelle Onlineshop […]“
45in ihrer Gesamtheit zu würdigen ist. Nach Auffassung des Gerichts kann dahinstehen, ob es sich bei der Verfügungsklägerin mittlerweile aufgrund ihres Kundenstamms und/oder ihres Umsatzes auch um einen namhaften Anbieter gebrauchter Software handelt. Denn von der Werbeaussage wäre sie nur dann als Mitbewerberin betroffen, wenn sie selbst ebenfalls einen „professionellen Onlineshop“ betreiben würde.
46Unter dem Begriff „professionell“ versteht der angesprochene Verkehrskreis zunächst einmal einen gewerblichen und seriösen Handel. Unter einem „Onlineshop“ wiederum ist ein Handel über eine Internetseite zu verstehen, bei der es zum Erwerb einer Ware kommen kann. Zwar hat der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Verfügungsklägerin in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben, dass die Verfügungsklägerin einen solchen vollautomatisierten Online-Handel betreibt, diese Angabe muss das Gericht allerdings als widerlegt ansehen. Denn der von der Verfügungsklägerin vorgetragene Link auf die Internetseite zu dem angeblich von ihr betriebenen Onlineshop zeigt ausweislich des Impressums, dass dieser Shop nicht von der Verfügungsklägerin, sondern von der G1 AG betrieben wird. Bei der Verfügungsklägerin handelt es sich daher nicht um einen Mitbewerber im Onlinehandel, der durch die Werbeaussage der Verfügungsbeklagten beeinträchtigt wird.
47Letztlich kommt es nicht darauf an, es sei aber angeführt, dass die Verfügungsklägerin gegenüber den konkreten Darlegungen der Verfügungsbeklagten auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Unternehmen A1 GmbH und A2 AG über einen „Onlineshop“ verfügen. Hierfür genügt ebenfalls die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft nicht. Denn die Verfügungsklägerin versteht nach ihrer Definition unter einem Onlineshop auch ein Werbeportal.
48Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war daher zurückzuweisen.
49Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.