Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (3. Zivilkammer) - 3 O 560/13

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter die Zahlung von Schadensersatz, weil die Beklagte gegenüber der Insolvenzschuldnerin eine Pflichtverletzung begangen haben soll.

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Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgericht - Ludwigshafen a. Rh. vom 01.05.2012 wurde der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der … GmbH mit Sitz in … D. bestellt (Anlage K 1, Bl. 8 - 10 d. A.). Seine Einsetzung zum vorläufigen Insolvenzverwalter durch Beschluss vom 29.02.2012 hatte er der Beklagten mit Schreiben vom 06.03.2012 (Anlage K 6, Bl. 20, 21 d. A.) angezeigt.

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Die Insolvenzschuldnerin betrieb auf dem Dach der Reithalle des Reit- und Fahrvereins … e. V. eine Photovoltaikanlage. Diese ist zwar der Kreissparkasse … sicherungsübereignet. Mit Schreiben vom 13.05.2013 erteilte diese ihre Zustimmung zur Durchsetzung der Ansprüche (Anlage K 3, Bl. 13 d. A.).

4

Die Photovoltaikanlage ist an das Stromnetz der Beklagten angebunden, in das sie den erzeugten Strom einspeist. Hierfür leistete die Beklagte an die Insolvenzschuldnerin eine Einspeisevergütung, die zunächst bis 30.06.2012 gezahlt wurde. Ab Juli 2012 stellte die Beklagte die Zahlungen ein, weil die Photovoltaikanlage nicht mit dem erforderlichen Tonrundsteuerempfänger ausgerüstet war. Zum 01.07.2012 hatte sich die Gesetzeslage dahingehend geändert, dass kein Vergütungsanspruch des Anlagenbetreibers bestand, solange die gesetzlich vorgeschriebene technische Ausstattung, mit der der Netzbetreiber jederzeit eine Reduzierung der Einspeiseleistung vornehmen kann, nicht installiert ist. Über das Erfordernis, den Tonrundsteuerempfänger bis spätestens 30.06.2012 zu installieren, hatte die Beklagte ihre Betreiber von Anlagen erneuerbarer Energien bereits nach Bekanntmachung des Gesetzes im Jahr 2011 hingewiesen. Gegenüber dem Kläger stellte sie ab Juli 2012 ihre Zahlungen ein, obwohl sie weiterhin Strom aus der Anlage in … bezog.

5

Die entgangene Einspeisevergütung macht der Kläger von Juli bis September 2012 mit insgesamt 14.728,32 € geltend und berechnet sie mit der Anlage K 7 (Bl. 24 - 26 d. A.).

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Der Kläger trägt vor,

die Beklagte habe sich treuwidrig verhalten. Unabhängig von den Kenntnissen ihres Vertragspartners sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den jeweiligen Anlagenbetreiber über die Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu informieren. Das Verhalten der Beklagten verletze die Aufklärungs- und Informationspflichten gegenüber ihrem Vertragspartner, was sie zur Schadensersatzleistung verpflichte. Vom 01.07. bis 11.09.2012 habe die Beklagte 54.565,097 kWh eingespeist, die zu mindestens 3,7 ct je kWh zu vergüten seien. Die Beklagte habe auch Aufwendungen in Höhe des durchschnittlichen Marktwertes für Solarstrom erspart und sei für eine Entreicherung beweispflichtig.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 14.728,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.01.2014 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte trägt vor,

der Kläger habe seinen Vergütungsanspruch verloren. Sie schulde weder Schadensersatz noch Herausgabe einer Bereicherung.

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Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigefügten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, bleibt aber unbegründet.

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Der Kläger kann einen Schadensersatzanspruch der Insolvenzschuldnerin bzw. der Sicherungsnehmerin der Insolvenzschuldnerin nicht erfolgreich geltend machen, weil der Beklagten keine Pflichtverletzung gegenüber der Insolvenzschuldnerin oder dem Kläger zur Last gelegt werden kann.

15

Zwischen der Beklagten und der Insolvenzschuldnerin bestanden keine vertraglichen Beziehungen. Vielmehr ist das Rechtsverhältnis zwischen Anlagenbetreiberin und der Beklagten als Netzbetreiber als gesetzliches Schuldverhältnis nach § 4 Abs. 1 EEG ausgestaltet.

16

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte zum 01.05.2012. Zu diesem Zeitpunkt war das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) in der ab 01.04.2012 geltenden Fassung bereits in Kraft getreten. Nach der Übergangsbestimmung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 EEG mussten die technischen Vorgaben des § 6 Abs. 1 EEG ab dem 01.07.2012 vorliegen. Dies war bei der Anlage der Insolvenzschuldnerin unstreitig nicht der Fall, so dass ein Vergütungsanspruch nach § 17 Abs. 1 EEG auf Null verringert wurde.

17

Auch im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses treffen die Beklagte zwar Informations- und Hinweispflichten. Diesen kam sie jedoch nach dem Vortrag des Klägers durch Information der jeweiligen Anlagenbetreiber nach. Wie der Kläger selbst darlegt, hatte die Beklagte ihre Anlagenbetreiber „schon frühzeitig“ mittels eines Merkblatts über die geänderten Anforderungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG in Kenntnis gesetzt und diesem auch einen Bestellschein für den benötigten Tonrundsteuerempfänger beigefügt. Damit war die Insolvenzschuldnerin ausreichend informiert. Als der Kläger in die Rechte und Pflichten der Insolvenzschuldnerin eintrat, stand ihm ein umfassender Auskunftsanspruch über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber der Insolvenzschuldnerin zu. Im Rahmen dieses Auskunftsanspruchs nach § 97 InsO hätte die Insolvenzschuldnerin auch darüber Auskunft erteilen müssen, welche Besonderheiten für die Einspeisevergütung der Beklagten ab 01.07.2012 gelten werden.

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Eine Pflichtverletzung der Beklagten könnte nur dann angenommen werden, wenn sie die Insolvenzschuldnerin oder den Kläger erneut zum Ablauf der Übergangsfrist zum 30.06.2012 auf die geänderte Gesetzeslage hätte hinweisen müssen. Derartig weitreichende Informations- und Hinweispflichten der Beklagten können jedoch nicht angenommen werden. Bei der Insolvenzschuldnerin handelte es sich um eine Firma, die mit erneuerbaren Energien Handel trieb und sich mit Dienstleistungen zur Entwicklung, Planung und Realisierung von Projekten mit erneuerbaren Energien befasste. Als Betreiberin der Photovoltaikanlage war die Insolvenzschuldnerin fachlich mit den Regelungen des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energien vertraut. Es bedurfte keines weiteren gesonderten Hinweises an die Insolvenzschuldnerin, dass ihre Photovoltaikanlage ab 01.07.2012 eine Anlage zur ferngesteuerten Leistungsverringerung benötigt. Ebenso wenig war die Anzeige der Vertretungsberechtigung des Klägers Anlass und Verpflichtung für die Beklagte, den Kläger auf die zum 01.07.2012 eintretende Rechtsänderung hinzuweisen. Sie konnte vielmehr zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass die Insolvenzschuldnerin ihren Auskunftspflichten nachkommt und den Kläger über die bevorstehende Rechtsänderung und das Erfordernis der Zusatzanlage informiert.

19

Die erforderliche Information des Klägers hat die Beklagte auch nicht verzögert. Auf das Schreiben des Klägers vom 05.09.2012 hat sie vielmehr erstmalig erfahren, dass der Kläger das Ausbleiben der Vergütung ab 01.07.2012 rügt und mit ihrem Antwortschreiben vom 11.09.2012 auf die geänderte Gesetzeslage hingewiesen.

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Die Beklagte ist auch nicht zu Lasten der Insolvenzschuldnerin ungerechtfertigt bereichert. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, erfolgte die Weiterleitung des mit erneuerbaren Energien erzeugten Stroms von der Beklagten als Netzbetreiberin an den überregionalen Übertragungsnetzbetreiber weiter gegen die Zahlung der dem Gesetz über erneuerbare Energien entsprechender Vergütung. Das bedeutet, dass die Beklagte für erneuerbare Energien nur die Vergütung erhält, die sie selbst an Anlagenbetreiber zahlt. Da die Beklagte vorliegend für die streitgegenständliche Zeit dem Kläger keine Vergütung entrichten musste, weil sich diese nach § 17 Abs. 1 EEG auf Null reduziert hatte, konnte sie vom überregionalen Übertragungsnetzbetreiber keine weitere Vergütung verlangen. Die Rechtsausführungen des Klägers, dass die Beklagte den Zukauf von Strom im Umfang der Einspeisung aus der Anlage der Insolvenzschuldnerin in der Zeit vom 01.07.2012 bis 11.09.2012 ersparte, könnte nur dann gefolgt werden, wenn die Beklagte diesen Strom benötigt hätte, um ihn an die Übertragungsnetzbetreiber weiter zu leiten. Tatsächlich ist der Handel mit erneuerbarer Energie ein staatlich gefördertes Geschäft, welches nicht den Regeln der Marktwirtschaft nach Angebot und Nachfrage folgt. Vielmehr wird den Anlagebetreibern zur Unterstützung der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen ein bestimmter Preis garantiert, der sich am Markt nur teilweise realisieren lässt, so dass die Kosten der Vergütung, die nicht durch den Verkauf an der Strombörse gedeckt werden, über die EEG- Umlage an die Stromlieferanten und als Kostenbestandteil an die Stromkunden weitergegeben wird. Wenn die Beklagte ihrer Anlagenbetreiberin keine Vergütung für Solarstrom zahlte, wurde hier von der überregionalen Netzbetreiberin ebenfalls nichts vergütet. Darüber hinaus führte die Einspeisung einer größeren Menge nach den Grundsätzen des EEG erzeugten und vergüteten Stroms nicht zu einer höheren Vergütung für die Beklagte.

21

Deshalb bleibt die Klage unbegründet.

22

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

23

Beschluss

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Der Streitwert wird auf 14.728,32 € festgesetzt.

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